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Kapitel 8 Niederlande, Amsterdam
ОглавлениеEs regnete Bindfäden in der niederländischen Hauptstadt, als die drei Agenten sich auf den Weg zum Polizeirevier machten, um die Ermittler zu besuchen. Mike fuhr den schwarzen Mietwagen, den sie im großen Parkhaus des Flughafens abholten. Leonie kümmerte sich um das Navigationssystem, um sie durch die Stadt mit den vielen Grachten zu führen. Man konnte sich in den verwinkelten Straßen sehr leicht verfahren. Die Grachten aus dem 17. Jahrhundert mit ihrem bunten Anstrich sahen an fast jeder Ecke gleich aus. Wer sich hier nicht auskannte, war zwingend auf eine Navigation angewiesen. Mike achtete auf die dicht befahrenen Straßen, während die beiden Frauen vergnügt aus dem Fenster sahen. Die Gebäude waren ein toller Anblick. Fast alle lagen direkt am Wasser, um die kleinen festen Flächen der Hauptstadt so gut es ging auszunutzen. Die hohen Häuser mit Unescostatus prägten das gesamte Stadtbild.
Den Hacker störte der dichte Verkehr, in dem sie festhingen, der schon am frühen Morgen die wenigen Straßen verstopfte. In den engen Fahrwegen der niederländischen Hauptstadt war der Verkehrsinfarkt schon lange keine bloße Vorstellung mehr, sondern die tägliche Realität. Leonie und Dolores fanden die Stadt, vor allem deren Anblick ganz zauberhaft. Sie konnten sich an den vielen verschiedenen Giebeln, der alten schiefstehenden Häusern nicht sattsehen. Die alten Gebäude, die sehr schmal, dafür aber hoch und lang gebaut waren, sanken auf den Holzpfählen, die in den sumpfigen Untergrund getrieben wurden und danach verrotteten einseitig ab. Daraufhin neigten sich die alten Gebäude in eine Richtung, blieben aber aufgrund der angrenzenden Häuser stehen. Heute baute man die neuen Gebäude, auf Betonpfeilern die als Stützen dienten.
Nach einer langen, und für den Fahrer nervenzerreißenden Fahrt standen die drei Agenten im dichten Regen vor der Dienststelle in der Luuk van der Noot und sein Kollege ihr Büro hatten. Bevor die drei Ermittler von Interpol zu den Büros vorgelassen wurden, mussten sie sich ausweisen. Der junge Beamte am Schalter der Eingangshalle staunte nicht schlecht, als er drei Dienstausweise von Interpol vor sich liegen sah die sich nur durch die Lichtbilder und den genannten ersten Buchstaben des Vornamens zu unterscheiden war und eine große Tasche mit sich führten, die genügend Waffen enthielt, um einen Zwergstaat einzunehmen. Der Mann hieß darauf M. Smith und die beiden Frauen D. und L. Smith. Er kam sich etwas veralbert vor und verweigerte ihnen den Zutritt zum Gebäude. Der Beamte wollte nicht glauben, dass alle drei Ermittler die Interpol ihnen geschickt hatte, den gleichen Nachnamen hatten. Leonie war schon wieder genervt, und auch Mike zog eine verwirrte Grimasse. Dolores trat auf den Beamten zu und flüsterte ihm etwas zu. Kurz darauf griff er zum Telefon und rief Gerard Kooiman an. Der bestätigte den Besuch und die drei durften passieren. Auf dem Weg zum Fahrstuhl fragte Mike die junge Dolores, »Was hast du dem verbohrten Idioten gesagt?«
»Er sagte zu uns, dass er nicht glaubt, das wir von Interpol sind. Ich habe einfach nur gesagt, wenn ihn Leonie erschossen hat, sieht er es spätestens an der Kugel«, lachte sie kichernd.
