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15. Kapitel Vereinigte Staaten, Houston (TX)

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Sanft setz­te die Gulf­stream von In­ter­pol auf der Lan­de­bahn auf und roll­te lang­sam auf einen Han­gar zu. Die Trieb­wer­ke erstar­ben und die Tür glitt nach un­ten. Liz und Mi­ke klet­ter­ten über die Trep­pe nach un­ten. Sie hat­ten nur we­nig ge­schla­fen auf dem Flug von Frank­reich hier­her. Ein­rei­se­kon­trol­le wa­ren nicht not­wen­dig, da sie in ei­ner Pri­vat­ma­schi­ne von In­ter­pol ge­lan­det wa­ren und der Flug auch be­stä­tigt wur­de. Of­fi­zi­ell hat­ten die bei­den den Auf­trag der Po­li­zei von Hou­ston, In­for­ma­tio­nen zu­kom­men zu las­sen, aber na­tür­lich wür­den sie dort nie er­schei­nen. Mi­ke hat­te noch am Mor­gen einen Miet­wa­gen or­ga­ni­siert, der be­reits auf die bei­den war­te­te. Da Liz nur den Links­ver­kehr von der In­sel ge­wöhnt war, muss­te der Ha­cker hin­ter dem Steu­er Platz neh­men. Sie na­vi­gier­te ihn mit­tels ih­res Smart­pho­nes zu ei­nem klei­nen Lo­kal für ein Früh­stück, das sich in ei­ner Shop­ping­mall et­was au­ßer­halb von Hou­ston be­fand. Dort gab es auch einen gut sor­tier­ten Be­klei­dungs­la­den.

Es war gar nicht so leicht einen An­zug für Mi­ke zu fin­den. Er war groß und wog fast nichts. Die gan­zen An­zü­ge wa­ren ent­we­der zu klein, oder zwar lang ge­nug, sa­ßen da­bei aber wie ein Sack an ihm, was ihm ei­ne Wir­kung wie ein Clown ver­lieh. Liz hat­te die­se Pro­ble­me nicht. Trotz ih­rer et­was ge­rin­ge­ren Kör­per­grö­ße fand sie sehr schnell ein pas­sen­des Out­fit. Im Hin­blick dar­auf, dass sie so­wie­so nur ma­xi­mal ei­ne Stun­de ih­re Rol­le spie­len muss­ten, ent­schied sich Mi­ke für einen dun­kelblau­en drei­tei­li­gen An­zug mit schwar­zer Kra­wat­te. Liz muss­te grin­sen, als er ihr ge­stand, dass er nicht in der La­ge war einen Wind­sor­kno­ten zu bin­den. Sie half ihm da­bei, wie sie es zu Hau­se schon hun­dert Mal bei ih­rem Freund ge­tan hat­te. So ge­stylt nah­men sie ein klei­nes Früh­stück ein und mach­ten sich dann auf den Weg in das Ge­fäng­nis, wo Lea Enis ges­tern Abend hin ver­legt wor­den war.

Als sie den Park­platz vor dem Ge­fäng­nis er­reich­ten, stieg die Ner­vo­si­tät merk­lich an. Mi­ke zit­ter­te am gan­zen Kör­per und Liz fühl­te ih­ren Puls ra­sen. Sie gin­gen auf das Tor zu und zeig­ten ih­re Aus­weis­kar­ten vor. Der Be­am­te ver­glich die Fo­tos mit den Per­so­nen, die vor ihm stan­den, und die Echt­heit der Kar­ten. Der Dru­cker hat­te gan­ze Ar­beit ge­leis­tet. In ih­ren neu­en Iden­ti­tä­ten als Pri­ce und Spencer ge­lang­ten sie mü­he­los zu ei­nem War­te­raum. Nach 15 Mi­nu­ten öff­ne­te sich die Tür der ge­gen­wär­ti­gen Sei­te und ei­ne klei­ne blon­de, sehr dün­ne Per­son wur­de von zwei Be­am­ten in den Raum ge­lei­tet. Die bei­den Be­am­ten sa­hen aus wie die Brü­der von Rocky und Ram­bo, was ne­ben der schma­len Frau gro­tesk wirk­te. Müh­sam muss­te Liz ein La­chen un­ter­drücken und sie hoff­te in­stän­dig, das Mi­ke sich be­neh­men konn­te. Hier wa­ren nicht die Zeit und der Ort, um ei­ner Ge­fan­ge­nen Kom­pli­men­te um die Ohren zu schla­gen. Er gab sich al­le Mü­he pro­fes­sio­nell zu wir­ken. In Hand­schel­len wur­de ih­nen die klei­ne blon­de Frau über­ge­ben. Ei­ner der Be­am­ten warn­te sie, weil sich die Frau kaum bän­di­gen ließ. Liz blick­te in die grü­nen Au­gen der Frau und er­kann­te Arg­wohn und zu­gleich auch, dass sie be­reits nach Schwach­punk­ten such­te, um viel­leicht ent­kom­men zu kön­nen. Ir­gend­wie muss­te sie ihr einen Hin­weis zu­kom­men las­sen, dass sie kei­nen Ver­such un­ter­neh­men soll­te. Sie nah­men die blon­de Frau in die Mit­te und führ­ten sie an den Obe­r­ar­men hal­tend über den Flur. Als sie al­lei­ne mit ihr den Flur ent­lang Rich­tung Aus­gang lie­fen, flüs­ter­te Liz ganz lei­se, »Miss Enis ma­chen Sie kei­ne Pro­ble­me, wir sind hier um sie zu be­frei­en. Zu­cken sie mit ih­rem Arm, wenn sie ver­stan­den ha­ben!«

