Читать книгу Forschungsmethoden und Statistik für die Soziale Arbeit - Mathias Blanz - Страница 61

Auswahl der Untersuchungsteilnehmer

Оглавление

Unter einer Grundgesamtheit (auch Population oder Kollektiv) versteht man alle Personen, die gemeinsam ein definierendes Merkmal aufweisen. Diese Merkmal (es können auch mehrere sein) wird in erster Linie durch die Fragestellung bestimmt: Eine Hypothese kann sich spezifisch auf eine Untergruppe von Menschen (sog. Merkmalsträger oder statistische Einheiten) beziehen, z. B. auf Personen mit Migrationshintergrund, alkoholkranke Menschen, Schulkinder, obdachlose Menschen, über 65jährige Personen, Menschen mit Behinderung usw. (z. B. »Über je mehr Geldmittel MigrantInnen verfügen, desto zufriedener sind sie«), die dann die jeweilige Population darstellen, oder auch auf alle Menschen, was bei Allaussagen der Fall ist (z. B. »Je ärmer Menschen sind, desto schlechter ist ihr Gesundheitszustand«). Merkmalsträger sind in sozialwissenschaftlichen Studien i. d. R. einzelne Personen oder auch soziologische Einheiten (wie Familien, Haushalte, Unternehmen etc.). Populationen lassen sich nach zeitlichen (z. B. »Personen, die am 1. Januar 2013 …«), sachlichen (»… mit ihrem Hauptwohnsitz …«) und/oder räumlichen (»… in der Stadt X gemeldet waren«) Gesichtspunkten charakterisieren. Der Begriff Untersuchungseinheit bezeichnet diejenigen MerkmalsträgerInnen, über die die Studie Aussagen treffen möchte (z. B. Familien oder Haushalte), während sich die Bezeichnung Erhebungseinheit auf diejenigen MerkmalsträgerInnen bezieht, an denen die Daten erhoben werden (z. B. die Haushaltsvorstände).

Am günstigsten für sozialwissenschaftliche Untersuchungen ist es, wenn die gesamte Population erfasst werden kann (sog. Voll- oder Totalerhebung). Dies ist eher möglich, wenn die entsprechende Population sehr klein ausfällt (z. B. Mädchen im Grundschulalter, deren Eltern nach 2005 aus Syrien nach Deutschland emigriert sind) bzw. wenn für die Personen Teilnahmepflicht besteht (z. B. alle Mitglieder einer Organisation). In diesem Fall muss nicht von einer Stichprobe auf die Population geschlossen werden, da die Befunde direkte Aussagen über die Grundgesamtheit zulassen. Allerdings können auch hier Einschränkungen auftreten, etwa wenn Personen nicht erreichbar sind (z. B. weil sie erkrankt sind) oder eine Teilnahme verweigern (sog. Nonresponder oder Dropouts). Die Anzahl der Personen einer Totalerhebung wird üblicherweise durch ein großes N gekennzeichnet. Bei Populationskennwerten (z. B. dem Mittelwert einer Variablen) spricht man von Parametern (engl. »population parameters«), die mittels griechischer Buchstaben abgekürzt werden (z. B. wird für den Mittelwert einer Population der Buchstabe μ verwendet; sprich »Mü«).

Sobald die Grundgesamtheit, auf die sich die Untersuchungshypothese bezieht, nicht vollständig rekrutierbar (erreichbar) ist (z. B. weil sie zu umfangreich ist, der dazu notwendige Aufwand nicht geleistet werden kann, die Personen schwer aufzufinden oder wenig motiviert sind usw.), ist es notwendig, eine Stichprobenziehung vorzunehmen (sog. Teilerhebung). Eine Stichprobe (engl. »sample«) bezeichnet eine Teilmenge von MerkmalsträgerInnen einer Grundgesamtheit. Anstelle einer kompletten Volkszählung kann beispielsweise auf den Mikrozensus zurückgegriffen werden, bei dem in Deutschland vierteljährlich 0.1 % bzw. jährlich 1 % aller Haushalte befragt werden (siehe Ostermann & Wolf-Ostermann, 2012). Die Anzahl der Personen einer Teilerhebung wird durch ein kleines n gekennzeichnet (es kommt allerdings gelegentlich vor, dass in einem Text die Gesamtstichprobe mit N und Untergruppen durch n gekennzeichnet werden, um Stichproben- und Gruppengröße voneinander abzuheben). Bei Stichprobenkennwerten (z. B. Mittelwerten) spricht man von Statistiken (engl. »sample statistics«), die üblicherweise durch lateinische Buchstaben abgekürzt werden (z. B. wird für den Mittelwert einer Stichprobe das Zeichen verwendet). In vielen Statistiklehrbüchern ist es zudem Konvention, lateinische Kennwerte (Stichprobenstatistiken) kursiv zu setzen, griechische (Populationsparameter) hingegen nicht. Im vorliegenden Buch sind allerdings alle Kennwerte kursiv dargestellt, um sie möglichst deutlich vom übrigen Text abzuheben.

Bei Teilerhebungen, die in den Sozialwissenschaften wesentlich häufiger anzutreffen sind als Vollerhebungen, ist von den Daten der Stichprobe auf die Population zu schließen, denn es gilt: n < N. Dies bedeutet, dass die Daten einer Stichprobenuntersuchung die Population nicht immer exakt abbilden. Diese unvermeidbaren Unterschiede zwischen Grundgesamtheit und Stichprobe werden als Stichprobenfehler (oder Standardfehler) bezeichnet. Der Stichprobenfehler gibt an, wie genau Parameter der Population durch die Statistiken der Stichprobe geschätzt werden können (die mathematische Berechnung des Standardfehlers wird in Kapitel 6 beschrieben). Stichproben kann man insbesondere hinsichtlich zweier Gesichtspunkte voneinander unterscheiden: die Art, wie sie ausgewählt werden, und ihre jeweilige Größe (der Stichprobenumfang).

Forschungsmethoden und Statistik für die Soziale Arbeit

Подняться наверх