Die kleine blonde Frau schaute sie böse an, »Das ist nicht dein Ernst, Dolly.«
»Nein«, lenkte Dolores ein. »Ich habe ihn gefragt, warum er glaubt, dass wir eine riesige Tasche, die mit Gewehren und Munition befüllt ist, mit uns herumtragen dürfen.«
Der Hacker schüttelte nur verständnislos den Kopf, als sie nebeneinander auf den Aufzug zuschritten. Kurz bevor sie dort ankamen, öffneten sich die spiegelglänzend polierten Seitenteile und ein großgewachsener Mann mit einem kleinen Bäuchlein stapfte heraus. Sein Blick fiel sofort auf die beiden Agentinnen, die er kurz abschätzend betrachtete. Dann wandte er sich an den schlanken Mike Banks.
»Mr. Smith nehme ich an?«, sagte er und streckte dem Gast die rechte Hand entgegen.
Mike nickte und schüttelte ihm die Hand, »Sie nehmen richtig! Mit wem haben wir das Vergnügen?«
»Ich bin Gerard Kooiman«, stellte er sich vor. »Kommen sie doch mit ihren Assistentinnen in unser Büro.«
Leonie zog angewidert die Augenbrauen nach oben, aber Dolores stoppte sie mit einem kurzen anstupsen, als sie zuckersüß antwortete, »Wir Dummchen sollten uns dann besser hier hinsetzen und gemütlich einen Kaffee trinken.«
Anschließend zog sie ihre Frau am Arm zu einer Sitzecke nahe der Scheibe, mit einem hübschen Ausblick auf das verregnete Amsterdam. Mike konnte gar nicht so schnell reagieren und den Fauxpas von Gerard Kooiman aufklären wie die beiden sich auf das bequem aussehende Sofa setzten. Dolly legte einen Arm um Leonie und flüsterte ihr etwas zu. Daraufhin entspannte sich die kleine Blondine und setzte ein herzhaftes Lächeln auf. Der Hacker des Teams versuchte zu retten, was noch zu retten war und nahm den Ermittler ins Gebet.
»Ich habe den Eindruck sie möchten diesen Fall nicht aufklären Mister Kooiman«, sagte er missmutig. »Diese beiden jungen Damen sind Spezialistinnen in ihrem Metier, während ich nur mit dem Computer umgehen kann. An ihrer Stelle sollten sie möglichst versuchen, dieses Missverständnis schnellstens aufzuklären.«
Dem Ermittler gefror das milde Grinsen im Gesicht. Sein Blick wanderte von dem Hacker zu den beiden Frauen auf dem Sofa und wieder zurück, »Ich dachte, sie wären der Ermittler und die beiden jungen Frauen wären nur als Unterstützung dabei.«
Mike schüttelte nur den Kopf. Ohne etwas zu sagen, deutete er mit der Hand auf die beiden Agentinnen, die es sich gemütlich gemacht hatten. Nachdenklich, wie er sich bei ihnen entschuldigen sollte, lief der Beamte zu den beiden zum Sofa. Dort stellte er sich vor die beiden und redete auf sie ein, »Es tut mir schrecklich leid meine Damen. Ich wusste nicht, dass sie die Ermittlerinnen sind. Bitte verzeihen sie.«
Leonie ignorierte ihn einfach, während ihre Frau, ihm einen kurzen Blick zuwarf, um dann zu sagen, »Männer sind in dieser Einheit unterrepräsentiert. Wir haben nur zwei Spezialisten, einmal einen Hacker, den sie als Ermittler einschätzen und einen den sie besser nach ihrem Fehler nicht mehr kennenlernen möchten. Vielleicht sollten sie darüber nachdenken, uns Frauen nicht zu diskriminieren. Nicht alle von uns sitzen unter dem Schreibtisch und lutschen am Daumen!«
»Wie gesagt, es tut mir schrecklich leid Misses Smith«, entschuldigte sich Kooiman erneut. »Folgen sie mir bitte zu unserem Büro. Die Zeit läuft uns davon.«
»Das Opfer ist bereits tot, soweit wir wissen, also haben wir genug Zeit«, sagte Dolores teilnahmslos.
