Читать книгу Michael Korn & Liz Croll Trilogie - Matthias Boden - Страница 16
12. Kapitel Europa, Irgendwo über dem Atlantik
ОглавлениеLeise Windgeräusche, die der Jet erzeugte, mischten sich mit dem hochfrequenten Brummen der Triebwerke und drangen in die Kabine vor. Dort saßen Liz und ihr Begleiter entspannt auf Sesseln, die mit hellem Leder überzogen waren. Das gesamte Interieur der Gulfstream bestand aus edlem Walnussholz und verströmte ein Ambiente aus Luxus. Beide fühlten sich hier sehr wohl. Als sie Lyon verlassen hatten, war Bernand Roussel wieder etwas optimistischer gestimmt, nur Korn war noch genau derselbe Miesepeter wie zuvor. Immerhin hatte er es geschafft sich wieder an den Tisch zu setzen und blickte stumm wie ein Fisch auf sein Smartphone. Liz dachte über das Bild nach das er abgegeben hatte, als er wie ein Baum auf einer Stelle stand und zum Fenster blickte, die Augen geschlossen mit Tränen auf den Wangen. Was war nur mit diesem Typ los, fragte sie sich. Die Antwort darauf kannte vielleicht Mike, weil er sich einige Zeit intensiv mit dessen Vergangenheit beschäftigte.
»Mike, kannst du mir irgendwas über Korn erzählen, was Licht ins Dunkel bringen könnte?«, fragte sie.
Er blickte sie aus müden Augen an und begann zu berichten, »Viel gefunden habe ich nicht Liz. In seiner Vergangenheit, klafft ein riesiges Loch in den Daten, wie wenn er nicht mehr existiert hätte. Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland in einer kleinen Ortschaft am Rhein. Er hat eine jüngere Schwester, die immer noch dort lebt. Er war sportlich aktiv. Ich fand Aufzeichnungen über Mitgliedschaft in zwei Sportvereinen. Zum einen Handball, davon gab es aber keine Erfolge zu entdecken, aber beim zweiten wurde ich fündig. Er hat angefangen zu Boxen und war gar nicht so schlecht, hätte für eine Profikarriere reichen können. Landesmeister bei den Amateuren. 32 Kämpfe, keinen verloren und ganze 31 davon durch vorzeitigen K. O. beendet. Danach rissen die Aufzeichnungen ab, weil er ausgestiegen ist. Bis dahin keine Auffälligkeiten. Nur seine Schulnoten gingen rapide in den Keller. Grund dafür war wohl eine gewisse Isabella. Nachnamen konnte ich nicht herausfinden und eine Isabella taucht auch nirgendwo in seinem Leben mehr auf. Aber ich konnte absolut nichts über irgendwelche anderen Liebschaften finden. Keine Mails über einen längeren Zeitraum, keine Profile in irgendwelchen Partnerbörsen oder sonstigen Stellen. Und dann wurde es ganz dunkel. Über einen Zeitraum von knapp 8 Jahren gibt es absolut gar keine Aufzeichnungen mehr außer bei der Bundeswehr. Einzige Auffälligkeit dort war regelmäßige Befehlsmissachtung und, wen würde es wundern, respektloses Verhalten. Erst im Alter von 27 Jahren taucht er wieder als Bodyguard auf. Steile Karriere gemacht, trotz immer wiederkehrenden, Ermahnungen er würde nie seine Schutzweste tragen. Hervorragender Schütze und Beobachter. Wurde schnell zu einer Führungskraft. Nie verlobt, verheiratet oder sonst an irgendwen gebunden, keine Kinder. Hat nie einen Klienten verloren, bis auf einmal in du weißt schon. Und danach gab es nur noch die gefährliche Körperverletzung eines Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen. Verurteilt zu einer Haftstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten die er aber nicht antreten musste bisher. Der Haftbefehl wurde mit einer Frist von zwei Wochen ausgesetzt. Heißt, wenn er nicht bei Interpol einsteigt, geht er in den Bau. Das ist alles, was ich finden konnte.«
»Dann gibt es also nur eine Isabella, von der wir nichts wissen außer dem Vornamen. Ist ja nicht gerade eine große Ausbeute.« Stöhnte Liz.
»Ich habe auch keine Anhaltspunkte, wo ich nach ihr suchen sollte«, gab Mike kleinlaut zu.
»Lass uns doch mal überlegen. Wie alt war er zu dem Zeitpunkt?«, bohrte sie nach.
»Das ist nicht zweifelsfrei festzustellen. Irgendwas zwischen 12 und 15.«
»Okay, immerhin wüsste ich aber eine Spur. In dem Alter besucht man eine Schule, er hoffentlich auch. Kannst du mal sämtliche Schülerinnen zu dem Zeitpunkt nach einer Isabella durchsuchen? So viele können es ja nicht sein, denn der Name ist doch selten.«
»Außer er war auf einer Schule in Italien, denn da wimmelt es nur so von Isabellas«, lachte Mike und Liz musste grinsen.
