Читать книгу Time of Lust 1-4 | Erotik Paket Bundle | Alle vier Teile in einem Paket | Erotischer SM-Roman - Megan Parker - Страница 28
ОглавлениеPanik im Aufzug
Bei der regelmäßigen Aufstellung am Abend war ich in letzter Zeit relativ entspannt gewesen. Santiago holte mich fast ausschließlich nachmittags. Keathan und Jude waren zum Glück nicht an mir interessiert, da ich ja mit ihnen keinen Sex haben durfte. Also brauchte ich mir über nächtliche Gesellschaft keine Gedanken zu machen.
Zudem konnte sich Keathan nach wie vor nur für Estelle begeistern. Jude hingegen wechselte ständig. Er war einigermaßen beliebt bei den Mädchen, da er sie, nachdem sie das Gröbste überstanden hatten, die ganze Nacht über bei sich behielt, danach mit ihnen frühstückte und meistens auch noch den Tag verbrachte. Darum beneidete ich jede Einzelne. Ich wurde von Santiago für maximal zwei Stunden nach oben geholt und das nicht mal täglich. Ich profitierte hauptsächlich von den Tagen, an denen wir alle gemeinsam baden gehen durften oder Bootsausflüge machten, aber die meiste Zeit verbrachte ich im Keller.
Unsere aktuellen Uniformen waren weiße Spitzendessous einer exklusiven Modemarke, BH und Höschen, im Grunde recht bieder, aber extrem sexy durch unsere durchweg perfekt proportionierten Körper.
Jude hatte sich für die Parade ein neues Ritual einfallen lassen. Jedes Mädchen musste sein eigenes Höschen ein Stück nach unten ziehen, sich selbst den Mittelfinger intim einführen, und ihn danach vor Judes Augen lasziv ablecken. Dieses Prozedere diente ausschließlich seiner Unterhaltung und hatte keinen Einfluss auf seine Wahl. Wie jeden Abend ließ ich es über mich ergehen und beachtete danach seine Entscheidung schon gar nicht mehr, als plötzlich mein Name fiel.
Ein kurzer Schreck fuhr mir in die Glieder. Wirre Gedanken schossen durch meinen Kopf, ich konnte mir nicht erklären, wozu er mich wählte. Im letzten Moment erinnerte ich mich noch an meine Pflicht, jetzt niederknien zu müssen, und das tat ich gerade noch rechtzeitig. Ich zeigte ihm damit meine Dankbarkeit und meinen Gehorsam. Die anderen Mädchen zogen sich in ihre Zimmer zurück ... und Jude holte den Aufzug.
Er stand mit dem Rücken zu mir und sah mich nicht an. Erst, als sich die Schiebetür öffnete, traf mich sein völlig überzogen ernster Blick. Als hätte er mich gerufen, erhob ich mich vom kalten Boden und betrat vor ihm den Lift. Er lehnte sich mit den Händen am Rücken an die rechte Wand und ich stand ihm an der anderen Wand gegenüber. Jude senkte seinen Kopf und meine Gedanken begannen wie wild auf mich einzuprasseln. Was wollte er von mir? Mir fiel wieder ein, dass er gewaltige Probleme damit hatte, dass ich keinen Respekt vor ihm zeigte. Und der Tag, an dem er mich in die Knie gezwungen hatte. Der Tag, als er mich durch seinen übertriebenen Eifer vor Santiagos Augen fast ersticken ließ. Und wie hart mich sein Schlag ins Gesicht getroffen hatte. Mein Herz raste vor Angst. Er machte schon wieder den Eindruck, als wollte er mir etwas beweisen. Oder vielleicht nicht mir, sondern Santiago.
»Bleiben wir allein?«, störte ich ihn mit meinen Worten in seiner gesenkten Kopfhaltung.
Ganz langsam sah er auf. Seine Miene war starr und ausdruckslos. Dann schloss er ein Mal seine Augen, um mir ein »Ja« zu bekunden.
»Du weißt, dass du nicht mit mir schlafen darfst?«, fragte ich verunsichert.
Jude stoppte den Aufzug. Ich ging einen halben Schritt rückwärts und spürte die Wand hinter mir.
»Du ... wirst mich nicht belehren!«, knurrte er gereizt.
