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a) Organisatorische Grundlagen

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In organisatorischer Hinsicht knüpft das Grundgesetz freilich an die seit der Reichsgründung 1867/1871 bestehenden Traditionslinien an; es findet kein grundsätzlicher Wechsel statt.[168] Das Grundgesetz behält das Konzept des Exekutivföderalismus bei,[169] so dass der Vollzug der Bundesgesetze – für Landesgesetze gilt das ohnehin – in der Regel Sache der Länder ist, der Bund aber über abgestufte Einwirkungsmöglichkeiten verfügt (Art. 83ff. GG). Sieht man von der Ministerialverwaltung, dem Auswärtigen Dienst, der Bundesfinanz-, Bundeswehr-, Eisenbahn-, Telekommunikations-, Luftverkehrs- und Schifffahrtsverwaltung ab, bleibt öffentliche Verwaltung grundsätzlich Landesverwaltung und das Feld, auf dem sich die Staatlichkeit der Länder vor allem entfaltet. Das belegt nicht zuletzt ein Blick auf die Beschäftigten: Von den derzeit 5,5 Millionen Angehörigen des öffentlichen Dienstes entfallen nur ca. 500 000 auf die Bundesverwaltung und etwa 374 000 auf die Sozialversicherungsträger, jedoch 2,3 Millionen auf den Bereich der Landes- und 1,72 Millionen auf die Kommunalverwaltung.[170] Das zwingt die Länder, fast 50% ihres Budgets für Personalkosten aufzuwenden. In den 1960er Jahren entstehen im Bereich der Verwaltung vielfältige Formen der Verflechtung zwischen Bundes- und Landesebene, die eine demokratische Verantwortungszurechnung erschweren und die Staatlichkeit der Länder zunehmend in Frage stellen.[171]

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Bundes- und Landesverwaltung lassen sich in die hierarchisch gegliederte unmittelbare Staatsverwaltung und die mittelbare Staatsverwaltung unterteilen, bei welcher der Staat Verwaltungsaufgaben nicht selbst wahrnimmt, sondern durch rechtlich selbständige Körperschaften (z.B. Gemeinden, [Land-]Kreise, Universitäten, Kammern), Anstalten (z.B. öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten) und Stiftungen (z.B. Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Stiftung Weimarer Klassik).[172] Der hierarchische Aufbau bedeutet, dass die Spitze in der ihr unterstellten Organisation „durchregieren“, also der Minister jede Sache an sich ziehen kann. Dies ist keineswegs selbstverständlich, wie insbesondere das schwedische Beispiel zeigt.[173]

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Unter den Trägern mittelbarer Staatsverwaltung nehmen die Gemeinden und (Land-)Kreise einen hervorgehobenen Platz ein, weil ihr Recht zur Selbstverwaltung durch Art. 28 Abs. 2 GG und die jeweilige Landesverfassung besonders abgesichert ist.[174] Sie sind allerdings immer wieder Gegenstand mehr oder weniger breit angelegter Gebietsreformen. In den 1970er Jahren wird die Anzahl der Gebietskörperschaften dadurch erheblich reduziert und größere, leistungsfähigere Einheiten geschaffen.[175] So gab es in Westdeutschland 1960 insgesamt 425 (Land-)Kreise, 141 kreisfreie Städte und 24 371 kreisangehörige Gemeinden.[176] Ihre Zahl hatte sich bereits 1981 nach diversen Reformen auf 235 (Land-)Kreise, 88 kreisfreie Städte und 8514 kreisangehörige Gemeinden verringert.[177] Heute gibt es in der Bundesrepublik 301 (Land-)Kreise (64 davon in den „neuen“ Bundesländern), 111 kreisfreie Städte (22) und 11 496 kreisangehörige Gemeinden (3014).

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Dem öffentlichen Dienst gehörten im Jahre 2008 1,56 Millionen Beamte, 21826 Richter, 183 571 Zeit- und Berufssoldaten sowie 2,54 Millionen sonstige Arbeitnehmer an. Während sich Beamte, Richter und Soldaten beim Bund mit den Angestellten und Arbeitern etwa die Waage halten, sind die Beamten in den Kommunen bis auf wenige Restbestände verschwunden.[178] Ihre Verwendung erfolgte nach 1949 trotz des in Art. 33 Abs. 4 GG enthaltenen Funktionsvorbehalts in der Regel unreflektiert und konzeptionslos. Es kann daher nicht verwundern, dass die aus der Monarchie übernommene Institution des Berufsbeamtentums ungeachtet ihrer rechtsstaatlichen und demokratischen Gewährleistungsfunktion seit den 1970er Jahren zunehmend unter Druck geraten ist.[179]

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