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17. Kapitel

Deutschland, Berlin

Er hat­te al­so den rich­ti­gen Rie­cher ge­habt. Al­le Si­cher­heits­kräf­te wur­den er­mor­det und die ge­si­cher­ten Schrän­ke auf­ge­bro­chen, um an die Er­kennt­nis­se zu ge­lan­gen. Die Fra­ge war nur von wem. Es stand au­ßer Fra­ge, dass man sein Un­ter­neh­men be­ob­ach­te­te. Aber wer steckt da­hin­ter. Wirt­schaftss­pio­na­ge ge­hör­te schon zum gu­ten Ton in der heu­ti­gen Ge­sell­schaft, aber wer war be­reit da­für, über Lei­chen zu ge­hen? Gab es wirk­lich Men­schen, de­nen dar­an ge­le­gen war tech­no­lo­gi­schen Fort­schritt zu ver­hin­dern, um ihr Ge­schäfts­mo­dell am Le­ben zu er­hal­ten? Oh ja, da­von gab es ei­ne gan­ze Men­ge. Er brauch­te nur ein paar Ki­lo­me­ter nach Wes­ten zu schau­en, dann konn­te er sie se­hen. Tau­sen­de Lob­by­is­ten die täg­lich in den Macht­zen­tren die­ser Welt im Ge­hei­men ih­re Fä­den zo­gen nur, um die Men­schen noch wei­ter aus­sau­gen zu kön­nen. Es ging nicht um In­ter­es­sen der Men­schen, son­dern nur noch um das Geld. Aber was war Geld ei­gent­lich? War das nicht nur be­druck­tes Pa­pier, um Wa­ren und Dienst­leis­tun­gen zu kau­fen? Au­ßer­dem wur­de die­ses Pa­pier ja auch nur her­ge­stellt. Und jetzt brach­te man Men­schen um we­gen ei­ner Er­fin­dung, die den Men­schen hel­fen soll­te. Stell­te sich nur die Fra­ge, wer ei­gent­lich da­von wuss­te und wo­her. Die Wis­sen­schaft­ler wuss­ten da­von, denn es war ih­re Ar­beit, nur sie wa­ren zur Ge­heim­hal­tung ver­pflich­tet. Er selbst wuss­te da­von und es hät­te ja kei­nen Sinn, über un­ge­leg­te Eier zu ver­han­deln. Dann ging ihm ein Licht auf. Das war die un­dich­te Stel­le. Das Pa­tent­amt! Sein Un­ter­neh­men hat­te ein Pa­tent auf den Werk­stoff be­an­tragt, den die For­scher in Cancún ge­fun­den hat­ten. Da ver­lo­ren sich die Spu­ren, denn kei­ner wuss­te, wer al­les Zu­griff auf die­se Da­ten hat­te.

Deutschland, Hannover

Vor dem Haus in der Nä­he des wun­der­schön ge­le­ge­nen Sees park­te ein schwar­zer Van. Das Fahr­zeug stand seit ei­ner Wo­che an der­sel­ben Stel­le und nie­mand war da­bei ge­se­hen wor­den. Das Haus war men­schen­leer, und die Post im Brief­kas­ten wur­de seit Ta­gen nicht ge­leert. Ein hell­braun an­ge­stri­che­ner Jä­ger­zaun um­gab das Ge­bäu­de. Am Ein­gang hing ein klei­nes Klin­gel­schild, auf dem der Na­me Was­ser­stein zu le­sen war.

Hin­ten im Van saß ein ein­zel­ner Mann auf ei­nem Stuhl vor Mo­ni­to­ren und hat­te Kopf­hö­rer auf den Ohren. Der Bo­den war über­sät mit lee­ren Pizza­kar­tons und der Mann stopf­te sich ge­ra­de Ku­chen in den Mund. Seit ei­ner Wo­che war er hier und war­te­te auf ei­ne Wis­sen­schaft­le­rin. Ihr Bü­ro in Cancún war ge­schlos­sen und sie soll­te ei­gent­lich hier sein.