Mein Atem wurde immer schneller. Ich wusste nicht, sollte ich jetzt vor ihm niederknien oder mich entschuldigen. Ängstlich schlang ich die Arme um meinen Körper und sah zu Boden. Ich wollte mich seinem Blick nicht länger aussetzen. Er schien kurz davor, durchzudrehen. Dann machte er einen Schritt auf mich zu und streckte eine Hand nach mir aus. Im selben Moment war es bei mir vorbei.
Ich fasste seinen Arm und versuchte, ihn von mir wegzudrücken. Völlig perplex über meine Reaktion zuckte er zurück. Ich holte tief Luft und erhob meine Stimme gegen ihn: »Fass mich nicht an!«
Ich sah, wie sich seine Nasenflügel weiteten und zwischen seinen Augenbrauen eine harte Zornesfalte entstand. Er griff mit beiden Händen nach mir. Ich wollte ihm ausweichen, aber es gelang mir nicht. Als er mich zu fassen bekam, drängte er mich ganz schnell in die Ecke. Ich bemühte mich, ihn von mir wegzustoßen und obwohl ich mich mit meiner ganzen Kraft gegen ihn wehrte, war es vergeblich. Unterstützend zog ich ein Bein nach oben und stemmte mein Knie gegen seinen Körper. Die dünnen Aufzugwände polterten unter den Erschütterungen.
»FASS MICH NICHT AN!«, schrie ich ihm hysterisch ins Gesicht und er hatte echt Schwierigkeiten, mich in der Ecke zu halten. Er kämpfte mit meinen Händen und in einem kurzen Moment, als er mir beide Arme zusammenhalten konnte, traf mich überraschend eine Ohrfeige im Gesicht. Ich wandte mich blitzschnell von ihm ab und er riss mich grob an den Haaren zurück. Der plötzliche Schmerz ließ mich mit meinem Bein nach ihm treten und ich erwischte ihn mit dem kantigen Absatz am Knie.
Jetzt schrie er zum ersten Mal und schlug bei seinem Rückwärtsschritt lautstark gegen die andere Wand. Ich konnte das Entsetzen darüber in seinem Gesicht sehen und sank auf den Boden. Erste Zweifel überkamen mich. Welch Teufel hatte mich bloß geritten, mich mit Jude im Aufzug zu prügeln? Ich kauerte mich in die Ecke, umfasste mit der einen Hand meine angezogenen Knie und hielt mir die andere schützend über den Kopf.
»Ich blute, verdammt!«, hörte ich ihn zischen. Dann stürzte er wieder auf mich zu und griff nach meinen Haaren.
Ich wehrte mich mit allem, was mein Körper zu bieten hatte, trat mit den Schuhen nach ihm, meine Nägel bohrten sich in seinen Unterarm und ich schrie ihn verzweifelt an: »NEIN, NICHT! ... LASS MICH!«
Plötzlich öffneten sich die Türen und Jude ließ sofort von mir ab, als er Santiago sah. Offenbar hatte er das Poltern und die Schreie gehört und den Lift in den ersten Stock geholt. Ich kauerte zusammengerollt in der Ecke und hielt meinen Kopf fest zwischen den Knien. Mein Herz raste wie wild und ich keuchte von der Anstrengung.
»Was machst du da?«, forderte Santiago eine Erklärung von Jude.
»Sie hat mich getreten!«, wies er jede Schuld von sich.
Ich hörte Santiagos Schritte ... Er betrat den Lift und wollte mir anscheinend die Hand von meinem Hinterkopf nehmen, um in mein Gesicht sehen zu können. Ich keuchte noch immer und als ich die erste Berührung verspürte, begann ich erneut um mich zu schlagen und zu schreien ... und traf ihn dabei mit meiner Hand im Gesicht. Mir blieb fast das Herz stehen, als ich das realisierte. Er schrak kurz vor mir zurück.
»Fass mich nicht an«, keuchte ich mit erstickter Stimme.
Sofort waren wieder meine Haare sein Ziel. Er riss mich, zog mich, ich spürte seinen Körper auf mir, verkrallte mich in seiner Kleidung ... bis ich auf dem Rücken lag und wie verrückt mit beiden Beinen nach ihm trat.
