Читать книгу Das Kamjuna - Maryam Munk - Страница 8
Kapitel 6
ОглавлениеSnees erwachte durch einen Ruck. Das Boot schaukelte leicht. Über Snees erstreckte sich der blaue Himmel. Der Gnom richtete sich auf. Es war noch Morgen. Die frühe Sonne hatte ihren Stand kaum verändert. Die Müdigkeit hatte ihn einschlafen lassen. Er hatte das Steuerruder losgelassen und war von der Heckbank gerutscht. Während er schlief war das Boot weiter getrieben, bis es sich mit dem Bug am Ufer verfing. Obwohl Snees nur kurz geschlafen hatte, fühlte er sich ausgeruht. Von Orks war noch immer nichts zu sehen. Das konnte sich jederzeit ändern. Snees würde sich erst sicher fühlen, wenn er aus dem Wald heraus war. Mit dem Paddel stieß er das Boot vom Ufer ab, dann setzte er sich wieder ins Heck.
Mit der Zeit, die die Sonne brauchte, um bis zum Zenit emporzusteigen, veränderten sich Fluss und Landschaft. Der Abstand der Ufer zueinander vergrößerte sich. Der Wald wurde lichter. Schließlich blieben die letzten Bäume zurück, und beidseitig des Flusses dehnte sich weites Grasland. Snees kam nun langsamer voran, als zuvor im Wald, wo der Fluss schmaler und die Strömung stärker gewesen war. Er hielt das Breitboot in der Flussmitte und ließ die Landschaft an sich vorüberziehen. Als die Sonne zu heiß für einen Sumpfgnom schien, lenkte er das Boot ans Ufer. Es knirschte, als der Bug über den Sand glitt. Snees wollte seinen Körper kühlen, außerdem wurde es Zeit, etwas zu essen. Er richtete sich auf und schaute beidseitig des Flusses über die Ebene. Da war nur Grün. Ein Trupp Orkkrieger wäre auf dem flachen Land nicht zu übersehen. Er legte die Knöchelkette ab, schwang sich über die Bordwand und tauchte in den Fluss.
Snees genoss es, sich mit dem Fluss zu vereinen. Geschmeidig tauchte er durch das Wasser, worin das Sonnenlicht flimmerte. Fische zuckten um ihn herum. Ein kraftvoller Stoß mit den Beinen, gleichzeitig eine Drehung in den Hüften, schon fasste er mit dem Mund einen Fisch. Der Gnom tauchte auf, ließ sich rücklings treiben und sich den Fang schmecken. Nach der Mahlzeit tauchte er zum Boot zurück. Er schnellte aus dem Wasser, umgriff die Bordwand und schwang sich in das Breitboot. Einen Augenblick lang blieb er nass, satt und zufrieden auf den Planken sitzen, dann stand er auf und schaute nochmals über das Land. Weit und breit keine Orks.
Snees leerte den Gepäcksack. Wie erwartet, fand er die gleichen Dinge, die sich auch in seinem Gepäcksack befunden hatten: Ersatzschuhe aus Kaimanhaut, ein Lendentuch aus dem gleichen Leder, eine Pfeife und einen Beutel mit Rauchkraut. Leider fand er nichts, womit er das Kraut hätte anzünden können. Enttäuscht packte er alles zurück in den Sack und gab auch die Häuptlingskette dazu. Er steuerte das Boot wieder in die Flussmitte. Ein paar Tage würde es dauern, bis er die Heimat erreichte, aber dann konnte er sein geruhsames Leben wieder aufnehmen. Snees war mit sich und der Welt zufrieden.
