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Das farblose Land

Es war einmal vor langer Zeit in einem Königreich gar nicht so weit weg von hier. Dort lebte, welch ein Wunder, ein König mit seiner bezaubernden Tochter und regierte über ein wachsendes Städtchen.

Soweit schien alles normal in diesem Land. Doch bereits beim Überschreiten der Grenze zu dem Königreich fiel jedem Wanderer die Farblosigkeit dieses Gebietes auf. Die Bäume wankten grau im Wind und der Fluss traf auf das tiefschwarze Meer, welches jedem Vorbeikommenden beim bloßen Anblick eine Gänsehaut bescherte. Gleich an der Küste lag das vorher benannte Städtchen, gekleidet in trübe Farben. Es gab keinen Reisenden, dem es hier gefiel, und so wurden die Reisenden weniger und weniger, bis es letztendlich keine mehr gab.

Der Grund für diese Farblosigkeit lag viele, viele Jahre zurück. Damals gab es eine Frau, die mit magischen Fähigkeiten in das Königreich einreiste und Königin werden wollte. Sie verzauberte den König und er heiratete sie. Als die Frau ein Kind bekam, war die Anstrengung so groß, dass ihre Zauberkraft plötzlich nachließ. Der König erwachte aus dem Zauberbann, den sie über ihn gelegt hatte, und erkannte, wie böse seine Frau war. Er schickte sie weg und sie zog in einen Turm weit draußen auf dem Meer. Dort erholte sich die Frau wieder und wurde zu einer bösen Hexe. Sie wollte das Königreich für sich erobern und sich am König rächen. Das Volk war damals sehr fröhlich und feierte viel. Sie saßen oft beisammen und der König spendierte ein köstliches Mahl und sie sangen, tanzten und lachten viel.

Die böse Hexe beschloss also, dem Volk diese Freude zu nehmen. Sie nahmen ihnen aber nicht die Gesundheit, das Geld oder ihr Eigentum. Stattdessen gab sie ihnen mehr als den Bewohnern des Königreichs gut tat. Sie zauberte ihnen einen großen technischen Fortschritt und über Nacht hatten die Bewohner Strom, Licht und Wärme. Das war zu dieser Zeit nicht üblich und diese neuen Dinge gefielen dem Volk.

Die Hexe zauberte immer weiter und die Menschen hatten täglich etwas Neues zu entdecken. Jeder war die ganze Zeit beschäftigt und ein paar Jahre lang glaubten sie, dass es keine glücklicheren Menschen auf dieser Erde geben könne. Denn die Bewohner des Königreichs hatten ja mehr als die Nachbarländer. Sie konnten alles, hatten alles und durften alles. Es gab keine Grenzen, da der König gar nicht die Zeit hatte, irgendwelche Gesetze aufzustellen, denn kaum hatte er ein Gesetz verfasst, erschien schon wieder eine neue Faszination, die das neu erstellte Gesetz ungültig machte.

Eines Tages jedoch hörte die Hexe auf, den Menschen etwas Neues zu schenken. Mittlerweile hatte jeder Bewohner mehrere Computer, Fernseher, Autos und sogar Raumschiffe. Jetzt trat das auf, was die böse Hexe immer gewollt hatte: Den Menschen wurde langweilig. Sie waren es gewohnt, dass sie alles bekamen und sich um nichts mehr richtig kümmern mussten. An Gegenständen hatten sie alles, was man sich nur träumen kann und deswegen hatte keiner mehr Zeit für irgendwelche Feste. Sie verloren somit ihre Fröhlichkeit und das Leben plätscherte vor sich hin.

Nach und nach verlor das Königreich seine Farbe und auch das Königshaus war diesem Unglück verfallen. Dementsprechend gab es so niemanden in diesem Land mehr, der dem Unglück entgegensteuern konnte. Nur die Hexe in ihrem Turm weit draußen auf dem Meer hatte ihre Farbe behalten und sie lachte über das arme Königreich, das sich so einfach hatte verführen lassen.