Schließlich wich auch er entsetzt von mir zurück. Zu zweit betrachteten sie mich wie ein tollwütiges Tier, während ich mich wieder zusammengerollt und keuchend in die Ecke zwängte. Einige Sekunden lang waren sie ratlos. Vermutlich überlegten sie, ob sie mich jetzt zu zweit überwältigen sollten oder mich mit einem Eimer kalten Wassers zur Vernunft bringen könnten.
Von meinem Geschrei geweckt, kam David aus Santiagos Schlafzimmer. »Was ist mit ihr?«, erkundigte er sich.
»Geh hin und frag sie!«, lud ihn Santiago ein.
Ich wusste in diesem Moment selbst nicht, was mit mir los war. Ich hatte absolute Panik vor jeder Berührung und konnte nur noch schreien und treten. Und genauso erwischte es auch David. Obwohl er zärtlich seine Hand auf mich legen wollte, schlug ich sie sofort weg und fauchte ihn an: »Neiiiin!«
Mit voller Kraft stieß ich gegen seine Schultern und warf ihn fast um. Ich keuchte hektisch, all meine Muskeln spannten sich an und ich war bereit, erneut von den schmerzhaften Waffen an meinen Füßen Gebrauch zu machen. Wie eine angriffslustige Katze kurz vor dem Sprung riss ich meine Augen auf und wartete nur auf die Gelegenheit.
Auch David schreckte vor mir zurück. »Sieht aus wie eine Panikattacke«, überlegte er laut. »Irgendetwas hat ihr Todesangst eingejagt.«
Santiago sah Jude fragend an.
»Ich hab ihr nichts getan, ich schwör’s. Ich hab den Lift gestoppt und sie ist völlig ausgerastet.«
Wieder kauerte ich mich in die Ecke und legte den Kopf zwischen die Knie. Ich spürte, wie sich meine Fingernägel in meine eigene Kopfhaut bohrten, während ich Judes Stimme hörte. Mit meiner letzten Luft begann ich zu weinen und verschaffte mir damit eine geringfügige Beruhigung.
»Ich kann ihr eine Spritze geben«, schlug David vor.
»Das ist ja lächerlich«, entrüstete sich Santiago, »seit wann brauchen wir für so was eine Spritze?«
»Sie kann nicht klar denken, wenn sie eine Panikattacke hat!«, versuchte David zu erklären.
Santiagos Stimme wurde immer melancholischer. »Ich finde sie hinreißend ... Lasst mich mit ihr allein.«
Jude zischte zynisch: »Willst du meine Früchte ernten?«
»Ihr seid alle zwei krank!«, hörte ich David sagen.
»Vielleicht solltest du ihr die Schuhe ausziehen!«, schlug Jude vor.
»Verzieh dich!«, befahl Santiago.
Als es plötzlich ruhig wurde, hob ich meinen Kopf und sah Santiago das erste Mal bewusst an. Er trug einen schwarzen Jogging-Anzug und betrat mit wachsamen Blicken den Aufzug. Barfuß setzte er sich mir gegenüber auf den Boden und schloss die elektrische Tür. An meinem Rücken spürte ich die kalte metallische Wand zwischen meinen weißen Spitzen-Dessous, die bis jetzt noch unversehrt geblieben waren. Meine gläsernen High Heels nahmen wieder ihre Abwehrhaltung ein und trotzdem sah ich ihn verächtlich lächeln, als würde er mich nicht ernst nehmen. Verärgert darüber versuchte ich aufzustehen, um mich im Fall des Falles leichter wehren zu können.
Aber er packte mich sofort am Handgelenk. »Bleib sitzen!«, sagte er, lächelte mich aber weiter an. Er fand mein Verhalten belustigend.
