Читать книгу Die Seele im Unterzucker - Mica Scholten - Страница 8
ОглавлениеDer lässige Onkel
Als ich etwa 5 Jahre alt war, nahm ich zur Kenntnis, dass ich fast jedes Wochenende zusammen mit meiner Mutter auf Besuch zu einem guten alten Bekannten, Ernie Beck, fuhr. Etwa eine Stunde Fahrt entfernt von zuhause, inmitten der Berge im Allgäu. Ein Jugendfreund von ihr, mit welchem sie bereits seit ihrem 16. Lebensjahr eine Art On-Off-Beziehung hatte. Das war noch bevor sie meinen Vater kennenlernte, welcher damals in der ehemaligen DDR auf Besuch war. Auch ihr damaliger Freund Ernie Beck immigrierte wie meine Mutter nach der Wende in den Westen. Ich hatte ihn schon öfter mal gesehen, wenn er bei uns zu Festlichkeiten eingeladen war, ihn aber bis dahin niemals als tragende Rolle in unserem Leben wahrgenommen. Für mich war er stets nur der lässige „Onkel Beck“, welcher mir gelegentlich seinen Gameboy zum Spielen auslieh. Aber natürlich ahnte ich als Kind noch nicht, dass ER der baldige Anlass zur Trennung meiner Eltern sein würde.
Dass es damals zwischen meinen Eltern kriselte, davon bekam ich niemals etwas mit. Das Einzige, was mir bewusst auffiel, war, dass meine Mutter gegen Ende des gemeinsamen Zusammenlebens mit meinem Vater vermehrt im Gästezimmer schlief. Hinterfragte ich dies damals überhaupt? Keine Ahnung. Und wenn, so könnte ich mir vorstellen, dass simple Ausreden benutzt wurden, um mich nicht unnötig zu verunsichern. Beispielsweise,,Papi schnarcht“ oder so. Jedenfalls interessierte es mich auch nicht sonderlich. Ich war schon immer viel eher mit mir selbst beschäftigt, als mich um andere Menschen zu kümmern. Selbst dann, wenn sie mir nahe standen. Wird schon seinen Grund gehabt haben.
Meine Mutter erzählte mir im Nachhinein, dass Onkel Beck nur der Anlass zur endgültigen Trennung war, jedoch nicht die Hauptursache. Über die Jahre hatte sich schlichtweg herausgestellt, dass meine Eltern vom Wesen her zu unterschiedlich waren. Dass es sich jemals um die „ganz große Liebe“ beiderseits handelte, bezweifle ich heute. Beide stritten dies im Nachhinein mehrfach ab.
Mein Vater war beispielsweise sehr unternehmungslustig. Beinah jedes Wochenende wollte er etwas Besonderes mit der ganzen Familie unternehmen, um ganz besonders mir als Kind eine große Freude zu bereiten. Was er auf seine Art lieb meinte, war für meine Mutter häufig eine Spur zu viel. Sie wollte auch hin und wieder ihre Ruhe haben und einfach nur gemütlich auf dem Sofa sitzen und Formel 1 schauen.
Ich glaube, dass mein Vater die Beziehung in gewisser Weise aus jener Intension heraus einging, um seiner konservativ und traditionell eingestellten Familie zu gefallen und deren Ansprüchen in Form vom „erfolgreichen Geschäftsmann mit Ehefrau und Kind“ zu entsprechen. So wie es sich in der guten Gesellschaft „eben gehört“.
Bei meiner Mutter war es nach ihren eigenen Angaben wohl anfänglich das „große Los mit dem erfolgreichen Wessi“, wie sie es mir später selbst einmal umschrieb und im Laufe der Zeit dann eben das gewohnte Alltagsmuster, welchem sich die meisten Menschen nach und nach zu fügen lernen. Gezielt geplant war ich laut Erzählungen nicht. Allerdings traf man auch keine Maßnahmen, welche eine Schwangerschaft gänzlich verhindert hätten.
Natürlich verstand ich mit 5 Jahren noch nichts von Treue und sonstigen Vereinbarungen zweier Menschen innerhalb einer Ehe. Ich wusste nur so viel, dass Mami und Papi eben zusammengehörten, ohne irgendwelche Einzelheiten zu kennen. Ich war bis dato auch noch nicht aufgeklärt. Einst fragte ich meinen Vater einmal, wo denn eigentlich die Kinder herkämen. Er meinte damals nur zu mir, wenn sich Mami und Papi zusammen beide ganz fest ein Kind wünschen, dann kommt es irgendwann ganz automatisch in den Bauch der Mami. Aus heiterem Himmel eben, von Gott, dem Storch oder woher auch immer. Ich hinterfragte damals keine weiteren Einzelheiten.
