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23. Mai, 07:15 Uhr, Krankenhaus Donaueschingen, Aufzug 2

Der Aufzug war vor einer Viertelstunde zwischen Keller und Erdgeschoss des dreistöckigen Gebäudes mit einem abschließenden Zittern stehen geblieben. Zeitgleich flackerten die grellen Deckenlichter, dann gingen sie aus. Ebenso das rote Schimmern der Anzeige, die soeben im Begriff gewesen war von minus eins auf null umzuspringen. Noch ein letztes halbherziges Ruckeln des Stahlkastens, dann war Ruhe.

Thomas Bachmann stand jetzt seit fünfzehn Minuten reglos in der Mitte des vielleicht drei Quadratmeter messenden Aufzuges. Thomas war mittelgroß, dünn, hatte hängende Schultern, struppiges, schwarzes Haar und dichte Brauen. Er hatte das rasch schwächer werdende letzte Zittern um sich herum genau registriert und im selben Maß, in dem der Aufzug langsam auspendelte, wuchs der Kloß in seinem Hals und nahm das Geräusch von viel zu schnell und viel zu heftig pulsierendem Blut in seinen Ohren zu. Thomas Bachmann schob die wuls tige und weit vorstehende Unterlippe noch weiter nach vorn. Nervös knabberte er an den spröden Hautfetzchen rechts und links der kurzen Fingernägel.

Hab ich’s dir nicht gesagt? Nimm nicht den Aufzug, sagte ich, aber nein, der junge Mann weiß ja Bescheid und ist völlig normal und so wie jeder Normale muss er natürlich in diesen Stahlsarg steigen. Und jetzt? He, was ist jetzt?

»Sei still«, flüsterte Thomas. Das war Nummer zwei, die gesprochen hatte. Nummer zwei, weiblich, die immer (hinterher) alles ganz genau und natürlich besser wusste. Nummer zwei, die Stimme der Frau in seinem Kopf.

Der kleine Personenaufzug war knapp drei Meter hoch und vom braunen Boden bis zur Decke mit Aluminiumplatten ausgekleidet, ebenso die zweigeteilte Schiebetür. Wenn das Licht funktionierte, glänzte das Aluminium. Aber jetzt war es finster. Ein kinderarmdickes Stahlrohr klammerte sich an drei Seiten der Kabine in Hüfthöhe an die Wand. Wenn sich größere Menschen, vielleicht ab eins neunzig, an die Wand lehnten, gab ihnen das quer hinter ihrem Gesäß verlaufende Stahlrohr das Gefühl, Tester einer noch nicht ganz ausgereiften mittelalterlichen Donnerbalkenkonstruktion zu sein. In die Decke waren zwei quadratische Milchglasscheiben eingelassen. Sie verström ten im Normalfall grelles Kunstlicht, jetzt waren sie blind, wie auch die Etagenanzeige des Fahrstuhls, unter der die fünf kleinen Tastenquadrate der einzelnen Etagen vom Keller bis zum dritten Stock angebracht waren. Daneben hing ein Notruftelefon.

Thomas stand stocksteif in der Kabinenmitte und klammerte sich mit beiden Händen an seine glänzende schwarze Aktentasche. Er versuchte sich zu konzentrieren, auf sich, seine drei Stimmen, auf Geräusche, die vielleicht zu ihm vordrangen, auf Licht – er wusste nicht genau auf was. Aber er konzentrierte sich und das mit aller Macht. Denn sein Arzt hatte ihm bei einer ihrer letzten Sitzungen ganz klar gesagt, dass er die Kontrolle um jeden Preis behalten müsse, dass er, Thomas, in keiner Situation die Ruhe verlieren dürfe. Denn auf diesen Moment würden Nummer eins, Nummer zwei und vor allem Nummer drei nur warten, vierundzwanzig Stunden am Tag. Was die drei Stimmen in seinem Kopf aber machen würden, sollte er doch einmal die Kontrolle verlieren – auf diese Frage wusste auch sein Arzt keine Antwort, nur, dass es schlimm werden würde, die Stimmen in pausenlose Streitereien verfallen würden und er, Thomas, dann wahrscheinlich nicht mehr ambulant behandelt werden könnte, sondern wieder in eine Anstalt müsse. Und davor hatte Thomas Angst, vor der Anstalt, der Psychiatrie!

