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Kapitel 10
ОглавлениеNundagai Mainbase Helldoor, Train-Station
Der Bahnhof lag im Nordosten der Anlage. Es war ein zweigeschossiger Bau, der im Gegensatz zu anderen Gebäuden nicht von einer Kuppel überspannt wurde. Möglicherweise war es Nundagai zu aufwendig gewesen, denn der Bahnhof war gute dreihundert Meter lang und über achtzig Meter breit. Er gehörte zu den wenigen Bauten, die als Schleuse zur Außenwelt funktionierten. In seinem Inneren herrschten die gewohnten Druck- und Luftverhältnisse, um das Be- und Entladen der Züge sowie deren Wartung zu erleichtern. Für das Ein- oder Ausfahren eines Zuges musste jedoch ein Ausgleich hergestellt werden, damit die massiven Außentore geöffnet werden konnten. Dann war ein Aufenthalt im Bereich der Bahnsteige nur mit leichtem Druckanzug möglich.
Die eigentlichen Betriebsräume befanden sich im hinteren Bereich, durch Schleusen vom vorderen getrennt. Hier war alles auf Zweckmäßigkeit und Effizienz ausgelegt. Die Fahrleitung, welche den Waren- und Passagierverkehr sowie die Bewegung der Züge überwachte, war eine relativ kleine Kabine, die man in die Trennwand beider Sektionen der Station eingebaut hatte.
Der Fahrdienstleiter hatte bereits den Einstieg von Chief Brandons Gruppe überwacht und sah mit gemischten Gefühlen auf die gepanzerten Gestalten, die sich in Form einer Hundertschaft vor der Verbindungsschleuse stauten und eine Unmenge von Transportbehältern und Waffen mit sich führten. Der Anblick von Militär erfüllte ihn mit Unbehagen, zumal Gerüchte über den Angriff von bösartigen Käfern auf Mining Facility 12 kursierten. Er glaubte diesen Gerüchten, denn immerhin war ein Zug mit einer Rettungseinheit auf der Nord-Route verschwunden. Nun sollte auf ihr ein zweiter Zug eingesetzt werden. Mit einem weiteren Rettungskommando und mit einer Militärtruppe der Raumkavallerie. Wenn Nundagai Militär anforderte, dann mussten die Gerüchte um Anlage 12 zutreffen und das gefiel ihm absolut nicht.
Dellmann führte Major Redfeather zum Leitstand, während Captain Kelly die Troopers an der Schleuse antreten ließ.
„Wir haben hier insgesamt sechs Züge“, antwortete der Fahrdienstleiter auf Joanas Frage. „Vier für den normalen Transport- und Versorgungsbetrieb, einen Bauzug für Streckenarbeiten und einen Zug in Reserve. Zwei sind auf Versorgungsfahrt auf der südlichen und östlichen Route“, erklärte er. „Einer wird vermisst. Mit dem war ein Rettungsteam auf der nördlichen Route unterwegs zur Mining Facility 12. Unsere Leitstelle hat keine Verbindung zum Lokführer und wir empfangen auch kein Ortungssignal, so dass wir nicht sagen können, wo sich der Zug befindet. Für Sie ist Zug Null-Drei vorgesehen. Da Sie auf die Nordroute gehen, heißt er jetzt Drei-Nord. Der Lokführer heißt Leroy. Er gibt mir Bescheid, wenn wir den Bahnhof entlüften können.“
„Das Rettungsteam von COBRA ist bereits an Bord?“, erkundigte sich Dellmann.
„Ja. Sobald das Militär eingestiegen ist, kann es los gehen. Der Lokführer führt gerade seine letzte Außeninspektion durch. Ist zwar alles in Ordnung, aber es ist nun einmal eine Eigenheit von ihm. Was seinen Zug betrifft, da ist er äußerst penibel.“
Der Chief der Security nickte und deutete durch die Direktsichtscheibe ins Innere des Bahnhofs. „Nun, Major, dann bleibt mir nur, Ihnen gute Fahrt und eine erfolgreiche Mission zu wünschen.“
Beide verließen den Leitstand. Während Dellmann wieder zum Hauptgebäude fuhr, gab Joana Befehl, den zugewiesenen Zug zu besteigen.