Als ich einige Jahre später (es muss im 1. oder 2. Grundschuljahr gewesen sein) von einem Mitschüler erfuhr, wie Kinder tatsächlich entstehen, so konnte ich das zunächst gar nicht recht glauben. Ich befürchtete, dass mich mein Klassenkamerad verarschen wollte.
Dass meine Mutter und Onkel Beck bereits vor der Ehe meiner Eltern eine Beziehung hatten, war mir damals nie bewusst gewesen. Ab einem gewissen Zeitpunkt war es dann auch völlig normal, dass wir die Wochenenden bei Onkel Beck verbrachten. Wir verstanden uns prima. Ich mochte die lässige Atmosphäre. Alles war so locker und unkompliziert. Was mir als Kind ganz besonders viel Spaß machte, waren die gemeinsamen Spieleabende an der geliebten Nintendo 64, von welcher auch Onkel Beck ein Modell besaß. Wir spielten gemeinsam Mario-Kart und lieferten uns stundenlange Kämpfe, indem wir Jagd auf unsere Gegenüber machten, um ihnen im „Battle-Mode“ die Ballons wegzuschießen. Noch heute überkommt mich eine Art nostalgisches Gefühl, wenn ich daran denke, wie viel Spaß wir damals mit dem Spiel in der herrlichen Retro-Grafik hatten. Die heutigen Spiele sind alle so furchtbar hektisch und aufdringlich. Auch wenn die tolle Grafik keinerlei Vergleich mehr darstellt.
Durch Onkel Beck lernte ich auch mein baldiges neues Lieblingsspiel, Tetris, kennen, welches ich fortan nonstop auf seinem Gameboy spielte. Auch die erste Version von Snake auf dem alten Nokia Handy wurde schon bald von mir über Stunden „gesuchtet“, wie man heute so schön sagt. Für Geduldsspiele dieser Art konnte ich mich stundenlang begeistern.
Onkel Beck kannte sich außerdem sehr gut mit Computern aus. Bisher war ich nie großartig damit in Kontakt gekommen, außer gelegentlich im Geschäft meines Vaters, welcher jenen aber nur für Kundenkontakte, Buchführung oder Bestellungen benutzte. Für mich als Kind größtenteils uninteressant. Onkel Beck dagegen spielte an dieser neuen interessanten Entdeckung sämtliche Spiele, welche mich in Kindertagen weitaus mehr faszinierten als Rechnungswesen und Tabellen. Ich schaute Onkel Beck wiederholt bei „Moorhuhn 2“ und „Melker“ über die Schulter und beobachtete ihn dabei, wie er in einem weiteren Retrospiel durch unterirdische Gänge lief, um Gegner abzuknallen. Auch ich durfte mich immer mal wieder daran versuchen. Weiterhin war Onkel Beck in Bildbearbeitung und Fotografie äußerst gewandt. Jenes Hobby begann meine Mutter schon sehr bald mit ihm zu teilen. Gemeinsam gingen sie stundenlang in die freie Natur und machten die schönsten Aufnahmen.
Auch meinem Vater schwärmte ich fortan von den coolen Stunden mit Onkel Beck und meiner Mutter vor. Was diesen im Nachhinein betrachtet sehr verletzt haben muss. Doch so weit dachte ich als Kind noch nicht. Plump und unüberlegt, so wie die meisten Kinder, plapperte ich stets heraus, was ich gerade dachte.
Im Nachhinein kann ich gar nicht wirklich verstehen, warum mein Vater das alles so bedingungslos hinnahm, dass meine Mutter Wochenende für Wochenende mit mir zu Onkel Beck fuhr. Ganz eindeutig in dem Wissen, dass dort zwischen ihnen deutlich mehr lief als nur entspannte Foto-Ausflüge und gemütliche Konsolen-Abende. Was für mich in jungen Jahren nur nach harmlosen Besuchen bei einem lockeren Freund aussah, war tatsächlich das nahende Ende der Ehe meiner Eltern.
