Читать книгу Michael Korn & Liz Croll Trilogie - Matthias Boden - Страница 29

Südamerika, Irgendwo über dem Atlantik

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Lea Tay­lor saß mit Mi­cha­el Korn in der Gulf­stream von In­ter­pol. Die Fest­plat­te, die sie im Haus in Ca­ba­re­te ge­fun­den hat­ten, lag zwi­schen ih­nen auf dem klei­nen Tisch. Sie hat­ten ver­sucht, die Da­ten dar­auf aus­zu­le­sen, aber die Fest­plat­te war ver­schlüs­selt und je­der Ver­such zweck­los. Sie konn­ten nur hof­fen, dass ihr Ha­cker der mit Liz ge­ra­de nach Ko­pen­ha­gen un­ter­wegs war, ihr die Ge­heim­nis­se ent­lo­cken könn­te. Da sie nichts wei­ter tun konn­ten, ge­nos­sen sie den Flug zu­rück nach Frank­reich. Lea hat­te be­merkt, das Korn ihr ge­gen­über kei­ne sei­ner sons­ti­gen Ge­mein­hei­ten fal­len ließ. Manch­mal er­tapp­te sie ihn bei ei­nem kur­z­en Blick, der we­ni­ge Au­gen­bli­cke auf ihr haf­ten blieb, bis er wie­der stur und re­gungs­los aus dem Fens­ter starr­te. Ih­re Au­gen mus­ter­ten die­sen ehe­ma­li­gen Bo­dy­guard auf­merk­sam. Er war oh­ne Fra­ge at­trak­tiv, wenn auch et­was rund­li­cher um die Hüf­ten, aber trotz­dem wen­dig und schnell. Sei­ne Be­we­gun­gen wa­ren kraft­voll und ziel­si­cher. Die blau­en Au­gen, um­rahmt von den kan­ti­gen Ge­sichts­zü­gen, wa­ren stän­dig in Be­we­gung, als ob sie et­was su­chen wür­den. Ins­ge­samt wirk­te er be­droh­lich auf die Men­schen, und sei­ne un­mög­li­che Art un­ter­stri­chen die­se Be­dro­hung noch. Al­ler­dings war ihr auf­ge­fal­len, dass es da noch ei­ne Sei­te an ihm gab, die nur in kur­z­en Au­gen­bli­cken zum Vor­schein kam. Ei­ne wei­che und ver­letz­li­che Sei­te. Ver­steckt hin­ter der Mau­er, die er um sich er­rich­tet hat­te. Und ihr war auf­ge­fal­len, dass er sich seit dem Ab­flug aus Ly­on, ihr ge­gen­über ganz an­ders ver­hielt. Er sprach mit ihr nicht mehr von oben her­ab, son­dern be­müh­te sich, sicht­lich freund­li­cher zu ihr zu sein. Jetzt muss­te sie nur noch ver­su­chen, hin­ter sein Ge­heim­nis zu kom­men. Bei ih­ren Ge­sprä­chen gab es im­mer wie­der die­sen einen Punkt, an dem er oh­ne Vor­war­nung hin­ter sei­ner Mau­er ver­schwand, meist brach er dann den Satz ab und schwieg. Sie woll­te die Scha­le knacken.

»Mi­cha­el, was ist dein Ge­heim­nis?«, frag­te sie of­fen her­aus.

Korn starr­te wei­ter­hin still aus dem Fens­ter. Erst als Lea die Fra­ge wie­der­ho­len woll­te, kam sei­ne Ant­wort, »Ge­heim­nis? Wie kommst du dar­auf, ich hät­te ein Ge­heim­nis?«

»Das ist of­fen­sicht­lich. Du ver­steckst dich hin­ter dei­ner Art.«

»Da gibt es kein Ge­heim­nis, ich bin eben so, wie ich bin.«

»So, wie du bist, hat sich aber seit wir Ly­on ver­las­sen ha­ben ganz schön ge­än­dert.«

»Nein, es hat sich nichts ge­än­dert. Du bil­dest dir et­was ein«, be­harr­te er und stier­te wei­ter aus dem Fens­ter.