»NEIN!«, schrie ich ihm ins Gesicht und wollte mich aus seinem Griff befreien. Ich stieg ihm mit einem Schuh auf die Beine. Doch nahezu im selben Moment überwältigten mich seine Hände. Sie drückten mich zu Boden. Er drehte mir unsanft die Arme auf den Rücken und meine Beine schlugen in alle Richtungen. Schließlich lag ich auf dem Bauch und er setzte sich auf meine Oberschenkel, sodass ich nicht mehr nach ihm treten konnte. Mit einer Hand hielt er meine Arme fest zusammen und die andere riss an den Haaren meinen Kopf in die Höhe. Ich keuchte und wimmerte schmerzgeplagt. Er war viel zu schwer für mich und die Gewalt seiner Hände kannte keine Gnade. Er sagte nichts ... aber er ließ mich auch nicht los. Meine hoffnungslose Ohnmacht brachte mich nun endgültig zur Verzweiflung. Gleichzeitig spürte ich, wie sich mein Magen umdrehte. Ich war völlig verausgabt und plötzlich wurde mir schlecht. Mein Wimmern verwandelte sich in ein Würgen und ich musste mich übergeben. Sofort ließ Santiago von mir ab, sodass ich mich auf dem Boden aufstützen konnte. Mein Rücken krümmte sich und meine Bauchmuskeln kontrahierten unfreiwillig. Zu meiner Überraschung nahm Santiago all meine Haare zusammen und hielt sie damit aus dem Geschehen. Aber mein leerer Magen konnte mir nicht viel Erleichterung verschaffen. Nur ein paar Tropfen Magensäure und ich ließ mich erschöpft auf die Seite fallen.
Noch immer zuckte ich vor Santiagos Hand zurück, als er mich wieder berühren wollte, aber ich hatte nicht mehr genug Energie, um mich zu wehren. Schließlich nahm er mich auf seine Arme und die Schiebetüren öffneten sich. Im Badezimmer setzte er mich vor einem Waschbecken ab und drückte mir eine Zahnbürste in die Hand. Meine Beine zitterten so stark in den wackeligen hohen Schuhen, dass ich beim Zähneputzen das meiste Gewicht auf meine Ellenbogen stützen musste. Santiago stand direkt daneben und legte mir zusätzlich noch seine schwere Hand auf den Rücken. Als ich fertig war und die Zahnbürste zur Seite gelegt hatte, kroch seine Hand vor bis an meinen Hals und hielt mich mit dem Kopf im Waschbecken fest. Meine Arme lagen seitlich am Rand und konnten keinen Widerstand mehr bieten. Dafür war der Aufstand in meinem Gehirn umso größer. Jude war nur der Auslöser. Zu viele unverständliche Gewalttaten beschäftigten mich schon seit längerem.
»Du hast David misshandelt!«, warf ich ihm an den Kopf.
Er antwortete nicht, aber hielt mich weiter fest.
»Ich mache das nicht mehr mit!«, fuhr ich ihn an. »Ich will das alles hier nicht mehr ... Ich kann nicht mehr ... Ich verlasse dich.«
Ich hörte ihn verächtlich ausatmen, als hätte er ohne Stimme gelacht. Gleichzeitig verstärkte sich der Griff an meinem Hals. »Ich bringe dich zurück in dein Zimmer«, sprach er emotionslos, während seine Finger sich von meinem Nacken lösten und stattdessen meine Arme grob fassten und auf den Rücken bogen.
»NEIN!«, schrie ich ins Waschbecken. »Verstehst du mich nicht? Ich geh da nicht mehr runter ... und ich werde diese Schuhe nicht mehr tragen ... Ich gehe weg von hier!«
Plötzlich ließ er mich vollständig los. Ich konnte mich aufrichten und musste mich sofort mit einer Hand am Waschbeckenrand festhalten, um mein Gleichgewicht zu finden. Mit der anderen Hand strich ich mir das Wasser aus dem Gesicht.
Er stand direkt vor mir und sein Antlitz war ungläubig und schmerzlich verzerrt zugleich. Vermutlich dachte er gerade an das bevorstehende Ende meiner einzigartigen Liebesdienste. Das verschaffte mir Genugtuung. Es gab mir die Stärke, ihm in die Augen sehen zu können. Er musste kurz überlegen, bevor er sich innerlich einen Ruck gab, und mir tatsächlich nicht widersprach.
»Ganz wie du möchtest ...« Er hob seine Hände ein kleines Stück, als würde er sich ergeben, und trat einen Schritt von mir zurück. »Keathan wird alles Notwendige veranlassen.«
Bei jedem einzelnen Wort sah er mir tief in die Augen, als würde er darin nach einem Rückzieher von meiner Seite suchen. Aber ich nickte zufrieden. »Kannst du mir sagen, ob ich meine Wohnung noch habe?«, wollte ich von ihm wissen.
Ich sah förmlich all die Gedanken in seinem Gehirn panisch kreisen ... Seine Antwort dauerte viel zu lange. »Ja ... Keathan hat das alles!« Wieder traf mich sein skeptischer Blick.