Sie hat­te ver­stan­den. Mi­ke und Liz brach­ten sie am Aus­gang vor­bei di­rekt zu ih­rem Wa­gen. Lea wür­de auf den Rück­sitz ge­drückt und die Tü­ren wur­den ver­schlos­sen. Die bei­den stie­gen wie­der vor­ne ein und Mi­ke woll­te den Wa­gen star­ten, als es an der Schei­be klopf­te. Er­schro­cken fuh­ren sie her­um, als sie die Wa­che ne­ben dem Fens­ter auf der Sei­te von Liz sa­hen. Schweiß trat auf ih­re Stirn, als sie das Fens­ter einen Spalt her­un­ter­ließ und die Wa­che sag­te »Wir brau­chen noch ei­ne Un­ter­schrift von ih­nen!«

Un­merk­lich at­me­te sie tief durch und stieg lang­sam aus. Sie nahm das Pa­pier, das man ihr gab und leg­te es auf die Hau­be. Dann nahm Sie ih­ren Stift und hielt kurz in­ne. »Dein Na­me ist Spencer nicht Croll!«, dach­te sie bei sich und setz­te ei­ne Un­ter­schrift auf das Blatt, das man als Spencer le­sen konn­te. Dann stie­gen sie wie­der ein und Mi­ke star­te­te den Wa­gen. Vor­sich­tig fuhr er vom Park­platz wäh­rend Liz, oh­ne sich um­zu­dre­hen, zu Lea sprach, »Wir sind Mi­ke Banks und Liz Croll, zwei der Mit­glie­der des Te­ams von In­ter­pol für das Ber­trand Rous­sel sie an­ge­wor­ben hat. Wir fah­ren aus der Stadt di­rekt zu ei­nem Flug­zeug. Die Schlüs­sel für die Hand­schel­len rei­che ich Ih­nen gleich nach hin­ten!«

Sie griff in ih­re Ta­sche, wäh­rend Lea sag­te, »Wir müs­sen erst noch einen klei­nen Um­weg ma­chen, ich ha­be noch et­was zu er­le­di­gen.«

Liz hielt in der Be­we­gung in­ne und platz­te her­aus, »Wir ha­ben kei­ne Zeit, be­vor auf­fal­len wird, das sie ver­schwun­den sind, egal was es auch ist, es wird war­ten müs­sen!«

»Sie ver­ste­hen das nicht, es ist ver­dammt wich­tig. Es ge­hört zu un­se­rem ers­ten Auf­trag und die In­for­ma­tio­nen sind im­mer noch in mei­nem to­ten Brief­kas­ten im Mu­se­um of fi­ne Arts«, er­wi­der­te Lea auf­ge­regt.

»Wir wis­sen nichts von ei­nem Auf­trag Miss Enis. Un­se­re ers­te Auf­ga­be war sie aus den Fän­gen des FBI zu ho­len, weil sie zu un­se­rem Te­am ge­hö­ren«, sag­te Liz et­was un­wirsch.

»Ver­trau­en sie mir. Die In­for­ma­tio­nen sind not­wen­dig. An­sons­ten ru­fen sie Ber­nand an, er soll es ih­nen be­stä­ti­gen«, hielt Lea da­ge­gen.

Liz ka­pi­tu­lier­te und zog Ihr Smart­pho­ne aus der Ta­sche. Sie rief Rous­sel in Ly­on an. Der Mann von In­ter­pol be­stä­tig­te, dass Lea wirk­lich wich­ti­ge In­for­ma­tio­nen hat­te, die be­nö­tigt wur­den. Sie gab Lea die Schlüs­sel nach hin­ten und sag­te zu Mi­ke, »Fahr zu die­sem Mu­se­um of fi­ne Arts Mi­ke, aber tritt drauf, be­vor das FBI spitz kriegt, was läuft!«

»Al­les klar«, be­stä­tig­te er, zog auf die lin­ke Spur und be­schleu­nig­te.