Mike klappte seinen Laptop auf und begann wieder zu tippen. Liz wartete gespannt auf das Ergebnis. Nach wenigen Minuten lagen die Daten vor und Mike startete einen Quervergleich.
»Treffer!«, rief er aus. »In der ganzen fraglichen Zeit ergibt der Name Isabella 3 Treffer. Eine davon ist eine Lehrerin Mitte 50 zu der Zeit. Bleiben nur weitere zwei übrig. Eine Schülerin aus einer Klasse 3 Jahre über ihm, und eine aus der Klasse unter ihm. Welche darf es sein?«
»Gib mir alle beide.«, murmelte sie. »Eine von den beiden ist die Gesuchte. Versuchen wir, so viel wie nur möglich über sie zu erfahren.«
»OK Chefin, ich gebe alles!«, witzelte er in ihre Richtung.
Liz sah aus dem Fenster auf die Tragflächen, die sich im Wind leicht noch oben und unten neigten. Unter ihnen türmten sich die Wolken auf, die wie Watte über einem tiefblauen Teppich zogen. Vor ihrem inneren Auge lief der ganze verrückte Tag noch einmal ab, als ihr eine Erleuchtung kam. Sie blickte zu Mike und rief aufgeregt, »Wir brauchen die Telefonnummern der beiden. Du kannst fließend Deutsch, hat Roussel gesagt. Können wir aus dieser Kiste telefonieren?«
»Ja«, gab er zu. »Aber die Verbindung ist wahrscheinlich nicht die beste.«
»Das macht nichts. Frag sie einfach, ob sie sich an ihn erinnern können, und wenn ja wollen wir wissen, was da war! Dafür wird die Verbindung ausreichen. Aber Mike, keine Flirterei, auch wenn sie noch so eine süße Stimme haben«, gab ihm Liz noch eine mit.
»Unerlaubter Tiefschlag Liz!«, knurrte er.
Mike begann die erste Nummer anzurufen und Liz blickte gebannt auf sein Gesicht. Sie kamen der Lösung näher und vielleicht würden sie dann auch erfahren, warum Korn so ist, wie er eben ist. Sie hörte Mike sprechen, während er sich krampfhaft den kleinen Finger seiner linken Hand ins Ohr presste, um die Kabinengeräusche abzuschirmen. Liz Verstand zwar keinen Ton was er sagte, aber alles klang hart und abgehackt. Seine Augen hinter den Brillengläsern zeigten aber keinen Erfolg. Er wählte die zweite Nummer und das Gespräch dauerte nur etwa eine halbe Minute, dann legte er auf und starrte das Telefon ziemlich böse an. »Blöde Schlampe«, zischte er dem Hörer zu. Sie hielt es kaum noch aus vor Spannung, als er endlich anfing zu erzählen.
»Die Erste, die ich angerufen habe, war die Ältere. Sie erinnerte sich noch gut an ihn, hatte allerdings nie viel mit ihm zu tun gehabt. Sie konnte mir aber einiges berichten. Die ganze Schule wusste, dass Michael Korn bis über beide Ohren in Isabella Fischer verliebt war, die beiden auch einen Sommer lang kaum alleine anzutreffen waren. Sie meinte noch, das sie viel Unsinn zusammen gemacht haben, aber eine Beziehung war es nie. Nach dem Sommer hat man sie nie wieder zusammen gesehen und er hat sich extrem verändert. Warum wusste sie leider nicht. Also hab ich diese Isabella Fischer angerufen. Sie erinnerte sich auch an ihn. Als ich dann aber weiter gefragt habe, sagte sie mir, es würde mich absolut nichts angehen und ich solle nie wieder anrufen. Dann hat sie einfach aufgelegt.«
»Scheint ja nicht gerade die freundlichste Person zu sein. Das hat wohl damals auf ihn abgefärbt und er hat es übertrieben!«, klagte sie.
»Wenn das mal nur der Grund ist«, spottete er.
»Ich würde sie ja gerne mal befragen, aber unser Verhörspezialist starrt ja Löcher in die Luft und ist wohl nicht besonders motiviert, oder sollte ich sagen nicht mehr existent?«
»Existent ist er noch, Liz. Vor einigen Stunden war er ja noch am Leben. Zumindest kennen wir jetzt mal den Grund für sein Verhalten, auch wenn ich mir nicht ganz erklären kann, wie es dazu kam. Meinst Du, wir sollten ihn mal darauf ansprechen?«, fragte er.
»Besser nicht. Zumindest nicht so offensichtlich. Wer weiß schon, wie er reagiert. Wenn ich daran denke, was mir der kleine Hieb auf seinen Arm eingebracht hat, will ich das besser nicht herausfinden. Wir sollten subtiler vorgehen und ich hab auch schon eine Idee, wie ich das anstelle«, orakelte sie.