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7. Informationsaustausch

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Nach der Rechtsprechung des EuGH verstößt der Austausch von Informationen zwischen Wettbewerbern gegen das Kartellverbot, wenn er den Grad der Ungewissheit über das fragliche Marktgeschehen verringert oder beseitigt und dadurch zu einer Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen führt.[183] Die Kommission geht in ihren Horizontalleitlinien davon aus, dass ein Informationsaustausch vor allem unter zwei Gesichtspunkten wettbewerbsbeschränkend sein kann. Zum einen kommt eine Wettbewerbsbeschränkung dadurch in Betracht, dass sich Unternehmen durch den Austausch von Informationen auf Koordinierungsmodalitäten verständigen, was auf dem Markt zu einem Kollusionsergebnis führen kann, ohne dass die Unternehmen dies ausdrücklich vereinbaren müssen.[184] Dabei kann ein Informationsaustausch durch die künstlich erhöhte Transparenz auch die Überwachung einer bestehenden Kollusion erleichtern. Im Rahmen der eigentlichen materiellen Prüfung kommt es dann entscheidend darauf an, ob der Informationsaustausch eine dieser (möglichen) Wettbewerbsbeschränkungen bezweckt oder jedenfalls bewirkt.

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Der EuGH geht davon aus, dass ein Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern dann einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck verfolgt, wenn er geeignet ist, Unsicherheiten hinsichtlich des von den betreffenden Unternehmen ins Auge gefassten Verhaltens auszuräumen.[185] Allerdings kann dies naturgemäß immer nur im Einzelfall beurteilt werden. Nach Auffassung von Rechtsprechung und Kommission kommt es dabei entscheidend darauf an, ob der Informationsaustausch seinem Wesen nach geeignet ist, den Wettbewerb zu beschränken. Dies soll nach der Rechtspraxis der Gemeinschaftsorgane dann der Fall sein, wenn Wettbewerber untereinander unternehmensspezifische Daten über ihr geplantes künftiges Preis- oder Mengenverhalten austauschen.[186] In diesen Fällen liegt somit immer eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung vor mit der Folge, dass es keiner weiteren Prüfung bedarf, ob sich der Informationsaustausch auch tatsächlich negativ auf den Markt ausgewirkt hat.

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Die Kommission misst einem Informationsaustausch eine wettbewerbsbeschränkende Wirkungen zu, wenn es wahrscheinlich ist, dass er negative Auswirkungen auf mindestens einen Wettbewerbsparameter wie Preis, Produktionsmenge, Produktqualität, Produktvielfalt oder Innovation haben wird.[187] Hierfür kommt es nach der Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte und der Praxis der Kommission entscheidend darauf an, ob der Informationsaustausch den Grad der Ungewissheit über das fragliche Marktgeschehen verringert oder beseitigt und dadurch zu einer Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen führt.[188] Um zu bestimmen, ob ein Informationsaustausch wettbewerbswidrige Auswirkungen hat oder nicht, sind dessen tatsächliche oder mögliche Folgen im Einzelfall zu prüfen, da seine Beurteilung vom Zusammenwirken mehrerer Faktoren abhängt, die in jedem einzelnen Fall verschieden sind. Die beiden wichtigsten Kriterien hierfür sind nach der Praxis der Gemeinschaftsorgane die Struktur und die wirtschaftlichen Bedingungen des Marktes, auf dem der Informationsaustausch stattfindet sowie die Eigenschaften und die Natur der ausgetauschten Informationen.[189] Besonders problematisch sind danach transparente, konzentrierte, nicht-komplexe, stabile und symmetrische Märkte mit homogenen Produkten, da es auf diesen eher wahrscheinlich ist, dass Unternehmen ein Kollusionsergebnis erzielen.[190] In Bezug auf die Eigenschaften der ausgetauschten Informationen gilt, dass der Austausch unter Wettbewerbern von strategischen Daten, d.h. Daten, die die strategische Ungewissheit auf dem Markt verringern eher unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt als der Austausch anderer Datenarten.[191] Strategisch am wichtigsten sind nach Auffassung der Kommission Informationen über Preise (z.B. aktuelle Preise, Preisnachlässe, Preiserhöhungen, Preissenkungen und Rabatte), Mengen, Kosten und Umsätze.[192] Neben der Sensibilität der Daten spielt auch die Art und Weise, wie diese ausgetauscht werden, eine Rolle, d.h. ob die Informationen individualisiert sind bzw. in Aggregatform vorliegen. Individualisierte Daten sind Angaben zu einem Unternehmen, das in dieser Information genannt wird oder durch sie identifizierbar ist. Bei Informationen in Aggregatform werden die Daten einer so hohen Zahl von unabhängigen Unternehmen zusammengefasst, dass die Einzelangaben nicht mehr erkannt werden können. Der Austausch individueller Daten erleichtert grundsätzlich die Verständigung auf dem Markt und Bestrafungsstrategien, denn er ermöglicht es den koordinierenden Unternehmen, abweichende Unternehmen und neue Marktteilnehmer zu identifizieren. Die Kommission geht daher davon aus, dass der Austausch unternehmensspezifischer Daten unter Wettbewerbern eher wettbewerbsbeschränkend wirkt als der Austausch von Informationen in Aggregatform, der grundsätzlich nicht unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt.[193]