Ich nickte. Dann nahm ich mir einfach einen Bademantel aus dem Regal und bedeckte damit meinen halbnackten Körper.
Er sah mir widerstandslos zu und nahm mich sanft am Oberarm, um mich aus dem Badezimmer zu begleiten. »Setz dich unten ins Wohnzimmer!«, lautete seine letzte Anweisung. Dann zog er sich zurück, vermutlich, um sich mit David oder Keathan zu besprechen.
Draußen war schon finstere Nacht und ich überlegte, wann sie mich wohl von der Insel weglassen würden. Ich wollte freiwillig keine einzige Stunde mehr hier verbringen. Obwohl das bedeuten würde, David zu verlieren. Andererseits plagte mich die Angst, dass all seine Gefasstheit nur gespielt war und er mich nicht so einfach gehen lassen würde. Vielleicht planten sie da oben gerade eine geeignete Bestrafung für meinen Ungehorsam. Ich zog meine Füße zu mir hoch und wickelte mich fester in den Bademantel.
Dann kam Santiago die Treppe herunter ... allein. Er setzte sich zu mir auf die Couch, ohne mich zu berühren, und sprach sehr ruhig und vernünftig. »Es ist schon zu spät heute ...«
Ich nickte wissend.
»Du kannst oben in deinem alten Zimmer schlafen.«
»Ich will einen Schlüssel!«, forderte ich.
Er lächelte und schüttelte den Kopf. »Es gibt keinen Schlüssel. Außerdem, selbst wenn du zuschließt, kann jeder von uns die Tür öffnen. Aber du hast mein Wort ... Dir wird nichts passieren!«
Ich hielt mir beide Hände vors Gesicht und seufzte angesichts einer bevorstehenden Nacht in Angst und Schrecken. Aber in den Keller wollte ich auch nicht mehr. Bei David würde er mich ohnehin nicht schlafen lassen, also was blieb mir anderes übrig. Immerhin hatte ich die Gewissheit, wenn er mich hätte umbringen wollen, so hätte er das längst tun können ... Also nahm ich seinen Vorschlag an.
Beim Aufstehen wollte er mir eine Hand reichen, aber ich verweigerte sie. Und bei meinem Zimmer angekommen, schloss ich die Tür von innen, ohne mich von ihm verabschiedet zu haben.
Es hatte sich nicht viel verändert ... Der riesige Schrank war noch genauso exklusiv befüllt, wie bei meiner Ankunft, und das Bett glänzte frisch bezogen. Ich nahm mir ein leichtes kurzes Nachthemd aus den Regalen und vergrub mich in all den seidigen Kissen mit der Decke über meinem Kopf.
Doch ich konnte nicht einschlafen ... Jeden Moment rechnete ich damit, dass Jude oder irgendjemand anderer zur Tür hereinkommen würde, um mich zu ersticken. Gleichzeitig schlich sich ein Anflug von Traurigkeit in meine Gefühlswelt, den ich nicht zulassen wollte. Santiagos letzter Gesichtsausdruck war so einsichtig und vernünftig gewesen, dass er es mir fast schwer machte, ihn zu hassen. Mit Gewalt versuchte ich, dieses Bild vor meinem inneren Auge zu verdrängen und mich auf seine schlechten Seiten zu konzentrieren. Egal wie faszinierend ich sein Äußeres fand, er war unberechenbar und ungerecht, darauf durfte ich mich nie wieder einlassen. Und schließlich landete ich doch im Reich der Träume ... und erwachte erst spät morgens, als es draußen bereits hell war.
Es dauerte ein paar Sekunden, bis mich die geballte Ladung aller Emotionen des Vortages erreichte. Im nächsten Moment fand ich es geradezu unglaublich und beachtenswert, dass er mich die ganze Nacht über in Ruhe gelassen hatte.
Ich suchte das schönste Kleid aus, das ich finden konnte, und meine Wahl fiel auf das cremeweiße, kurze, mit dem tiefen Ausschnitt, das ich bei meiner Ankunft auf Ivory getragen hatte. Ich wollte es als Andenken behalten und wenn ich es heute trug, so konnte er es mir bei meiner Heimreise vielleicht nicht verweigern. Auf jeden Fall wollte ich mich noch von den Mädchen verabschieden ... Ich hoffte inständig, er würde dies zulassen. Vor allem um Jana tat es mir leid. Am liebsten hätte ich sie mit mir genommen. Da fiel mir ein, ich brauchte noch jemanden, der mir die Schuhe öffnete, damit ich sie gegen andere, möglichst hohe, aus diesem Schrank tauschen konnte.
