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6. Wettbewerbsverbote

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In der deutschen und europäischen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die zur Durchführung eines kartellrechtsneutralen Hauptzwecks notwendigen Nebenabreden trotz der von ihnen möglicherweise ausgehenden Wettbewerbsbeschränkungen nicht unter das Kartellverbot in Art. 101 AEUV/§ 1 GWB fallen.[164] Insofern erfährt das Kartellverbot eine tatbestandliche Einschränkung.[165] Voraussetzung ist, dass die konkrete Nebenabrede mit der Durchführung einer den Wettbewerb selbst nicht beschränkenden Hauptvereinbarung unmittelbar verbunden und hierfür notwendig und angemessen ist.[166] Handelt es sich um eine Nebenabrede in diesem Sinne, teilt sie die kartellrechtliche Beurteilung der Hauptvereinbarung. Ist diese nicht vom Kartellverbot erfasst, gilt dies auch für die Nebenabrede.

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Hauptanwendungsfall dieser sog. „Immanenztheorie, wonach Wettbewerbsbeschränkungen, die einer an sich kartellrechtsneutralen Hauptvereinbarung immanent sind, nicht in den Anwendungsbereich des Kartellverbots fallen, sind Wettbewerbsverbote in Unternehmenskauf- bzw. Gesellschaftsverträgen sowie in Austauschverträgen.[167] Obwohl es sich bei Letzteren grundsätzlich um Vertikalverträge handelt, gehen von Wettbewerbsverboten in erster Linie horizontale Wettbewerbsbeschränkungen aus.[168] Wettbewerbsverbote können insbesondere zur Gebiets- und Kundenaufteilung zwischen Wettbewerbern verwendet werden und somit bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen darstellen.[169]

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In der Verwaltungspraxis der Europäischen Kommission werden Wettbewerbsverbote, die dem Veräußerer im Zusammenhang mit Unternehmenskaufverträgen auferlegt werden, als mit der Durchführung des Unternehmenskaufvertrags unmittelbar verbunden und für diese notwendig angesehen, wenn sie sicherstellen, dass der Erwerber den vollständigen Wert des erworbenen Unternehmens erhält.[170] Daher sollen Wettbewerbsverbote von grundsätzlich bis zu drei Jahren zulässig sein, sofern mit dem Unternehmen auch Know-how übertragen wird.[171] Ohne Übertragung von Know-how soll sich der zulässige Zeitraum auf höchstens zwei Jahre beschränken.[172] Voraussetzung ist jeweils, dass das Wettbewerbsverbot auch in sachlicher und räumlicher Hinsicht sowie in Bezug auf die betroffenen Personen nicht über das zur Übertragung des Unternehmenswerts erforderliche Maß hinausgeht.[173]

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Die Verwaltungsgrundsätze der Europäischen Kommission binden zwar weder die Gerichte noch andere Kartellbehörden. Sie können aber als Auslegungshilfe angesehen werden und decken sich im Wesentlichen mit der Rechtsprechung.[174] Auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Wettbewerbsverbote für eine Dauer von zwei bis drei Jahren zulässig sein, um „das übernommene Geschäft mit seinen Kundenbeziehungen in eigener Hand zu konsolidieren“.[175]

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Wettbewerbsverbote, die den Gründern bzw. Gesellschaftern eines (ansonsten kartellrechtsneutralen) Gemeinschaftsunternehmens im Verhältnis zu diesem auferlegt werden, werden grundsätzlich für die Dauer des Gemeinschaftsunternehmens als zulässig angesehen, soweit sie sich auf das sachlich und räumlich notwendige Maß beschränken, das erforderlich ist, um das Gemeinschaftsunternehmen vor einer Aushöhlung durch eine eigene, vom Gemeinschaftsunternehmen unabhängige wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschafter zu schützen.[176] In der Regel besteht die Gefahr einer Aushöhlung des Gemeinschaftsunternehmens in hinreichendem Maße nur bei Gesellschaftern, die das Gemeinschaftsunternehmen (allein oder gemeinsam) kontrollieren, also das Marktverhalten des Gemeinschaftsunternehmens bestimmen können, so dass ein Wettbewerbsverbot grundsätzlich nur für kontrollierende Gesellschafter als gerechtfertigt angesehen wird.[177] Bei Ausscheiden eines kontrollierenden Gesellschafters aus dem Gemeinschaftsunternehmen kann auf die Grundsätze zu Wettbewerbsverboten im Zusammenhang mit Unternehmenskaufverträgen rekurriert werden, weshalb ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot von zwei bis drei Jahren für einen ausscheidenden Gesellschafter gerechtfertigt sein kann.[178]

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Auch in an sich kartellrechtsneutralen Austauschverträgen sind Wettbewerbsverbote grundsätzlich als zulässig anzusehen, wenn und soweit sie als notwendige Nebenabrede sachlich, zeitlich und räumlich erforderlich sind, um den Vertragszweck zu verwirklichen.[179] Beispielsweise kann eine nachvertraglich auf ein Jahr beschränkte Kundenschutzklausel in einem Subunternehmervertrag gerechtfertigt sein, um zu verhindern, dass der Subunternehmer Kunden des Hauptunternehmers, mit denen er im Rahmen der Vertragsabwicklung zwangsläufig in Kontakt tritt, (unmittelbar) abwirbt.[180] In einem Franchisevertrag kann ein sachlich und räumlich beschränktes Wettbewerbsverbot während des Vertrages und einer angemessenen Zeit danach erforderlich sein, um das dem Franchisenehmer vom Franchisegeber zur Durchführung des Vertrags zugänglich gemachte Know-how zu schützen.[181] In Gewerbemietverträgen wird ein auf die Vertragsdauer beschränktes Wettbewerbsverbot zulasten des Vermieters für das betroffene Objekt als grundsätzlich zulässig angesehen, um den Mietvertrag nicht durch „Konkurrenz im selben Haus“ auszuhöhlen.[182]

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