Erst jetzt reagierte Leonie auf ihn, »Wir waren motiviert, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als man uns als Begleitpersonal abgestempelt hat. Wenn Agenten von Interpol hier aufschlagen wird es einen Grund geben, warum es gleich drei sind!«
»Wie auch immer«, rief der Beamte etwas genervt aus, »wenn sie dann die Güte hätten, mit in unser Büro zu kommen, damit wir anfangen können, wäre ich ihnen sehr verbunden.«
»Ich hätte mir gewünscht, Liz hätte uns Micha mitgegeben«, flüsterte Leonie ihrer Kollegin zu, als sie aufstand und sich zum Gehen wandte.
Dolores folgte ihr und flüsterte ihr vor dem Aufzug wartend zurück, »Besser das er nicht hier ist. Kooiman würde bereits am Boden liegen und langsam ausbluten.«
Die Frauen kicherten. Mike stand wie ein kleiner Schuljunge neben den beiden und dann kam Kooiman mit einem verächtlichen Kopfschütteln dazu. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, stiegen sie in den Aufzug. Der heimische Ermittler drückte auf den Knopf für die Etage, auf dem sein Büro angesiedelt war. Er führte die Besucher über den Gang, auf dem es nach kaltem Kaffee und Reinigungsmittel roch. Als er die Tür öffnete, schälte sich sein Kollege Luuk van der Noot aus seinem Stuhl und schaute auf die Besucher. Die beiden Ermittlerinnen die Interpol geschickt hatte, entlockten ihm ein breites Grinsen. Kooiman versuchte noch ihn mit einem heftigen Kopfschütteln davon abzuhalten die beiden anzugraben, aber Luuk war zu beschäftigt, um darauf reagieren zu können. Dolores und Leonie lösten bei ihm sofort das Flirtprogramm aus. Er reichte ihnen nacheinander die Hände und strahlte über das ganze Gesicht.
»Ich wusste nicht, das uns Interpol Supermodels vorbeischickt die auch noch was im Kopf haben«, schleimte er die beiden an.
Die Agentinnen schauten sich peinlich berührt an. Während Leonie die Nase rümpfte, nahm sich Dolores den Partner von Kooiman vor, »Halten sie sich zurück! Ihr Nahkampfstachel ergibt eine tolle Trophäe auf unserem Schießstand.«
Van der Noot trat sofort einen Schritt zurück und warf einen enttäuschten Blick zu seinem Kollegen. Dann fing er an zu maulen, »Die haben ja Haare auf den Zähnen. Was sind das für Vögel?«
Das war Leonies Stichwort und sie explodierte. »Ich bin diejenige, die dir den Schwanz abschneidet und an die Stirn tackert, damit du aussiehst wie ein schlappschwänziges Einhorn, so ein Vogel bin ich!«, warf sie ihm an den Kopf.
Der Ermittler wurde sofort bleich. Er konnte sich nicht vorstellen, dass eine so kleine Person wie Michaels Frau aus dem Stegreif in die Luft geht. Vorsichtig versuchte er, instinktiv einen gewissen Abstand zu ihr aufzubauen. Dolores nahm ihre Frau in den Arm, warf Mike einen tiefen Blick zu und zog sie aus dem Büro. Die neueste Ermittlerin wusste, dass es Zeit für eine Zigarette wurde, damit sich Leonie beruhigen konnte. Erst betitelte man sie als Assistentin, und direkt danach versucht der nächste sie anzubaggern.
