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Geisterreiter

„Hyndriden!“ Der Kaustab kippte aus dem Munde Borks, als er aufbrüllte, und verschwand irgendwo zwischen Kisten und Säcken. Er war aufgesprungen, und sein Arm streckte sich zu seiner Rechten in die weite Öde.

Er beobachtete schon eine ganze Weile diese Staubwolke, die anfangs sehr weit und klein erschien – inzwischen aber keinen Zweifel mehr zuließ, dass sie anwuchs und direkt auf sie zukam.

Ruckartig kam die Meute zum stehen, und alle Köpfe drehten sich in die Richtung, die Borks Arm bezeichnete.

„Die Wagen raus!“, war seine nächste Anweisung.

Einige sprangen sofort auf die Rücken der Fläcks, und lenkten sie mit ihren Pritschen sternförmig auseinander, bis sie einen großen Kreis bildeten. Hektisch befreiten sie die Tiere von den Deichseln und zerrten sie hinter die Karren. Schilde, Speerkatapulte und Kästen mit Drindeln wurden von den Wagen gezerrt und in Stellung gebracht. Die Bögen wurden gespannt und die großen, extra für dieses Wagnis geschaffenen, nach unten spitz zulaufenden Schilde, in den Boden gerammt. Die Wagen würden hier nur wenigen von ihnen Schutz bieten können ...

„Tolsmoi, was verhält sich dort?“, rief eine Stimme.

Bork stand noch immer hoch aufgerichtet auf der Pritsche, der nun ein Teil der lückenhaften Wagenburg war. Er hatte sich längst wieder einen neuen Kaustab zwischen die Zähne geschoben und blickte angestrengt auf das, was da auf sie zukam. Schon bald sollten sie in Reichweite der Pfeile sein. Aber wer? „Ich kann verdammt noch mal nichts erkennen!“, schrie er. „Ich sehe nur die Fahne von Staub – nichts, was sich zu ihr auch nur irgendwie verhält!“

In diesem Moment stutzte er. Er meinte aufspritzenden Sand zu sehen – wie ihn die Hufen schneller Reittiere verursachen, wenn sie auf sandigen Boden aufschlagen. Langsam und ungläubig zog er seinen Kaustab aus dem Mund. Dann schlug plötzlich irgend etwas neben ihm in das Seitenholz der Pritsche ein ... Ein Pfeil würde ein solches Geräusch verursachen ... „Geisterreiter! Es sind verdammte Geisterreiter!“, brüllte er auf, während er sich mit einem jähen Satz nach hinten über die Seitenwand der Pritsche rollte – zunächst auf dem dort stehenden Fläck landete – und endlich den Boden erreichte.

Irgend etwas prasselte nun in kurzen Abständen gegen die vorderen Wagen und die aufgepflanzten Schilde seiner Leute – und einige von ihnen gingen bereits von irgend etwas getroffen zu Boden, bevor sie sich hinter die Schilderwehr retten konnten. Keiner wusste, was ,Geisterreiter’ waren, aber jeder von ihnen hatte sofort eine Vorstellung von der Sachlage, nachdem ihr Tolsmoi einen Namen für diese Hyndriden gefunden hatte ...

„Schießt eure verdammten Pfeile und Speere in jede Richtung, wo sich der verdammte Boden bewegt, und lasst die verdammten Drindeln Tanzen, das die Luft mit ihnen gefüllt ist!“, schrie er hinter dem Wagen kauernd, in den Schilderwald hinein.

,Drindeln’ waren flache, etwa zwei handtellergroße und sehr scharfkantige Metallscheiben, die mit viel Geschick und großer Wucht wie ein Diskus abgeworfen, Verheerendes unter den Gegnern anrichten konnte. Ob sie es hier auch tatsächlich taten, wäre aber wohl nicht zu erkennen – und in Ermangelung eines klaren Zieles, auch eher unwahrscheinlich. Wolken von Pfeilen und Speeren stiegen auf, und zwischen ihnen surrten kreiselnd Scharen von Drindeln den Geisterreitern entgegen – während gleichzeitig unsichtbare Geschosse die eisenbeschlagenen Holzschilde der Asimielenen traktierten, und unter den für Momente freistehenden Schützen seine Opfer forderte.

Immerhin – die Wut der Gegenwehr schien die Unsichtbaren aufzuhalten. Der aufspritzende Sand unter ihren Hufen zeigte an, dass sie sich auflösten. Zu beiden Seiten begannen sie nun offenbar in einigem Abstand die Wagenburg zu umkreisen.