Dänemark, Kopenhagen

War das schön hier. Ma­rie und ih­re Freun­din Mar­ti­na sa­ßen in der mil­den Som­mer­son­ne auf der Ter­ras­se und tran­ken Kaf­fee. Nach­dem das For­schungs­zen­trum Cancún ge­schlos­sen wur­de, wa­ren die bei­den be­fragt wor­den und durf­ten dann ent­schei­den, wo sie hin woll­ten. Sie durf­ten nicht ar­bei­ten und hat­ten da­her frei. Ma­rie Was­ser­stein hat­te erst ih­ren Ur­laub bei der Fa­mi­lie in Han­no­ver ver­bracht und woll­te ei­gent­lich in Cancún blei­ben. Mar­ti­na hat­te sie über­re­det mit ihr nach Ko­pen­ha­gen zu flie­gen, um ih­ren un­frei­wil­li­gen Ur­laub hier zu ver­brin­gen. Bei­de wa­ren be­freun­det und Dä­ne­mark hat­te Ma­rie noch nie be­sucht. Die bei­den Frau­en ge­nos­sen die Zeit. Mar­ti­na ar­bei­te­te zwar im glei­chen For­schungs­zen­trum, war aber nicht an den For­schun­gen be­tei­ligt. Sie war eher die gu­te See­le der Ein­rich­tung, denn sie ar­bei­te­te in der Po­st­ab­tei­lung. Die Brie­fe, die an­ka­men, wur­den von ihr ver­teilt, und die Auf­ge­ge­be­nen ver­schick­te sie in al­le Welt. Bei­de Frau­en hat­ten aber auch et­was ge­mein­sam. Sie leb­ten al­lei­ne und wa­ren nicht in fes­ten Hän­den. Ma­rie war eher mit ih­rer Ar­beit ver­hei­ra­tet und die Kol­le­gen die ver­such­ten bei ihr zu lan­den wa­ren al­le ab­ge­blitzt. Mar­ti­na hielt sich von Män­nern fern, denn sie hat­te nichts für sie üb­rig. Für Ma­rie hat­te sie et­was üb­rig aber trau­te sich nicht ihr was da­von zu sa­gen. Die Wis­sen­schaft­le­rin konn­te es sich aber den­ken. Die Post im For­schungs­zen­trum lan­de­te meist auf den Schreib­ti­schen der Ab­tei­lungs­lei­ter, nur wur­de sie Ma­rie Was­ser­stein im­mer per­sön­lich über­reicht. Der ge­mein­sa­me Ur­laub war ein Ken­nen­ler­nen auf ei­ner an­de­ren Ebe­ne. Bei­de ge­nos­sen die Ge­sell­schaft der an­de­ren und sie hat­ten sich ei­ne Men­ge zu er­zäh­len.

Ma­rie nahm ihr Te­le­fon zur Hand und ver­such­te, ih­re Fa­mi­lie zu er­rei­chen, wäh­rend Mar­ti­na Kaf­fee nach­schenk­te. Seit ei­ner Wo­che hät­te sie ih­re Fa­mi­lie schon nicht mehr er­reicht, aber das war nichts Un­ge­wöhn­li­ches. Zum Teil kom­mu­ni­zier­ten sie mehr über Brie­fe als sonst ir­gend­wie. E-Mails wa­ren nicht das Mit­tel der Wahl. Die Hand­schrift hat­te ei­ne per­sön­li­che No­te und was sie sich in den Brie­fen er­zähl­ten, muss­te nicht die gan­ze Welt er­fah­ren. E-Mails wa­ren nicht si­cher, denn je­der halb­wegs in­tel­li­gen­te Mensch konn­te sie ab­fan­gen und mit­le­sen. Brie­fe ka­men beim Emp­fän­ger an und der Um­schlag war ver­schlos­sen, nie­mand konn­te das le­sen. Ma­rie er­reich­te nie­man­den. Mar­ti­na be­merk­te es und sag­te, »Mach kein so lan­ges Ge­sicht, sie wer­den un­ter­wegs sein. Ver­mut­lich wer­den sie den­ken du bist bei der Ar­beit. Schreib ein­fach einen Brief, wir brin­gen ihn dann mor­gen zur Post.«

»Du hast recht Mar­ti­na, au­ßer­dem bin ich Ih­nen, schon drei Wo­chen auf die Ner­ven ge­fal­len dann brau­chen sie wohl auch mal ei­ne Pau­se«, lä­chel­te sie.

Vereinigte Staaten, Langley (VA)

»Wir kön­nen sie nicht fin­den Sir. Sie ist aus Cancún ver­schwun­den. Am Flug­ha­fen hat sie nie ein­ge­checkt und zu Hau­se kam sie nie an. Wie vom Erd­bo­den ver­schluckt. Die El­tern wuss­ten auch nicht, wo sie steckt. Wir ob­ser­vie­ren das Haus, falls sie auf­taucht, pa­cken wir sie ein«, kam es zö­ger­lich aus dem Hö­rer.

»Was ist mit den an­de­ren bei­den? Gibt es da we­nigs­tens ei­ne Spur oder hab ich es nur noch mit in­kom­pe­tenten Idio­ten zu tun?«, brumm­te John Clark­son.