»Mi­cha­el, ich bin nicht blind. Meinst du ich, be­mer­ke dei­ne Bli­cke nicht und be­kom­me auch nicht mit, dass du an­ders mit mir sprichst?«

»Ich soll­te net­ter sein wur­de mir ge­sagt, das ist al­les.«

»Das ist lä­cher­lich und das weißt du. Du sitzt in dei­nem Kä­fig und je­des Mal, wenn ich einen Blick dar­auf er­ha­sche, drehst du dich um, nur da­mit du nichts er­klä­ren musst.«

»Es gibt nichts zu er­klä­ren Lea«, ant­wor­te­te Korn kühl, aber sei­ne Stim­me klang be­bend.

»Oh doch, da gibt es ei­ni­ges zu er­klä­ren. Ich be­mer­ke dei­ne Bli­cke, du bist un­si­cher und ver­suchst, zwang­haft et­was zu ver­ste­cken!«

»Lea, ich kann nicht. Hör bit­te da­mit auf!«, wich er aus.

»Ich ha­be ge­ra­de erst an­ge­fan­gen und der Flug dau­ert noch lan­ge ge­nug. Du kannst mir nicht da­von­lau­fen. Bis wir lan­den will ich al­les wis­sen! Vor­her ge­be ich kei­ne Ru­he.«

»Dann soll­te ich dem Pi­lo­ten klar­ma­chen die Tür zu öff­nen.«

»Ach, willst du mich im At­lan­tik er­trän­ken?«, frag­te sie.

»Nein, ich ge­he lie­ber mit den Hai­en schwim­men.«

»Du willst al­so lie­ber aus 10 km Hö­he ins Meer sprin­gen, und wenn du das über­lebst mit den Hai­en spie­len, nur um mir nichts sa­gen zu müs­sen?«

»Lea, du ver­stehst es nicht. Ich bin schon seit 30 Jah­ren dem Tod nä­her als dem Le­ben. Be­las­sen wir es da­bei.«

»Das heißt, ich wur­de ge­bo­ren, als du ge­stor­ben bist. Ein­zel­hei­ten?«, setz­te sie nach.

Korn sag­te nichts. Nach wie vor rich­te­te sich sein Blick durch das Fens­ter der Gulf­stream nach drau­ßen. Lea bohr­te mit ih­rem Blick nach, aber er zeig­te kei­ne Re­ak­ti­on. Un­be­weg­lich saß er in sei­nem Ses­sel. Es ver­stri­chen ei­ni­ge zä­he Mi­nu­ten, bis Lea die Ver­än­de­rung be­merk­te. Korn hat­te die Au­gen ge­schlos­sen und sie konn­te Trä­nen in sei­nem Ge­sicht se­hen, die der Schwer­kraft nach un­ten folg­ten. Sie be­fürch­te­te zu weit ge­gan­gen zu sein. Lea hat­te die har­te Scha­le auf­ge­bro­chen, aber noch im­mer ver­ließ kein Ton sei­nen Mund. Wie soll­te sie dar­auf rea­gie­ren? Be­vor Lea ih­re Op­tio­nen ana­ly­sie­ren konn­te, be­weg­te der Bo­dy­guard sei­nen Kopf vom Fens­ter weg, sah sie mit den nas­sen feuch­ten Au­gen an, be­vor er lei­se an­fing, et­was zu sa­gen. Lea spitz­te die Ohren.

»Bis wir in Ly­on lan­den wirst du vie­les er­fah­ren Lea. Aber, wenn ich aus die­ser Ma­schi­ne stei­ge, seid ihr drei auf euch ge­stellt. Ich ver­las­se das Te­am so­fort nach der Lan­dung und ihr braucht nicht nach mir zu su­chen. Was man fin­den wird, ist mei­ne Lei­che.«

Lea wur­de mit ei­nem Schlag blass.

»Mi­cha­el, du machst mir Angst. Ich will zwar wis­sen, was los ist, aber nicht um je­den Preis. Wir wer­den ei­ne Lö­sung fin­den, die nicht mit dei­ner Lei­che en­det, ok?«

»Es gibt kei­ne an­de­re Lö­sung.«

»Die gibt es im­mer, man muss nur da­nach su­chen!«

»So, wie ich das se­he, gibt es nur ei­ne Lö­sung und die ist für mich un­ge­fähr so un­er­reich­bar wie die Ei­ger-Nord­wand für einen Asth­ma­ti­ker.«

»Ich wer­de dir hel­fen, so gut ich kann die­se Lö­sung zu er­rei­chen, ver­spro­chen!«

»Das Lea ist ein Ver­spre­chen, das du nicht hal­ten kannst, weil du die­se Lö­sung bist!«