Es dauerte eine Weile, die Troopers und deren Zusatzausrüstung durch die relativ kleine Schleuse auf die Bahnsteige zu bringen. Die meisten Männer und Frauen trugen Transportbehälter mit Verpflegung, Wasser und zusätzlicher Ausrüstung.
Die Halle mit den fünf Bahnsteigen war zugleich das Ersatzteildepot für die Schienenfahrzeuge. Kleine Elektrofahrzeuge und Stapler wurden von zwölf Mitarbeitern der Corporation benutzt, um die Züge fahrbereit zu halten. Derzeit befanden sich nur der Bauzug, ein in Wartung befindlicher Versorgungszug sowie der Panzerzug Drei-Nord in der Station.
Zum ersten Mal erblickten die Raumkavalleristen einen der Panzerzüge. Joana Redfeather gab ihnen und sich einen Moment Zeit, das Fahrzeug zu betrachten. Sie war selbst beeindruckt, denn der Zug wurde seiner Bezeichnung gerecht und unterschied sich von allen Fahrzeugen, die sie bislang kennengelernt hatte.
Wagen und Lokomotive hatten gleichermaßen eine Breite von fünf Metern. Die vier Wagen waren rund fünf Meter hoch und dreißig Meter lang. Zwei Meter dieser Höhe musste man allerdings für ihr Fahrwerk abziehen. Es bestand aus sechzehn Rädern aus extrem widerstandsfähigem Keraplast mit sehr grobem Profil, die außen größtenteils von einer Abdeckung geschützt wurden. Unterhalb der flachen Dächer zog sich eine Reihe niedriger Direktsichtscheiben entlang. Die Fahrzeuge waren durch eine Kupplung und einen kurzen Gelenkschlauch, in dem sich Druckschleusen befanden, miteinander verbunden. So konnten Passagiere die Wagen während der Fahrt wechseln, falls es in einem von ihnen zu Undichtigkeit kam.
Die Lokomotive war ein Monstrum von gut vierzig Metern Länge und ein wenig höher als die angekoppelten Wagen. Oben, an der Stirnseite, befand sich eine Art Buckel mit dem Führerstand. Die Front glich einem spitzen Keil, der in sanftem Winkel anstieg. In der Mitte des Keils und oben auf dem Stand des Lokführers waren große eckige Scheinwerfer angebracht. Eine flache Kuppel auf dem Dach verriet das Vorhandensein von Radar und sonstigen Scannern. Dahinter ragte die niedrige Flosse auf, die dem Seitenleitwerk eines Jagdbombers ähnelte und die Kommunikationsantennen enthielt.
Der gesamte Panzerzug war in schlichtem Grau gehalten. Verbindungen und die Abdeckungen der Räder glänzten in tiefem Schwarz. Während die Wagen lediglich mit einer weißen Nummer markiert waren, zeigte die Lokomotive zusätzlich das Logo der Corporation.
„Ein beachtliches Stück Technik, nicht wahr?“
Joana blickte zur Seite und bemerkte einen stämmigen Mann im Overall von Nundagai. Ungewöhnlich war eine steife schwarze Mütze mit kurzem Schild, die er aufgesetzt hatte und die den Schriftzug „Union Pacific Railroad“ trug. Auf seinen Schultern waren Abzeichen befestigt, die denen eines Captains der Sky-Navy ähnelten. „Sie steuern dieses Riesenteil?“
„Lokführer erster Klasse“, bestätigte der Mann mit breitem Lächeln. „Ich bin Leroy. Mein Maschinist Bowler und mein Bremser Dongen sind bereits an Bord.“
„Was ist ein Bremser?“, erkundigte sich Joana, die mit diesem Begriff nichts anfangen konnte.
