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Kapitel 1
ОглавлениеZerk erwachte so plötzlich, als hätte ein Schlag mit einer Axt seinem Schlaf ein jähes Ende bereitet. Er starrte durch das Stroh und wusste, dass etwas nicht stimmte. Die Strahlen der Sonne, die durch die Ritzen in das Halbdunkel der Scheune drangen, fielen nicht mit schwachem Schein schräg ein, sondern stachen wie grelle Lanzen fast senkrecht nieder. Bald war es Mittag.
Zerk fluchte. Zur Streitaxt greifen und aufspringen waren eins, und Zerk fiel acht Fuß vom Heuboden hinab. Er landete krachend auf dem Boden der Scheune, wobei er beinahe sich selber mit der Axt erschlagen hätte. Einem muskelbepackten Ork machte ein solcher Sturz nichts aus, wohl aber die Erkenntnis, alleine zu sein, dazu noch in einem Teil der Welt, der für das Wohlbefinden eines Orks nicht sonderlich geeignet schien. Das war es ja, was Zerk am Abend zuvor auf den Heuboden und in das Stroh getrieben hatte: Dieses Land war zu kalt. Zerk befand sich im besten Alter von zwanzig Jahreszyklen. Vor fünf Zyklen war er durch das Ritual des Feuers zum Mann geworden. Trotzdem war es ihm außerhalb der Heimat zu kalt. Dazu kam, dass er mehr Schlaf als andere Orks benötigte. Grollend richtete Zerk sich auf. Er steckte die doppelklingige Axt in das Futteral auf dem Rücken und suchte seinen Rucksack. Er grunzte wütend, als ihm klar wurde, dass irgendein stinkender Orkkamerad ihn gestohlen hatte. Zerk stieß das Scheunentor auf. Er trat in den Sonnenschein hinaus. Ihm grauste davor, weiter nach Norden zu gehen, aber dort befand sich die Kampffront und dorthin war sein Trupp unterwegs.
Zerk hatte Durst. Er schaute auf das verlassene Gehöft zurück. Sollte er umkehren und aus dem Brunnen Wasser schöpfen? Es hatte abgestanden und dem heimatlichen Wasser ähnlich geschmeckt. Zerk entschied sich dafür, weiterzugehen. Im grünen Land gab es überall Flüsse, aus denen sich bis zur Erschöpfung trinken ließ. Jedenfalls hatte dies der Hauptmann behauptet, der schon Erfahrungen in der Fremde gemacht hatte. Und ein Ork mordete und stahl, aber er log nicht.
Vertrauensvoll marschierte Zerk weiter. Nach einer Stunde wunderte er sich darüber, noch keinen Fluss gefunden zu haben, auch wenn er keine klare Vorstellung darüber hatte, was ein Fluss war. Im südlichen Orkland gab es nur Wasserlöcher. Die waren von den Geistern gegraben worden, damit die Orks ihren Durst daran stillten. Das Wasser in diesen Löchern schmeckte angenehm nach Erde. Zerk hatte auch keine Erfahrung mit dem Gras in diesem Land. In der Heimat wuchsen nur braune Halme, die sich schwächlich aus dem harten Grund wagten und zitterten, wenn der heiße Wind über sie strich. Hier wuchs das Gras aufrecht und grün, und es bedeckte das gesamte Land. Zerk schaute zum Himmel. Auch der war hier anders. Er bildete keine eintönig blaue Kuppel, die von der gleißenden Sonne durchstochen wurde. Hier bewegten sich weiße Gebilde vor dem Blau, die sich unentwegt veränderten, als könnten sie sich für keine Form entscheiden. Und die Sonne hier erreichte nicht die heiße Kraft, mit der die Sonne in Zerks Heimat strahlte.
In der Ferne entdeckte der Ork ein langes, schimmerndes, sich windendes Band. Ohne Zögern schritt er darauf zu. Als er dem Band näher kam, erkannte er so etwas wie eine gigantische Schlange, deren Körper aus Wasser bestand. Dies musste ein Fluss sein. Zerk staunte, denn er verstand nicht, weshalb das Wasser sich bewegte, noch dazu von der einen in die andere Richtung. Er riss ein Büschel Gras samt Wurzeln aus und warf es auf das Wasser. Das Büschel entfernte sich rasch. Verwundert kniete Zerk sich auf ein Bein und streckte vorsichtig eine Pranke in den Fluss. In diesem Land war auch das Wasser kalt. Er schöpfte mit den Pranken, trank und wunderte sich abermals. Dieses Wasser schmeckte nach ... nach nichts! Der Ork verstand nicht, dass Wasser keinen Geschmack haben konnte.