»Bravo«, lobte Mike die beiden Beamten. »Bisher gab es noch niemanden, der es fertig gebracht hat die beiden in Sekunden gegen sich aufzubringen und noch am Leben zu sein. Wenn mein Kollege hier wäre, würden sie bereits die Radieschen von unten betrachten. Er macht da keine Gefangenen.«
Beide Beamten fielen sofort auf ihre Stühle. Mike nahm seinen Laptop aus der Tasche und setzte sich auf einen Besucherstuhl, bevor er fragte, »Wollen sie auf die beiden warten, oder Diktieren sie mir ihre Ergebnisse noch vor ihrem Tod?«
Gerard fing an zu berichten, was sie alles gefunden hatten, was Mike aber bereits bekannt war. Erst als sie zu dem Besuch der angegebenen Adresse kamen, wurde er aktiv und begann sich Notizen zu machen. Die beiden Kommissare fanden heraus, dass der Student ihre Leiche war. Er war abends in einer besonderen Bar von einer rothaarigen Frau angesprochen worden und folgte ihr hinaus. Daraufhin verlor sich die Spur, wohin sie gegangen waren. Die Fotos der Überwachungskamera zeigten die Frau zwar, waren aber ziemlich verpixelt. Die Auflösung und die schlechten Lichtverhältnisse in der Bar ließen keine bessere Qualität zu. Sie baten ihre IT-Abteilung, die Bilder zu bearbeiten, um eine Spur zu finden. Mit den bearbeiteten Bildern konnte die Frau mit den rostroten Haaren aus dem Club Mystique als Roisine Kulda identifiziert werden. Sie befragten die Kellnerin, die aufgrund ihrer vielen Tätowierungen ausfindig gemacht werden konnte, nach dem Abend. Ihre Erinnerungen waren wegen der langen Zeit, die seit dem Tag vergangen waren schon deutlich verblasst. Sie erinnerte sich nur noch, an den Namen Rhoxy den sie genannt hatte, konnte sich aber an weitere Hinweise nicht mehr erinnern.
Die Suche nach besagter Roisine Kulda verlief allerdings im Sand. Sie war weder in Amsterdam gemeldet, noch irgendwo in den Niederlanden. Während der Fahndung nach ihr konzentrierten sich die Ermittler darauf, herauszufinden, in welche Wohnung die beiden verschwunden waren. Sie versuchten, anhand der öffentlichen Verkehrsmittel einen gewissen Bereich der Stadt einzugrenzen, bis ihnen der Türsteher des Clubs sagte, das zu der späteren Uhrzeit die meisten Gäste mit dem Taxi verschwinden würden. Die Taxiunternehmen der Hauptstadt brachten sie allerdings auch nicht weiter. Sie sicherten den Ermittlern ihre Hilfe zu, konnten aber weder den Fahrer, noch das Fahrziel an diesem Abend ausfindig machen. Beim zuständigen Richter beantragten sie eine Gesichtserkennung über die Überwachungskameras um die rothaarige Frau zu finden. Er verwies allerdings darauf, dass sie in diesem Fall nicht als Täterin angesehen werden konnte, sondern nur als Zeugin und beschied den Antrag negativ.
Mike bat Gerard Kooiman und Luuk van der Noot um die verbesserten Bilder. Er brauchte sich nicht um eine Genehmigung eines Richters zu kümmern. Alles, was der Aufklärung eines Verbrechens dienlich war, durfte er auch ohne richterliche Anordnung. Van der Noot sendete ihm nicht nur die Originale, sondern auch die verbesserten Fotos als die Tür geöffnet wurde und die beiden Agentinnen zurückkehrten. Nach der Zigarette war Leonie wieder etwas ruhiger. Sie stellte sich hinter Mike und Dolores übernahm das Interview. Immer während der Erzählungen der beiden Beamten stellte sie kleine Zwischenfragen und bat Mike mehrfach, etwas zu notieren. Als sie den Namen der rothaarigen Frau aus dem Club Mystique auf seinem Bildschirm las, machte sie große Augen.