Lea rieb sich die dün­nen Hand­ge­len­ke und lehn­te sich in das wei­che Pols­ter. Dann sag­te sie, »Dan­ke fürs Heraus­ho­len Ihr bei­den, ich hab schon ge­dacht, ich müss­te da drin ver­sau­ern. Ber­nand hat mir die In­for­ma­tio­nen über Euch ge­ge­ben, ich bin al­so im Bil­de, Ihr al­ler­dings wisst schein­bar noch nichts. Wäh­rend des Flugs er­klä­re ich Euch die Ein­zel­hei­ten.«

Liz rea­gier­te et­was emp­find­lich auf die Aus­sa­ge. Sie hat­te noch kei­ne Ah­nung, um was es ging, weil al­les durch die­se Ak­ti­on ver­zö­gert wur­de. Banks fuhr so schnell wie mög­lich Rich­tung Mu­se­um und hoff­te, dass sie nicht auf­fal­len wür­den.

Vor dem Mu­se­um hielt er mit quiet­schen­den Rei­fen und im sel­ben Mo­ment sprang Lea vom Rück­sitz und has­te­te durch die Be­su­cher, die vor dem Ein­gang war­te­ten. Nach we­ni­gen Mi­nu­ten rann­te sie wie­der mit ei­ner klei­nen Schach­tel in der Hand auf den Wa­gen zu, riss die hin­te­re Tür auf und sprang auf den Sitz. Mi­ke trat das Gas durch und kurv­te durch Hou­ston zu ih­rem Flug­zeug.

Et­wa 15 Mi­nu­ten spä­ter rann­ten die drei in die Gulf­stream von In­ter­pol, die be­reits war­te­te. Die Trieb­wer­ke lie­fen be­reits, als sie im In­ne­ren der Ma­schi­ne auf den Ses­seln Platz ge­nom­men hat­ten. Die Gulf­stream fuhr zur Start­bahn und hob we­ni­ge Se­kun­den spä­ter be­reits ab. Pfeil­schnell stie­gen sie in den leicht be­wölk­ten Him­mel hin­auf und dreh­ten nach Os­ten mit Flug­ziel Ly­on. Liz war über­rascht, wie schnell Lea Enis lau­fen konn­te. Sie war un­ge­fähr so groß wie sie selbst, war aber viel schnel­ler un­ter­wegs. Mi­ke war der mit Ab­stand lang­sams­te von ih­nen. Die lan­gen Bei­ne des Hackers steck­ten die meis­te Zeit un­ter ei­nem Schreib­tisch und wa­ren sol­che An­stren­gun­gen nicht ge­wohnt.

Lea be­gann, »Al­so, un­ser ers­ter Auf­trag ist es, ei­ne Er­fin­dung zu si­chern die man ver­sucht der Welt vor­zuent­hal­ten. Das heißt erst mal müs­sen wir sie fin­den. Mir wur­de be­kannt, dass be­reits ei­ni­ge Grup­pie­run­gen hin­ter­her sind. Ich soll­te ei­gent­lich an­ge­wor­ben wer­den ei­ni­ge Wis­sen­schaft­ler aus dem Weg zu räu­men. Ich tö­te aber kei­ne un­schul­di­gen Men­schen. Des­halb ha­be ich ab­ge­lehnt und die Da­ten an Ber­nand wei­ter­ge­ge­ben. Er hat sich dann dar­um ge­küm­mert, die­se Wis­sen­schaft­ler si­cher un­ter­zu­brin­gen. Wir sind al­so im Vor­teil. Lei­der konn­ten wir aber den Pro­to­ty­pen nicht aus dem La­bor ho­len und auch ei­ne For­mel für einen Werk­stoff nicht be­schaf­fen. Der Auf­trag­ge­ber ist ein Wis­sen­schaft­ler aus ei­nem For­schungs­zen­trum in Cancún, das zum SilOld-Kon­zern aus Deutsch­land ge­hört. Lei­der wur­de er be­reits ge­tö­tet und konn­te uns kei­nen wei­te­ren In­for­ma­tio­nen mehr zu­kom­men las­sen. Rous­sel hat dar­auf­hin ein Te­am zu­sam­men­ge­stellt, um dar­an zu ar­bei­ten. Al­ler­dings sind wir nur zu dritt, wie ich se­he.«