Zum vermeintlich letzten Mal schweifte mein Blick aus dem Fenster ... als es plötzlich klopfte ... und zu meinem Erstaunen jemand auf meine Erlaubnis wartete.
»Ja bitte ...«, gab ich meine Einwilligung.
Santiago trat ein und lehnte sich von innen gegen die geschlossene Tür. Er sah mich nachdenklich an und sprach mit endloser Wehmut in seiner Stimme. »Ich hab die ganze Nacht nicht geschlafen, Zahira ... Ich lasse dich nicht gehen.«
Meine neue kleine Welt brach mit einem Schlag zusammen. Ich wusste es. Wie konnte ich nur so gutgläubig sein? Sprachlos und versteinert blieb ich stehen, während sich all meine Finger hinter meinem Rücken an das Fensterbrett klammerten.
Er kam ein paar Schritte auf mich zu und setzte sich auf die Bettkante, offenbar, um mit mir zu sprechen. Seine Unterarme stützten sich auf seine breit auseinandergestellten Knie und ich konnte in sein weit aufgeknöpftes schwarzes Hemd sehen. Sofort hielt ich mir eine Hand vors Gesicht, weil mich dieser Anblick zu Tränen rührte ... Tränen, die ich ihm nicht zeigen wollte.
Er lächelte geschmeichelt und voreilig siegessicher. »Ich will, dass du bei mir bleibst, Zahira.« Er hielt kurz inne ... »Du sollst von jetzt an hier in diesem Zimmer wohnen.«
Etwas perplex nahm ich die Hand runter und versuchte, an seinem Gesicht zu erkennen, ob er das ernst meinte. Er lächelte mich noch immer an und ich konnte ihn nicht einschätzen. Ich spürte nur, wie weh es tat, ihm zu widerstehen. Aber ich musste hart bleiben.
»Nein, ich kann nicht ...«, flüsterte ich kaum hörbar.
»Du bekommst von mir den gleichen Status wie David, Jude und Keathan ... verstehst du?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Komm her ...«, hauchte er mit einladend nach oben gedrehten Handflächen und einem Blick, der mir die Knie weich werden ließ. Ich musste mich umdrehen, um nicht einzubrechen, konnte aber mein weinerliches Schluchzen nicht verhindern.
»Verlass mich nicht ...«, hörte ich seine Stimme flehen und ich machte den großen Fehler, meine Augen wieder auf ihn zu richten.
Es brach mir das Herz, ihn so zu sehen. Seine Ausstrahlung wirkte wie ein übermächtiger Magnet auf mich. Es zog mich zwischen seine Beine und ich fiel vor ihm auf die Knie. Seine warmen Hände schmiegten sich durch das seidig dünne Kleid an meine schmale Taille. Er schloss langsam die Augen und senkte geradezu reumütig seinen Kopf. Ein paar seiner Haare berührten mich im Gesicht. Danach begann er, mich von der Seite am Hals zu küssen und ich war der erotisierenden Wirkung seiner feuchtheißen Lippen hilflos ausgeliefert. Ich hielt meine Hände verkrampft hinter meinem Rücken fest und musste immer schneller atmen. Bis sein Mund ganz dicht an meinem Ohr angelangt war.
»Ich liebe dich«, hauchte seine Samtstimme.
Gänsehaut lief über meinen Körper. Mir wurde kurz schwarz vor Augen ... alles drehte sich ... Ich fürchtete, das Bewusstsein zu verlieren ... und mein Verstand befahl mir, den Kopf zu schütteln. Gleichzeitig entgegnete ich mit letzter Willenskraft ein zaghaftes »Nein«.
Seine Handfläche legte sich an mein anderes Ohr, als wollte er mein Kopfschütteln verhindern, und er küsste mich weiter ... nur von einem leisen »Doch« kurz unterbrochen.
