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28. Kapitel Venezuela, Caracas

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Es war drückend heiß in Ca­ra­cas, der Haupt­stadt von Ve­ne­zue­la, als die drei Mit­glie­der des In­ter­pol­teams aus der Gulf­stream aus­stie­gen. Lea mach­te das nicht zu schaf­fen, sie war es ge­wohnt sich in hei­ße­ren Re­gio­nen auf­zu­hal­ten. Auf­grund ih­rer schlan­ken zier­li­chen Fi­gur fror sie meis­tens eher. Wenn es so warm war, wie es na­he am Äqua­tor all­ge­mein der Fall war, fühl­te sie sich erst rich­tig wohl. Korn hat­te schon über­all ge­ar­bei­tet. Er lieb­te das war­me Kli­ma und war voll auf ih­ren Plan fo­kus­siert. Ein­zig Liz, die ihr gan­zes Le­ben bis­her in der Tropf­stein­höh­le der bri­ti­schen In­sel ver­bracht hat­te, mach­te die ho­he Luft­feuch­tig­keit schwer zu schaf­fen. Be­reits als sie die ge­kühl­te Gulf­stream ver­las­sen hat­te, lief ihr der Schweiß in Strö­men. Auch ihr Kreis­lauf brauch­te ei­ni­ge Zeit, um sich wie­der in Schwung zu brin­gen. Sie hat­te wei­che Knie und ein star­kes Schwin­del­ge­fühl. Korn und sei­ne Lea zün­de­ten sich genüss­lich ei­ne Zi­ga­ret­te an, ge­nau das Rich­ti­ge, nach ei­nem lan­gen Flug. Liz hin­ge­gen trat ih­re Kip­pe so­fort wie­der aus. Ihr Kreis­lauf war so sehr am Kämp­fen, dass die Zi­ga­ret­te ein­fach nicht schmeck­te. Der ehe­ma­li­ge Bo­dy­guard woll­te kei­ne Zeit ver­lie­ren und so schnell wie mög­lich zu dem Ge­bäu­de der SilOld AG, da­mit er die Be­ge­ben­hei­ten ins Vi­sier neh­men konn­te. Er wuss­te, dass bis­her nie­mand dort auf­ge­taucht war. Zur Si­cher­heit hat­te er noch in der Luft mit den Be­hör­den in Ve­ne­zue­la te­le­fo­niert und dar­um ge­be­ten so vie­le Po­li­zei­kräf­te wie mög­lich in Zi­vil­klei­dung rund um das Ge­bäu­de in Stel­lung zu brin­gen. Ve­ne­zue­la hat­te ihm zu­ge­si­chert so­fort al­le Trup­pen, die ver­füg­bar wa­ren dort zu sta­tio­nie­ren. Der Miet­wa­gen war­te­te be­reits als sich Lea und Mi­cha­el auf den Weg ma­chen woll­ten. Liz konn­te ih­nen nicht fol­gen. Sie hat­te große Pro­ble­me, sich über­haupt auf den Bei­nen zu hal­ten, an lau­fen war gar nicht zu den­ken. Um nicht noch mehr Zeit zu ver­lie­ren, woll­te Korn be­reits wie­der zu ei­ner ver­ba­len At­ta­cke auf die klei­ne Eng­län­de­rin an­set­zen. Lea stopp­te ihn un­wirsch. Sie flüs­ter­te »Mi­cha­el, es ist nicht hilf­reich sie jetzt zu­sam­men­zu­fal­ten. Ihr geht es nicht gut, wie du se­hen kannst. Wir müs­sen war­ten bis sie so weit wie­der okay ist.«

»Lea, wir kön­nen hier nicht her­um­sit­zen und Däum­chen dre­hen bis Ma­da­me wie­der in der La­ge ist auf­recht zu ste­hen! Da­für ha­ben wir ein­fach nicht die Zeit«, zisch­te er.

»Schatz, es sind si­cher nur ein paar Mi­nu­ten. Wir war­ten ein­fach so lan­ge, ja?«

»Wir las­sen sie ein­fach hier ste­hen. Soll sie eben nach­kom­men. Am bes­ten, wenn al­les vor­bei ist!«

»Wa­rum musst du jetzt wie­der zum Ekel­pa­ket mu­tie­ren? Auf dem Flug hat­te ich das Ge­fühl, es wä­re tat­säch­lich mög­lich, dass ihr bei­den euch ein biss­chen bes­ser ver­steht. Lag ich so falsch?«, frag­te sie ent­mu­tigt.