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Des Weiteren misst die Kommission auch dem Alter der Daten und dem Zeitraum, auf den sich diese beziehen, eine erhebliche Bedeutung zu. Dabei gilt der Grundsatz, dass der Austausch strategischer Informationen desto eher dazu geeignet ist eine Wettbewerbsbeschränkung zu bewirken, je aktueller die Daten sind. Von der Aktualität geht die Kommission nicht nur bei täglichen, wöchentlichen und monatlichen, sondern im Einzelfall auch noch bei vierteljährlichen Meldungen aus.[194] Demgegenüber soll der Austausch historischer Daten die länger zurückliegende Sachverhalte betreffen, generell nicht unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen, weil er sich nicht auf das künftige Verhalten der Unternehmen auswirken kann. Allerdings gibt es keine feste Schwelle, ab der Daten zu historischen Daten werden. In ihrer früheren Praxis hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass der Austausch individueller Daten, die älter sind als ein Jahr, als ein Austausch historischer Daten und somit als nicht wettbewerbsbeschränkend anzusehen ist, während Informationen, die weniger als ein Jahr alt sind, stets als aktuell erachtet wurden.

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Die Zugänglichkeit der Daten ist ein weiteres Kriterium für die Zulässigkeit eines Informationsaustausches. Denn der Austausch echter öffentlicher Informationen, d.h. von Informationen zu denen alle Wettbewerber und Kunden im Hinblick auf die Zugangskosten gleichermaßen leicht Zugang haben, verstößt grundsätzlich nicht gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV.[195] Darüber hinaus soll es auch auf die Frequenz des Austausches ankommen, d.h. wie häufig die Daten ausgetauscht werden, denn je häufiger der Austausch stattfindet, desto schneller können Wettbewerber auf relevante Informationen reagieren.

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Das Bundeskartellamt und die deutsche Rechtsprechung sehen einen Informationsaustausch unter Wettbewerbern dann als wettbewerbsbeschränkend i.S.v. § 1 GWB an, wenn es hierdurch zu einer Beschränkung des sog. Geheimwettbewerbs kommt.[196] Die herkömmliche deutsche Rechtspraxis unterscheidet hierbei zwischen identifizierenden und nichtidentifizierenden Marktinformationsverfahren. Identifizierende Verfahren sind dabei solche, bei denen Einzelgeschäfte durch Angebots- und Abschlussmeldungen unter Nennung der Lieferanten oder Abnehmer offengelegt werden. Nach der Rechtsprechung des BGH besteht die wettbewerbsbeschränkende Wirkung identifizierender Preismeldeverfahren darin, dass mit diesen Verfahren die Ungewissheit der Beteiligten über die Wettbewerbslage beseitigt werde und damit der Einsatz des Preises als Wettbewerbsmittel im Geheimwettbewerb nicht mehr zu nachhaltigen Wettbewerbsvorsprüngen führen würde.[197] Unbedenklich sind Marktinformationsverfahren dagegen dann, wenn lediglich Auskünfte über Durchschnittspreise und Durchschnittswerte (Liefermengen, Umsätze) erteilt werden und eine Identifizierung einzelner Kunden oder Lieferanten sowie Rückschlüsse auf einzelne Geschäftsvorgänge ausgeschlossen sind.[198] Markt- und Preisstatistiken müssen sich auf die Ermittlung und Offenlegung des Gesamtvolumens eines Marktes beschränken und dürfen nur Durchschnittspreise für bestimmte Gruppen von Geschäftsvorfällen nennen. Auch die deutsche Rechtspraxis geht davon aus, dass die Zulässigkeit eines Informationsaustausches immer nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalles beurteilt werden kann und stellt dabei neben der Art der ausgetauschten Informationen auch auf die Marktstruktur ab.[199]

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Eine gegen § 1 GWB verstoßende Wettbewerbsbeschränkung kommt nach der deutschen Rechtspraxis immer dann in Betracht, wenn der Informationsaustausch bei den Beteiligten die Ungewissheit über das künftige Verhalten der Wettbewerber wesentlich verringert oder beseitigt.[200] Die hierfür erforderliche Beurteilung der einzelnen Kriterien durch das Bundeskartellamt entspricht weitgehend der Praxis der Kommission, so dass auch in der deutschen Rechtspraxis ein Informationsaustausch als wettbewerblich eher problematisch angesehen wird, wenn der Markt oligopolistisch geprägt ist und homogene Massengüter betroffen sind sowie die Daten individualisiert und aktuell und nicht aggregiert und historisch bzw. öffentlich sind oder der Informationsaustausch regelmäßig stattfindet.[201]

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