Nachdem Zerk den Durst gestillt hatte, empfand er Hunger. Er blickte umher, doch weit und breit zeigte sich nichts, was er hätte erschlagen und essen können. Unter den Orks wurde behauptet, die Menschen würden nicht nur Fleisch, sondern auch Gras essen. Zerk konnte sich nicht vorstellen, dass jemand Geschmack an braunen Halmen fand. Aber vielleicht schmeckten diese grünen Halme. Er rupfte einen Halm, steckte ihn in die Schnauze und kaute darauf herum. Angewidert spuckte er ihn aus. Die Grasesserei mochte Menschen gefallen, aber keinem Ork. Selbst die Gnome bewiesen mehr Geschmack als Menschen. Auch sie ernährten sich ausschließlich von Fleisch.
Im Wasser bewegte sich etwas. Es war ein Tier, wie Zerk noch keines gesehen hatte. Sein Körper hatte Auswüchse, an den Seiten, auf dem Rücken und am Ende des Leibs, die wie Flügel aussahen. Aber das Seltsamste an diesem Tier war: Es bewegte sich im Wasser, statt darauf. Zerk entdeckte mehr dieser Tiere. Sie alle bewegten sich im Wasser, ohne zu ertrinken. Der Ork nahm die Axt vom Rücken und hob sie, um eines der Tiere zu töten. Es dämmerte ihm, dass diese Tiere vielleicht nicht so einfach zu töten waren, zumal er noch nie mit der Axt in Wasser geschlagen hatte und daher nicht wusste, ob das Wasser den Hieb abfing oder gar die Klingen beschädigte.
Zerk überlegte, wie er eines der Tiere fangen konnte, ohne die Waffe zu gebrauchen. Ihm fiel eine Möglichkeit ein. Er warf die Axt in das Gras und legte sich bäuchlings nieder. Die Arme hielt er über das Wasser. Mit gespreizten Klauen wartete er, bis eines der Tiere sich unter seine Arme bewegte. Er musste lange warten. Er spürte den Sonnenschein über die schwarzgraue Haut seines Schädels und der nackten Arme und Beine wandern. Schließlich bewegte sich ein Tier in den Schatten, den seine Arme in das Wasser warfen. Er stieß die Pranken in den Fluss und riss das Tier heraus.
Wasser spritzte. Das Tier zappelte zwischen den Klauen. Zerk setzte sich und betrachtete es. Die runden Augen erinnerten ihn an die Augen der Sumpfgnome. Das Maul bewegte sich auf und zu. Der zuckende Leib fühlte sich glatt wie der einer Schlange an. Mit einer Pranke griff Zerk nach dem Kopf des Tieres. Es biss ihn nicht. Er riss dem Tier den Kopf ab. Nachdem er den Kopf gegessen hatte, schlitzte er mit einer Klaue den Leib auf. Daraus quollen Innereien, wie bei anderen Tieren auch. Der Ork verschlang sie. Die Knochen des Tieres waren dünn und biegsam. Als Zerk in den Leib biss, fand er es angenehm, sie nicht zermalmen zu müssen. Die Mahlzeit abschließend, leckte er sich das Blut von den Pranken.
Das Tier war so lang gewesen, wie Zerks Unterarm, wenn auch nicht so dick. Trotzdem ein mächtiger Brocken, der ihn für einige Zeit satt halten würde. Zufrieden schulterte der Ork seine Axt und setzte den Marsch Richtung Norden fort. Viele Stunden bewegte Zerk sich neben der Flussschlange her, dem fließenden Wasser entgegen. Schließlich krümmte sich der Fluss nach Osten. Zerk stellte fest, dass er die Flussschlange überqueren musste, wollte er weiter auf direktem Weg nach Norden. Wie konnte er auf die andere Seite gelangen? Es gab nur eine Möglichkeit: Er musste durch das Wasser gehen.