Keine Kontrolle zu besitzen war in seinen Augen nicht weiter schlimm. Man konnte sich sorglos dahintreiben lassen, was er oft genug auch ausführlich tat, und abwarten, was das Leben als Nächstes bereithielt. Und manchmal gaben ihm seine Stimmen einen Ratschlag, manchmal sogar einen brauchbaren.

Aber vor der Psychiatrie hatte er Angst.

Vor zwei Jahren, kurz nach seinem sechsundzwanzigsten Geburtstag, war er ins PZB eingewiesen worden. Gegen seinen Willen!

Das PZB, Psychiatrisches Zentrum Bodensee, wurde sein persönlicher Albtraum. Nicht etwa wegen der Medikamente, mit deren Hilfe sie die Stimmen in seinem Kopf für einige Tage fast mundtot machen konnten (welch Leere!), auch die gepolsterten Manschetten an Hand- und Fußgelenken und der dicke, mit magnetischen Schlössern gesicherte Bauchgurt waren ihm im Nachhinein egal. Was ihm aber zu schaffen machte, war das Gefühl der Ohnmacht. Mit der Einweisung und einer anschließenden recht undifferenzierten Diagnosestellung hatten sie ihn all seiner Macht beraubt, der Macht über das eigene Leben und das eigene Handeln. Er war ohne Macht. Der einzig gangbare Weg aus der Psychiatrie führte ihn damals durch einen viermonatigen Wust an Gesprächskreisen, in denen jeder Patient vor seinen Therapeuten und den unglücklichen Mitpatienten hemmungslos sein Innerstes nach außen kehren musste. Unterbrochen wurden die Sitzungen von Einzelgesprächen, therapeutischen, gemeinschaftlichen Spaziergängen am Bodenseeufer und der gelegentlichen Ankunft eines neuen Opfers, auf das sich die Pfleger, dankbar für die willkommene körperliche Betätigung, mit Enthusiasmus stürzten und fürs Erste an ein Bett fixierten.

Überhaupt war dies das Schlimmste – fixiert zu werden. Es war diese körperliche Gewalt und die damit einhergehende Ohnmacht, welche der psychischen Gewalt das i-Tüpfelchen aufsetzte.

Aber als sie die Medikamente reduzierten, sein Kopf klarer wurde und die Stimmen zaghaft zurückkehrten, hatte er diese eisern geleugnet. Nur seinem Arzt, Dr. Meier, der ihn ambulant hier im Allgemeinkrankenhaus in Donaueschingen weiterbehandelte, vertraute er sich manchmal an. Ihm erzählte er ein wenig von Nummer eins, der Stimme eines alten Mannes, die weise und überlegen alles begreift und über allem steht. Er war selten zu hören und wenn, dann meist nur, um Nummer zwei oder drei in die Schranken zu weisen, wenn diese wieder einmal völlig den Verstand verloren hatten. Nummer zwei war eine Frauenstimme. Sie überlegte sich zu jedem Schritt, den Thomas unternahm, mindestens drei Alternativen. Bei ihr konnte er, während ihr Geschwätz den letzten Rest Klarheit aus seinen Gedanken spülte, immer nur verlieren. Garantiert hielt sie ihm hinterher vor, dass es ja noch Alternativen gegeben hätte und SIE ihm diese vorgeschlagen hatte und er mit den anderen Möglichkeiten auf jeden Fall besser gefahren wäre.

