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a) Bedeutung und Gegenstand der Akteneinsicht

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Nach § 147 Abs. 1 StPO ist der Verteidiger dazu befugt, Einsicht in alle Akten zu nehmen, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären; ferner darf er amtlich verwahrte Beweisstücke besichtigen.

Wie bereits ausgeführt wurde, ist die Einsichtnahme in die Ermittlungsakte für die Gewährleistung einer effektiven Strafverteidigung essentiell.[11] Um den Mandanten sinnvoll beraten zu können, muss der Verteidiger sich Kenntnis darüber verschaffen, wie sich der Verlauf der Ermittlungen und die Beweislage darstellen, und dies setzt Akteneinsicht und Aktenkenntnis voraus. Ohne Aktenkenntnis lässt sich der weitere Gang des Verfahrens schon aufgrund des Wissensvorsprungs der „Gegenseite“ kaum sinnvoll beeinflussen; für die Wahrnehmung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist Akteneinsicht eine zentrale Voraussetzung. Eine Verteidigung lege artis ist ohne Akteneinsicht schlechterdings nicht möglich.

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Eine Legaldefinition des in § 147 Abs. 1 StPO verwendeten Begriffes der „Akten“ enthält die StPO nicht. In einzelnen Punkten herrscht daher über die Auslegung dieses Begriffes – und damit über den Umfang des Akteneinsichtsrechts[12] – Streit.

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Unstreitig zählen zu den Akten im Gesetzessinne alle vom ersten Zugriff der Polizei an gesammelten Schriftstücke be- und entlastenden Inhalts, die dem Gericht vorliegen oder im Falle der Anklageerhebung (§ 199 Abs. 2 S. 2 StPO) vorzulegen wären,[13] so etwa Zeugenaussagen, Gutachten, Vermerke, Skizzen, Lichtbilder, Tonbandaufzeichnungen, Auszüge aus dem Bundeszentralregister etc. Auch auf Beiakten und beigezogene Akten erstreckt sich das Recht auf Akteneinsicht,[14] ferner auf die sog. Beweismittelordner, die lediglich Ablichtungen sichergestellter Beweismittel enthalten.[15] Dabei gilt der Grundsatz der Aktenvollständigkeit, d.h., es ist grundsätzlich umfassend Akteneinsicht zu gewähren und es dürfen keine Aktenteile zurückgehalten werden.[16] Nicht zu den Akten, in die Einsicht begehrt werden kann, zählen die Handakten der Staatsanwaltschaft.[17]

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Streitig ist die Frage, ob auch polizeiliche Spurenakten – darunter versteht man Akten, die tatbezogene Überprüfungen eines Sachverhalts oder einer Person enthalten[18] – zu den Akten i.S.d. § 147 Abs. 1 StPO zählen. Der BGH[19] bejaht dies, wenn und soweit die Spurenakten Bestandteil der Verfahrensakten geworden sind; anderenfalls sollen sie nicht zu den „Akten“ zählen, in die der Verteidiger Einsicht zu nehmen berechtigt ist.[20] Zwar hat das BVerfG[21] die u.a. gegen diese Entscheidung gerichtete Verfassungsbeschwerde als unbegründet verworfen, zugleich jedoch ausgeführt, dass unter bestimmten Voraussetzungen dem bei der Staatsanwaltschaft angebrachten Antrag eines Verteidigers auf Einsichtnahme in dem Gericht nicht vorgelegte und von diesem auch nicht beigezogene Spurenakten stets zu entsprechen sei, nämlich dann, wenn der Beschuldigte geltend mache, er wolle sich selbst Gewissheit darüber verschaffen, dass die Spurenakten keine entlastenden Tatsachen enthielten.[22] Mit der Entscheidung des BVerfG wurde dem Streit um die Erstreckung des Akteneinsichtsrechts auf Spurenakten die praktische Relevanz weitgehend genommen, da die Staatsanwaltschaften zunehmend Einsicht auch in Spurenakten gewähren.[23]
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