In seiner Heimat kam kein Ork auf den Gedanken, in ein Wasserloch zu steigen. Wasser war da, um getrunken zu werden, oder es wurde in Kessel geschöpft, um darin Fleisch zu kochen. Aber in diesem Land war vieles anders. Zerk setzte sich auf die niedrige Uferböschung. Vorsichtig steckte er erst einen Stiefel in das Wasser, dann den anderen. Er bewegte sich vor, rutschte langsam über die Böschung und glitt bis zum Bauch in das Wasser. Es schwappte um seinen muskulösen Körper. Zerk ignorierte das unbekannte Gefühl. Er tat einen Schritt, glitt aus und verschwand im Leib der Flussschlange. Er bekam keine Luft mehr.
Snees kauerte in der Felshöhle, die ihn vor den Geschossen der Menschen schützte. Seit einer halben Stunde beschossen die Menschen aus ihrer höher gelegenen Stellung das Gnomenheer mit Pfeilen. Snees fand das widerlich. Ihn ekelten nicht die toten Artgenossen, die überall herumlagen. Der Krieg erfüllte ihn mit Abscheu. Ein Krieg, auf den er keine Lust verspürte. Er lächelte müde, als er an die Sümpfe dachte, die sein Zuhause waren. Er sehnte sich dorthin zurück, wollte in einem Schmalboot liegen und Hände und Füße zu beiden Seiten in das Wasser hängen lassen. Was ging ihn dieser Krieg an, in dem die Orks gegen die Menschen kämpften und an dem teilzunehmen sich die Sumpfgnome verpflichtet hatten? Sollten doch die Gnome ihre bunten Häute auf das Schlachtfeld tragen. Ihn ging es nichts an.
Snees dachte an die Gnomin, mit der er zuletzt im Sumpf geschwommen war. Als er sich auf sie schob, um mit ihr viele Quappen zu erzeugen, hatten sie gemeinsam Luftblasen ausgestoßen. Die Erinnerung war so lebhaft, als wäre es erst gestern gewesen. Doch was war wirklich gestern geschehen? Ein Tag voller Blut und Tod. Heute war es nicht besser, und morgen würde es ebenso werden. Nein, dieser Krieg ging ihn nichts an! Snees dachte an Flucht. In der Masse, die täglich niedergemetzelt wurde, würde ein Gnom weniger nicht auffallen.
Ein Blaugnom beugte sich in die Höhlung. Er hielt einen Speer in der Hand und trug die Knöchelkette eines Häuptlings über der Brust. Der Gnom schaute Snees vorwurfsvoll an. Plötzlich streckte er die Zunge heraus und riss die Augen weit auf. Snees fragte sich, weshalb der Gnom eine Grimasse schnitt, statt ihn mit dem Speer aus der Höhlung zu stochern. Dann kippte der Gnom vornüber. Durch seinen Hals stach ein Pfeil, dessen gefiederter Schaft vibrierte. Der Häuptling röchelte. Sein Blick war starr auf Snees gerichtet.
Snees kroch über den sterbenden Körper und äugte vorsichtig aus der Höhlung. Es hagelten keine Pfeile mehr nieder. Es war still geworden. Er schlich zur Felskannte. Die anhaltende Stille beunruhigte ihn. Dann begann wieder das Lärmen. Von weiter unten am Berg drangen die Geräusche vieler stampfender Tritte empor, die von schweren Orkstiefeln erzeugt wurden. Das Klirren von Eisen war zu hören. Die Orks stellten sich den mit Rüstungen gepanzerten Menschen entgegen.
Langsam schob Snees den schmalen Kopf über die Kante und blickte hinab. Auf der einen Seite blitzten im späten Sonnenlicht Helme und Schwerter auf. Dem strömten auf der anderen Seite braune Leiber entgegen. Nordorks und Menschen brüllten los. Schwerter klirrten gegen Äxte. Blut spritzte auf Gestein. Snees zog den Kopf zurück. Er drehte sich auf den Rücken und blickte zum Himmel. Das war wirklich nicht sein Krieg!
Er bemerkte die Bogenschützen. Sofort rollte er sich zur Höhlung. Er zog den toten Häuptling hinein, denn er fürchtete, dessen hinausragende Beine könnten das Versteck verraten. Snees hockte sich auf den Hintern des Blaugnoms und dachte nach.
