Читать книгу Das Kamjuna - Maryam Munk - Страница 19
Kapitel 17
ОглавлениеScharach litt unter Flugangst. Er zwang sich dazu, nicht über den Korbrand zu schauen, sondern geradeaus oder in den Himmel. Doch jeder Blick, wohin auch immer, trieb ihm den Schweiß aus den Poren. Er hasste die Fliegerei. Als Zarder ihm den Befehl erteilte, mit den Drachen zu fliegen, hätte Scharach ihn am liebsten getötet. Aber er brauchte Zarder. Nur durch die Hexenkunst des Magiers gewannen die Orks Schlacht für Schlacht. Scharach war froh, ganz vorne im Korb zu sitzen, sodass keiner der Krieger sein Gesicht sehen konnte. Mit der Pranke wischte er den Schweiß von der Stirn.
Wie machte der alte Hexenmeister es bloß, dass die Orks siegreich blieben und mehr und mehr Land gewannen? Die Menschenkrieger waren gute, den Orks ebenbürtige Kämpfer, und doch verloren sie jede Schlacht. Schwächte Zarder sie mit seiner Magie, oder stärkte er die Orks? Und woraus bestand die Magie? Aber was fragte Scharach sich das? Was verstand ein Ork schon von Magie? Unter Orks gab es nur Schamanen. Die besaßen zwar auch besondere Fähigkeiten, die man vielleicht als Magie bezeichnen konnte, doch an die Zauberei, zu der Zarder fähig war, reichte es nicht heran.
Die Steingnome entdeckten den Kriegstrupp der Südorks, der am Fuße des Gebirges lagerte. Der Gnom der den Drachen lenkte, in dessen Korb die Nordorks saßen, informierte Scharach. Mit Erleichterung nahm der Hauptmann wahr, wie die Echse tiefer glitt. Die Erde kam so nahe, dass Scharach hinab blicken konnte, ohne einen erneuten Schweißausbruch zu bekommen. Da war er, der Trupp der südlichen Orks. Dunkle Gestalten, wie von der Sonne verbrannt. Es hieß, ihr Land besäße keine Wälder und statt Gras gäbe es dort nur stacheliges Gewächs, das aus der trockenen Erde wucherte. Diese Orks sollten dafür dankbar sein, an einem Krieg teilnehmen zu können, in dem auch sie neues - anderes - Land gewinnen konnten. Waren sie dankbar? Nein, sie waren eine feige Bande, die sich erst zur Kampffront gewagt hatte, als die Schlacht vorüber war.
Braggs Trupp hatte die Leichen auf dem Berg gefunden: Menschen, Sumpfgnome und Nordorks, im Tod vereint. Von einem ungeheuren Feuer verbrannt, hatten sie alle einen scheußlichen Anblick geboten. Der Trupp hatte die Toten geplündert, genommen, was noch zu gebrauchen war, dabei keinen Unterschied zwischen Orks und Menschen gemacht. Danach waren die Krieger den Berg hinabgestiegen, hatten am Fuße des Gebirges gelagert und die Nacht verbracht.
Die Südorks beobachteten die sich nähernden Flugdrachen. Es waren riesige Tier, größer als die Echsen ihrer Heimat. Bevor die Füße der Drachen die Erde berührten, erkannte Bragg die Gestalten in einem der Körbe. Es waren braunhäutige Nordorks mit behaarten Köpfen. Verwundert fragte Bragg sich, was dies zu bedeuten hatte.
Die Nordorks ließen Leitern hinab, über die sie hinunter stiegen. Sie sammelten sich neben dem Drachen. Sie trugen Hosen und Brustpanzer, wie Menschen. Ihre Äxte waren größer als die der Südorks, besaßen aber nur ein Klingenblatt, das anders, länglich, geformt war, als die halbrunden Klingenblätter der Südorkäxte. Drei Nordorks schritten auf Bragg zu. Der Vordere war eine auffällige Gestalt. Nicht nur, dass er seine Begleiter um Haupteslänge überragte und er statt einer Axt ein Schwert trug, unterschied ihn von den anderen. Er strahlte ein dominantes Wesen aus, so wie er ausschritt und den Körper betont aufrecht hielt. Dieser Krieger musste der Hauptmann des Trupps sein. Bragg ahnte, dass dieser Ork kein gewöhnlicher Hauptmann war.
Hochmütig blickte Scharach über die bedeutend kleineren Krieger. "Du", sprach er Bragg an, "nenne mich Scharach! Ich befehlige die Orks."
Bragg verstand. Dieser Nordork maßte sich an, der Befehlshaber aller Orks zu sein, auch derer aus dem Südland. Damit erhob er sich über Bragg, degradierte ihn zum Befehlsempfänger, nahm ihm die Gewalt über seinen Trupp. Das war erniedrigend, doch Bragg widersetzte sich Scharachs Anspruch nicht. Orks rochen Autorität. Männliche Orks besaßen spezielle Drüsen in den Achselhöhlen und den Lenden, die einen herben Geruch ausströmten, der sich intensivierte, je machtvoller ein Ork wurde. Der Geruch, der Scharach umgab, war so intensiv, wie Bragg ihn niemals zuvor wahrgenommen hatte. Scharach stank nach Autorität. Aber dies war nicht der Grund, weshalb Bragg sich ihm fügte.
"Folge mir mit den Kriegern!", befahl Scharach.
"Mein Name ist Bragg", versuchte der Südork seine Würde zu wahren.
"Dein Name ist ohne Bedeutung", entgegnete Scharach. Er schritt zu den Drachen zurück.
Gawlak näherte sich Bragg, der wie versteinert Scharach nach starrte. "Hauptmann!", sagte er leise.
"Was ist?", knurrte Bragg.
"Wir werden uns doch nicht in diese Körbe setzen und von Drachen tragen lassen?"
"Doch, das werden wir, Rechte Pranke! Du hast die verbrannten Orks gesehen, die auf dem Berg liegen?"
"Ja, Hauptmann, aber ..."
"Diese Drachen dort können nicht nur fliegen, sie spucken auch Feuer."
Gawlak grunzte entsetzt.
"Deshalb steigen wir in die Körbe und lassen uns von den Drachen tragen." Es war Braggs Stimme anzuhören, wie widerwillig er sich Scharachs Befehl fügte.