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Die Aufgaben und Ziele der Exosoziologie

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Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, um sich mit Außerirdischen zu beschäftigen, sind heute so günstig wie schon lange nicht mehr. Und es lassen sich mindestens vier Argumente anführen, die Exosoziologie wiederzubeleben:

Erstes Argument: Man darf annehmen, dass die Menschheit über kurz oder lang in Kontakt mit außerirdischen Zivilisationen kommen wird. Und wahrscheinlich werden sie uns technisch weit überlegen sein.14 Die Frage, was das für unsere Welt bedeuten würde, ist lange schlicht ignoriert worden. Nun aber wäre es höchste Zeit, sich mit den Folgen eines Mensch-Alien-Kontakts zu befassen. Und Szenarien für einen »Fall der Fälle« zu entwickeln, der in den nächsten Jahrzehnten stattfinden könnte.

Zweites Argument: Kaum ein Thema schwankt so zwischen Realität und Fiktion wie die Frage nach dem Verhältnis zwischen Menschen und Außerirdischen. Seit der Renaissance dachten die Menschen über Mensch-Alien-Begegnungen nach und lieferten viele Ideen und Gedankenexperimente. Und sie machten das Thema so überhaupt erst denkbar und erforschbar. Anderseits inspirierte die Weltraumforschung viele Romanautoren und Regisseure von Spielfilmen.15 Die neue wissenschaftliche »Spielart« Exosoziologie bietet nun einen idealen Raum für Experimente. Etwa um Wechselwirkungen zwischen dem realitätsbezogenen und dem künstlerisch-literarischen Denken unserer Epoche zu untersuchen. Sich mit dem »Mensch-Alien-Problem« zu beschäftigen, heißt gleichzeitig, sich mit der Frage zu beschäftigen, was in unserer Gesellschaft als Realität gilt und was nicht. Am deutlichsten zeigt sich das in der sogenannten »UFO-Frage«, die wissenschaftlich alles andere als trivial ist. Hier geht es darum, was es mit all den seltsamen Himmelsphänomenen auf sich hat, die Menschen seit Jahrzehnten beobachten. Die meisten von ihnen lassen sich sehr schnell erklären – bei einigen allerdings scheitern wissenschaftliche Erklärungsversuche bis heute.

Drittes Argument: Dass man sich theoretisch mit dem Außerirdischen beschäftigt, quasi als Musterbeispiel eines »maximal Fremden«, kann sich auch als enorm wichtig für die dringend notwendige Fremdheits- und Xenophobie-Forschung erweisen. Denn hier stellen sich viele Fragen: Wie kann Kommunikation sprachliche und kulturelle Grenzen überschreiten? Wie können wir uns in ein Gegenüber mit anderen Weltbildern oder abweichender Wahrnehmung hineindenken? Mit welchen Missverständnissen ist bei der Kommunikation mit Fremden zu rechnen? Wie lassen sich diese vermeiden? Und noch grundsätzlicher: Wie fremdartig darf ein Wesen sein, damit wir es als gleichberechtigt betrachten – und ihm etwa den Rechtsstatus einer Person zubilligen?

Gerade die letzte Frage fordert zu Diskussionen über Grenzen heraus. Etwa die von Menschenrechten. Ab wann gelten sie für den Fötus? Bis wann für Sterbende? Unter welchen Voraussetzungen für Menschenaffen? Und wann kann ein KI-gesteuerter Roboter sie beanspruchen? Das heute noch fiktionale Beispiel des Aliens hilft uns, über die Definition intelligenten Lebens grundlegend nachzudenken: Was macht überhaupt ein intelligentes Lebewesen aus? Ist es das planvolle Handeln? Und was würde es dann bedeuten, wenn ein Lebewesen handlungsunfähig ist? Oder ist es die Fähigkeit, über sich selbst nachzudenken? Und was hieße das für Komapatienten? Vielleicht ist auch die Tatsache bedeutsam, dass eine Persönlichkeit oder eine bestimmte Intelligenz vorhanden ist. Aber wer stellt dies mit welchen Mitteln fest?

Alles Fragen, die uns jetzt und hier auf der Erde umtreiben. Und bei denen uns die Gedankenexperimente der Exosoziologen weiterhelfen. Weil sie uns ermöglichen, nach Antworten auch jenseits vermeintlicher Gewissheiten zu suchen.

Viertes Argument: Die Kultur- und Sozialforschung fragt immer wieder nach dem konkreten menschlichen Einfluss auf die Entwicklung und die Struktur von Gesellschaften. Was beruht dabei auf biologischen Anlagen, was auf sozialen Einflüssen? Sei es bei der Entwicklung des Individuums oder ganzer Kulturen. Diese Frage lässt sich bis heute nicht befriedigend beantworten. Schließlich können wir dazu nur eine einzige Spezies betrachten – den Menschen. Ein Kontakt mit einer außerirdischen Kultur würde gänzlich neue Möglichkeiten schaffen, hier wissenschaftliche Antworten zu geben. Aber natürlich auch viele neue Fragen aufwerfen.

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