Sie schau­te ihn ir­ri­tiert an, ver­stand aber nicht, was er da­mit sa­gen woll­te. Er gab ihr einen Mo­ment Zeit zu über­le­gen. Fast flüs­ternd frag­te sie, »Ich bin die Lö­sung?«

»Ja, auch wenn sich das für dich un­glaub­lich an­hö­ren muss. Ich kann es ja selbst kaum glau­ben.«

»Sieht so aus, als hät­te ich die Büch­se der Pan­do­ra ge­öff­net. Al­ler­dings ist es jetzt zu spät sie wie­der zu ver­schlie­ßen und ich muss mit den Kon­se­quen­zen le­ben. Du ver­langst aber hof­fent­lich nicht von mir, dass ich er­schie­ße, denn das könn­te ich nicht. Zum einen, weil ich kei­ne Un­schul­di­gen um­brin­ge und zum an­de­ren, weil ich, ähm Ge­fal­len an dir ge­fun­den ha­be.«

Korn hob die Au­gen­brau­en nach oben und blick­te ihr in die grü­nen Au­gen. Sie er­rö­te­te.

»Du magst mich?«, frag­te er stot­ternd.

»Du kannst es ja doch in mir le­sen, Mi­cha­el. Ich fand dich sehr in­ter­essant, als mir Rous­sel dein Dos­sier zu­kom­men ließ. Da drin war auch ein Fo­to und ich war vor dei­nen Au­gen so­fort fas­zi­niert. Als ich dich dann im Be­spre­chungs­raum das ers­te Mal di­rekt ge­se­hen ha­be, konn­te ich mei­nen Blick nicht von dir las­sen. Das war ein Mo­ment für mich, den ich nicht ganz be­schrei­ben kann. Bei un­se­rem klei­nen Ge­spräch al­lei­ne wur­de es auch nicht wirk­lich bes­ser und ich muss­te mich stark zu­sam­men­rei­ßen, um nicht ir­gend­ei­nen Blöd­sinn zu er­zäh­len. Als du dann dei­ne Sa­chen im Ho­tel ho­len woll­test, kam aber dei­ne Art durch, was mich ehr­lich ge­sagt wü­tend ge­macht hat. So wü­tend dass ich mir beim Schieß­test auf der Ziel­schei­be dein Ge­sicht vor­ge­stellt ha­be. Als wir dann ab­ge­flo­gen sind, kam aber wie­der was an­de­res durch. Da war dei­ne Ent­schul­di­gung, wenn du dich er­in­nerst, und ich hat­te ganz schö­nes Herz­klop­fen. Lei­der woll­te ich schon auf dem Flug hier­her mehr her­aus­be­kom­men, was al­ler­dings nur da­zu ge­führt hat, dass wir kaum noch ge­spro­chen ha­ben. Als ich in Ca­ba­re­te dann auf dem Hü­gel lag und die gan­ze Zeit dei­ne Stim­me im Ohr hat­te, woll­te ich, dass der Tag nie en­det. Das hät­te ewig so wei­ter­ge­hen kön­nen. Im Haus dann spä­ter war ich wie­der kurz da­vor dir dein Ge­heim­nis zu ent­lo­cken. Lei­der wur­den wir ja un­ter­bro­chen, weil du wie­der in dei­ne Mau­ern ge­flüch­tet bist und ne­ben­bei fast die Wand zer­trüm­mert hast. Als wir dann wie­der zum Flug­ha­fen ge­fah­ren sind, ha­be ich mir über­legt dich jetzt auf die­sem Flug so lan­ge zu be­ar­bei­ten, bis ich al­les weiß. Und jetzt sit­ze ich hier wie ein klei­nes Mäd­chen und er­zäh­le dir mei­ne Ge­fühls­welt, oh­ne auch nur et­was von dei­nem Ge­heim­nis er­fah­ren zu ha­ben. Ei­gent­lich dach­te ich, du wüss­test, dass schon al­les, be­vor ich es sa­ge.«

