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29. Kapitel Deutschland, Berlin

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Der klei­ne Be­spre­chungs­raum in der Mit­te Ber­lins war gut kli­ma­ti­siert. Bo­do Eg­gers hat­te end­lich einen Ter­min be­kom­men. Es ging, um ei­ni­ge Mil­lio­nen, die er be­sor­gen muss­te, um die bei­den Pro­fis die er an­ge­heu­ert hat­te zu be­zah­len. Die Metho­de war so ein­fach, dass sie grund­sätz­lich im­mer funk­tio­nier­te. Nur die deut­sche Wirt­schaft hat­te in Ber­lin et­was zu sa­gen, nicht die Po­li­ti­ker. Ge­wähl­te Volks­ver­tre­ter wa­ren nur aus­tausch­ba­re Ma­rio­net­ten. Die Fä­den die die­se Fi­gu­ren aber be­weg­ten la­gen fest in den Hän­den ei­ni­ger Ma­na­ger von Kon­zer­nen. Wenn man ge­nug Mit­ar­bei­ter be­schäf­tig­te, nicht nur die Stamm­be­leg­schaft, son­dern auch die Zu­lie­fe­rer ge­hör­te man in den Kreis der Pup­pen­spie­ler in Ber­lin. Al­lei­ne das klei­ne Wort Ar­beitsplät­ze war der Tür­öff­ner. Wenn dann noch Be­grif­fe hin­zu­ka­men wie ge­fähr­det, be­droht oder nicht mehr halt­bar rann­te man of­fe­ne Tü­ren ein. Es spiel­te kei­ne Rol­le, wer da im Kanz­ler­amt oder im Reichs­tag sei­nen Ar­beits­platz hat­te. In sei­ner Funk­ti­on als Chef von Ener­gart, der größ­te Ener­gie­rie­se der Bun­des­re­pu­blik und Ar­beit­ge­ber von ins­ge­samt 2,4 Mil­lio­nen Be­schäf­tig­ten in Deutsch­land hat­te in Ber­lin mehr zu ent­schei­den als je­der ge­wähl­te Volks­ver­tre­ter. Die der­zeit am­tie­ren­de Ober­ma­rio­net­te An­ge­li­ka Ro­ten­fels wür­de ex­akt so schnell ein­bre­chen wie im­mer. Die­ses Mal war es so­gar noch ein­fa­cher. Es ging nur um ma­xi­mal 30 Mil­lio­nen €, die er von den Steu­er­zah­lern über­neh­men las­sen woll­te. Das wa­ren Pea­nuts im Ver­gleich zu den vie­len Mil­li­ar­den, die die­se Bun­des­re­gie­rung für die Ent­sor­gung und La­ge­rung der ver­brauch­ten Brenn­stä­be der Atom­mei­ler be­zahl­te. Im End­ef­fekt haf­te­te da­für der Steu­er­zah­ler mit sei­nen Steu­ern, die Ber­lin groß­zü­gig ab­schöpf­te. Mehr­wert­steu­er, Öko­steu­er und nicht zu­letzt die wun­der­vol­le Idee mit den CO² Zer­ti­fi­ka­ten wa­ren ei­ne Gold­gru­be. Die Steu­ern spru­del­ten aus Tau­sen­den un­er­schöpf­li­chen Quel­len und lan­de­ten groß­zü­gig in den Ta­schen der Kon­zer­ne, wenn man nur die rich­ti­gen Ar­gu­men­te hat­te. Sei­ne Haup­tein­nah­me­quel­le wa­ren nur die Strom­prei­se, die man im Lau­fe der letz­ten Jah­re im­mer wei­ter an­ge­ho­ben hat­te. Ber­lin woll­te Steu­ern ab­zap­fen, er aber hö­he­re Ge­win­ne er­zie­len. So hat­te man es ge­schafft, dass Strom nir­gend­wo teu­rer war als in Deutsch­land. Die ar­men Steu­er­zah­ler, de­nen man im Ge­gen­zug die Re­allöh­ne im­mer wei­ter ge­senkt hat­te, wur­den aus­ge­presst wie Wein­trau­ben. Im­mer wenn sie dach­ten, es kön­ne nicht mehr schlim­mer kom­men woll­te Ber­lin hö­he­re Steuer­ein­nah­men und die Kon­zer­ne min­des­tens den glei­chen Ge­winn wie im Vor­jahr, oder na­tür­lich noch mehr. Steu­ern und Prei­se klet­ter­ten in im­mer neue Re­kord­hö­hen. Wenn die Ge­werk­schaf­ten dann hö­he­re Löh­ne for­der­ten, da­mit der klei­ne Steu­er­zah­ler das auch al­les brav be­zah­len kann, drück­te man die For­de­run­gen im­mer wei­ter. Meist sprang nicht ein­mal der In­fla­ti­ons­aus­gleich da­bei her­aus. Zum Glück ver­stan­den die­se Men­schen das Geld­sys­tem nicht. Wenn sie es be­grei­fen wür­den, hät­te man noch vor Son­nen­auf­gang ei­ne Re­vo­lu­ti­on. Er han­del­te al­ler­dings nach ei­ner an­de­ren For­mel. Ge­win­ne pri­va­ti­sie­ren, Ver­lus­te so­zia­li­sie­ren. Die Ge­win­ne im­mer schön selbst ein­strei­chen und die Ver­lus­te von Ber­lin be­zah­len las­sen. Aber die­ses Sys­tem ver­stan­den auch die Po­li­ti­ker nicht. Die leg­ten lie­ber pro Jahr et­li­che Mil­lio­nen in Be­ra­tern an, die ih­nen al­ler­dings auch nur die hal­be Wahr­heit er­zähl­ten. Po­li­ti­ker wa­ren schon ein be­son­de­res Volk. Oh­ne ih­re Be­ra­ter wür­den sie wohl nicht ein­mal die Toi­let­te fin­den. Zu die­ser Gat­tung Mensch ge­hör­te auch Bun­des­kanz­le­rin An­ge­li­ka Ro­ten­fels, die in die­sem Mo­ment den klei­nen Raum be­trat. Äu­ßer­lich be­saß sie die Schön­heit, wie man sie manch­mal nach sehr schwe­ren Un­fäl­len vor­fin­det. Was ih­ren In­tel­lekt an­geht, muss­te stark be­zwei­felt wer­den, ob sie in der La­ge war sich rich­tig her­um auf ei­ne Toi­let­te zu set­zen. Und wenn doch, ob sie dar­an den­ken konn­te vor­her den De­ckel hoch­zu­klap­pen. Bo­do Eg­gers spiel­te das nur in die Kar­ten. Sie kam auf ihn zu und gab ihm die Hand.