»Ich kann nicht stän­dig im­mer nur dar­auf war­ten, bis sie mal in die Gän­ge kommt. Je­des Mal, wenn ihr ein Furz quer sitzt, muss es wie­der end­los aus­dis­ku­tiert wer­den. In mei­nem Be­ruf kann ich nicht zur Ziel­per­son ge­hen und sa­gen wir müs­sen noch war­ten bis ich mei­ne So­cken glatt ge­zo­gen ha­be, weil ich fürch­te ei­ne Bla­se an den Ze­hen zu be­kom­men. Wir sind in Ei­le und sol­len al­len Erns­tes war­ten, bis die so weit ist?«, maul­te Korn.

»Du siehst doch, das sie jetzt ein­fach nicht kann. Was wür­dest du ma­chen, wenn ich jetzt die­se Pro­ble­me hät­te? Mich auch an­pflau­men oder ste­hen las­sen?«

»Nein. Ich wür­de dich wohl eher bis zum Au­to tra­gen Lea.«

»Das ist aber lieb. Nur wo ist jetzt der Un­ter­schied?«

»Der Un­ter­schied ist, der das ich bei dir ge­fühls­mä­ßig ein­fach nicht an­ders kann. Bei der hin­ge­gen ist es mir völ­lig egal.«

»Zeig ein­fach ein biss­chen Ver­ständ­nis. Sie wird das be­stimmt zur Kennt­nis neh­men«, bat Lea ihn.

»Okay, dann eben Plan C mein Schatz. Du holst den Wa­gen und ich die eng­li­sche Sumpf­he­xe. In spä­tes­tens fünf Mi­nu­ten will ich auf dem Weg sein. Schnapp dir den Schlüs­sel und klemm dich hin­ters Lenk­rad«, sag­te er auf­for­dernd und dreh­te sich um. Lea schüt­tel­te nur den Kopf, mach­te sich aber auf den Weg. Sie rann­te zum Schal­ter der Miet­wa­gen­fir­ma, un­ter­schrieb die Pa­pie­re, die man ihr vor­leg­te, mit »Lea Tay­lor« und nahm den Schlüs­sel ent­ge­gen. Dann rann­te sie zum Wa­gen und mach­te es sich auf dem Fah­rer­sitz be­quem. Gera­de als sie denn rech­ten Au­ßen­spie­gel ein­stel­len woll­te, trau­te sie ih­ren Au­gen nicht. Korn hat­te sich die eng­li­sche Agen­tin über die rech­te Schul­ter ge­legt und kam mit den bei­den Kof­fern im Schlepp­tau auf den Wa­gen zu. Ih­re Bei­ne bau­mel­ten an sei­ner Hüf­te, wäh­rend ihr Kopf hin­ter sei­nem Rücken ver­steckt war. Er stell­te die Agen­tin vor der Tür zum Rück­sitz ab, öff­ne­te sie und leg­te die klei­ne Frau quer in den Wa­gen. Die Kof­fer warf er acht­los in den Kof­fer­raum und setz­te sich dann ne­ben Lea.

»Kann los­ge­hen«, sag­te er knapp.

Lea fuhr vor­sich­tig an, wand­te den Kopf zu ih­rem Freund »Du hast sie jetzt nicht ernst­haft mit dem Hin­tern vor­an durch die Hal­le ge­tra­gen, oder?«

»Was hät­te ich sonst ma­chen sol­len Schatz? Auf die Kof­fer set­zen konn­te ich sie schlecht«, mur­mel­te er.

»Du willst mir jetzt echt er­klä­ren, es ging nicht an­ders?«

»Lea, ich woll­te nicht un­nö­tig war­ten bis wir los­kön­nen. Wir ha­ben noch et­was vor, wenn ich dich dar­an er­in­nern darf. Fakt ist, die Sumpf­he­xe muss­te zum Wa­gen. Sie wird es über­le­ben, wenn ihr ein paar Män­ner auf den Arsch ge­glotzt ha­ben, au­ßer­dem hat sie so­wie­so nicht viel da­von mit­be­kom­men«, knurr­te er.

»Manch­mal bist du wirk­lich un­mög­lich Schatz.«

»Des­we­gen liebst du mich doch!«, ki­cher­te er scherz­haft.

