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3.5 Inklusion und Teilhabe
ОглавлениеInklusion ist kein Betreuungsprinzip, sondern eine gesamtgesellschaftliche Zielsetzung im Sinne eines Menschenrechts. Inklusion beschreibt, wie alle Mitglieder der Gesellschaft leben möchten: in einem Miteinander, in dem keine Person ausgeschlossen wird. Jeder Mensch hat dabei Anspruch auf selbstverständliche gesellschaftliche Teilhabe und ist ein wertgeschätzter Teil der Gesellschaft. Jedem Menschen mit Behinderungen werden Wahlmöglichkeiten in den verschiedenen Lebenslagen ermöglicht.
Die Auseinandersetzung mit der Lebenphase Alter von Menschen mit geistiger Behinderung umfasst auch eine politische Dimension, die u. a. in der UN-BRK verankert ist. Mit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen wurde ein Perspektivenwechsel im Umgang mit Menschen mit Behinderung vollzogen – von einer Politik der Fürsorge zur Politik der Rechte behinderter Menschen. Erklärtes Ziel der Konvention »ist es, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern« (Art. 1, Satz 1 UN-BRK). Menschen mit Behinderungen sollen von den Menschenrechten Gebrauch machen können, und zwar gleichberechtigt mit anderen, das heißt in gleichem Maße wie nichtbehinderte Menschen. Eine wichtige Neuerung stellt dabei die Erweiterung des Verständnisses von Behinderung dar. Nicht mehr nur Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, auch Menschen mit geistiger Behinderung, seelisch und psychisch Kranke oder pflegebedürftige Menschen sind von der Definition umfasst. Generell wird eine Behinderung dort gesehen, wo Menschen aufgrund einer Beeinträchtigung an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft gehindert werden (vgl. Art. 1, Satz 2, UN-BRK). Behinderung wird damit nicht nur isoliert als individuelles Problem betrachtet, sondern es wird eine Verbindung zu den gesellschaftlichen Strukturen verdeutlicht (vgl. Aichele 2010, S. 14). Mit der Ratifizierung der UN-BRK im Jahr 2009 hat sich die Bundesrepublik Deutschland dazu verpflichtet, Menschen mit Behinderung volle gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Alle gesellschaftlichen Teilbereiche müssen barrierefrei in dem Sinne sein, dass (ältere) Menschen mit Behinderung an ihnen teilhaben können. In Art. 8 der UN-BRK wird eine mögliche Altersdiskriminierung explizit benannt: Die Vertragsstaaten verpflichten sich, Maßnahmen zu ergreifen, »Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung auch aufgrund des Alters in allen Lebensbereichen zu bekämpfen«. In Art. 25 werden die Staaten aufgefordert, präventive Maßnahmen zu ergreifen, um die Behinderung im Alter zu minimieren oder zu vermeiden. In Art. 28 geht es um die Bekämpfung der Altersarmut von älteren Menschen mit Behinderung.