Eines Tages kam aber ein junger Prinz in das farblose Land. Er hatte von den ganzen Wundern gehört, die in diesem Königreich entwickelt wurden, und wollte um die Hand der Tochter dieses erfolgreichen Königs anhalten. Er erschrak aber, als er die Farblosigkeit des Landes sah, und ihm schauderte, als er in die Stadt kam.

Er erhielt kein Lächeln, keinen Gruß und er suchte vergebens nach Auskunft. Schnell erkannte er, dass in diesem Land keiner mehr das wahre Leben zu schätzen wusste. Zwar kannte er diese neuen Dinge nicht, aber er wusste, dass sie dem Menschen nicht gut taten. So wollte er den König aufsuchen und ihm seine Hilfe gegen dieses Unglück anbieten. Doch er wurde nicht empfangen, da der König keine Zeit für Besuche hatte. Glücklicherweise wusste der Prinz von der alten Frau des Königs und dass sie draußen auf dem Meer in einem Turm wohnte.

So machte er sich auf, um die böse Hexe zu stellen. Doch er hatte das Problem, dass er farbig war und so auf dem Meer sehr schnell auffiel. Er musste die Hexe also ans Land locken. Im Land des Prinzen war zu dieser Zeit gerade Ostern gewesen und so hatte er mehrere Ostereier in seinem Gepäck dabei, die als Geschenk an den König gedacht waren. Jetzt erwiesen sie sich als sehr nützlich. Er versteckte die bunten Eier überall in der Stadt und im Schloss.

Ein Bewohner fand das erste Ei, als er sich in seinem Auto aus Versehen draufsetzte. Er war verwundert über die Farbintensität und den Ort des Eis und er musste zum ersten Mal seit Jahren wieder lachen. Er lachte so viel, dass die anderen Bewohner herbeikamen und ebenfalls über das Ei staunten. Plötzlich ertönte ein weiteres Gelächter aus einem anderen Ort des Städtchens. Wieder hatte jemand ein Ei gefunden und so breitete sich die Eiersuche in jeden Winkel des Landes aus.

Die Hexe verstand die Welt nicht mehr, als sie das Lachen vom Land hörte. Sie verließ zum ersten Mal ihren Turm und kam zurück in die Stadt. Dort wartete schon der Prinz auf sie und stellte sich mit seinem Schwert in ihren Weg. Doch die Hexe schob ihn mit einem einfachen magischen Spruch beiseite.

Da kamen die Bewohner des Städtchens zusammen und stellten sich hinter den Prinzen. Jeder trug ein Lächeln auf den Lippen und ein Ei in der Hand. Gemeinsam lachten sie der Hexe entgegen und diese Wucht an Fröhlichkeit traf die böse Hexe mitten ins Herz, sodass ihre Boshaftigkeit verschwand, und weil es sonst nichts in ihrem Körper gab, starb sie und wurde vom Meer weit fortgetragen.

Währenddessen hatten sich auch der König und die Prinzessin der Eiersuche angeschlossen und als die Bewohner alle Eier gefunden hatten, legten sie sie auf einen Haufen und staunten über die unterschiedlichen Farben. Und als sie alle gemeinsam die Farbpracht bestaunten, sich hinsetzten und die Prinzessin ein Lied anstimmte, da kehrten die Farben wieder ins Königreich zurück. Die Bewohner des einst farblosen Lands lagen sich in den Armen, tanzten, lachten und der König spendierte allen ein köstliches Mahl. Am selben Abend sprach der König sein erstes Gesetz nach vielen Jahren aus. Demnach sollte das Osterfest das wichtigste Fest des ganzen Jahres sein, an dem sich die Menschen wieder bewusst werden sollten, dass es das größte Glück ist, fröhlich und nicht allein zu sein. Dieses Fest wurde stets mit prächtigen Farben und gemeinsam gefeiert. Schon bald nach diesem ersten Osterfest wurde eine große Hochzeit gefeiert zwischen dem Prinzen und der Prinzessin, die kein weißes, sondern ein Kleid in allen Farben trug.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Miriam Schneiderbauer wohnt in der Nähe von München, ist 18 Jahre alt und macht in der Freizeit gerne Sport. Sie liebt das Malen und Schreiben. Außerdem stellt sie mit viel Freude auch eigenen Schmuck her.

Wie aus dem Ei gepellt ...

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