»Mike, der Name Roisine könnte aus Belgien oder Frankreich stammen«, sagte sie nachdenklich. »Kannst du die Suche auf Belgien ausdehnen, vielleicht finden wir sie dort.«
Der Hacker schaute irritiert, tippte aber auf seiner Tastatur herum und antwortete, »Guter Einwand meine Liebe. Ich weite die Suche auf das nähere Ausland aus.«
Dann sah sich Dolores die aufgezeichneten Informationen etwas genauer an. Es dauerte nicht lange, bis sie sich mit gleich mehreren Fragen an die beiden Beamten wandte, »Kommen wir mal zu diesem Club Mystique. Was ist das, wo ist das und was gibt es da in der Nähe?«
Gerard Kooiman richtete sich auf seinem Sessel auf, atmete hörbar tief durch und fing an zu erklären, »Der Club Mystique ist eine Bar, die von mehrheitlich jüngerem Publikum besucht wird, um dort Partner für vorwiegend einmalige sexuelle Kontakte zu knüpfen.«
Leonie, die ihm aufmerksam zugehört hatte, warf kurz einen Satz ein, »Also der Ort, an dem ihr Kollege nach Feierabend zu finden ist, aber nicht mehr zum Schuss kommt, weil ihn keine mitnehmen will!«
»Sehr schön beschrieben mein Schatz«, pflichtete ihr Dolores bei. »Wo befindet sich das halbe Bordell und was ist da noch?«
Gerards Kollege wechselte seine Gesichtsfarbe ins leicht rötliche und rutschte immer tiefer in seinen Stuhl, als er die Frage beantwortete, »Der Club Mystique liegt im Disteldorp, gehört zum Stadtbereich Noord und bildet mit mehreren Clubs ein Vergnügungsviertel in der Stadtmitte.«
»Mike, kannst du mir kurz eine Karte aufrufen, damit ich mir das besser vorstellen kann?«, fragte sie ihren Kollegen.
Der Hacker tippte kurz einige Befehle in seinen Laptop und drehte den Bildschirm stumm zu ihr hin. Dolores sah sich die aufgerufene Karte auf dem Monitor an. Der Club Mystique war extra blau hinterlegt worden, damit sie sich besser orientieren konnte. Sie schaute einige Minuten ganz genau auf den Monitor und fuhr mit dem Finger die eingezeichneten Straßen nach. Dann sagte sie zu Mike, »Ist das da ein Geldautomat?«, als sie auf einen kleinen Punkt auf der Karte deutete.
»Es sieht zumindest danach aus«, entgegnete Mike.
Dolores nickte, »Kannst du herausfinden, ob der eine Kamera hat? Er liegt genau auf der anderen Seite des Clubs, vielleicht finden wir auf diesen Aufnahmen einen Hinweis, wohin die verschwunden sein könnten, oder auf das Taxi, das sie bestiegen haben.«
Der Hacker machte sich sofort an die Arbeit, das zu überprüfen. Die beiden Beamten auf ihren Stühlen konnten nur staunen, wie die Agentin vorging und welche Möglichkeiten sie hatten. Während er noch suchte, wandte sich Dolores wieder an Kooiman, »Wissen wir wann die beiden den Club Mystique verlassen haben?«
»Soweit wir ermitteln konnten zwischen 23 Uhr und Mitternacht«, sagte Luuk vorsichtig.
Dann rief Mike, »Es ist ein Geldautomat Dolly. Die eingebaute Kamera macht alle 30 Sekunden ein Foto.«
»Besorg uns die Bilder für den Zeitraum, der ermittelt wurde. Dann durchsuch uns die 120 Bilder zuerst nach Taxen und anschließend nach sichtbaren Besuchern der Bar«, gab Dolores die Anweisung.
Mike drückte die Finger durch und kümmerte sich dann darum, die Bilder des Geldautomaten zu bekommen. Gerade als er die ersten Bilder auf seiner Festplatte gespeichert hatte, meldete sich im Hintergrund die gestartete Gesichtserkennung. Sofort wechselte er die Ansicht und rief, »Ich hab sie! Du hattest recht mit Belgien Dolly. Sie ist gemeldet in Willebroek, eine kleinere Stadt zwischen Antwerpen und Brüssel.«
»Gib uns mal die Daten, was das für eine ist«, bat sie ihren Kollegen.
»32 Jahre alt, gelernte Kauffrau für Bürokommunikation, seit sechs Jahren arbeitslos, aber keine sichtbare Verbindung ins kriminelle Milieu«, spulte er ab.