Nachdem das Heer der Gnome vernichtet war, hatten sich die Bogenschützen zurückgezogen, um den Orks den Eindruck zu vermitteln, den auch Snees gewonnen hatte, die Schützen hätten sich vom Kampfplatz entfernt. Von unten kommend, versuchten nun Soldaten die Orks auf die Plattform zu drängen, wo sie, wie zuvor die Gnome, zu leichten Zielen für die Bogenschützen wurden. Es war Snees egal, ob die Orks in die Falle liefen. Aber taten sie es, dann würden ihn keine Verbündeten sondern Feinde aufgreifen. Fiel er den Menschen in die Hände, würden sie ihn entweder sofort töten oder vorher foltern, um ein Wissen aus ihm zu pressen, das er nicht besaß. Siegten die Orks, konnte er sich ihnen dank der Knöchelkette, die der tote Blaugnom trug, als Häuptling ausgeben und den Dumpfhirnen eine Geschichte erzählen, die sie davon abhielt, ihn zu erschlagen. Folglich mussten die Orks den Kampf gewinnen. Snees nahm dem Blaugnom die Kette ab und legte sie sich um. Kampfgeschrei und das Klirren der Waffen wurden lauter.
"Was soll ich denn machen, damit die Orks gewinnen?", jammerte Snees. Überraschenderweise entstand in seinem Gnomenhirn eine Idee.
Zerk konnte eine Wurzel fassen, daran zog er sich hoch. Schnaufend streckte er den Kopf aus dem Wasser und griff mit der anderen Pranke zu. Seine Füße traten auf Grund. Wasser spritzte, als er sich auf den Uferrand zu stemmen versuchte. Zweimal rutschte er ab, beim dritten Versuch gelang es ihm, die Klauen in die Erde zu schlagen und sich auf das Ufer zu ziehen.
Der Ork atmete keuchend. Wasser rann über seinen kahlen Schädel und tropfte von dem mit Eisenplatten beschlagenen Lederwams ab. Zerks schwarze Augen suchten die Sonne. Er grunzte zufrieden, als er sie weit hinter dem jenseitigen Ufer fand, wo sie langsam dem unendlich erscheinenden Grasland entgegen sank. Darüber glücklich, über den Fluss gekommen zu sein, setzte Zerk sich. Er zog die Stiefel aus und schüttete Wasser heraus. Plötzlich dämmerte ihm, dass die Sonne auch schon weit hinter dem jenseitigen Ufer gestanden hatte, bevor der Fluss ihn verschluckte. Übel gelaunt, machte Zerk sich wieder auf den Weg. Er schritt weiter am Ufer entlang, obwohl dieser Weg ihn statt nach Norden nach Osten führte. Irgendwo musste sich die Flussschlange doch überqueren lassen. Zerk spürte das drängende Bedürfnis, jemanden zu erschlagen.
Was gab es noch zu überlegen? Für seine Flucht musste ein Gnom schon etwas riskieren. Snees sprang aus der Höhlung, warf den Kopf in den Nacken und zischte in der unverkennbaren Weise der Sumpfgnome. Einer der Bogenschützen wurde auf ihn aufmerksam. Überrascht, einen noch lebenden Gnom zu entdecken, schoss er zu schnell einen Pfeil ab. Der sauste knapp an Snees vorüber und klackte auf den Felsen. Andere Schützen richteten die Augen auf den Gnom. Weitere Pfeile folgten. Schon verschwand Snees wieder in der Höhlung. Was er beabsichtigt hatte geschah. Nicht alle Pfeile blieben auf der schmalen Felsplatte liegen. Die nahe der Kante aufschlugen, machten einen Hüpfer darüber hinweg und fielen auf die darunter Kämpfenden. Das sollte die Orkärsche warnen!
Die müde Sonne färbte den Himmel rosa. Zerk saß im Gras und schaute verächtlich zum westlichen Horizont. Er wunderte sich nicht mehr. Es schien ihm natürlich, dass die Sonne in diesem Land nicht die Kraft besaß, den Himmel feuerrot glühen zu lassen. Er war hungrig, fühlte sich einsam, und außer einer Baumgruppe hatte er nichts gefunden, worin er die Nacht verbringen konnte. Der Versuch, noch eines der Wassertiere zu fangen, war fehlgeschlagen. In der Dämmerung des Abends hatte er keines der Tiere finden können.