»Ein an­de­rer Wis­sen­schaft­ler hat uns ei­ne Spur nach Pu­er­to Pla­ta ver­ra­ten, nach­dem wir ihn et­was in­ten­si­ver ge­fragt ha­ben.«

»Kei­ne Zeu­gen, ha­be ich mich klar aus­ge­drückt?«

»Ja Chef, ist schon er­le­digt. Er wird mit nie­man­dem mehr re­den. Wir hö­ren uns in der Do­mi­ni­ka­ni­schen Re­pu­blik um. Aber es gibt Hin­wei­se dar­auf, dass In­ter­pol sie ver­steckt hält«, schnarr­te es aus dem Te­le­fon.

»Was hat In­ter­pol da­mit zu tun und wo­her wol­len die da­von wis­sen?«, frag­te Clark­son.

»Sie ha­ben wohl Lun­te ge­ro­chen, aber bis­her konn­ten wir nicht raus­fin­den wie. Vi­el­leicht ha­ben sie einen In­si­der.«

»Ent­we­der das, oder ei­ne un­se­rer Fi­gu­ren spielt ein dop­pel­tes Spiel. Ich hab auch schon ei­ne Ah­nung wer. Wis­sen wir, wer das Ge­bäu­de in Cancún leer ge­macht hat und wo­hin die Sa­chen ge­bracht wur­den?«

»Ne­ga­tiv Sir. So wie es scheint, hat SilOld das ver­an­lasst, aber wir wis­sen nicht, von wel­cher Stel­le der Be­fehl kam, oder wo­hin das gan­ze Zeug ver­schwun­den ist.«

»Dann fin­den sie es ge­fäl­ligst her­aus«, schrie Clark­son und warf den Hö­rer auf die Ga­bel.

Die­se gan­ze Ak­ti­on war von An­fang an viel zu harm­los an­ge­fasst wor­den. Nach­dem die Fak­ten klar wa­ren, hät­te er so­fort die här­te­ren Ban­da­gen an­le­gen müs­sen. Jetzt konn­te er es nicht mehr än­dern, nur noch den Dreck weg­räu­men. Vor­ran­gig war, es al­les zu fin­den, aber wer spielt da ein dop­pel­tes Spiel? Er woll­te es so­fort her­aus­fin­den und da­zu brauch­te er In­for­ma­tio­nen. Am Zielort sei­ner Kon­takt­per­son war es zwei Uhr früh, als das Te­le­fon klin­gel­te. Ver­schla­fen mel­de­te sich die Stim­me mit ei­nem seuf­zen­den »Ja?«

»Wem ha­ben Sie noch ge­steckt, was läuft?«, frag­te er un­ge­hal­ten.

»Sind sie völ­lig ir­re, um zwei Uhr früh hier an­zu­ru­fen und mich zu fra­gen, warum ihr Ve­rein zu blöd ist et­was für sich zu be­hal­ten?«

»So wie ich das se­he weiß In­ter­pol da­von und es gibt nur ei­ne Fi­gur in die­sem Sze­na­rio, die de­nen et­was ste­cken könn­te, und die­se Per­son jam­mert mir ge­ra­de die Ohren voll«, schnaub­te er ver­ächt­lich.

»Clark­son, sie blö­der Pen­ner sind der ein­zi­ge, der et­was von mir er­fah­ren hat. Ich weiß nicht, was In­ter­pol mit der Sa­che zu tun ha­ben soll­te, noch wo­her die ih­re In­for­ma­tio­nen neh­men. Mög­li­cher­wei­se sind ih­re Mor­de auf­ge­flo­gen und In­ter­pol in­ter­es­siert sich des­halb da­für.«

»Ist ja lus­tig, dass In­ter­pol schein­bar nach dem ers­ten Op­fer so­fort zwei Wis­sen­schaft­ler ver­schleppt hat. Die konn­ten gar nicht wis­sen, um was es geht. Und jetzt ist auch noch die­ses Was­ser­schwein ver­schwun­den.«

»Sie über­wa­chen die­se gan­zen Kanä­le. Hät­ten sie mich nicht an­ge­ru­fen und In­for­ma­tio­nen ge­for­dert, wüss­te ich bis heu­te noch nichts da­von, geht das viel­leicht auch in ih­ren ver­fluch­ten Schä­del rein? Die gan­ze Welt weiß mitt­ler­wei­le das ihr be­scheu­er­tes Volk nicht in der La­ge ist feh­ler­frei bis drei zu zäh­len. Al­les, was ihr könnt, ist Krieg spie­len, den ihr selbst an­zet­telt und Tech­no­lo­gi­en klau­en. Jetzt fi­cken sie sich selbst und las­sen mir mei­nen Schlaf!«, da­mit war die Lei­tung tot.

Michael Korn & Liz Croll Trilogie

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