Lea lenk­te den wei­ßen Se­at ge­konnt durch die Stra­ßen über das sie, das Na­vi­ga­ti­ons­ge­rät führ­te. Be­reits nach et­was mehr als zwan­zig Mi­nu­ten spä­ter sa­hen sie das sechs­stö­cki­ge Ge­bäu­de vor sich auf­ra­gen. Korn ver­such­te sich so­fort die bes­ten Stel­len für sei­nen ge­plan­ten Hin­ter­halt zu su­chen. Die La­ge war sehr un­über­sicht­lich. Rund um das Ge­bäu­de wu­cher­ten Sträu­cher so hoch wie Ga­ra­gen. Es gab je­de Men­ge Mög­lich­kei­ten sich zu ver­ber­gen. Im Schut­ze der Dun­kel­heit ei­ni­ge Ge­stal­ten zu fin­den dürf­te schwer wer­den. Lea schi­en zu ah­nen, was Mi­cha­el dach­te und sag­te zu ihm »Das gan­ze Ge­län­de ist so dun­kel wie ein Bä­re­narsch. Da kann ich zwei Jah­re auf dem Dach sit­zen und trotz­dem nichts fin­den.«

»Du hast recht mein Herz. Ich hät­te mir ei­ne ebe­ne Flä­che mit ei­ni­gen Bäu­men ge­wünscht, aber das hier ist das reins­te Pa­ra­dies für je­den An­grei­fer.«

»Wir wer­den nicht viel aus­rich­ten kön­nen, wenn wir nichts se­hen Mi­cha­el. Ei­gent­lich wür­de ich mir die Stel­le so­fort aus dem Kopf schla­gen«, maul­te sie.

»Der Ma­na­ger im Boss Stramp­ler ist eben kein Stra­te­ge und hat­te auch nicht groß Zeit, sich was zu über­le­gen. Auf den Bil­dern sah es auch ei­ni­ger­ma­ßen passa­bel aus, aber die Gärt­ner hat­ten schein­bar die letz­ten Jahr­zehn­te frei. Wenn ich das so se­he, muss ich mir schnells­tens einen neu­en Plan aus dem Arsch zie­hen, sonst wird das ein Him­mel­fahrts­kom­man­do«, gab er zu.

»Dann ist es ja ge­nau der rich­ti­ge Platz für sie«, kam es von der Rück­bank.

»Muss die aus­ge­rech­net jetzt wie­der klar wer­den? Hät­te das nicht Zeit ge­habt bis nach Weih­nach­ten«, gab er ge­nervt von sich.

Lea muss­te la­chen, ob­wohl ihr nicht da­nach zu­mu­te war.

»Liz, ich wür­de mei­nen Freund ger­ne noch ein Weil­chen be­hal­ten. Das heißt, er soll­te das Gan­ze ge­nau wie wir über­le­ben.«

»Vi­el­leicht kön­nen wir die An­grei­fer ja über­re­den, nur auf eng­li­sches Wild zu schie­ßen«, warf Korn ein.

»Im­mer noch der glei­che Kotz­bro­cken wie vor­her«, kam das Echo von hin­ten.

»Ihr bei­den soll­tet wirk­lich mal wie zwei Er­wach­se­ne mit­ein­an­der um­ge­hen. Ich hab die­se Hah­nen­kämp­fe satt. Mi­cha­el hat noch ei­ni­ge De­fi­zi­te, was ich auch ver­ste­he und to­le­rie­re, aber das du Liz es ein­fach nicht las­sen kannst, macht mich ra­send. Hört end­lich auf euch wie zwei Te­stos­te­ron ge­schwän­ger­te Halb­star­ke zu be­neh­men!«, schrie Lea und häm­mer­te mit den Hän­den auf das Lenk­rad.

»Feu­er kann man auch nicht mit Ben­zin lö­schen, ver­dammt noch eins!«, brüll­te Korn und schlug mit der Faust auf die Ar­ma­tur vor ihm. Das bil­li­ge Plas­tik zer­brach in tau­send Tei­le. »Ich hab dir hun­dert­mal ge­sagt, das ich mit der Tee­kan­ne da hin­ten nicht ar­bei­ten kann, aber nein, du woll­test sie un­be­dingt da­bei ha­ben. Ich hät­te sie über dem At­lan­tik das Klo her­un­ter­spü­len sol­len, als ich die Mög­lich­keit hat­te. Jetzt muss ich sie auch noch hier er­tra­gen, was mich in den Wahn­sinn treibt!«, wü­te­te er.