Dunkelheit löschte die Tagesfarben. Zerk lehnte mit dem Rücken an einem Baum. Mit einer Pranke strich er über die Axt auf seinem Schoß, über die Eisenklingen, den hölzernen Schaft. Die Waffe gab ihm Trost. Sie war ihm das einzige Vertraute in diesem fremden Land.
Ein Südork fürchtete die Dunkelheit nicht. Er fürchtete nur die Geister der Ahnen, die in der Finsternis heranschlichen und einen Ork, der sich fern der kämpfenden Truppe befand, mit Schlägen und Tritten malträtierten. Wie jeder Südork glaubte auch Zerk daran, im Kampf von den Ahnen beobachtet zu werden, was die Leistung eines Kriegers enorm steigerte. Doch ein Ork, der seinen Trupp verließ, galt ebenso unter den Ahnen wie unter den Lebenden als Fluchter, was der Bedeutung eines Feiglings, der seine Kameraden im Stich ließ, gleichkam. Es war Schmach genug, alleine durch ein fremdes Land zu ziehen, da brauchte Zerk nicht noch den Zorn der Ahnen zu spüren. Die Nacht würde kalt werden, und er hatte Hunger. Das empfand er als ausreichende Strafe dafür, dass er am Morgen den Aufbruch seines Trupps verschlafen hatte.
Über die Felskante hinweg sah Snees einen rosa Schein. Noch immer klangen Gebrüll und das Klirren der Waffen zu ihm hoch, doch der Kampflärm war schwächer geworden. Die Streiter beider Parteien rangen mit den letzten Kräften. Ob die Bogenschützen noch in ihren Stellungen lauerten, wusste Snees nicht. Aber es war den Menschen nicht gelungen, die Nordorks in das Schussfeld der Schützen zu treiben. Bald würde die Schlacht ein Ende haben, denn weder Menschen noch Orks vermochten in der Dunkelheit zu kämpfen. Anders als Gnome wurden Menschen und Orks ohne Tageslicht fast blind. Ein Gnom konnte noch in der Finsternis sehen. Ihm genügte das Mondlicht. Auf diese Fähigkeit setzte Snees.
Nach einer Weile endete der Kampflärm. Orks und Menschen zogen sich in ihre Heerlager zurück. Snees Weg wurde frei. Er äugte aus der Höhlung, horchte in die Dunkelheit, die still und stiller wurde. Diese Ruhe behagte ihm nicht. In den heimatlichen Sümpfen wurde es niemals so still. Im Gegenteil, nachts mehrten sich die Geräusche. In den Nächten quakten Frosche. Wasservögel kreischten, bevor die nächtlich jagenden Kaimane sie in die Tiefe zogen. In den Sumpfnächten ließ sich gut schlafen. In diesem Land waren die Nächte so ruhig, als würde mit der Dunkelheit alles Leben sterben.
Sterben! Snees Gedanken kehrten aus der Heimat zurück. Der Mond warf dumpfes Licht über die Berge. Für Menschen- und Orkaugen mochte die Nacht schwarz sein. Ein Gnom sah sie in hellem Grau.
Als Snees überzeugt war, dass die Bogenschützen ihre Stellungen verlassen hatten, kroch er aus der Höhlung. Er schnürte den Säbel eines toten Artgenossen auf den Rücken, denn es schien ihm ratsam eine Waffe mitzunehmen. Wie den eigenen Säbel, hatte er auch seinen Gepäcksack in der Panik, als die Pfeile zu fliegen begannen, verloren. Also hing er sich den Gepäcksack eines anderen toten Artgenossen um.
Snees warf einen Blick in die Höhe. Nur das Gebirge zeigte sich ihm, unter einem für Gnomenaugen hellen Himmel, an dem die Sterne fast blendend strahlten. Er äugte über die Felskante. Unten am Berg brannten in weitem Abstand zueinander die Feuer der feindlichen Heere. Der Sumpfgnom schob den dünnen Leib über die Kante und begann den Abstieg. Geschmeidig kroch er über das Gestein. Die Nacht bleichte das gelbe Geschöpf grau. Hoch über Snees flammte ein Licht auf, das seinen Schein wie ein Blitz in das Gebirge warf. Der Gnom schaute empor. Er sah nur die Sterne und den Mond. Darüber, was das Licht gewesen sein mochte, macht Snees sich keine Gedanken. Er schob sich weiter über den Fels den Berg hinab. Eine kriechende Gestalt, im Dunkel des Gebirges ...