»Herr Eg­gers, sie ba­ten um einen pri­va­ten Ter­min. Um was han­delt es sich denn?«, frag­te sie.

»Mir ist zu Ohren ge­kom­men, dass Wis­sen­schaft­ler et­was ent­deckt ha­ben könn­ten, was die Ener­gie­pro­duk­ti­on re­vo­lu­tio­nie­ren wird. Al­ler­dings nach bis­he­ri­gem Kennt­nis­stand in ei­nem solch großen Aus­maß, das es un­ver­ant­wort­lich wä­re, es in die falschen Hän­de ge­lan­gen zu las­sen Frau Bun­des­kanz­le­rin.«

»Hät­ten sie es viel­leicht ein biss­chen ge­nau­er?«

»Of­fi­zi­ell ist na­tür­lich noch nichts be­kannt, aber man mun­kelt, es han­delt sich um ein Ma­te­ri­al, das Ener­gie ab­gibt, und zwar un­er­schöpf­lich«, er­klär­te Eg­gers.

»Das wä­re ei­ne wun­der­ba­re Er­fin­dung. Strom oh­ne Emis­sio­nen sind ein Traum. Wenn das stimmt, was sie sa­gen, wä­ren die­se Fri­days for Fu­ture zu­min­dest mal halb­wegs be­ru­higt«, freu­te sie sich.

