Читать книгу Michael Korn & Liz Croll Trilogie - Matthias Boden - Страница 42
32. Kapitel Frankreich, Lyon
ОглавлениеSehr früh am Morgen betrat Bernand Roussel das Büro seines Teams. Banks war zu diesem Zeitpunkt bereits seit Stunden anwesend. Seine Nachtruhe wurde immer wieder von der Nachricht gestört, die er auf der Festplatte gefunden hatte. Er hatte das ganze Leben von Buric, dem kroatischen Wissenschaftler, wieder und wieder durchforstet. Jedem noch so kleinen Hinweis war er nachgegangen, konnte aber keinen Nachweis über einen Berg, Felsen oder Stein finden den Buric regelmäßig besucht, besessen oder bestiegen hatte. Der Wissenschaftler hatte sein ganzes Leben eher in flacheren Regionen verbracht. Er mochte Wassersport, und da er es liebte, wenn es richtig warm war, verbrachte er seine freie Zeit fast nur am Meer. Den höchsten Punkt, den er erreicht hatte, war die Zugspitze. Mike fand einfach keinen brauchbaren Ansatz, um dem Rätsel auf die Spur zu kommen. Roussel hatte den Abend zuvor auch damit verbracht darüber nachzudenken. Ebenso wie Mike wurde er daraus nicht schlau. Seine Kollegen waren noch in Caracas. Auf seine Anrufe hatte keiner reagiert, also entschied er sich, ihnen Nachrichten zukommen zu lassen. Rückmeldungen hatte er keine erhalten.
Kaffeeduft waberte durch den Raum, als die beiden in der Sitzgruppe Platz nahmen. Sie berieten sich über mehrere Stunden. Jeder neue Ansatz, den sie fanden, erwies sich nach Betrachtung als neuerliche Sackgasse. Hier war jede Menge Hirnschmalz von Nöten. Bernand sah nur eine Möglichkeit. Jeder Mitarbeiter von Interpol, der über eine gewisse Sicherheitsfreigabe verfügte, sollte helfen, dieses Rätsel zu lösen. Mike sträubte sich erst dagegen, aber als er länger darüber nachdachte, erkannte er die Vorteile. Es würde Hunderte neuer Hinweise geben, und es blieb ja keine andere Wahl, wollte man das Rätsel lösen. Schließlich, es war kurz vor Mittag, stimmte er dem Plan zu. Man einigte sich nur auf die obere Ebene. Alle mit mindestens einer Level 4 Sicherheitsfreigabe sollten helfen. Das waren nicht sehr viele Personen, allerdings waren sie alle clevere Mitarbeiter. Gerade als Mike den Verteiler einrichtete, klingelte sein Handy. Im Display wurde Liz angezeigt.
»Hey Liz,«, meldete er sich, »na, wie ist es in Caracas gelaufen?«
»Mike, wir haben nicht viel Zeit zum Quatschen. Lea und ich haben eben deine Nachricht gesehen. War das alles auf der Festplatte?«
Mike seufzte »Ja, leider. Nachdem ich das Passwort erst geknackt hatte, kam diese Datei zum Vorschein. Die restliche Platte ist komplett leer. Roussel und ich haben uns das Hirn zermartert, kamen aber auf keine Lösung!«
»Wir wissen im Moment auch nichts damit anzufangen. Aber was anderes kannst du uns in Caracas auf die Schnelle einen Minitransmitter organisieren?«, fragte Liz.
»Eine Wanze meinst du?«, fragte Mike nach.
»Nein, irgend so ein Miniteil was den Standort, möglichst genau, weitergibt«, präzisierte sie.
»Achso, du meinst einen GPS-Tracker.«
»Wie auch immer! Kannst du, oder kannst du nicht?«
»Bis wann brauchst du den?«, fragte er.
»Am besten gestern Mike. Wir haben noch maximal 2 Stunden Zeit, dann sind wir wieder in der Luft. Spätestens dann müssen wir alles zusammen haben, was wir brauchen. Lea und Korn sind schon unterwegs. Also flott!«, schrie sie erregt in das Telefon.
»Mach dich mal locker. Wo bist du jetzt?«
»Caracas, etwa 14 Meilen (ca. 23 km) südlich des Flughafens.«
»Okay Liz, ich schick dir jemanden zum Flughafen, sie wird alles dabei haben, was du brauchst. In spätestens anderthalb Stunden ist sie vor Ort, okay?«
»Lass mich bloß nicht hängen Mike!«, seufzte sie und legte auf.
Der Verteiler war bereits schon fast vergessen. Mike wählte eine Nummer in seinem Telefon. Nach dem zweiten Klingelton meldete sich eine, fast piepsige, Frauenstimme.
»Hallo?«
»Karyani, meine süße Butterblume. Wie hab ich deine Stimme vermisst.«
»Mike, mein weißer Tiger. Endlich höre ich deine Stimme wieder. Bist du aus dem Gefängnis raus? Wann kommst du?«
»Karyani, mein Honigtörtchen. Ich war lange im Knast wegen der Geschichte mit dem First Ladyboy und als ich rauskam, hattest du eine andere Nummer. Erst in Lyon konnte ich sie dann finden«, flötete der Hacker.