Lea trat harsch auf die Brem­se und stopp­te, mit quiet­schen­den Rei­fen den Wa­gen. Sie warf ih­re Fäus­te ge­gen sei­nen Obe­r­arm.

»Ich ha­be es nur gut ge­meint und woll­te ein Te­am aus uns ma­chen. Das ist ein­fach nicht fair«, klag­te sie.

»Mit die­sem Obe­rarsch kann man kein Te­am bil­den!«, kreisch­te Liz von hin­ten.

Lea warf ih­ren Kör­per auf dem Sitz her­um. Der Blick der Liz traf, zeig­te blan­ken Hass. Mit be­ben­der Stim­me keif­te sie Liz an »Sag nur noch ein ein­zi­ges Wort und ich schi­cke dich in klei­nen Stück­chen per Brief zu­rück zur Queen!«

Liz hielt dem ei­si­gen Blick stand, trau­te sich aber nicht, einen Piep von sich zu ge­ben. Was dann pas­sier­te, konn­te sie kaum glau­ben. Korn, der eben noch ge­wü­tet hat­te wie ein Junky auf kal­tem Ent­zug, dreh­te sich zu Lea. Sein Blick war weich wie Wat­te, als er mit ru­hi­ger Stim­me sag­te »Ich war schon wie­der ge­mein zu dir. Es tut mir leid. Ich lie­be dich Lea«, dann nahm er sie sanft in den Arm und küss­te sie. Die Auf­trags­mör­de­rin schenk­te ih­rem Freund einen ver­lieb­ten Blick.

»Ich hät­te nicht dar­auf be­ste­hen sol­len, das sie uns be­glei­tet Mi­cha­el. Kannst du mir ver­zei­hen?«, frag­te sie.

»Na­tür­lich Lea«, er­wi­der­te er. »Lass uns wei­ter­fah­ren mein Herz, ich möch­te un­gern die ge­plan­te Par­ty ver­pas­sen.«

Lea nick­te und trat das Pe­dal voll durch. Der Mo­tor heul­te laut auf be­vor der Wa­gen mit durch­dre­hen­den Rä­dern ei­ne schwar­ze Spur in den As­phalt fräs­te. Wei­ßer Rauch, der je­der Papst­wahl zu Eh­re ge­reicht hät­te stieg hin­ter dem Ve­hi­kel auf.

We­nig spä­ter park­te sie den Miet­wa­gen et­was ab­seits des schlich­ten Be­ton­baus der SilOld AG. Er rag­te wie ein di­cker grau­er Klotz hin­ter den Sträu­chern auf. Lang­sam aber un­auf­hör­lich ver­dun­kel­te sich das Are­al, als die Son­ne hin­ter dem al­ten Ge­bäu­de ver­schwand. Korn blieb ab­rupt ste­hen und schnipp­te mit den Fin­gern. Er sah die klei­ne Lea an und flüs­ter­te fast »Hast du bei dei­ner Aus­rüs­tung nicht ei­ne klei­ne Wär­me­bild­ka­me­ra da­bei?«

»Doch, aber da­mit kann ich nicht an­vi­sie­ren Mi­cha­el«, sag­te Lea.

»Das macht nichts. Ich ha­be ei­ne Idee. Ihr bei­den geht da oben auf dem Dach in Stel­lung. Such dir einen ge­schütz­ten Platz, mit dem du wei­te Tei­le des Are­als über­bli­cken kannst. Gib der bri­ti­schen He­xe die Wär­me­bild­ka­me­ra. Sie soll dir je­de Wär­me­si­gna­tur an­sa­gen, die sie ent­deckt. Du zielst, so gut du kannst und wenn du et­was ent­deckst, drückst du ab. Be­nut­ze den Schall­dämp­fer und wenn mög­lich schirmst du den Mün­dungs­blitz ab. Ich möch­te, dass du so gut wie un­sicht­bar bleibst. Wir blei­ben mit den Funk­emp­fän­gern in Ver­bin­dung.«

»Okay. Ich wer­de so vie­le Heads­hots wie mög­lich ab­feu­ern. Wird ei­ne ech­te Her­aus­for­de­rung!«, freu­te sich Lea.

»Nein, Schatz. Bit­te kei­ne Heads­hots. Bal­le­re sie an, aber bring sie nicht um. Ich will wis­sen, wer da­hin­ter­steckt, und Lei­chen las­sen sich so schwer ver­hö­ren«, er­mahn­te Korn.