»Frau Bun­des­kanz­le­rin, von die­sen Spin­nern wür­de ich nicht zu viel er­war­ten. Wer der Mei­nung ist Atom­kraft­wer­ke still­zu­le­gen, um den Strom aus Koh­le­kraft­wer­ken zu be­zie­hen, was nach de­ren Mei­nung we­ni­ger Emis­sio­nen ver­ur­sacht, ge­hört ei­gent­lich in ei­ne ge­schlos­se­ne An­stalt und nicht auf die Stra­ße. Aber das ist ihr Pro­blem und nicht mei­nes. Mir geht es eher dar­um, si­cher­zu­stel­len, dass die Ener­gie wei­ter­hin von zu­ge­las­se­nen Un­ter­neh­men be­reit­ge­stellt wird«, kam Eg­gers lang­sam zum Punkt.

»Was mei­nen sie da­mit?«

»Wenn die­ses neu­ar­ti­ge Ma­te­ri­al Ener­gie er­zeugt, sind die Ge­fah­ren gar nicht ab­zu­schät­zen. Wir soll­ten al­so si­cher­stel­len das nur aus­ge­bil­de­te Per­so­nen da­mit han­tie­ren. Wer könn­te das wohl bes­ser als un­se­re Mit­ar­bei­ter?«

»Herr Eg­gers, kann es sein das sie ge­ra­de ver­su­chen wol­len die­se Tech­no­lo­gie da­für zu nut­zen, Ener­gie güns­ti­ger her­zu­stel­len und zu ver­trei­ben?«, frag­te sie mit küh­lem Blick.

»Wo den­ken sie hin Frau Bun­des­kanz­le­rin? Ich ver­su­che, Ar­beitsplät­ze und die Men­schen zu schüt­zen. Nie­mand weiß, wie ge­fähr­lich die­ses Ma­te­ri­al sein kann. Was wä­re, wenn sich je­der ei­ne Bat­te­rie in den Kel­ler stel­len lässt, nur um spä­ter fest­zu­stel­len, dass die Strah­lung da­von le­bens­ge­fähr­lich ist, oder es zu Stör­fäl­len neigt, die ei­ner Atom­bom­be gleicht? Ich wä­re nicht be­geis­tert, wenn ich wüss­te, dass in je­dem Haus­halt ei­ne po­ten­zi­el­le Atom­bom­be steht und von Lai­en be­auf­sich­tigt wird«, log Eg­gers.

»Nun, mög­li­cher­wei­se ha­ben sie recht. Ei­ne Bom­be un­ter je­dem Haus ist nicht in mei­nem Sin­ne. Es müss­te si­cher­ge­stellt wer­den die­se Tech­no­lo­gie, oh­ne ei­ne Ge­fahr für al­le zu nut­zen. Aber das be­deu­tet auch, dass der Strom­preis sin­ken muss Herr Eg­gers«, stell­te sie fest.

»Da­zu kann ich der­zeit noch kei­ne Aus­sa­ge tref­fen, oh­ne es kal­ku­liert zu ha­ben. Al­ler­dings kann ich es erst kal­ku­lie­ren, wenn ich es ha­be. Be­schaf­fung und War­tungs­kos­ten, Lohn und Ne­ben­kos­ten der Mit­ar­bei­ter, Ver­trieb und die War­tung der Netz­in­fra­struk­tur und so wei­ter kann ich jetzt nicht ab­schät­zen. Das wer­den sie ver­ste­hen Frau Bun­des­kanz­le­rin.«

»Das leuch­tet mir ein. Aber ich ver­ste­he nicht ge­nau, warum sie da­mit zu mir kom­men Herr Eg­gers.«

»Die­ses Ma­te­ri­al ge­fähr­det Tau­sen­de von Ar­beitsplät­zen Frau Bun­des­kanz­le­rin. Um ein klei­nes Kraft­werk si­cher zu be­trei­ben, brau­chen wir Hun­der­te Mit­ar­bei­ter. Von der War­tung über den Elek­tri­ker bis hin zu den In­ge­nieu­ren, die al­les über­wa­chen. Um ei­ne Bat­te­rie zu über­wa­chen brau­chen wir viel­leicht nicht ein­mal die Hälf­te. Das be­deu­tet al­lei­ne in mei­ner Fir­ma re­den wir grob ge­schätzt über 1,2 Mil­lio­nen Men­schen, die ich ent­las­sen müss­te. Sie kön­nen si­cher ab­schät­zen wie vie­le Men­schen das für die oh­ne­hin lee­ren So­zi­al­kas­sen be­deu­tet, von den weg­bre­chen­den Steuer­ein­nah­men gar nicht zu spre­chen. Und mei­ne Fir­ma ist ja nicht die ein­zi­ge.«