Ich konnte nicht mehr widersprechen. Seine Hände fühlten sich wundervoll an auf meinem Körper. Da ich ihn aktiv nicht berühren durfte, ließ ich mich von ihm küssen. Seine Begierde breitete sich wie eine flauschige Felldecke über mir aus und sie wuchs von Sekunde zu Sekunde. Er zog mich zu sich ins Bett, hielt meinen ganzen Körper in seiner Umarmung ... Seit Wochen hatte er nicht mehr mit mir geschlafen. Mein Kleid flog in hohem Bogen über mich hinweg und er verschwendete keine Zeit mehr für überflüssige Zärtlichkeiten. Er drang sofort in mich ein. Mit einer Hand fasste er an meinen Nacken, mit der anderen an meine Kniekehle, während er mich mit wilder Entschlossenheit an seinen Körper riss. Dabei besorgte er es mir so heftig, wie er es noch nie getan hatte. Meine Pobacken trafen geräuschvoll auf seine Lenden, wie kleine Knallkörper, die auf seiner Haut explodierten. Die Detonationen kamen in kurzen Intervallen und schlugen harte Wellen über mein Rückgrat bis in meinen Kopf. Ich wurde durchgeschüttelt, konnte kaum noch klar denken ... Es war, als wollte er die Gegenwehr aus meinem Kopf schütteln und mich gleichzeitig für meinen Ungehorsam bestrafen. Aber ich genoss es, ein willenloses Geschöpf in seinen Händen zu sein ... mich seiner Begierde zu ergeben ... beherrscht zu werden ... Sein Schwanz war mein liebstes Foltergerät.
Santiago merkte gar nicht, dass ich schon längst gekommen war und legte sich kurz vor seinem eigenen Höhepunkt auf mich. So brauchte er nur noch wenige kräftige Stöße, seine Erektion gewann an letzter Härte ... und dann platzte der schönste aller Knallkörper tief in mir ... ohne Erschütterung ... und ohne einen Ton. Nur Santiagos haltloses Stöhnen an meinem Ohr verriet seine plötzliche Erlösung. Sein Liebessaft strömte still in mich.
Ich versuchte, eilig wieder meine Sinne zu ordnen, um jetzt bloß keinen Fehler zu machen. Langsam drehte er sich auf den Rücken.
»Ich hab keine Zigarette«, stellte er hilfesuchend fest.
»Soll ich dir eine holen?«, bot ich an.
»Nein, gib mir mein Handy.«
Ich legte mich in seine Achsel und er schlang seinen Arm um meinen Rücken. Kurz darauf kam David und rauchte ihm eine Zigarette an. Vermutlich dachte er sich seinen Teil, als er mich nackt und erhitzt neben ihm liegen sah. Santiago bedankte sich und David verließ uns gleich wieder.
Santiago genoss die Ruhe nach dem Sex und inhalierte sinnlich seine Zigarette. Seine andere Hand hielt mich ganz fest an der Taille, viel zu fest für eine normale Beziehung. Der kräftige Druck sagte alles aus, was ihm in diesem Moment am Herzen lag: Beweg dich nicht ... sprich nicht ... sieh mich nicht an ... du gehörst mir ... und wenn mir danach ist, dann drück ich stärker zu und tu dir weh. In sinnlicher Trance lag ich in seinen Armen, während sein Samen aus mir floss.
Ich hörte, wie er die Zigarette ausmachte und tief seufzte. »Fühlst du dich stark genug, um wie David an meiner Seite zu leben?«
Ich versuchte, meine Begeisterung darüber zu verbergen und nickte ... ohne aufzusehen.
Er streichelte über meine Wange. »Du brauchst vor Jude keine Angst zu haben. Du musst ihm nicht mehr gehorchen. Außer, wenn ich es ausdrücklich verlange, in meinem Beisein.«
Ich küsste seine Hand. »So wie bei Keathan und David?«, fragte ich.
»Ja«, antwortete er kommentarlos.
Mich schauderte bei dem Gedanken an Davids Hals, aber ich entdeckte gerade eine neue Leidenschaft. Santiagos Hand zu küssen, fand ich regelrecht berauschend. Vielleicht auch durch die Erschwernis, dass ich sie nicht halten durfte. Er legte sie ganz sanft an meinen Mund und ich versuchte, mit leicht geöffneten Lippen seine Haut an meiner Zunge zu fühlen. Er präsentierte sie mir langsam von allen Seiten und hielt mir dabei mehrmals mit der flachen Hand den Mund zu. Dann legte er sie auf meine Augen oder auf meine Stirn und ich konnte den Moment gar nicht erwarten, wo ich sie wieder an meinen Lippen fühlte. Bis er sie wegzog.