»Ich weiß nicht, was ich sa­gen soll Lea. Nor­ma­ler­wei­se kann ich in Men­schen le­sen wie in ei­nem of­fe­nen Buch, nur bei dir ver­sagt mei­ne Kunst au­gen­blick­lich. Als ich im Be­spre­chungs­raum den Aus­weis ent­ge­gen­neh­men muss­te, hab ich dich zum ers­ten Mal ge­se­hen und um ehr­lich zu sein hat es mir die Spra­che ver­schla­gen. Ich war hin und weg, ob­wohl ich nie ge­dacht hät­te, dass so et­was in mei­nem Le­ben noch ein­mal mög­lich sein könn­te. Ich hat­te al­le Mü­he, mich zu kon­zen­trie­ren und dich nicht die gan­ze Zeit an­zu­star­ren. Bei dem Ge­spräch ha­be ich ver­sucht, in dir zu le­sen. Die­ser Ver­such ist gna­den­los ge­schei­tert. Al­les, was ich woll­te, war dich un­ter den Arm zu klem­men und auf dem schnells­ten Weg das Ge­bäu­de zu ver­las­sen. Mit je­der Se­kun­de stieg mei­ne Angst, dass du auf­springst, mit dem Fin­ger auf mich zeigst und laut schreist, du wür­dest mir an der Na­se an­se­hen, dass ich mich in dich ver­liebt ha­be. Das auf dem Weg zu mei­nem Ho­tel war der ver­zwei­fel­te Ver­such ein biss­chen Sou­ve­rä­ni­tät zu­rück­zu­be­kom­men. Das war nicht leicht für mich, denn die gan­ze Zeit war ich ver­sucht mir selbst ei­ne rein­zu­hau­en, weil ich so ein Arsch zu dir war. Auf dem Flug hat­test du mich weich ge­kocht. Des­halb ha­be ich mei­nen Platz ver­las­sen, in die Wol­ken ge­st­arrt und heim­lich ge­weint, weil ich dir nichts sa­gen konn­te. Auf dem Weg zum Haus ha­be ich mich krampf­haft am Lenk­rad fest­ge­hal­ten und mich ge­zwun­gen nur nach vor­ne zu schau­en. Hät­te ich nur einen Blick auf dich ge­wor­fen, wä­re es aus mit mir ge­we­sen. In dem Haus war ich dann wie­der kurz da­vor, konn­te es aber wie­der nicht. Ich war so sau­er auf mich selbst, dass ich ge­gen die Wand ge­schla­gen ha­be, um mich mit ein biss­chen Schmerz zu be­täu­ben. Und jetzt die­se Ak­ti­on. Weg­lau­fen kann ich schlecht, wir flie­gen noch min­des­tens 8 Stun­den al­so wuss­te ich ge­nau, was kom­men wür­de. Hät­te ich dir an­ge­se­hen, dass es dir un­ge­fähr so geht wie mir wä­re es un­sin­nig ge­we­sen, et­was zu ver­schwei­gen. Nur wie ge­sagt, bei dir funk­tio­niert das ir­gend­wie nicht.«

Lea wuss­te ge­nau was zu tun war. Sie stand auf, ging um den klei­nen Tisch, der zwi­schen ih­nen stand her­um und setz­te sich auf sei­nen Ober­schen­kel, dann zog sie ihn zu sich her­an und küss­te ihn. Der Bann war ge­bro­chen. Die nächs­te hal­be Stun­de ver­brach­ten Sie wild küs­send bis sie ihm tief in die Au­gen sah und sag­te, »Kannst du mir jetzt dein Ge­heim­nis ver­ra­ten oder muss ich es aus dir her­aus Küs­sen?«

»Das An­ge­bot klingt ver­lo­ckend Lea, aber du wür­dest kei­nen Ton hö­ren. Ich wer­de es dir er­zäh­len. Bit­te un­ter­brich mich nicht, denn das wür­de es nur schlim­mer ma­chen. Igno­rie­re mei­ne Trä­nen und ver­sprich mir das du es für dich be­hältst!«, sag­te er ernst.

»Ver­spro­chen!«, lä­chel­te sie und hielt die rech­te Hand in die Hö­he.

Korn muss­te lä­cheln. Er lehn­te sich et­was zu­rück und fing lei­se an zu beich­ten.