Dolores tippte sich mit dem Finger an die Nase und sprach nachdenklich, »Seit sechs Jahren ohne Arbeit. Wie kommt diese Frau in eine Stadt, in der sie sich nicht mal ein Hotelzimmer leisten kann, um dort auf Männerfang zu gehen? Dann sucht sie sich auch noch statt einem untervögelten Kriminalbeamten einen mittellosen Studenten aus.«
Diese Spitze gegen Luuk van der Noot hatte gesessen. Er wünschte sich, aus dem Büro verschwinden zu können, aber er war eingekesselt. Mike, und die hinter ihm stehende Leonie blockierten die Seite und Dolores die Eingangstür des kleinen Raums. Stattdessen rutschte er auf seinem Schreibtischsessel immer weiter nach unten. Man hatte das Gefühl, er wollte sich unter der Tischplatte verstecken. Leonie jagte ihm immer noch gehörig Angst ein und ließ ihn nicht aus den Augen. Dann meldete sich der Hacker wieder mit neuen Erkenntnissen, »Der Geldautomat hat das Taxi mit den beiden aufgenommen. Allerdings ist darauf nicht viel zu erkennen. Das, was man sieht, ist die rote Mähne der Frau, aber mehr leider nicht.«
Leonie hinter ihm sah sich das vergrößerte Bild genau an und stupste den Computerspezialisten auf die Schulter und fragte, »Kannst du diesen Ausschnitt hier etwas größer bekommen?«
»Was erwartest du, darauf zu sehen Leonie?«, fragte er über die Schulter.
»Wir sehen den hinteren Teil von der Seite. Hinten auf der Seite der Heckscheibe ist der Aufkleber mit der Taxinummer aufgeklebt. Das Licht von der Straßenlaterne wirft einen Schatten auf den Rücksitz. Vielleicht bekommen wir so heraus, welches Taxi das war und können in Erfahrung bringen, wohin sie gefahren sind«, klärte sie ihren Kollegen auf.
Dolores lobte ihre Frau für diesen Vorschlag. Mike vergrößerte den angezeigten Bereich und ließ einige Bildverbesserungsprogramme drüber laufen, um die Nummer erkennen zu können. Leider war die Bildqualität so gering, dass es fast unmöglich war, etwas zu sehen. Zusammen rätselten die beiden daran, welche Taxinummer dort zu erkennen war. Punkt für Punkt schauten sie sich an, bis sie schließlich zwei mögliche Nummern ausmachen konnten.
»Entweder ist es die 14 oder die 74. Genau können wir es nicht erkennen, aber diese beiden Zahlen könnten es sein. Die Vier ist unverkennbar, aber durch den blöden Winkel, den wir haben lässt sich die andere Zahl nicht genau festlegen. Entweder ist es die Eins oder eben die sieben, die beide einen ähnlichen Schatten werfen«, erklärte Leonie.
Gerard Kooiman bedankte sich für diese Information und notierte sich die Nummern auf einem quadratischen Zettel. Diesen reichte er seinem Kollegen und bat ihn, dem nachzugehen. Er konnte genau erkennen, dass er versuchte, sich so gut es ging zu verstecken, und eröffnete ihm so die Möglichkeit, das Büro für eine längere Zeit zu verlassen. Luuk van der Noot übernahm diese Aufgabe sehr gerne. Als er sich von seinem Schreibtisch erhob, konnte man genau sehen wie er versuchte, außerhalb der Reichweite von Leonie zu bleiben und zur Tür zu kommen.
Sie waren in dem Büro noch eine ganze Weile beschäftigt weiteres Licht ins Dunkel zu bringen, gewannen allerdings keine größeren Erkenntnisse daraus. Luuk blieb den ganzen Tag verschwunden und meldete sich nur noch telefonisch bei seinem Kollegen. Er besuchte die einzelnen Taxiunternehmen in Amsterdam, um etwas über den Fahrer zu erfahren, der die beiden vom Club Mystique weggefahren hatte. Wenn sie eine genaue Adresse finden könnten, wären sie einen großen Schritt weiter gekommen.