»Wir gehen jetzt frühstücken«, entschied er für uns.
Nach einem gemeinsamen Zwischenstopp im Badezimmer fühlte ich mich wie eine Prinzessin, als ich an seiner Seite das Wohnzimmer betrat. Alle Anwesenden erhoben sich vom reichlich gedeckten Tisch. Mein erster Blick fiel sofort auf Jude und ließ kurz meinen Atem stocken. Daran musste ich mich erst gewöhnen. Ich bekam meinen alten Platz wieder und blickte bei meinem Gegenüber in die jadegrünen Augen meiner heimlichen Träume. Auf meiner Seite hatte offensichtlich Jude meinen ursprünglichen Platz vorübergehend eingenommen, neben Damian, und nun mussten alle nachrücken. Santiago nahm am Kopfende Platz, direkt neben mir. Alle setzten sich wieder und frühstückten weiter.
»Sie bleibt!«, verkündete Santiago kurz und bündig.
David ließ sich keine Gefühlsregung anmerken. Ich überlegte, wie er es wohl ertragen konnte, nach seinem schmerzhaften Erlebnis mit Keathan, direkt neben ihm zu sitzen. Aber vermutlich war das noch die bessere Lösung, als ihn ansehen zu müssen. Jude saß schließlich auch neben mir.
»Sie ist ab sofort David, Keathan und Jude gleichgestellt ...«, sprach Santiago weiter, »und damit jeglichem Gehorsam euch betreffend entbunden!«
Jude platzierte sein Glas demonstrativ laut auf dem Tisch und sah Santiago mit zusammengepressten Lippen an. »Wenn sie David und Keathan gleichgestellt ist, heißt das, ich kann jederzeit mit ihr schlafen ... wenn das auch ihr Wunsch ist!«
Mit dieser Frage, oder eigentlich Feststellung, hatte Santiago nicht gerechnet. Auf mir lastete schließlich noch ein Sex-Verbot. Er sah mich an und schien zu überlegen.
Jude hakte nach: »Du kannst sie nicht gleichstellen und dann wieder doch nicht gleichstellen. Das treibt einen Keil zwischen uns! Ich kann mir ihren halbnackten Model-Körper nicht den ganzen Tag ansehen, ohne eine faire Chance zu bekommen. Keathan hat bereits mit ihr geschlafen ... ich nicht! Wenn du das verbietest, machst du sie nur noch interessanter ... für uns alle.«
»Für dich und Keathan vielleicht!«, korrigierte ihn Santiago.
Jetzt mischte sich auch Keathan ein. »Jude hat recht. Wieso willst du da einen Unterschied machen? Dadurch wird alles nur komplizierter. Bei den anderen Mädchen ist es dir doch auch egal und bei ihr brauchen wir jetzt sogar ihre Zustimmung. Oder hast du etwa Angst, du könntest durch uns deinen Glanz verlieren?«
Santiago überlegte ernsthaft, nachzugeben. Er fühlte sich sichtlich geschmeichelt von Keathans letztem Argument und geriet ins Schwanken. »Sie ist euch körperlich nicht gewachsen. Wie soll ich ihr da die Freiwilligkeit vom Anfang bis zum Ende garantieren. Gerade bei euch zwei ...«, er seufzte und strich seine Haare nach hinten, bevor er zu einem Entschluss kam. »Wir machen es so: Wenn sie sich auch nur ein einziges Mal bei mir beschwert, zu etwas gezwungen worden zu sein, ist es für euch beide vorbei! ... Sie wird ein Handy bekommen ... ohne Kellerzugang. Ende der Diskussion! Im Gegensatz zu euch trägt sie High Heels für mich, sie nimmt es in Kauf, mich nicht anfassen zu dürfen und sie kann sich im Keller kein Spielzeug aussuchen ... und trotzdem beschwert sie sich nicht! Jeder, der auf einem dieser drei Gebiete eine Gleichstellung mit ihr haben möchte, kann sich gern an mich wenden!« Santiago nickte noch mal zur Untermauerung seiner glorreichen Verkündung.
Nach dem Frühstück zog er sich tatsächlich zurück, um fehlenden Schlaf nachzuholen.