Читать книгу Kartell Compliance - Max Schwerdtfeger - Страница 54
1. Bedeutung vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen
Оглавление1
Vertikale Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die wie Hersteller und Händler auf einander nachgelagerten Marktstufen stehen, sind in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der Kartellbehörden gerückt und gerade mit Blick auf den Online-Vertrieb aktueller denn je.[1] Dies gilt vor allem für die nationalen Kartellbehörden, die wie insbesondere das BKartA massiv gegen vertikale Verstöße vorgehen.[2] Seit dem Abschluss der E-Commerce-Sektoruntersuchung der Europäischen Kommission im Jahr 2017[3] setzt sich aber auch diese intensiver mit Vertikalfällen auseinander, nachdem sie ihren Tätigkeitsschwerpunkt infolge des Übergangs zum Prinzip der Legalausnahme durch die VO 1/2003 zunächst auf die Verfolgung von horizontalen Hardcore-Kartellen verlagert hatte.[4] Inhaltlich geht es dabei neben dem „evergreen“ der unzulässigen Preisbindung zweiter Hand[5] in erster Linie um Beschränkungen des Online-Vertriebs.
2
Aufgrund der wachsenden Bedeutung des Online-Handels und der zunehmenden Internationalisierung von Geschäftsmodellen ist zu erwarten, dass die Anwendung des Kartellrechts auf vertikale Vereinbarungen weiter an Relevanz gewinnen wird.[6] So führt das Wachstum des Online-Handels im Allgemeinen und der Bedeutungszuwachs von Online-Marktplätzen und Preisvergleichsportalen im Besonderen auf Seiten der Hersteller zu einem gesteigerten Bedürfnis, ihre Geschäftsmodelle und Marken vor Preiserosionen infolge des Online-Handels zu schützen.[7]
3
Die zunehmende Präsenz von digitalen Plattformen wie Online-Marktplätzen und immer neuen Geschäftsmodellen begründet ferner die Herausforderung, sich wandelnde vertikale Wettbewerbsbeschränkungen überhaupt als solche zu erfassen und richtig zu bewerten. Die insoweit bestehenden Schwierigkeiten werden durch die inkonsistente Behandlung von sog. Bestpreisklauseln der Hotelportale (HRS, Booking und Expedia) durch die mitgliedstaatlichen Kartellbehörden sowie die im Zeitverlauf schwankende Rechtsprechung des OLG Düsseldorf[8] veranschaulicht. Kartellrechts-Compliance in vertikalen Geschäftsbeziehungen ist vor diesem Hintergrund stets eine besondere Herausforderung.