Читать книгу Der Heidekönig - Max Geißler - Страница 19

Оглавление

Und dies waren die Meinungen des Matheis Maris: die Menschen forderten Zeit von ihm, die er nicht hatte. Sie forderten Teilnahme für sich, die er nicht aufbringen konnte — oder er musste sich dabei selbst verspielen. Er dachte: Tausende pflegen die Teilnahme als ihren Beruf — Pastoren, Lehrer, Politiker, Bürgermeister ... Ja, tausende Andere treiben die Teilnahme bis zur Aufgabe ihrer Persönlichkeit — diese scheinen den Verlust nicht so hoch einzuschätzen wie den Gewinn an kleiner Münze, den sie dafür einwechseln ... Saget mir: wird einer einen Pastor aus dem Gottesdienst von der Kanzel rufen zum Skatspiel? ... Nun, Kunst ist auch Gottesdienst! Aber ein Gottesdienst, der nicht um neun Uhr angeht und um elf Uhr aus ist. Sondern ein Dienst über den ganzen Tag und die halbe Nacht. Es braucht einer dazu nicht vor der Staffelei zu stehen und mit dem Pinsel zu hantieren. Aber auf den Ruf Gottes hat er zu achten: »Matheis, wo bist du?« Die vielen Vielzuvielen können zwischen ihren Hantierungen treiben, was sie Lust haben — kein Gott ruft nach ihnen je und je!

Härter wurde der Wille des Matheis Maris. Kühner und klarer wurde der Schnitt seines Gesichts. Trotzig sein Mund. Und weil die Sommersonne sein Antlitz sengte und er gar nicht darauf achtete, sah er nun erst recht aus, als hätte der liebe Gott den Menschen des neuen Paradieses geschnitzt aus Eichenholz. Die Wandlung, die mit seinen Augen vorging, war wunderbar. Von Kindheit hatten sie sich gewöhnt, über die Heide zu schauen bis an den Reifen des Himmels. Dann hatten sie gesucht nach seiner Sehnsucht. Nun suchten sie die Gedanken Gottes. — Daher kam das grosse Leuchten in diese Augen; daher die Spiegelung der Einsamkeit; daher die Tiefe des Schauens. Und wenn es geschah, dass wochenlang nicht das Bild eines einzigen Menschen auf den schmalen Moorsteigen wandelte und nur die hellblauen Blumen des Tages oder die dunkelblauen der Nächte in der funkelnden Klarheit des Sommers um ihn standen, dann erschauerte sein Herz recht herrlich vor der Nähe Gottes, die ihn anwehte aus dem Dufte der Heide, die ihn grüsste im leise wandernden Wind. Und da die Geschichten der Männer des alten Bundes schon in der Schule ihn erfüllt hatten, ja, da sie fast das einzige gewesen waren, was von anderen Zeiten und ihren Menschen in seinen jungen Geist gelegt worden war, so schöpfte er aus ihnen nun die Zuversicht, deren er bedurfte. Denn manchmal, wenn eine Landschaft Erde blieb unter seinem Pinsel, nichts als Erde, so dachte er, es wäre wohl wieder die Zeit für einen Scheiterhaufen, auf dem er verbrennen müsste seine Bilder und seine Hoffnungen und die wilde Verstiegenheit des Bauernjungen. Danach wollte er heimkehren, ein verlorener Sohn, und sagen ... Dann aber rang er mit dem Gott in sich wie Jakob in der Nacht an der Stätte Bethel, da er sein Haupt auf den Stein gebettet: »Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!« Es ist das Gebet der Sieger. — So schritt Matheis Maris hinein in die grosse Einsamkeit.

Der Heidekönig

Подняться наверх