Bork fluchte vor sich hin, als es ihm plötzlich erschien, als sähe er im aufgewirbelten Staub schemenhafte Gestalten – da wo die Geisterreiter und ihre Reittiere waren, konnte kein Staub den Raum füllen. Vielleicht konnte man so wenigstens ihre Anzahl abschätzen ...? Aber es war zu undeutlich.

Sein Blick fiel auf das lange Trichterrohr seines Wagens, unter dessen Ende sich langsam ein kleiner Haufen des Holzkohlenstaubes bildete ... „Ich brauche hier sofort eine verdammt gute Deckung und zwanzig Mann!“, schrie Bork schwitzend, und seine spiegelnde Glatze schien zu glühen.

Augenblicklich lösten sich einige der Schilde vom Boden und bewegten sich auf ihn zu.

Kaum im Schutz geborgen, sprang Bork auf, und riss den erstbesten Sack mit Kohlenstaub vom Wagen, den er zu fassen bekam. „Holt von dem verdammten Wagen alles an leeren Säcken, was ihr zu fassen bekommt!“, befahl er, während sein Messer bereits in den Staubsack hineinstieß, um ihn der Länge nach aufzuschlitzen. Vom Wagen fiel Sackleinen auf ihn herab, und sofort begann er, quadratische Fetzen aus ihnen heraus zu schneiden und zu reißen, um dann auf ihnen mit seinem Händen Haufen von Kohlenstaub aufzuschütten. Die anderen hatten wohl verstanden, was ihr Tolsmoi damit bezweckte, und taten es ihm gleich. Geschickt klemmten sie Augenblicke später die vier Ecken der gefüllten Tücher zwischen die Finger.

„Wir werden jetzt Angreifen!“, schrie er zu seiner Truppe hinüber. „Ihr werdet das Verhalten der verdammten Hyndriden bald erkennen können, wenn ich nicht irre! Ich möchte, dass kein verdammter Pfeil, kein Speer und keine Drindel sein verdammtes Ziel verfehlt! Inzwischen bereiten sich hier die nächsten zwanzig von euch vor!“ Er blickte kurz zu dem, der ihm am nächsten stand ... „Geh' hinter den verdammten Wagen in Deckung, und berichte den Nachrückenden, wie es sich zu verhalten gilt!“

Dann brach er mit der ersten Gruppe aus.

In der Deckung der schweren Schilde, die von der Hälfte des kleinen Stoßtrupps vorangetragen wurden, liefen sie einfach geradewegs hinaus, um die Höhe des Rings zu erreichen, auf dem die Geisterhaften um die Wagenburg herum stoben.

Zumindest für einige Irritation schien der Ausbruch Borks und seiner kleinen Truppe unter ihnen zu sorgen. Links und rechts vor ihnen stob ungleichmäßig Sand auf, als würden Tiere, sich unschlüssig im Kreise drehend, den Boden unter ihren Hufen aufwühlen ... Dann aber vereinigten sich Hufe um Hufe, und es war bald unverkennbar, dass sich einige der Reiter zusammengerottet hatten, um nun direkt auf sie zuzupreschen.

„Jetzt!“, brüllte Bork, und warf einen seiner gefüllten Tücher hoch vor sich in den Himmel. Im selben Moment verspürte er einen brennenden Schmerz im linken Oberarm – irgend etwas hatte ihn getroffen ...

Die Luft war bereits von einem schwarzen Nebel erfüllt – immer mehr Tücher entluden ihre dunkle Fracht ... Dann ging alles zu schnell, als das Bork noch irgend etwas planen konnte. Schwere Speere, getrieben von der Wucht der sich entspannenden Katapulte und gefolgt von Drindeln und Pfeilen, schlugen direkt vor ihm krachend in Hünenhafte schwarze Gestalten hinein, und riss sie von den Rücken geschwärzter seltsamer Decken – wie ihre Reittiere nun erschienen. Etwas Riesiges bäumte sich vor den Schilden auf, die sich direkt vor ihm befanden. Ein harter Schlag traf zwei von ihnen und warf sie mit ungeheurer Wucht zurück – und schmerzhaft gegen Bork, der sich im nächsten Moment unter ihnen begraben fand. Am Boden liegend, zwischen tobenden Sand und schwarzen Nebel sah er noch, dass sie nicht mehr die einzigen waren, die hier draußen ihr Glück versuchten. Dann spürte er einen weiteren harten Schlag – und einen mächtigen Druck, der ihm die Luft aus den Lungen presste – dann war es nicht mehr nur die Schwärze des Staubes, die ihn umgab …

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KISHOU III

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