Mi­ke ver­dreh­te die Au­gen und Liz ant­wor­te­te, »Der ist in Ly­on ge­blie­ben. Schein­bar hat er ein großes Pro­blem, denn als Mi­ke und ich uns be­reits auf den Weg ge­macht ha­ben, war er ir­gend­wie nicht mehr an­sprech­bar. Mal da­von ab­ge­se­hen, dass ich un­gern mit ihm re­de. Von dem Auf­trag wuss­ten wir noch über­haupt nichts. Wir ha­ben nur Rous­sel durch die Man­gel ge­dreht als er uns er­öff­ne­te, dass aus­ge­rech­net sie ein Teil des Te­ams sein soll­ten. Ei­ne Auf­trags­kil­le­rin! Da­bei kam raus, dass sie mit ihm ver­wandt sind, um ei­ni­ge Ecken und dann wur­den sie ver­haf­tet, was Rous­sel ver­zwei­feln ließ. Da­rauf­hin ha­ben Mi­ke und ich uns den Plan über­legt sie zu ho­len. Trotz­dem will noch je­mand ein ers­tes Ge­spräch mit ih­nen füh­ren. Falls er über­haupt noch re­det. Wenn er re­det und ihm ir­gend­was auf­fal­len wird, lan­den sie wie­der im Knast. Ehr­lich ge­sagt ist es mir ein Dorn im Au­ge sie über­haupt be­freit zu ha­ben.«

»Ich weiß, dass sie so den­ken Miss Croll, im­mer­hin sind sie die ein­zi­ge ech­te Po­li­zis­tin im Te­am, da ist das die Grund­vor­aus­set­zung. Herr Banks ist mir auch be­reits be­kannt. Und nur, um dem vor­zu­beu­gen, Mis­ter Banks, sie kön­nen sich die An­nä­he­rungs­ver­su­che kom­plett aus dem Kopf schla­gen, ich bin, äh Ver­zei­hung, war ver­ge­ben und ich wer­de kei­ne ih­rer Erobe­run­gen. Ich ahn­te be­reits das Mis­ter Korn auf ei­nem Ge­spräch be­steht, er ist eben­so wie sie Miss Croll für die Si­cher­heit von Men­schen zu­stän­dig. Im Ge­gen­satz zu ih­nen al­ler­dings ist er eher ein ge­fühl­lo­ser Klotz«, er­klär­te Lea.

»Die­ser ge­fühl­lo­se Klotz ist lei­der auch ein ech­ter Kotz­bro­cken, darf ich an­mer­ken. Ich hat­te be­reits das zwei­fel­haf­te Ver­gnü­gen, ei­ni­ge Wor­te mit ihm zu wech­seln und muss lei­der zu­ge­ben, dass ich mir ge­wünscht hät­te ei­ne Waf­fe zu ha­ben. Lei­der muss ich auch zu­ge­ben, dass es mir ex­trem schwer­fällt, in die­sem Te­am zu ar­bei­ten. Es ist für mich au­ßer­or­dent­lich wich­tig, den Men­schen, mit de­nen ich ar­bei­te, ver­trau­en zu kön­nen. Mr. Korn zu ver­trau­en ist bis­her un­mög­lich, Mi­ke, tut mir leid, dass ich das so sa­gen muss, traue ich ein we­nig aber noch lan­ge nicht ge­nug und ih­nen Miss Enis traue ich auch nicht!«, be­ton­te Liz. Mi­ke Schau­te et­was trau­rig aber er konn­te sie ver­ste­hen. Sie hat­ten ja schon das Ge­spräch und er war Ihr auch nicht Bö­se. Im­mer­hin braucht Ver­trau­en ein we­nig Zeit, um sich auf­zu­bau­en. Um es wie­der zu ver­lie­ren rei­chen Se­kun­den. So ge­se­hen war Korn im Vor­teil, denn er ver­trau­te nie­man­dem.

Lea er­griff wie­der das Wort, »Ich ha­be nur et­was dar­über ge­le­sen, dass Mis­ter Korn schwie­rig im Um­gang ist, kann mir dar­über aber kein ge­nau­es Bild ma­chen. Aber in ei­ni­gen Stun­den wer­de ich ja se­hen, wie er ist. Üb­ri­gens ist mir Ver­trau­en auch sehr wich­tig. In mei­nem Be­ruf kann ich we­ni­gen wirk­lich ver­trau­en. Und das letz­te Mal als ich je­man­den ver­trau­te, lan­de­te ich beim FBI. Al­ler­dings wür­de ich jetzt ger­ne die Zeit nut­zen, uns ein we­nig bes­ser ken­nen­zu­ler­nen.«

Als die Gulf­stream in Ly­on auf­setz­te, hat­ten sie ei­ni­ge Dif­fe­ren­zen be­sei­tigt und war vom Sie auf das Du ge­wech­selt.

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