»In dem Jahr als du zur Welt kamst, be­such­te ich, wie ei­gent­lich je­der Ju­gend­li­che, ei­ne Schu­le. In die­sem Jahr wa­ren wir die Ers­ten mit den Som­mer­fe­ri­en. Ge­gen En­de Ju­li be­gann für uns wie­der das Schul­jahr. Wäh­rend der ers­ten Wo­che traf, ich dann auf dem Schul­hof ei­ne Schü­le­rin, die neu an der Schu­le war. Sie war ein Jahr jün­ger als ich und ich hat­te sie noch nie vor­her ge­se­hen. Mei­ne bes­te Freun­din, mit der ich schon im Sand­kas­ten ge­spielt ha­be, kann­te sie von ei­ner Schul­füh­rung in den Som­mer­fe­ri­en. Ich war zu der Zeit noch im Ur­laub. Je­den­falls wer­de ich die­sen Au­gen­blick nie ver­ges­sen. Sie war zum Nie­der­kni­en. Die ers­ten 4 Wo­chen des Schul­jah­res wa­ren wir vier nur zu­sam­men an­zu­tref­fen. Isa­bel­la, so heißt sie, mei­ne bes­te Freun­din, ihr bes­ter Freund und ich ver­brach­ten je­de freie Mi­nu­te zu­sam­men. Wir wa­ren jung und dumm, ha­ben al­les Mög­li­che zu­sam­men an­ge­stellt und Isa­bel­la war im­mer da­bei. Es kam, wie es kom­men muss­te, und ich ha­be mich in sie ver­liebt. Al­ler­dings bis schwer über bei­de Ohren und mit al­lem, was da­zu­ge­hört. Mit­te Sep­tem­ber konn­te ich das nicht län­ger ver­heim­li­chen, al­so ha­be ich ihr auf dem Schul­hof ge­sagt, wie ich für sie emp­fin­de. An die­sem ver­fluch­ten Tag bin ich ge­stor­ben Lea. Ih­re Re­ak­ti­on war ganz an­ders, als man sich das ei­gent­lich vor­stellt. Ent­we­der be­kommt man einen Korb oder man fällt sich um den Hals. Sie hat­te noch ei­ne drit­te Op­ti­on in der Trick­kis­te, näm­lich den schlimms­ten Korb, den man sich nur vor­stel­len kann. Ich war ge­ra­de fer­tig mit mei­ner Beich­te, als ih­re rech­te Hand ge­flo­gen kam und mir im Ge­sicht lan­de­te. Di­rekt da­nach hat sie sich um­ge­dreht und mich ste­hen las­sen. Kör­per­lich tat mir die Ohr­fei­ge nicht mal weh, aber see­lisch hat sie mich völ­lig zer­stört. Das war aber lei­der noch nicht al­les. Nach die­sem Mo­ment hat sie mich kom­plett igno­riert, kein Wort mehr mit mir ge­wech­selt und ging mir aus dem Weg, wann im­mer das ir­gend­wie mög­lich war. Für mich war das schlim­mer als al­les, was man sich nur vor­stel­len kann. Mei­ne Ta­ge be­stan­den nur noch aus Isa­bel­la. Das be­gann mor­gens beim Auf­ste­hen und ging durch, bis ich ein­ge­schla­fen war. Aber selbst in mei­nen Träu­men war sie nicht aus mei­nen Ge­dan­ken zu be­kom­men. Ei­ni­ge Wo­chen spä­ter wur­de al­les noch viel schlim­mer. Mei­ne Näch­te lie­fen so ab, dass ich ein­sch­lief und dann in mei­nem Traum wie­der vor Isa­bel­la stand. Ich sah, wie sie mir ein her­un­ter­ge­hau­en hat und dann weg­ge­gan­gen ist. An der Stel­le bin ich dann im­mer wei­nend auf­ge­wacht und muss­te mich, so gut es ir­gend­wie ging be­ru­hi­gen. Als ich wie­der ein­ge­schla­fen bin, be­gann das al­les wie­der von vor­ne. Ich ha­be al­so et­wa 30 Mi­nu­ten ge­schla­fen bis ich wie­der wei­nend auf­ge­wacht bin, mich wie­der be­ru­higt ha­be, um dann die nächs­te hal­be Stun­de zu schla­fen, be­vor ich wie­der schrei­end auf­ge­wacht bin. Von den 8 Stun­den blie­ben in den bes­ten Zei­ten ge­ra­de mal drei­ein­halb Stun­den Schlaf üb­rig. Nicht nur ei­ne Nacht, son­dern je­de ver­damm­te Nacht, die über die Jah­re noch folg­te. Teil­wei­se ha­be ich gan­ze Näch­te aus­ge­las­sen, nur um zu ver­mei­den den schlimms­ten Mo­ment mei­nes Le­bens wie­der und wie­der er­le­ben zu müs­sen. Um das ir­gend­wie wie­der los­zu­wer­den, ha­be ich Ärz­te auf­ge­sucht, so vie­le ich fin­den konn­te. Psy­cho­lo­gen, The­ra­peu­ten und wie die Quack­sal­ber sonst noch hei­ßen. Hel­fen konn­te mir kei­ner da­von. In mei­ner Verzweif­lung ha­be ich so­gar Wun­der­hei­ler und He­xen auf­ge­sucht. Es war völ­lig sinn­los. Jahr um Jahr ver­ging so und ich konn­te es ein­fach nicht mehr er­tra­gen. Ich ha­be mehr­fach ver­sucht, mich sel­ber zu kil­len. Wie du siehst eben­falls er­folg­los. Da es nicht ziel­füh­rend ist dar­auf zu war­ten un­ter ei­nem Lkw zu lan­den, oder das dir ein Hoch­haus auf den ver­damm­ten Schä­del kracht, ha­be ich mir einen Be­ruf ge­sucht der es mir er­laub­te je­den Tag viel­leicht ab­ge­knallt zu wer­den. Lei­der mein­te mein Glück es nicht wirk­lich gut mit mir und al­les ha­be ich un­be­scha­det über­stan­den. Nicht mal ei­ne Ku­gel aus dem MG's hat mich ge­streift, als Mi­ke die Min­der­jäh­ri­ge flach­ge­legt hat. Ein paar mei­ner Kol­le­gen wa­ren tot, zwei der Ziel­per­so­nen eben­falls, nur ich hat­te nicht mal einen Krat­zer. So wur­de ich über die Jah­re zu dem Ar­sch­loch, das ich heu­te bin. Im­mer wie­der war ich mit mei­nen Ge­dan­ken bei Isa­bel­la, das sind die tol­len Mo­men­te, in de­nen ich ver­zwei­felt ver­su­che, mei­ne Trä­nen zu un­ter­drücken. Ge­lingt nur in den sel­tens­ten Fäl­len. Und dann kamst du und hast mich auf den Kopf ge­stellt. Ich hat­te pa­ni­sche Angst, dir zu sa­gen was los ist Lea, denn ein wei­te­res Mal über­le­be ich das nicht mehr. Da­für reicht mei­ne Kraft nicht aus. Das ist mei­ne Ge­schich­te!«