Liebte mein Vater meine Mutter nicht genug, um sie zurückzuhalten? Sollte er überhaupt noch Kraft in eine Sache investieren, die doch schon eindeutig gegessen zu sein schien? War er zu weich und gutmütig? Wie tief saßen ihre Differenzen tatsächlich? War es jemals Liebe oder einfach nur ein gescheiterter Versuch, welcher schließlich in der puren Gewohnheit endete? Am Ende womöglich sogar nur noch meinetwegen? So viele Fragen schossen mir über die Jahre durch den Kopf, auf welche es am Ende doch niemals eine Antwort geben wird. Auch wenn mir beide ihren Standpunkt mehrmals aus ihrer jeweiligen Perspektive erläuterten, so glaube ich doch nach wie vor, dass sich beide in gewisser Weise etwas vormachten. Mein Vater wollte dem Idealbild einer konservativen Gesellschaft entsprechen, welches von ihm erwartet wurde, und meine Mutter fügte sich dementsprechend. Aber irgendwann ging es einfach nicht mehr. Spätestens als das Feuer zwischen meiner Mutter und Onkel Beck wieder aufflammte. Inwieweit und wie lange es vorher schon kriselte, kann ich nicht beurteilen. Ich kann mir nur aus Erzählungen ein eigenes Urteil bilden. Doch was sollte das im Nachhinein noch großartig ändern? Es sollte wohl nicht sein.
Eines Tages wurde mir berichtet, dass ich mit meiner Mutter bald umziehen würde. In eine neue Wohnung in der Nachbarortschaft. Gleich neben dem Kindergarten, in welchem sie als Erzieherin arbeitete. Jedoch ohne meinen Vater. Aber warum? Das verstand ich nicht.
Für mich fühlte es sich am Anfang noch wie ein großes Abenteuer an. Ich erinnere mich bis heute, dass ich einmal quer durch den Kindergarten rannte und allen euphorisch von meinem baldigen Umzug berichtete.
Höchstwahrscheinlich war ich mit 5 Jahren noch zu klein, um eine Scheidung zu verstehen. Plötzlich hatte ich eben zwei Zuhause. Eines bei Mami, bei welcher ich unter der Woche lebte, das andere bei Papi, bei welchem ich von nun an nur noch die Wochenenden verbrachte.
Die neue Wohnung war nicht sonderlich groß und absolut kein Vergleich zu unserer alten Wohnung, in welcher mein Vater noch eine Weile nach unserem Auszug verblieb. Unter anderem, weil sich sein Geschäft direkt darunter befand. Die neue Bleibe, in welche ich gemeinsam mit meiner Mutter umzog, hatte nur zwei Zimmer. Eines für meine Mutter und eines für mich. Es gab noch nicht einmal Türen, nur eine Art Bogen, welcher die beiden Zimmer offen trennte. Daneben eine kleine Küche und ein winziges Bad mit Dusche. Vollkommen ungewohnt für mich, zum damaligen Zeitpunkt kannte ich nur Baden in der Wanne. Diese Wohnung diente fürs Erste nur zur Überbrückung. Meine Mutter plante, so bald wie möglich mit Onkel Beck zusammenzuziehen, sobald sie eine passende Wohnung in dessen Heimatstadt gefunden hätten, welche etwa eine gute Stunde Autofahrt von unserem alten Zuhause entfernt lag. Eine, welche genug Platz für UNS DREI bieten würde. Dachte ich damals zumindest …
Sehr bald erfuhr ich, dass sich mein schon länger andauernder Wunsch nach einem Geschwisterchen in naher Zukunft erfüllen sollte. Meine Mutter erwartete ein weiteres Kind. Allerdings nicht von meinem Vater, wie ich anfänglich dachte, sondern von Onkel Beck. Auch diese Tatsache ging damals weit über meine kindliche Vorstellungskraft. Ich war nach wie vor noch nicht aufgeklärt. Mehrmals fragte ich zur Absicherung, ob mein ungeborenes Geschwisterchen tatsächlich von Onkel Beck war. Und nicht doch ganz zufällig von meinem Vater, wie ich innerlich hoffte Als meine Mutter dies immer wieder bestätigte, glaubte ich es auch irgendwann. In jenem Fall würde es sich um ein Halbgeschwisterchen handeln, welches ich persönlich jedoch niemals so ansah.