Zerk hatte lange genug im Gras gesessen. Es wurde Zeit, sich wieder auf den Weg zu machen. Dem Ork war klar, dass er seinen Trupp nicht einholen konnte. Die Kameraden marschierten schneller und schliefen weniger, wahrscheinlich machten sie auch weniger Rasten. Aber es genügte Zerk, als Nachzügler an der Kampffront einzutreffen. Er stellte sich vor, wie seine Ankunft eine unverhoffte Wendung der Schlacht bewirkte, die sein Trupp gerade kämpfte. Vielleicht befanden die Krieger sich in Bedrängnis, und er tauchte vom Feind unbemerkt in dessen Rücken auf und rettete die Kameraden. Dann wären nicht alleine die Ahnen stolz auf ihn.
Die Erfahrung, das Wunsch und Wirklichkeit verschieden wie Tag und Nacht sein konnten, fehlte dem jungen Ork. Er hatte alles bekommen, was er sich in seinem bisherigen Leben gewünscht hatte: den Respekt seiner Clanbrüder, wenn er ihnen beim kindlichen Ringen die Knochen brach, die erste Axt, die er seinem Vater stahl. Nachdem der Trieb in ihm gereift war, hatte er auch jede Frau bekommen, die er begehrte. Er brauchte ihnen nur brünstig in den Nacken zu grunzen, schon bebten ihre Flanken. Was Zerk wollte, bekam er. Das war selbst in diesem fremden Land so. Hatte er Hunger, griff er sich ein Wassertier. Der Ork frohlockte in Gedanken. Vielleicht würde er der Hauptmann eines Kriegstrupps werden oder sogar ein Häuptling. Als Häuptling würde er eine große Erdhütte bewohnen, mit seiner Frau und ihren Schwestern, deren Männer im Kampf getötet worden waren. Ein Rudel kleiner Orks, hauptsächlich Söhne, würde in der Hütte lärmen. Wie es ein gerechter Orkvater tat, würde er keinen Unterschied zwischen den Kindern machen, die er mit seiner Frau oder deren Schwestern hatte.
Der Tagtraum lenkte Zerks ohnehin geringe Aufmerksamkeit völlig ab. Deshalb entging ihm, als er dem Fluss in den Wald folgte, dass die Ufer eine sanfte Krümmung machten. Das Blätterdach wurde dichter, das Licht dämmerig. Der Fluss leitete Zerk in östliche Richtung. Mit der Zeit begann der Wald sich wieder zu lichten, bis Zerk erneut auf eine Ebene gelangte. Die Sonne stand weit hinter dem Wald und tiefer, als Zerk sich an ihren letzten Stand erinnern konnte. Die Sonnenscheibe bleibt nicht stehen, dachte der Ork, und ich bin eine ganze Weile marschiert. Aber wo ist das Gebirge? Seine Augen blickten nach Norden, suchten Land und Himmel ab und entdeckten tatsächlich etwas. Vor dem unendlichen Blau bewegte sich ein Ding. Es war weit fort und kaum zu erkennen, doch Zerk glaubte, einen Vogel zu sehen, einen riesigen Vogel, und der flog auf merkwürdige Weise. Er taumelte in der Luft, glitt hinab, schwang sich wieder empor, um abermals abzusinken. Zuletzt stürzte das Tier auf die Ebene. Sofort machte Zerk sich auf den Weg. Er schritt rasch aus, vergaß sein eigentliches Ziel, dachte nicht mehr an die Kameraden. Er wollte wissen, welcher Vogel vom Himmel gefallen war.
