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a) Einzelmarktbeherrschung
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Sowohl § 18 Abs. 5 GWB als auch Art. 102 AEUV unterscheiden zwischen einer Einzelmarktbeherrschung sowie der kollektiven Marktbeherrschung. Bei der Bewertung der Marktstellung eines Unternehmens sind grundsätzlich alle konzernrechtlich sowie zu einer wettbewerblichen Einheit verbundenen Unternehmen einzubeziehen.[39] Verbundene Unternehmen in diesem Sinne fallen daher unter den Begriff der Einzelmarktbeherrschung, nicht etwa der kollektiven Marktbeherrschung.
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Während das GWB zwischen einer Monopol- bzw. einer Quasi-Monopolstellung (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GWB) sowie einer überragenden Marktstellung (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 GWB) unterscheidet, trifft Art. 102 AEUV keine Differenzierung im Bereich der Einzelmarktbeherrschung. Aber auch im deutschen Recht hat die Unterscheidung in der Praxis an Bedeutung verloren. Maßgeblich ist für alle Alternativen einer Einzelmarktbeherrschung eine Marktsituation, in der das Unternehmen über einen wettbewerblich nicht kontrollierten Verhaltensspielraum verfügt.[40] Dabei erfordert die Feststellung einer überragenden Marktstellung eine Gesamtbetrachtung aller für den betroffenen Markt bedeutsamen Wettbewerbsbedingungen.[41] Ein marktbeherrschendes Unternehmen besitzt die Fähigkeit, „die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem [seine Marktstellung] ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Konkurrenten, seinen Kunden und letztlich den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten.“[42]
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Die Marktbeherrschung ist eindeutig zu bejahen, wenn das Unternehmen das einzige auf dem Markt tätige Unternehmen ist und damit eine Monopolstellung hat.[43] Dabei schließen auch gesetzlich begründete Monopole oder Wettbewerbsbeschränkungen die Marktbeherrschung nicht aus.[44]
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Auch bei einem Quasi-Monopol ist eine Marktbeherrschung leicht zu ermitteln. Davon spricht das Gesetz in § 18 Abs. 1 Nr. 2 GWB bei Unternehmen, die in einem relevanten Markt „keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt“ sind. Dabei orientiert sich die europäische und nationale Rechtspraxis überwiegend an der Marktstellung des betroffenen Unternehmens mit besonderem Fokus auf seinen jeweiligen Marktanteil. Nach europäischer Rechtsprechung kann sich die Bedeutung der Marktanteile von einem zum anderen Markt durchaus unterscheiden. Das „dauerhafte Innehaben eines besonders hohen Marktanteils liefert jedoch – von außergewöhnlichen Umständen abgesehen – den Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung.“[45] Während die deutsche Rechtsprechung für das Vorliegen einer Quasi-Monopolstellung einen Marktanteil von über 80 % verlangt,[46] geht aus der europäischen Rechtsprechung hervor, dass ein „Marktanteil von 70–80 % für sich genommen ein klares Indiz für eine beherrschende Stellung“ ist.[47]
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Neben diesen sehr eindeutigen Fällen – sowohl nach nationalem als auch europäischem Kartellrecht – kann auch Unternehmen mit „nur“ einer überragenden Marktstellung eine marktbeherrschende Stellung zugesprochen werden. Dafür ist erforderlich, dass das betreffende Unternehmen gegenüber seinen Wettbewerbern besondere, vom Wettbewerb nicht mehr hinreichend kontrollierte Verhaltensspielräume hat und daher sein Marktverhalten unabhängig vom Verhalten seiner Wettbewerber festlegen kann. Bei der Bestimmung einer überragenden Marktstellung in diesem Sinne wird insbesondere die Marktstruktur und (ergänzend) das Marktverhalten des betreffenden Unternehmens berücksichtigt. Wichtigste Funktion kommt in diesem Zusammenhang dem Marktanteil des betreffenden Unternehmens und dessen Vergleich mit dem anderer Unternehmen zu. Während im europäischen Recht der Rechtsprechung zufolge „Marktanteile von mehr als 50 % besonders hohe Marktanteile“ darstellen und die Vermutung zulassen, dass eine beherrschende Stellung vorliegt,[48] geht das GWB darüber hinaus und normiert ausdrücklich bereits die Vermutung einer einzelmarktbeherrschenden Stellung ab einem Marktanteil von 40 % (§ 18 Abs. 4 GWB).
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Trotz der Vermutungsregelung des GWB gilt für die Behörden im Verwaltungsverfahren weiterhin der Amtsermittlungsgrundsatz. Die Vermutung bedeutet daher nicht, dass den Unternehmen die Darlegungslast durch Gesetz auferlegt wird. Die Vermutung greift aber jedenfalls dann, wenn nach Ausschöpfung aller Erkenntnismittel und entsprechender Würdigung Zweifel bestehen bleiben, ob eine marktbeherrschende Stellung auszuschließen oder anzunehmen ist. Das betroffene Unternehmen gilt dann – sofern ihm der Gegenbeweis nicht gelingt – als marktbeherrschendes Unternehmen.[49] Im Kartell-Zivilverfahren kommt der Vermutungsregelung nach herrschender Meinung hingegen lediglich eine Indizwirkung, jedoch keine Beweislastumkehr zu. Dennoch wirkt es sich in der Hinsicht aus, dass ein in Anspruch genommenes Unternehmen aufgrund der Vermutungsregel substantiiert darlegen muss, warum es trotz der – vom Anspruchssteller zu beweisenden – Erfüllung des Vermutungstatbestandes nicht marktbeherrschend ist. Im Bußgeldverfahren gilt die Vermutung nicht.[50]
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Weder im nationalen noch im europäischen Recht dürfen die Anteilsschwellen losgelöst von der allgemeinen Marktstruktur gesehen werden. So spielt bei der Untersuchung der Marktstellung eines Unternehmens neben dem absoluten Marktanteil, immer auch der relative Marktanteil eine entscheidende Rolle. Dabei ergibt sich die relative Größe des Marktanteils aus dem Abstand des betreffenden Unternehmens zu den übrigen auf dem relevanten Markt tätigen Unternehmen.[51] Insbesondere sind auch Stärke und Zahl der Wettbewerber auf dem Markt sowie die Verteilung der Marktanteile zwischen den übrigen Wettbewerbern zu berücksichtigen.[52] In diesem Zusammenhang kann entscheidend sein, wie der auf die übrigen Marktteilnehmer entfallende Marktanteil zersplittert ist. Auf dieser Grundlage kann auch einem Unternehmen mit geringeren Marktanteilen durchaus eine marktbeherrschende Stellung zukommen, wenn eine starke Zersplitterung der übrigen Marktteilnehmer mit nur sehr geringen Marktanteilen gegeben ist. Bei der Marktanteilsbestimmung muss die Entwicklung über einen längeren Zeitraum berücksichtigt werden.[53]
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Neben dem Kriterium des Marktanteils werden auch weitere Kriterien bei der Bestimmung einer marktbeherrschenden Stellung einbezogen. Dafür hat der Gesetzgeber in § 18 Abs. 3 GWB versucht, durch eine beispielhafte Aufzählung von unterschiedlichen Merkmalen die überragende Marktstellung zu umreißen. Zu diesen Merkmalen zählen neben dem Marktanteil die Finanzkraft, der Zugang zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten, die Verflechtung mit anderen Unternehmen sowie rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktzutritt anderer Unternehmen, der tatsächliche oder potenzielle Wettbewerb, die Fähigkeit, sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen umzustellen, sowie die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere Unternehmen auszuweichen.[54]