Recht bald stellte sich heraus, dass ein Brüderchen unterwegs war. Schon lange vor seiner Geburt malte ich mir in bunten Farben aus, wie wir beide einmal zusammen Nintendo spielen würden und ich ihm eines Tages sämtliche Spiele und Strategien zeigen würde. Ich freute mich darauf, ein großer Bruder zu werden.
Ich kann nicht mehr genau sagen, wann sich der genaue Zeitpunkt bestätigte, dass meine Mutter schwanger war. Jedenfalls warf diese Neuigkeit meinen Vater ziemlich aus der Bahn. Ohnehin hatte ihn die Trennung ziemlich mitgenommen. Seine kleine heile Familienwelt, für die er doch stets alles gegeben hatte, lag in Trümmern. Kurz darauf begann er, regelmäßig Alkohol zu trinken, verfiel in schwere Depressionen und magerte unmittelbar nach der Trennung auch etwas ab. Nachdem er von der Schwangerschaft meiner Mutter erfahren hatte, erlitt er seinen ersten körperlichen Zusammenbruch infolge eines epileptischen Anfalls, welcher durch den nun regelmäßigen Konsum von Alkohol noch bestärkt wurde. Die Kombination Epilepsie und Alkohol ist alles andere als förderlich. Von diesem ersten Zusammenbruch bekam ich als Kind allerdings nichts mit, es wurde mir erst viel später erzählt. Zum besagten Zeitpunkt war ich nicht bei ihm, sondern bei meiner Mutter.
Dass mein Vater nach Feierabend gerne ein oder zwei Gläschen Bier trank, war kein Geheimnis. Das ist auch absolut nichts Verwerfliches, viele Menschen tun dies. Aber nach der Trennung meiner Eltern nahm es wohl Überhand.
Seit mehreren Monaten lebte ich nun mit meiner Mutter in der kleinen Wohnung direkt neben ihrer Arbeitsstätte, dem Kindergarten. Die letzten Monate vor meiner baldigen Einschulung (welche in der Heimatstadt von Onkel Beck im Allgäu geplant war), verbrachte ich nun aufgrund der Trennung in diesem Kindergarten, weil es die damalige Situation handlicher machte. So konnten meine Mutter und ich täglich ganz bequem rüber laufen, es waren nur rund 100 Meter
Ich traf einige Kinder wieder, welche ich aus meinem ersten Kindergartenjahr an diesem Ort bereits kannte. Mit einigen wenigen hatte ich auch zwischenzeitlich Kontakt gehalten bzw. unsere Mütter. Zum damaligen Zeitpunkt, Anfang 1999, gab es noch keine sozialen Messenger wie wir sie heute kennen. Für Menschen, welche damals schon ganz gut in puncto Computer unterwegs waren, gab es zwar Möglichkeiten sich auszutauschen, aber lange noch nicht für Kinder. Noch nicht einmal wirkliche Handys, welche den heutigen Anforderungen nur ansatzweise entsprachen. Kein Vergleich zur heutigen Kindheit. Man verabredete sich noch telefonisch. Als Kinder bezeichneten wir es als „etwas ausmachen“ für den Nachmittag. So verbrachte ich noch ein zusätzliches Jahr im Kindergarten, im Alter zwischen 5 und 6 Jahren.
Ich war sehr gerne dort. Die Tatsache, dass meine Mutter mitunter als meine Erzieherin fungierte, schränkte unser Verhältnis in keinster Weise ein. Auch den anderen Kindern gegenüber wurde ich nicht bevorzugt. Mit den anderen Erzieherinnen verstand ich mich ebenfalls gut.
Sehr gerne denke ich noch heute an die naiven, unbeschwerten Zeiten zurück. An die vielen Stunden auf dem Spielplatz, die St. Martin-Umzüge, die Nikolaus-Besuche, die lustigen Stuhlkreise, Mal- und Bastelarbeiten, einige Aufführungen vor den Eltern und die Besuche in der Turnhalle. Die lustigen Kasperletheater, welche meine Mutter zusammen mit einer Kollegin regelmäßig vor uns Kindern aufführte, habe ich noch heute in sehr guter Erinnerung. Als wir im letzten Jahr den Regenbogenfisch aufführten, war die gesamte Familie anwesend und applaudierte laut, als ich als glitzernder Fisch verkleidet in ein Mikrofon sang.
