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Hochzeit

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Renee und ich haben schnell geheiratet, aber nicht heiraten müssen, weil etwa meine Frau schwanger gewesen wäre. Die Hochzeitsreise haben wir im Voraus begangen nach meinem geliebten Triest und dort gestanden wir meinen Tanten, dass wir heiraten werden. Ein italienischer Jubel unfassbarer Lautstärke brach aus. Meine Frau wurde fast zu Tode geküsst. Ich konnte mich noch retten. Es gab unbeschreibliche Scampi, Cannelloni, seltsame Muscheln, alles Getier des Meeres, das wir so liebten bei meiner Tante Ise und Tante Etta. Sie hießen Ines und Antonietta, aber für mich waren sie Ise und Etta. Meine Schwester hatte sie so getauft als Kleinkind.

Meine Eltern wussten noch nichts von unserem Unternehmen. Ich kam also in Wien an und habe zu meinem Vater gesagt: »Papa, morgen heiraten wir.«

»Bist du deppert?«, war seine spontane Antwort. »Wie kannst du heiraten, wenn du deine Frau nicht erhalten kannst? Willst du zum armen Schlucker werden?«

Ich habe geantwortet: »Wir haben uns alles eingeteilt. Es wird sich alles ausgehen, und ich kann nicht mehr anders.«

Darauf ging er mürrisch aus dem Zimmer.

Meine Mutter war schwer beleidigt, dass wir sie nicht vorher verständigt hatten. Die Mutti, die Mutter von meiner Frau, war eigentlich sofort damit einverstanden: »Ich hab mich eh gewundert, weil ich dauernd Windeln zugeschickt gekriegt habe von verschiedenen Firmen.«

Das war damals ein üblicher Reklametrick und eine Folge des Aufgebots, das wir ja veranlassen mussten und veranlasst hatten noch vor den Ferien.

Dann hörte ich ein Gemurmel meiner Eltern. Mein Vater kam grantig aus seinem Zimmer, knurrte: »Naja, schließlich ist es jetzt seine Frau. Ich hab’s ja immer gern gehabt, das Mädel.«

Und die Mamma sagte: »Wir müssen halt ein Essen machen.«

Mit Essen endete immer alles in unserer Familie.

»Zum Standesamt braucht ihr nicht zu kommen. Wir haben zwei Freunde als Zeugen und wollen das als Formalität erledigen und nicht als Feier, weil ihr ja so dagegen seid.«

Darauf gab es ein kurzes Geknurre meiner Eltern.

Ich mascherlte mich auf, die Renee fuhr nach Hause, um sich schön zu machen, so gut es ging in aller Geschwindigkeit, und wir trafen uns am Standesamt mit unseren Zeugen. Wir baten darum, keine Musik ertönen zu lassen, und auch erbaten wir keine Ansprache. Darauf erklärte uns der Standesbeamte, dass wir eine Verpflichtung eingehen und dass es sich nicht nur um Liebe handelt, sondern dass es ein Vertrag ist, den wir unterschreiben. Innerhalb von zehn Minuten war das erledigt, und wir begaben uns in meine Wohnung. Mein Vater hatte noch gesagt: »Die Mutti muss natürlich auch kommen.«

Die Mamma hatte inzwischen das unbeschreiblichste Essen auf einem prachtvoll geschmückten Tisch hergerichtet, hatte unauffällig eines ihrer hübschesten Kleider angezogen, und wir wurden umarmt und empfangen als Ehepaar. Selbstverständlich bestand das Essen aus Rebhendln, eine Speise, die leider kaum mehr gemacht wird und die meine absolute Lieblingsspeise war, besonders mit den zuvor gereichten Innereibrötchen, die nur die Mamma zustande brachte. Beides ist entschwunden. Die Rebhendln und die fantastischen Vorspeisen mit den Leberln und Herzerln. Beides ist für immer entschwunden aus meinem Leben seither.

Geblieben ist meine Frau. Eigentlich hat sich da gar nichts geändert in unserer Beziehung, und wir sind im sechzigsten Jahr. Wenn man mich fragt, wie eine Ehe am besten hält, rate ich also allen, für die Hochzeit jede Feierlichkeit abzusagen.

Wir haben geheiratet, weil wir schon zwei Jahre ein Verhältnis hatten und es ein bisschen blöd fanden, weiterhin »meine ständige Begleiterin« und »mein Partner« zu sagen oder was man da für blöde Ersatznamen erfindet. Eigentlich haben wir aus sprachlichen Gründen geheiratet, um sagen zu können »meine Frau« und »mein Mann«. Das sagen wir inzwischen auch nicht mehr, sondern wir sagen »die Mika«, und sie sagt zu mir »Hacke«, wie ich schon öfter erwähnt habe.

Es war komischerweise trotzdem anders, als wir verheiratet waren. Es war nicht dasselbe. Man sagt so oft, das ist nicht notwendig, wir haben die Ehe nicht nötig, diese Formalität. Ich habe mich aber verheiratet sofort wohler gefühlt.

Wir hatten nach der Hochzeit noch gar kein gemeinsames Quartier. Ich wohnte bei meinen Eltern und sie bei der Mutti in einer kleinen Wohnung. Sogar die Hochzeitsnacht haben wir getrennt verbracht. Ich habe mich ein bisschen einsam gefühlt in meinem Bett und sie hoffentlich auch.

Ein Jahr später haben wir kirchlich geheiratet, um die katholische Familie in Italien zu befriedigen, die zwar nicht die Bedingung gestellt hatte, aber Tante Etta, eine glühende Katholikin, war ganz selig, als wir ihr die Hochzeit schilderten, die wieder ganz ohne Gäste stattfand.

Ich musste sogar am Tag vorher beichten und konnte das in der Kanzlei des Pfarrers erledigen. Mutti, die inzwischen mit dem Hund äußerln war, hat sich gewundert, dass sie durch das Fenster den Pfarrer am Schreibtisch sitzen sah und mich vor ihm kniend.

Ich habe recht ausführlich gebeichtet, aber ich kann mich nicht mehr genau erinnern, um welche Sünden es sich gehandelt hat. Ich habe eigentlich, um den Pfarrer nicht zu kränken, gesagt, dass ich regelmäßig in die Kirche gegangen bin und sehr fromm war, was leider nicht stimmte. Meine Frau, die anschließend beichtete, hat ihm die Wahrheit gesagt, dass sie nie in die Kirche gegangen ist. Da standen wir ein bisschen blöd da vor einem sehr netten Pfarrer, aber die Absolution galt hoffentlich für uns beide. Bei der kirchlichen Hochzeit waren nur die beiden Mütter anwesend. Der Papa war inzwischen nicht mehr bei uns. Das war sehr traurig.

»Ich kann's nicht lassen«

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