»Lyon? Etwa in Frankreich?«
»Ja, in Frankreich Rosenblättchen.«
»Was machst du in Frankreich? Du solltest bei mir sein!«, kam es etwas ungehalten.
»Beruhige dich Zauberlämmchen! Ich wollte ja direkt zu dir, bis mich Interpol noch im Knast abgeholt hat!«
»Das man dich verhaftet hat weiß ich, Zuckerlöckchen ich musste es mit anhören, aber warum sitzt du jetzt schon wieder? Diesmal sogar bei Interpol.«
»Ich arbeite jetzt bei Interpol Goldschneckchen.«
»Verarsch mich nicht! Der größte Hacker der Welt, der einzige der in meiner Puki steckte, arbeitet ganz sicher nicht für Interpol!«
»Doch, mein Weinbrandtrüffel. Ich brauche deine Hilfe, beziehungsweise Interpol braucht deine Hilfe.«
»Du meinst so richtig offiziell?«, fragte sie staunend.
»Ja, du wirst sogar bezahlt Colafläschchen.«
»So richtig mit Bargeld, das ich nicht erst wieder über 500 Konten schicken muss?«
»Ja, ich bring es dir höchstpersönlich in Venezuela vorbei und lege noch ein Flugticket obendrauf!«, grinste er.
»Ein Flugticket? Bist du verrückt Schnuffelhase? Du weißt, ich kann Venezuela nicht verlassen, ohne direkt in vergitterte Gebäude gesteckt zu werden«, rief sie ängstlich.
»Doch Honigwürmchen, ich fliege mit dir nach Paris, die Stadt der Liebe, und niemand wird dich verhaften. Versprochen!«
»Was für Gemeinheiten muss ich dafür tun?«, fragte Karyani.
»Du nimmst dir deinen Notfallkoffer mit dem Wunderspielzeug und stehst in spätestens einer Stunde in Caracas am Flughafen. Dort gehst du zu den Privatmaschinenterminals. Da steht eine Gulfstream mit dem Logo von Interpol. Drei Kollegen werden dort eintreffen. Zwei Frauen, beide ungefähr so groß wie du Zauberstange, und ein riesiger griesgrämiger Mann. Eine der beiden heißt Liz Croll, der gibst du alles, was sie möchte. Halte dich aber besser von dem Mann fern, das ist ein Sonderklassearschloch. Ist das okay für dich?«
»Flughafen, Interpolmaschine, Croll, eine Stunde, Wunderspielzeug, vom Mann fernhalten. Betrachte es als erledigt Zauberwürmchen. Wann darf ich dich wieder in meine Arme schließen?«, fragte sie.
»Wenn es nach mir ginge jetzt gleich, aber ich kann hier noch nicht weg. Ich besorge dir einen sauberen Pass und wir fangen neu an, zusammen.«
»Du bist verrückt Hase, aber deswegen liebe ich dich. Wir telefonieren, okay? Wenn ich zum Flughafen muss, habe ich nicht mehr viel Zeit.«
»Ich liebe dich auch Honigröschen. So wie ich Zeit finde, rufe ich dich an«, hauchte er in den Hörer, küsste das Mikrofon und legte auf.
Mike saß vor den Monitoren und konnte sich nicht mehr daran erinnern, was er hier wollte. Vor seinem inneren Auge liefen Bilder von längst vergessenen Zeiten ab. Wie er die süße Karyani Sasmita zum ersten Mal getroffen hatte. Das Elektronikgenie aus Indonesien mit der goldenen Haut und den langen schwarzen Haaren. In einer Bar in Jakarta hatte er sie getroffen. Es liefen Szenen ab, er hörte ihre süße Stimme in seinen Ohren nachhallen. Alles, was damals passiert war, kehrte jetzt wieder zurück. Er verlor sich in seinen Träumereien. Den Computer, auf dem der schwarze Cursor blinkte, vergaß er völlig. Er schaltete den Rechner aus und lief aus dem Gebäude. Um die alten Zeiten wach zu halten, beschloss er sich zu einem Cocktail irgendwo in der Stadt. Ein Mango Spicy Collins, Karyanis Lieblingscocktail, wäre genau das Richtige. Indonesien war zwar ein vorwiegend muslimisches Land, was es schon schwer genug machte an Alkohol zu kommen, aber Karyani wusste immer, wo sie welchen bekam. Sie war zwar in Indonesien geboren, hatte aber weder mit Religion oder Gebräuchen irgendwelche Verbindungen. Ihre Religion hieß Elektronik, und darin war sie einsame Spitze. Leider hatte sie sehr viel Pech in ihrem Leben, was wohl von ihren illegalen Geschäften herrührte aber Indonesien war ja nicht das einzige Land auf der Welt. Sie hatte in den meisten davon gelebt, bis sie fliehen musste. Heute war sie in fast allen Staaten der Erde eine Verbrecherin und wäre sofort nach der Einreise verhaftet worden. Nur in Venezuela konnte sie sich relativ frei bewegen. Mike wünschte, er wäre mit nach Venezuela geflogen. Vielleicht hätte er Karyani besuchen können und einige schöne Stunden mit ihr verlebt. Er nahm sich vor, nach dem Auftrag, mit ihr viele Tage, und auch Nächte, zu verbringen. Vielleicht könnte er sie sogar zu sich holen und ein neues Leben beginnen.