„Früher, als es noch richtige Dampfzüge gab, da waren die Bremsen einer Lokomotive und der angehängten Waggons recht schwach. Daher gab es im letzten Wagen ein erhöhtes Häuschen, in dem sich der Bremser aufhielt. Seine Aufgabe war es, wenn der Zug abgebremst werden musste, per Hand die Bremsen des letzten Wagens auszulösen. Das war vor allem bei Kurvenfahrten und abschüssigen Strecken sehr wichtig.“
„Aha.“ Joana konnte sich darunter immer noch nichts vorstellen. „Und hier wird auch der letzte Wagen abgebremst?“
Leroy lachte unbeschwert. „Natürlich werden alle Waggons abgebremst, Lady. Aber tatsächlich befindet sich im letzten Wagen ein zweiter und kleinerer Führerstand. Falls mir vorne etwas zustößt, übernimmt der Bremser und bringt den Zug zum Halten. Sehen Sie, Lady, eine Fahrt auf der Wirbel-Welt ist niemals ganz ungefährlich.“
„Nun, wir sind sicherlich in guten Händen“, meinte Joana und erwiderte das Lächeln.
„In den besten, Lady“, antwortete Leroy selbstbewusst. „Ihre Leute müssen in die Drei und Vier einsteigen. Die beiden vorderen Waggons hat bereits das andere Rettungsteam in Beschlag genommen.“
Sie gab Kelly einen Wink und der Captain gab den traditionellen Befehl zum „Aufsitzen“. Die Troopers stiegen die kurzen Leitern zu den Einstiegen empor und halfen sich gegenseitig, die Transportbehälter hinaufzuhieven.
Leroy stieg in eine seitliche Luke seiner Lokomotive. Als Joana in ihren Wagen stieg, bemerkte sie, bei einem Blick nach unten, die ungewöhnliche Funktion der Mono-Rail. Die Schiene, auf der die Wagen standen, ähnelte einem auf dem Kopf stehenden „T“. Ihr Sockel war zehn Meter breit, der senkrechte Balken, die eigentliche Führungsschiene, hingegen nur dreißig Zentimeter, jedoch anderthalb Meter hoch. Die einzelnen Wagen und ihre Lok wiesen entlang der Längsachse eine entsprechende Vertiefung auf. Die Mono-Rail diente also nur der Führung des Zuges. Der Antrieb erfolgte ausschließlich über die Lokomotive und die separat angetriebenen Räder der Waggons.
„Achtung!“, kam Leroys Stimme aus dem Lautsprechersystem, „vorbereiten zur Abfahrt von Drei-Nord. Halle räumen. Flutung beginnt in drei Minuten.“
Die Mitarbeiter der Corporation zogen sich in den hinteren Teil der Station zurück. Joana hatte inzwischen ihren Sitz gefunden. Es war eine sehr bequeme Kombination aus Sessel und Liege. Zwischen den einzelnen Sitzreihen war genug Raum, das Rückenteil halb zurücksinken zu lassen. Neben dem Sitz befand sich eine der niedrigen Sichtluken und Joana war dankbar für den Fensterplatz. Unmittelbar neben ihr und gegenüber saßen Kelly, Basari und Lieutenant Hank Rossiter. Joana sah eine Leuchtschrift an der Wand des Bahnhofs. Sie zeigte den Status der Halle an, Druckausgleich und Atmosphäreaustausch waren nun abgeschlossen.
Erneut war Leroy zu hören. „Werte Fahrgäste, die Außentore sind offen. Entspannen Sie sich und genießen Sie die Fahrt.“
Es gab einen sanften Ruck und für einige Augenblicke wurden alle in die Rückenlehnen gepresst, als Drei-Nord beschleunigte. Kelly wies auf ein Display, welches über der Verbindungstür zum nächsten Wagen angebracht war. Joana sah die Geschwindigkeitsanzeige, die sich unerwartet rasch der Dreihundertzwanzig näherte.
„Tja, schätze, wir sind unterwegs“, brummte Basari. „Da es vorerst wohl nichts Neues geben wird, erlaube ich mir eine Mütze voll Schlaf.“
Der Sergeant-Major verschränkte die Arme vor der Brust, ließ die Rückenlehne in Schlafstellung sinken und schlief nach wenigen Augenblicken ein. Eine Fähigkeit, die jeder Trooper frühzeitig erlernte, denn bei einem Einsatz konnte das Schlafkonto rasch ins Soll gelangen.