Lea sah Korn stau­nend an. Sei­ne Stim­me war im­mer wie­der mit Trä­nen er­stickt und er hat­te ei­ni­ge Pau­sen ein­le­gen müs­sen um das al­les vor ihr of­fen le­gen zu kön­nen. Sie hat­te nicht ge­wagt ihn zu un­ter­bre­chen und ihm al­le Zeit ge­las­sen, die er brauch­te, jetzt lag es an ihr rich­tig zu han­deln. Isa­bel­la war Ge­schich­te ge­wor­den und Lea hat­te jetzt die­sen Platz be­setzt. Sie wisch­te ihm ei­ni­ge Trä­nen aus dem Ge­sicht, schlang ih­re Ar­me um sei­nen Ober­kör­per und drück­te ihn so fest sie konn­te an sich als sie sag­te, »Mi­cha­el, was im­mer auch war, heu­te ist Schluss da­mit. Ich, und das ver­spre­che ich dir, blei­be an dei­ner Sei­te so lan­ge du mich nur aus­hal­ten kannst und willst, wenn du mir ver­sprichst mich nie zu ver­ra­ten. Ich ha­be mich nur ein­mal in mei­nem Le­ben an je­man­den ge­bun­den und der­je­ni­ge hat mir nur et­was vor­ge­spielt, um mich ans Mes­ser zu lie­fern.«

»Es ist mir ei­ne Eh­re, an dei­ner Sei­te sein zu dür­fen Lea. Bit­te ver­gib mir, wenn ich mal wie­der in mein Ver­hal­tens­mus­ter ab­rut­sche und dir ge­gen­über et­was sa­ge, was ich nicht sa­gen soll­te.«

»Das kann ich ma­chen, aber nur un­ter ei­ner Be­din­gung«, grins­te sie ihn an.

»Und wel­che wä­re das?«, frag­te er un­si­cher.

»Wann im­mer du mir et­was sagst, was nicht in Ord­nung ist darf ich dir ei­ne hau­en und du sagst mir, das du mich liebst und küsst mich!«

»So­zu­sa­gen als di­rek­te Stra­fe für mich?«, frag­te er.

Sie nick­te und sag­te, »Genau das! Und, weil ich mir nichts Schö­ne­res vor­stel­len kann, um dich wie­der nor­mal zu krie­gen.«

»Ein­ver­stan­den Lea«, sag­te er zärt­lich und küss­te sie.

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