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3. Die weitere Entwicklung bis zur Schwelle des Grundgesetzes

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Die berühmteste, wenngleich bestrittene verwaltungsrechtliche Formel der Weimarer Jahre lautet „Verfassungsrecht vergeht, Verwaltungsrecht besteht“.[156] Sie steht für die Beharrungskräfte in Staat und Verwaltung gegenüber einer liberaldemokratischen Fortentwicklung des Verwaltungsrechts im Lichte der im Ausland oft als exemplarisch verstandenen Weimarer Verfassung.[157] Die Unerfülltheit des verfassungsrechtlichen Projekts zeigt sich etwa anhand von Art. 107 der Weimarer Reichsverfassung, wonach Verwaltungsgerichte gegen „Anordnungen und Verfügungen der Verwaltungsbehörden“ des Reiches und der Länder in Stellung gebracht sein müssen, und zwar „zum Schutze der einzelnen“. Entsprechend dem eher programmatischen denn normativen Verständnis dieser Verfassung verläuft die Einrichtung erstinstanzlicher Verwaltungsgerichte wie auch die Gründung des Reichsverwaltungsgerichts schleppend.[158] Letzteres sollte erst unter der nationalsozialistischen Diktatur im Jahre 1941 unter Zusammenlegung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofes Wien entstehen.[159] Aber natürlich haben im Nationalsozialismus auch die Verwaltungsgerichte keinen Schutz gegen Staatsunrecht geboten.[160] Nach dem Zweiten Weltkrieg wird insbesondere auf amerikanisches Drängen zunächst eine zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit reorganisiert, neben die im Jahre 1953 das Bundesverwaltungsgericht tritt.[161]

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Die Innovationen des Verwaltungsrechts unter dem Grundgesetz sind kaum aus der Weimarer Zeit,[162] sondern vielmehr als Reaktion auf die Zeit der nationalsozialistischen Diktatur zu erklären. Dies gilt gerade für viele Besonderheiten des geltenden deutschen Verwaltungsrechts im europäischen Vergleich wie die weitreichende Konstitutionalisierung des Verwaltungsrechts, vor allem mittels der Grundrechte, den Umfang und die Dichte verwaltungs- und verfassungsgerichtlicher Kontrolle oder eine Reihe von Sonderdogmatiken wie die Unterscheidung von Ermessen und Beurteilungsspielraum.

Erster Teil Landesspezifische Ausprägungen§ 42 Staat, Verwaltung und Verwaltungsrecht: Deutschland › IV. Verwaltung und Verwaltungsrecht unter dem Grundgesetz bis zur Europäisierung

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