Das Tier lag weitab vom Fluss. Es hob sich schwarz vom grünen Land ab. Es war kein Vogel. Es sah den großen Echsen in Zerks Heimat ähnlich. Es lag reglos, wie lauernd. Worauf? Auf ihn? Zerk zog die Axt vom Rücken. Falls das Tier aus Erschöpfung vom Himmel gefallen war und auf die Idee kam, ihn fressen zu wollen, sollte es sein blutiges Wunder erleben. Gebeugt schlich der Ork auf das Tier zu. Sich klein machen, übersehen werden und plötzlich töten, das gefiel ihm. Tatsächlich schien das Tier ihn nicht zu bemerken, obwohl es das große Auge auf der Zerk zugewandten Kopfseite offen hielt. In geducktem Laufschritt wagte Zerk sich an das Tier heran. Es hätte längst auf den Ork reagieren müssen, doch es blieb reglos. Es war tot, wurde Zerk klar, als er den milchigen Schleier bemerkte, der das Auge mit der ovalen Pupille bedeckte. Zerk überlegte, was er mit dem Tier anfangen konnte. Es liegen lassen und zum Fluss zurückgehen, schien ihm Verschwendung zu sein. Da lag ein riesiger Fleischvorrat, den konnte er nicht ignorieren. Das Angebot war zu verlockend.
"Sauber!", murrte Joog und versetzte der Flugmaschine einen Tritt. Er umschritt die Maschine, blieb stehen, beschirmte die Augen mit der Hand, obwohl er im Schatten des Unfallbaumes stand, und blickte nach Norden. "Sauber!", wiederholte er.
Die gefiederte Gestalt, die ihn aus dem Geäst eines anderen Baums heraus beobachtete, wunderte sich über sein Verhalten.
Joog machte sich auf den Weg zu der dunklen Erhebung, die er am Horizont entdeckt hatte. "Will doch mal sehen, ob es ein Drache ist, der dort liegt, und ob er tot ist", murmelte er vor sich hin.
Nein, die Flugreiterei war nichts für ihn. Kam schon ein Mensch damit nicht klar, wie wenig dann ein Troll? Armer Browag, dachte der Abenteurer. Bestimmt liegt deine Leiche irgendwo im Gebirge, ebenso zerschmettert wie deine Flugmaschine. Dann lenkte das Objekt, auf das er sich zubewegte, seine Gedanken ab. Joog glaubte nicht, was seine Augen ihm zeigten. Das muss eine Nachwirkung des Luftritts sein, dachte er. Weit vor ihm lag ein Drache. Doch nicht das Untier ließ Joog an seiner Wahrnehmung zweifeln. Es war die dunkle Gestalt, die neben dem Reptil winzig schien und die mit einer Axt in die Echse hackte und nach jedem Hieb vor einem Blutschwall beiseite sprang. Das Wesen sah aus wie ein Südork. Wäre Joog durch den Luftritt nicht ein wenig verwirrt gewesen, und hätte er den Anblick nicht für eine Täuschung gehalten, er hätte seine Schritte in eine andere Richtung gesetzt. So bewegte er sich geradewegs auf den Ork zu. Schließlich wurde es ihm doch bewusst, dass es keine Illusion war. Er blieb stehen und beobachtete den Ork. Zweihundert Fuß trennten ihn noch von ihm.
Was macht ein einzelner Ork hier?, überlegte Joog. Oder ist er nicht alleine? Befinden seine Kumpane sich auf der anderen Seite des Drachen? Dem Abenteurer wurde klar, dass es ein Fehler war, sich dem Ork zu zeigen. Mit einem Ork glaubte er es aufnehmen zu können. Doch wenn sich zwei, drei oder eine ganze Rotte hier befanden? Er zog das Jagdmesser, steckte es aber in die Scheide zurück. Auch wenn der Ork alleine war, würde er nicht nahe genug an ihn herankommen, um ihn mit dem Messer töten zu können. Joog boten sich zwei Möglichkeiten: Entweder handelte er klug, aber feige und machte sich davon, oder er handelte mutig, doch dumm und stellte sich dem Feind. Der Ork nahm ihm die Entscheidung ab. Er verharrte plötzlich und hob schnüffelnd den Kopf. Joog hatte einen weiteren Fehler gemacht. Er hatte sich mit dem Wind genähert. Der Ork drehte sich um. Seine schwarzen Augen richteten sich auf den Menschen. Er wischte eine Pranke am Lendentuch ab und schloss beide Fäuste um den Axtstiel. Er machte einen hastigen Schritt, glitt im Blut aus, fand wieder ins Gleichgewicht und rannte los.