»Ich un­ter­bre­che euch zwei Tur­tel­tau­ben nur un­gern, aber ich muss dar­auf hin­wei­sen das sich da un­ten je­de Men­ge Po­li­zei­kräf­te be­fin­den. Die wer­den nicht be­geis­tert sein, wenn wir ih­re Leu­te an­schie­ßen«, brach­te Liz her­vor.

»Da­rum küm­me­re ich mich schon. Wir wer­den sie zu­rück­zie­hen bis zum An­fang des Ge­län­des. Je­der der sich auf dem Ge­län­de se­hen lässt, wird an­ge­schos­sen. Ach und Schatz, wenn es mög­lich ist, bit­te nicht auf mich an­le­gen, okay?«, be­lehr­te Korn.

»Mi­cha­el nicht. Ich kann dich un­mög­lich er­ken­nen von da oben, wenn es dun­kel ist!«, bat Lea ih­ren Freund mit zitt­ri­ger Stim­me.

»Ich sag ja, er will sich ab­knal­len las­sen!«, be­harr­te Liz.

»Falls da oben ir­gend­je­mand woh­nen soll­te! Ver­scho­ne uns vor Al­ten und auch Grei­sen, eng­li­schen Sumpf­kü­hen und Sän­gern die „der Wend­ler“ hei­ßen!«, sprach Korn und blick­te in den Him­mel. »Die se­ni­le Pa­ti­en­tin von der In­sel hat im­mer noch nicht be­grif­fen, was hier ab­läuft. Ich ge­be dir mei­ne Po­si­ti­on an Lea, du weißt al­so im­mer wo ich ge­ra­de bin und der Hal­baf­fe von der In­sel wird es auch wis­sen. Ich wer­de mich in den Bü­schen be­we­gen und die Kol­le­gen aus­schal­ten, die ich fin­den kann. So­zu­sa­gen als klei­nes Back-up. Was du von oben nicht er­rei­chen kannst, neh­me ich mir vor. Es wird kei­ne Ar­mee hier auf­lau­fen. Ver­mut­lich wer­den es we­ni­ger als 10 An­grei­fer sein, und die ha­ben kei­ne Ah­nung, auf was sie sich hier ein­las­sen. So weit klar?«, er­gänz­te Korn.

»Bit­te mit Schutz­klei­dung Mi­cha­el. Mir zu­lie­be.«, fleh­te Lea.

»Ich wer­de so ei­ne be­schis­se­ne Wes­te an­zie­hen, ver­spro­chen!«, füg­te er sich in sein Schick­sal. »Jetzt ab mit euch auf das Dach, wir ha­ben nicht ewig Zeit.«

Lea zog ih­ren Freund an sich, gab ihm einen lan­gen Kuss und flüs­ter­te »Pass auf dich auf. Ich lie­be dich!«

Mi­cha­el blick­te ihr tief in die Au­gen. Dann küss­te er ih­re Stirn und ließ die bei­den Frau­en ste­hen. Er be­weg­te sich ziel­stre­big zu ei­nem der vie­len Po­li­zis­ten in Zi­vil­klei­dung und sprach ihn an. Kei­ne hal­be Mi­nu­te spä­ter zo­gen sich al­le Kräf­te der Po­li­zei wort­los zu­rück. Sie ver­steck­ten sich in den Haus­ein­gän­gen ge­gen­über bis sie nicht mehr zu se­hen wa­ren. Die bei­den Frau­en rann­ten die Trep­pe hin­auf aufs Dach. Oben an­ge­kom­men warf sich Lea auf den Bo­den und küm­mer­te sich um ihr Ge­wehr. Liz stand un­ru­hig da­ne­ben. Plötz­lich frag­te Lea »Worauf war­test du? Die Ka­val­le­rie oder doch auf den Bus, der nicht kommt?«

Die eng­li­sche Agen­tin ver­dreh­te die Au­gen »Auf die Wär­me­bild­ka­me­ra, du Ge­nie!«