In diesem Zeitraum kam ich außerdem zum ersten Mal mit dem Thema Tierquälerei in Verbindung, welches mich schon im zarten Alter von 6 Jahren ziemlich mitnahm. Wir saßen zuhause in unserer kleinen Wohnung und im Hintergrund liefen Musikclips, welche meine Mutter damals auf Videokassette aufgezeichnet hatte. Meine Mutter mochte Michael Jackson und plötzlich kam der Videoclip von „Earth Song“. Was mir sofort ins Auge stach, waren die toten, schwer geschändeten Elefanten. Als ich den Delfin sah, welcher mit aller Kraft versuchte, dem Netz zu entfliehen, wurden meine Augen glasig. Als wenige Sekunden später irgendein Drecksack auf eine unschuldige Robbe einschlug, heulte ich aus tiefster Seele. Ich fragte meine Mutter, warum in diesem Video Tiere zu sehen wären, welchen so sehr wehgetan wird und was diese Schlimmes getan hätten um das zu verdienen. Meine Mutter erklärte mir im altersgerechten Schema, dass es viele Menschen gibt, welche Tiere aus Profitgier fangen und töten, um mit ihnen Geld zu verdienen. Dass Robben beispielsweise getötet werden, um aus ihren Pelzen Kleidung zu machen. Ich konnte es nicht fassen. Wie widerlich konnten Menschen nur sein? Das Thema verschwand nie wieder aus meinem Hinterkopf.
Mein Vater ließ sich für sämtliche Wochenenden, welche ich fortan bei ihm verbrachte, nach wie vor immer etwas Großartiges einfallen, um mir eine schöne Zeit zu ermöglichen. Besuche in Freizeitparks und sonstige Ausflugsziele für Familien waren einige schöne Aspekte. Auch Unternehmungen mit dem Stammtisch standen weiterhin auf unserem Programm. Im Herbst gingen wir regelmäßig im Wald Pilze suchen, welche später zuhause zu einem sensationellen Gericht verarbeitet wurden. Mein Vater war stets ein leidenschaftlicher Koch, welcher die köstlichsten Gerichte zauberte.
Das Vergnügen des Pilzesammelns teilte ich ebenfalls mit meinen Großeltern, welche mir noch zusätzliches Wissen über essbare und giftige Pilze entgegenbrachten. In Bezug auf Tiere und Pflanzen kannten sich meine Großeltern ohnehin sehr gut aus. Diese Fähigkeiten nutzten sie außerdem für ihren großen Garten, in welchen sie tagtäglich viele Stunden Arbeit investierten. Gelegentlich half auch ich in Kindertagen dort in Form von Laub rechen oder Unkraut zupfen. Natürlich noch keine Schwerstarbeit, aber immerhin ein „Tröpfchen auf dem heißen Stein“, wie es mein Opa im Spaße einmal bezeichnete. Gelegentlich sollte ich auch meine Oma zur Kontrolle in den Finger stechen und ihren Blutzuckerspiegel bestimmen. Ihre Mutter, meine Uroma, war im hohen Alter an Diabetes Typ 2 erkrankt und es interessierte sie, ob sie unter Umständen auch betroffen bzw. gefährdet war. Ihre Werte waren jedoch stets im Normalbereich.
Im Kindergarten gefiel es mir nach wie vor und die Tatsache, dass wir bald erneut umziehen würden, ärgerte mich ein bisschen. Gelegentlich fragte ich meine Mutter, wann wir denn endlich wieder zu Papi zurückkehren würden. Womöglich hielt ich die ganze Sache noch immer für eine Art verlängertes Abenteuer.
In den großen Sommerferien im Jahre 1999 war meiner Mutter die Schwangerschaft bereits deutlich anzusehen. Das war kurz vor dem Zeitpunkt, zu welchem sie in den 3-jährigen Mutterschutz gehen würde. In jener Zeit sollte auch der Umzug zu Onkel Beck erfolgen, welcher inzwischen eine neue Wohnung für uns alle gefunden hatte. Seine alte Wohnung, in welcher meine Mutter und ich am Wochenende oft zu Besuch waren, stellte definitiv nicht genug Platz für 4 Personen zur Verfügung.
Schließlich begannen die Sommerferien und meine Mutter und ich verabschiedeten uns vom Kindergarten. Für sie hieß es nun Mutterschutz, für mich bald die Schulbank drücken. Aber erst nach den Sommerferien.