Flucht schloss Joog nun aus. Wohin konnte er vor einem Ork fliehen, der auf ihn zu gerannt kam und schon die halbe Strecke hinter sich gebracht hatte? Selbst wenn Joog schneller lief als der Ork, würde er ihm in dem flachen Land nicht entkommen. Orks waren als ausdauernde Wesen bekannt, deren Kräfte sich nicht so schnell erschöpften. Irgendwann würde der Ork Joog einholen und erschlagen. Dem Abenteurer blieb nur, sich dem Ork zu stellen. Mit dem Jagdmesser konnte er sich gegen die Axt nicht verteidigen, aber er hatte ein Seil. Rasch wickelte Joog es vom Rumpf. Er knotete ein Ende zu einer Schlaufe, durch die er das andere Ende zog. Die so entstandene Schlinge ließ er in Schulterhöhe kreisen. Während er der Schlinge aus dem Handgelenk Schwung verlieh, ließ er die Hand langsam am Seil hinab gleiten. So vergrößerte die Schlinge sich mehr und mehr.
Zerks Laune befand sich so weit unten, dass sie gleichsam in seinen Stiefeln steckte. Die Haut der Echse war so dick und zäh, dass sich kein Fleisch aus dem Leib lösen ließ. Als Zerk dann noch einen Menschen roch, war das zu viel für seine Nerven. Er war schon Menschen begegnet, nicht nur hier in diesem fremden Land. Immer wieder drangen sie in seine Heimat ein. Er wusste, wie Menschen rochen. Seine Laune begann in den Stiefeln zu kochen. Vor Wut rasend, rannte Zerk auf den Mensch zu. Der floh nicht. Er blieb stehen, wo er stand und hantierte mit einem Seil. Irgendwo in seinem Orkhirn kam Zerk dies merkwürdig vor, aber die Wut ließ kein Erstaunen zu.
Der Ork war auf zwanzig Fuß heran, als er lautstark zu grunzen begann. Joog lief los und schleuderte das Seil. Die Schlinge wirbelte durch die Luft und sank über dem Ork nieder. Joog zog das Seil mit einem Ruck stramm. Der Ork taumelte. Die Schlinge presste ihm die Arme an die Brust. Die Axt in seinen Pranken war nutzlos. Joog drehte sich mehrmals, wobei das Seil sich um seine Hüften wickelte. Der Abenteurer warf sein ganzes Gewicht in den Zug und riss den Ork von den Beinen.
Zerk begriff es nicht. Das Seil schlang sich um ihn, und der Mensch wirbelte umher. Zerk geriet aus dem Gleichgewicht, fiel zu Boden. Die Schlinge löste sich etwas, sodass er die Arme bewegen konnte. Er schwang die Axt gegen den Mensch. Einen Fuß vor dessen Stiefeln schnitt die Doppelklinge durch das Gras.
Während der Ork stürzte, drehte Joog sich aus dem Seil. Wieder schwang er es, damit eine weitere Schlinge entstand und noch eine, die beide über den Kopf des Orks glitten. Der bekam die Arme frei und schlug mit der Axt. Joog zurrte die Schlingen straff um seinen Hals. Der Ork verzog die Schnauze. Er ließ die Axt los, stemmte sich mit einer Pranke hoch und versuchte mit der anderen das Seil vom Hals zu lösen. Joog zerrte kraftvoll. Der Ork spannte die Halsmuskeln an. Die schwarzen Augen richteten sich drohend auf den Abenteurer.
Joog erkannte, wie sinnlos es war, ein Wesen erdrosseln zu wollen, das nur aus Muskeln zu bestehen schien. Er musste an die Axt kommen. Joog ließ das Seil los, griff nach der Axt und bekam einen Tritt, der ihn drei Fuß weit von der Waffe fort beförderte. Joog rollte sich zur Axt, doch der Ork war schneller.
