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Verwaltung und Distribution ‚muslimischer‘ Arzneidrogen

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Um die ‚muslimischen‘ Arzneidrogen zu verwalten, gründete der Yuan-Hof 1292 zwei Muslimische Pharmazeutische Büros (Huihui yaowu yuan ), eines in Dadu , der yuanzeitlichen Hauptstadt, und ein weiteres in Shangdu , der Sommerresidenz der Yuan-Kaiser. 1322 wurden sie der Kontrolle des bereits erwähnten „Amtes für Umfassende Wohltätigkeit“ unterstellt, waren aber allgemein als „Muslimisches Medizinalamt“ bekannt. Bereits 1263, als er Kaiser geworden war, hatte Khubilai ein Amt für Medizin aus den Westgebieten (Xiyu yiyao si ) in der Hauptstadt eröffnet, den Vorläufer des Guanghui si, eine Bezeichnung, die das Amt 1270 (zhiyuan 7) erhielt. Die Tatsache, dass Khubilai das Amt ursprünglich als Amt für Medizin aus den Westgebieten bezeichnete, kann als weiterer Beleg gedeutet werden, dass das gros der dort verwendeten Arzneidrogen sowie der behandelnden Ärzte ursprünglich aus Regionen Westasiens im weiteren Sinne stammten.

Verwaltungstechnisch war es der Kaiserlichen Akademie für Medizin (Taiyi yuan ) unterstellt und beauftragt mit „der Zusammenstellung muslimischer Arzneidrogen für kaiserliche Verwendung sowie der Präparierung von Arzneidrogen, um Mitglieder der kaiserlichen Garde sowie die Verwaisten und Armen in der Hauptstadt medizinisch zu versorgen.“29 Das Amt legte ferner die Kriterien für die Auswahl medizinischer Ausbilder fest, überwachte die Ausbildung von Ärzten, die Vorbereitung medizinischer Texte und nicht zuletzt die medizinischen Examina für angehende Mediziner, um sicherzustellen, dass diejenigen, welche die Prüfungen nicht bestanden, später auch nicht praktizierten.30

Generell sollen die Ärzte im Guanghui si Huihui gewesen sein.31 Im Jahr 1339 waren vier der neun offiziellen Ärzte in der Kaiserlichen Akademie für Medizin Nicht-Chinesen. Die Bedeutung muslimischer Ärzte sowie der exzellente Ruf, den sie bei den Mongolen genossen, wird auch dadurch unterstrichen, dass sie bei Krankheitsfällen innerhalb der kaiserlichen Familie konsultiert – und im Falle des Misserfolgs entsprechend bestraft wurden. Als beispielsweise Chagatai, der zweite Sohn Chingis Khans (reg. 1206–1227) wegen Krankheit verstarb, wurde der iranische Arzt, der ihn behandelt hatte, zusammen mit seiner Familie hingerichtet.32 Das ‚Guanghui si‘ behandelte in der Hauptstadt residierende Mongolen, aber offensichtlich keine Han-Chinesen.33

Eine weitere Aussage über die Verbreitung „westasiatisch-muslimischer“ Arzneidrogen stammt aus der Einleitung zu einem Werk über Materia medica, dem ‚Da Yuan bencao‘ , enthalten im ‚Zhizheng ji‘ (Gesammelte Schriften der Zhizheng-Periode) des Xu Youren (1287–1364). Dort heißt es:

„Die medizinischen Drogen aus dem Nordwesten (xibei zhi yao ) heilen Krankheiten alle auf ausgezeichnete Weise; die medizinischen Künste der Westregionen sind besonders qualifiziert und es werden wirklich viele Arzneimittel hergestellt (xiyu yishu haojing yao chan shifan ), auch in dem vom Kaiserhof als offizielles [medizinisches] Amt etablierten Guanghui si. Folglich hat man nie zuvor eine solch breite [Vielzahl] medizinischer Drogen [i. e. materia medica] für die Herstellung der gesamten [Bandbreite] ausländischer Rezepturen benötigt wie heute.“34

Belege für die Zirkulation westasiatischer Arzneidrogen auch innerhalb der Bevölkerung besitzen wir auch durch Hinweise auf die Etablierung sogenannter Wohlfahrtsapotheken (huimin yaoju ). Bereits 1237 begann der mongolische Hof mit der Etablierung von Wohlfahrtsapotheken in zehn Provinzen (lu) von Yanjing bis Nanjing . Dies mag das Resultat einer Throneingabe eines gewissen Tian Kuokuo gewesen sein, der um die Einrichtung solcher Apotheken ersucht hatte, um den Armen zu helfen. Tian Kuokuo war zusammen mit den Ärzten Wang Bi and Qi Ji einer der ersten offiziellen Pharmakologen am Yuan-Hof.35

Die Apotheken wurden in Folge mit 500 Silberding als Kapital ausgestattet. 1261 wurde eine weitere Apotheke in Chengdu eingerichtet, 1263 eine weitere in Shangdu im Norden. Demzufolge wurde die erste Wohlfahrtsapotheke 1237 während der Regierungszeit des Khans Ögödei als Kaiser Taizong (reg. 1229–1241) etabliert. 1299 (dade 3) erging ein Dekret zur Reetablierung dieser Apotheken, ein Hinweis darauf, dass sie zwischenzeitlich geschlossen waren. Wie uns die Geschichte der Yuan-Dynastie berichtet, wurden sie 1285 (zhiyuan 25) wegen Korruption und schlechter Verwaltung geschlossen.36 1299 sollten Beamte mit Hilfe staatlicher Mittel die Wohlfahrtsapotheken reetablieren (xiubei ); daraufhin wählte man gute Ärzte (liangyi ) aus, denen man die Verwaltung und Organisation der Apotheken auferlegte, explizit mit dem Ziel, armen Leuten zu helfen, ihre Krankheiten zu kurieren und Elend und Krankheit innerhalb der Bevölkerung zu eliminieren. 1268 (zhiyuan 5) wurde sogar eine Tangutische Wohlfahrtsapotheke (Xixia huimin ju ) etabliert.37

Obwohl nicht explizit erwähnt wird, dass westasiatisch-muslimische Arzneimittel in diesen Apotheken vertrieben wurden, ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass auch Rezepturen mit muslimischen Arzneidrogen verwendet wurden und die Bevölkerung mit muslimischen Heilmitteln behandelt wurde. Immerhin wurden die Apotheken seitens des Staates, also von der herrschenden Elite, in Auftrag gegeben, die so großen Wert auf muslimische Medizin legte. Ferner wurden zahlreiche neue Rezepturen und Arzneidrogen in die chinesische pharmazeutische Literatur aufgenommen, was klar auf eine Vermischung und Adaption hinweist. Das berühmte mingzeitliche (vollendet 1578) ‚Bencao gangmu‘ des Li Shizhen (1518–1593), das ‚Kompendium der chinesischen Materia Medica‘, enthält beispielsweise 374 medizinische Arzneidrogen mehr als sein tangzeitlicher Vorgänger, nicht wenige davon aus den so genannten West-Ländern importiert.38

Transkulturelle Verflechtungen im mittelalterlichen Jahrtausend

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