Stöh­nend griff Lea in ih­re Aus­rüs­tungs­ta­sche und warf ihr ei­ne schwar­ze Box zu. Dann zog sie aus ih­rer Ho­sen­ta­sche ei­ne klei­ne Schach­tel, ähn­lich der La­de­sta­ti­on von Blue­too­th­kopf­hö­rern und drück­te sie Liz in die Hand. »Stop­fe dir das Ding ins Ohr, das ist der Funk­emp­fän­ger. Du hörst al­les, was wir sa­gen und wir hö­ren auch dich. So­gar, wenn du flüs­terst. Und jetzt, Ab­gang, aber plötz­lich!« Liz dreh­te sich wort­los um und stapf­te mit wü­ten­den Schrit­ten da­von. Su­chend blick­te sie sich nach ei­nem ge­eig­ne­ten Ver­steck um. An der süd­west­li­chen Ecke setz­te sie sich hin­ter die klei­ne Kan­te, die et­wa 20 cm hoch nach oben rag­te und fum­mel­te den Funk­emp­fän­ger aus der klei­nen Scha­tul­le. Als sie das klei­ne Gerät ins Ohr steck­te, hör­te sie so­fort Korns schar­fe Stim­me, bel­len. »Sumpf­kuh ge­hen sie so­fort in De­ckung. Je­der Idi­ot, der in der La­ge ist, durch ein Ziel­fern­rohr zu bli­cken, könn­te sie aus 5 km Ent­fer­nung ab­knal­len.«

Sie brumm­te nur mür­risch, leg­te sich dann aber wie Lea flach auf den Bo­den, be­vor sie die Wär­me­bild­ka­me­ra aus­pack­te. Es war ein Wun­der­werk der Tech­nik. Ein klei­ner LCD Bild­schirm zeig­te das Bild ei­ner win­zi­gen Ka­me­ra, die an der Spit­ze ei­nes schwenk­ba­ren Te­le­sko­parms ein­ge­baut war. Sie konn­te be­quem auf dem Bo­den lie­gen blei­ben und muss­te nur den Schwen­karm in Po­si­ti­on brin­gen. Sie konn­te auf dem grün­lich schim­mern­den Dis­play die gro­ben Um­ris­se se­hen. Lang­sam schwenk­te, sie die Ka­me­ra von rechts nach links bis plötz­lich in ei­nem rot leuch­ten­den Um­riss ei­ne Ge­stalt zu se­hen war, die in ei­nem Busch am Bo­den lag. Zö­gernd frag­te sie »Sind sie das Korn der da im Ge­büsch liegt?«

»Nein, der Os­ter­ha­se, der auf den Ni­ko­laus war­tet. Die bei­den ha­ben sich heu­te auf ei­ne schar­fe Num­mer ver­ab­re­det, aber das ha­ben sie na­tür­lich nicht ge­le­sen!«, brumm­te er.

Lea ki­cher­te, als Liz ant­wor­te­te »Ver­zei­hung, mein Abo für das Nu­dis­ten­blatt ist ab­ge­lau­fen.«

Korn frag­te Lea »Schatz, kannst du mal als Test nach mir su­chen und dann ne­ben mir einen Schuss in den Bo­den ab­ge­ben?«

»Ver­su­chen kann ich es, aber ich se­he so gut wie nichts«, ant­wor­te­te Lea.

»Haup­tein­gang, lin­ke Kan­te. Ab­stand et­wa 60 m in dem klei­nen Busch, der aus­sieht wie ein Pilz«, gab Liz an.

»Ge­fun­den«, rief Lea. Sie schoss im Ab­stand von we­ni­gen Me­tern ne­ben ih­rem Freund in den Bo­den.

»Okay Schatz. Das war sehr lei­se, aber ich konn­te dei­nen Mün­dungs­blitz se­hen. Ich wer­fe mit dem La­ser­poin­ter einen Punkt auf dei­ne Po­si­ti­on. Ver­such, das noch zu ver­ste­cken!«

Vor Leas Au­gen fun­kel­te ein grü­ner La­ser­punkt auf. Sie über­leg­te, was sie tun könn­te. »Ich ha­be ei­ne Idee, gib mir 30 Se­kun­den, dann feue­re ich zwei­mal.« Sie riss ein oliv­grü­nes Drei­ecks­tuch aus ih­rer Ta­sche und schlang es um die Mün­dung ih­res Ge­wehrs. Das klei­ne En­de des Tuchs ließ sie vor der Mün­dung nach un­ten klap­pen. Dann leg­te sie an, feu­er­te, war­te­te ei­ni­ge Se­kun­den und drück­te wie­der auf den Aus­lö­ser.

»Per­fekt Schatz, ob­wohl ich dei­ne ge­naue Po­si­ti­on ken­ne, war fast nichts mehr zu se­hen«, lob­te Korn. »Jetzt heißt es ab­war­ten und se­hen, was da kommt!«, füg­te er hin­zu.

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