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8 | Montezuma II

Fünfzehnter Eintrag im KleinDicken

Seit zwei Jahren habe ich einen Papagei. Und das kam so. Ich lag mal wieder auf meiner Chaiselongue und schaute auf mein Fenster. Plötzlich ließ sich ein Papagei auf dem Fensterblech nieder. Erst lief er aufgeregt von einem Blechende zum anderen. Dann blieb er mittig auf dem Außenblech stehen und hackte mit seinem Schnabel rhythmisch auf das Thermopenglas ein.

Ich gab ihm beidhändig die nach Paragraph 7 der Luftverkehrsordnung weltweit einheitlichen Handzeichen für Flugzeugabfertiger, die den sofortigen Weiterflug anordneten.

Das Unfassbare geschah. Er schüttelte den Kopf und hackte weiter. Ich öffnete den Seitenflügel und der rot-grün Gefiederte hüpfte auf meinen Schreibtisch. Unberingt stolzierte er über die Tastatur meines Notebooks und schaute sich um. Er bemerkte, dass jeder seiner Krallentritte ein Zeichen auf dem Bildschirm auslöste und tippte wahrscheinlich seine Biographie in meinen Klapprechner. Nachdem er ihn runtergefahren hatte, flog er auf meine Schulter und ließ sich nicht bewegen, von ihr zu weichen.

All meine zahlreichen Befragungen in Land und Stadt, die Herkunft des komischen Vogels zu klären, lieferten keine Information. Ich wurde den rot-grün gefiederten Zeitgenossen nicht los. So wanderte ich mit dem komischen Vogel auf der Schulter in die Nostitzstraße zur Tierärztinnenpraxis von Frau Doktor Agathe Stich-Glimm.

Sie erkannte meinen komischen Vogel als einen männlichen Amazonenpapagei aus Mesoamerika. Frau Doktor erläuterte mir die artgerechte Haltung in Privatwohnungen und versorgte meinen komischen Vogel mit allem tiermedizinisch Erforderlichen.

Offenbar musste der herrenlose Papagei nach Transatlantikflug und innereuropäischem Anschlussflug, der Prophezeiung des Mondgrauen gemäß, mein Fensterblech als Flugziel auserkoren haben. Damit aber nicht genug. Der Amazonenpapagei krächzte multilingual. Mal deutsch, mal englisch, mal spanisch. In der Regel aber plapperte er leidenschaftlich in einer mir völlig unbekannten Sprache mit vielen TL- und X-Lauten auf mich ein.

Seine Mitteilungen nahm ich mit dem Klein-Dünnen, so nannte ich vereinfachend immer mein Mobiltelefon, auf und übersandte die Tondateien dem Übersetzungsbüro Wortlaut in der Warthestraße. Eine Woche später wusste ich, dass der komische Vogel Nahuatl sprach.

Nahuatl wurde in vorspanischer Zeit von den Azteken gesprochen und der komische Vogel behauptete auf Englisch von sich, dass er die Reinkarnation deren letzten großen Herrschers sei. So nannte ich den rot grünen Amazonenpapagei Montezuma II.

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