Grinsend beugte Zerk sich über den Mensch, die Axt in der Pranke. "Wenn du die suchst? Ich habe sie zuerst gefunden." Er stemmte einen Fuß auf die Brust des Menschen, nicht allzu fest, er wollte ihn nicht töten, nur auf dem Boden halten.
Joog stöhnte unter dem Gewicht, das ihm die Luft aus den Lungen presste. Bevor ich in die Dunkelheit gehe, werde ich noch eine Glocke läuten, zitierte er in Gedanken ein Sprichwort seiner Heimat. Am Seil, das vom Hals des Orks baumelte, zog er sich mit einer Hand hoch, gleichzeitig stach er mit dem Jagdmesser zu. Der Ork grunzte.
Der Stich war seitlich in den Oberschenkel gedrungen und hatte Zerk mehr erschreckt als verletzt. Ein größeres Problem war, dass der Mensch ihm nun so nahe war, dass er mit der Axt nicht nach ihm schlagen konnte. Der Mensch hing ihm buchstäblich am Hals. Einen weiteren Stich parierte Zerk eher zufällig, als er die Axt zwischen sich und den Gegner presste, um den Mensch von sich zu stoßen.
Zum ersten Mal in seinem Leben kam Joog einem Ork hautnah. Er roch dessen Ausdünstung und ekelte sich vor dem fremdartigen Gesicht. Als er dem Ork das Messer in die Hüfte stechen wollte, brachte der die Axt zwischen die beiden Körper und lenkte den Stich seitwärts ab. Dann stieß er Joog von sich. Der Abenteurer taumelte zurück, blieb aber auf den Beinen.
Blut rann Zerk das Bein hinab. Er merkte es nicht. Er schritt auf den Mensch zu, hob die Axt über den Kopf. Die Augen des Menschen, die so braun wie das kurze Fell auf seinem Kopf waren, weiteten sich. Zerk sah die kleinen schwarzen Punkte in dem Braun noch kleiner werden. Dies war aber nicht der Grund dafür, weshalb er nicht zuschlug. Er hörte ein Brüllen. Es klang rau und kam aus vielen Kehlen.
Auch Joog hörte das Bellen. Seine Augen folgten dem Blick des Orks. Wesen in schwarzen Fellen rannten in gestrecktem Lauf heran. Ein Rudel wilder Hunde griff ihn und den Ork an. "Ork, nun müssen wir zusammen kämpfen!"
Zerk verstand nicht, was der Mensch sagte, es interessierte ihn auch nicht. Das Rudel fächerte auseinander. Es bildete einen Ring um Mensch und Ork. Diese stellten sich Rücken an Rücken. Die Hunde fletschten die Zähne, knurrten die beiden an. Zerk waren diese Tiere unbekannt, aber die Drohung, die von ihnen ausging, war unmissverständlich.
Anders, als der Ork, stand Joog einer ihm bekannten Gefahr gegenüber. Im Sinne einer naturgegebenen Ordnung erfüllten Wildhunde ihre Aufgabe in den Wäldern und auf den Ebenen. Sie rissen alte oder kranke Tiere aus Hirschrudeln oder Antilopenherden. Normalerweise mieden diese Tiere Menschen. Joog fragte sich, weshalb dieses Rudel sich nicht daran hielt. Er stieß gegen den Rücken des Orks. Der Ork war der Grund! Die Hunde glaubten, ein Tier zu wittern, dessen Geruch seinen menschlichen überdeckte. Doch sie witterten mehr, etwas fremdartiges, was sie irritierte, auf Abstand hielt. Lange würde das Rudel seine Gier nicht beherrschen können. Griff es an, machte es bestimmt keinen Unterschied zwischen Ork und Mensch. Aber was verpflichtete Joog, dem Unhold beizustehen? Er machte einen Schritt. Der Ork grunzte. Joog tat einen weiteren Schritt. Wieder grunzte der Ork.
