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Die fünf zentralen Fragen der Exosoziologie
ОглавлениеSollte man sich angesichts der vielen irdischen Probleme schon jetzt mit einem Kontakt mit einer außerirdischen Zivilisation befassen? Und dazu Ressourcen für Überlegungen, Studien und Experimente aufwenden? Wir finden, dass das, was wir in den letzten zwanzig Jahren über unser Universum erfahren haben, dafürspricht. Wir wissen, dass unsere kosmische Umgebung nur so von Orten wimmelt, die potenziell lebensfreundlich sind. Und dass zumindest auf der Erde Leben unmittelbar entstand, als die Bedingungen dies erlaubten. Kein Mensch weiß, ob sich in den Weiten des Weltalls Leben oder gar andere intelligente Wesen entwickelt haben. Und es gibt auch keinen Grund dafür, das auszuschließen. Vor allem wenn man auf die unfassbare Größe des Universums blickt, so scheint es doch sehr wahrscheinlich, dass es neben uns noch viele andere höchst fremdartige Zivilisationen gibt. Und je mehr wir über das Universum wissen, je weiter wir in den Kosmos vordringen, desto wahrscheinlicher wird es, dass wir mit ihnen, ihren Signalen oder Hinterlassenschaften konfrontiert werden.
Deshalb wollen wir heute, fast 35 Jahre nach der Skizze von Jan Mejer, ein erneuertes Programm für die Exosoziologie vorlegen. Diese Wissenschaft zwischen Futurologie und Fremdheitsforschung sollte sich auf fünf zentrale Leitfragen konzentrieren:
1 Die naturwissenschaftliche Suche nach Außerirdischen kritisch begleiten: Wie sind die heutigen SETI-, SETA- und METI-Projekte aus soziologischer Perspektive einzuschätzen, und welchen Beitrag können die Sozialwissenschaften leisten, um sie weiterzuentwickeln?
2 Interspezies-Futurologie: Welches wären die kulturellen und religiösen, die politischen und ökonomischen Folgen einer Begegnung der Menschheit mit einer außerirdischen Zivilisation?
3 Konkurrierende Realitätsebenen: Welcher Zusammenhang besteht zwischen wissenschaftlichem und fiktionalem Nachdenken über die Stellung des Menschen im Kosmos?
4 Fremdheits- und Xenophobie-Forschung: Wie wird Fremdheit heute kulturell konstruiert, und welches sind die sozialen und ethischen Folgen – auf der Erde und eben im Fall des Falles auch bei Begegnungen zwischen den Sternen?
5 Extra-humane Ethik: Über welche Eigenschaften muss ein Wesen verfügen, und wie fremdartig darf es sein, damit wir in ihm einen gleichberechtigten Partner sehen und ihm gewisse Rechte zubilligen?
Uns ist klar, dass dieser erweiterte Fragenkatalog nichts daran ändern wird, dass die Exosoziologie weiterhin ein Randgebiet bleiben wird – schlimmstenfalls verspottet, bestenfalls geduldet. Dies heißt aber nicht, dass von einer solchen »Nischendisziplin« keine Impulse ausgehen könnten. Und ihre wissenschaftliche Randlage muss auch nicht dauerhaft gelten: Spätestens wenn wir eine intelligente Spezies außerhalb der Erde finden, würde die Exosoziologie in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Dies macht sie heute gleichsam zu einer »Leitdisziplin auf Abruf«.Was weiß die Wissenschaft über die Verbreitung von Leben und Intelligenz?
12 Kaplan 1971
13 Mejer 1983
14 Vgl. Shostak 1999, S. 121
15 Vgl. Schetsche und Engelbrecht 2008, S. 267
16 Siehe exemplarisch Maul 2013
17 Vgl. Graf 2003
18 Flechtheim 1970
19 Jungk 1973
20 Meadows 1972
21 Waldenfels 1997, S. 37
22 Simmel 1958, S. 509
23 Vossenkuhl 1990, S. 109