»Von der Sei­te ha­be ich es gar nicht be­trach­tet, muss ich zu­ge­ben. Das wä­re ei­ne rie­si­ge Ka­ta­stro­phe. Aber was kön­nen wir da tun?«

»Ich ha­be be­reits mit den an­de­ren Fir­men­in­ha­bern te­le­fo­niert. Um die Ar­beitsplät­ze zu schüt­zen, be­nö­ti­gen wir rund 40 Mil­lio­nen pro Jahr. In al­len Fir­men wohl­ge­merkt, al­so nicht mei­ne al­lei­ne. Das müss­te ir­gend­wie von der Bun­des­re­gie­rung sub­ven­tio­niert wer­den.«

»40 Mil­lio­nen im Jahr? Ver­dammt Eg­gers wo soll ich die denn wie­der her­neh­men?«, frag­te sie rat­los.

»Das ist ein ver­gleichs­wei­se nied­ri­ger Preis. Die Al­ter­na­ti­ve wä­ren Mas­sen­ent­las­sun­gen und die Kos­ten für die So­zi­al­sys­te­me über­stei­gen die­se 40 Mil­lio­nen lo­cker um das Dop­pel­te. Was ist ih­nen al­so lie­ber? Und nur da­mit wir uns rich­tig ver­ste­hen, Frau Bun­des­kanz­le­rin, wenn der Strom­preis sinkt, bre­chen ih­nen auch ei­ni­ge Steuer­ein­nah­men weg«, sag­te Eg­gers spitz.

An­ge­li­ka Ro­ten­fels über­leg­te ei­ne gan­ze Zeit lang. Eg­gers sah ihr an, dass er ge­won­nen hat­te, wie­der ein­mal. Und er hat­te es nicht nur ge­schafft, die Kos­ten für die Pro­fis her­aus­zu­schla­gen, die er en­ga­giert hat­te, son­dern auch noch 10 Mil­lio­nen im ers­ten Jahr und wei­te­re 40 Mil­lio­nen in je­dem wei­te­ren Jahr. Als Sah­ne­häub­chen oben­drauf be­käme, er so­gar noch die For­schungs­er­geb­nis­se, die er ver­mark­ten könn­te. Das ver­sprach Um­satz­ge­win­ne in Mil­li­ar­den­hö­he je­des Jahr. Die Bun­des­kanz­le­rin mach­te ein mie­se­pet­ri­ges Ge­sicht, als sie schließ­lich ih­re Zu­stim­mung gab die 40 Mil­lio­nen pro Jahr zu über­neh­men.

Ihr ein­zi­ger Trost war, dass sie wuss­te, dass er die For­schungs­er­geb­nis­se nie­mals in die Hän­de be­kom­men wür­de. Die­se Mil­li­ar­den lan­de­ten über Um­we­ge bei ihr. Al­so muss­te der Steu­er­zah­ler im Jahr wei­te­re Mil­lio­nen ab­drücken und sie war die Ge­win­ne­rin die­ses Spiels. Jetzt muss­te sie nur noch da­für sor­gen, das die­ses ver­fluch­te Pa­tent der SilOld AG ver­schwin­det. Po­li­tik war nur ihr Sprung­brett für ein Le­ben in Reich­tum. Mit ei­nem zu­frie­de­nen Lä­cheln ver­ließ sie den Be­spre­chungs­raum. Sie hat­te ih­ren Ge­gen­über so ge­schickt über den Tisch ge­zo­gen, dass er die Rei­bungs­hit­ze als Nest­wär­me emp­fun­den hat­te.

Michael Korn & Liz Croll Trilogie

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