Zerk spürte, wie sich der Mensch in seinem Rücken entfernte. "Bleib!", warnte er. Der Mensch ignorierte ihn. "Bleib!", warnte er nochmals. Dann griffen die Tiere an.
Joog stolperte rückwärts gegen den Ork. Er hielt das Messer in Hüfthöhe, die Schneide noch oben, damit er dem ersten Hund, der ihn erreichte, den Leib aufschlitzen konnte.
Brüllend schwang Zerk die Axt. Die Tiere waren fast heran, als in der Höhe ein Kreischen erklang. Die Hunde stoppten den Angriff. Sie wischen zurück, duckten sich ins Gras. Sie erhoben sich, tappten mit eingezogenen Ruten wie unschlüssig umher. Schließlich jagten sie in Richtung des toten Drachen davon. Ihnen folgte ein großer, weißer Vogel, der so niedrig flog, dass seine Flügelschläge des Gras in Wellen bewegte. Es schien, als treibe er die Hunde vor sich her.
Joog richtete seine Aufmerksamkeit auf den Ork, der dem Vogel nach gaffte. Einen Schnitt durch die Kehle! Er musste nur schnell sein.
Während er das Erlebte zu begreifen versuchte, registrierte Zerk, wie der Mensch sich ihm zu wandte. Sein Instinkt warnte ihn. Er hielt den Kopf reglos und drehte die Augen in den Winkel. Die Hand des Menschen bewegte sich seinem Hals entgegen. Die Axt zu schwingen blieb keine Zeit. Zerk rempelte den schlanken Körper an. Der Mensch fiel ins Gras.
Der Ork drohte Joog mit der Axt. Obwohl der Abenteurer in dem fremdartigen Gesicht keine Mimik erkannte, war er sich der Wut des Orks bewusst. Joog erwartete den Todesschlag. Seltsamerweise senkte der Ork die Axt.
"Ich sollte dich erschlagen, Mensch", sagte Zerk. "Ich sollte dein Blut trinken und dein Fleisch essen, damit dein Leben einen Sinn hatte. Aber ich glaube, lebend nutzt du mir mehr." Er streckte dem Mensch die Pranke entgegen. "Gib mir das Messer!"
Mit Abscheu blickte Joog auf die deformierte Hand, die der Ork ihm entgegenstreckte. Sie war enorm breit, hatte schwielige Muskelballen und dicke Finger, aus denen schwarze Nägel standen. Die Innenfläche der Hand war grau, der Handrücken, wie die gesamte Haut der Kreatur, fast schwarz. "Danke, du Missgestalt, ich komme alleine hoch", brummte Joog. "Wenn du das nächste Mal aus dem Gleichgewicht kommst, stehe ich hoffentlich nicht neben dir. Es freut mich, dass du mich als Partner akzeptierst, aber ich habe schon einen Partner, und der sieht besser aus, als du. Der riecht auch besser." Einen Augenblick lang überlegte Joog, ob Browag tot sein mochte. So robust er war, konnte er einen Absturz selbst auf dem Fels der Berge überstanden haben. Der Ork hielt Joog noch immer die gestreckte Pranke hin. "Auch wenn du meine Sprache nicht verstehst, wirst du vielleicht begreifen, dass ich dir keinen Handschlag gebe. Ich will das hässliche Ding, das eine Hand sein soll, nicht berühren."
Zerk staunte, denn der Mensch schien sich nicht vor ihm zu fürchten. Er gab schwungvolle Laute von sich und fuchtelte mit der Hand, die das Messer hielt. Zerk schlug es ihm mit dem Axtschaft aus der Faust.
Joog biss die Zähne zusammen. Er bewegte die Finger. Die Hand schmerzte, schien aber nicht gebrochen zu sein.
Der Ork hob das Messer auf.