Nummer drei war sein Albtraum. Nummer drei war verrückt! Er hatte eine schrille, blecherne Stimme und kicherte unentwegt. Nummer drei war auch an seiner Einweisung in die Psychiatrie schuld. Sie, Thomas und seine drei imaginären Begleiter, waren an diesem Tag vor zwei Jahren in Konstanz gewesen und warteten auf den Zug zurück nach Donaueschingen, wo Thomas seit seiner Geburt lebte. Nummer drei hatte schon die ganze Zeit gelacht und auf ihn eingeredet, wie unsagbar schlecht doch diese Welt sei und dass es für Menschen wie ihn keinen Platz gäbe. Die einzig ehrenvolle Möglichkeit, dem Ganzen ein Ende zu bereiten, sei, sich vor den nächstbesten Zug zu werfen.

Diese Bemerkung hatte die anderen auf den Plan gerufen. Nummer zwei hatte prinzipiell zugestimmt, dabei aber an durchaus brauchbare Alternativen erinnert: man könne zum Beispiel Gift nehmen oder nach Paris reisen und sich vom Eiffelturm stürzen oder eine Guillotine bauen und sich selbst im Sinne der immerwährenden Weltrevolution richten. Man könne aber auch mit einem Fremden hier auf dem Bahnsteig einen Streit vom Zaun brechen und sich von ihm vor den Zug werfen lassen. Schließlich meldete sich Nummer eins (sein Kopfschütteln konnte Thomas in diesem Moment auf dem Bahnsteig fast körperlich spüren) und verlangte, die Entscheidung zum Thema Selbstmord wenigstens so lange zu verschieben, bis man, zu viert sozusagen, noch einmal in aller Ruhe jedes Für und Wider hierzu ausdiskutiert habe und (ganz wichtig!) die Meinung Betroffener eingeholt wäre.

In diesem Augenblick fuhr der Zug ein. Die Stimmen in seinem Kopf brachen sich Bahn und schrien und tobten: Los, hihi, los, spring! Hihi, wir haben es gleich geschafft!

Also ich würde den Eiffelturm vorziehen. Ich wollte schon lange einmal Paris sehen! Oh, Paris …

Nummer eins räusperte sich immer wieder, wurde aber von den anderen beiden ignoriert und übertönt.

In diesem Moment war Thomas auf dem Bahnsteig zusammengebrochen und während der Zug mit kreischenden Bremsen zum Stehen kam, kniete er inmitten verständnislos blickender Menschen auf dem Bahnsteig. Sie strömten an ihm vorbei und Thomas hielt sich die Ohren zu und schrie. Er schrie so laut er nur konnte, um dem Lärm in seinem Kopf Herr zu werden, um die, die ihm seit Jahren so vertraut waren, zu übertönen. Dann kamen zwei Polizisten und trugen Thomas, weiter schreiend, weg. Jetzt, im Aufzug, verhielten sich die drei auffallend still.

»Und? Keine Kommentare, keine Ratschläge oder Meinungen?«, fragte Thomas leise.

Ich sagte schon, dass die Treppe sicherer gewesen wäre. Sonst nichts.

Auf Thomas’ Stirn bildeten sich erste Schweißperlen. Er verharrte weiter in der Kabinenmitte, als könne eine einzige unbedachte Bewegung seinerseits die Kabine zum Absturz bringen. Aber selbst wenn dieser ziemlich abwegige Fall eintreten sollte, konnte er nicht allzu tief stürzen, er befand sich bereits fast am tiefsten Punkt des schmalen Aufzugschachtes.

Schließlich wagte er eine erste Bewegung. Er streckte die Hand aus. Er wusste, dass er mit dem Gesicht Richtung Tür stand. So stellte er sich in jeden Aufzug, vielleicht um sehen zu können, wer beim nächs ten Halt ein- oder ausstieg oder weil man einen Eingang, noch dazu den einzigen, einfach im Auge behalten muss! Jede andere Stellung hätte etwas Verschämtes, eine Bestrafung wie in der Schulzeit, wo Thomas manche Unterrichtsstunde in der Ecke, mit dem Gesicht zur Wand und allein mit sich und seinen verirrten Gedanken, zubringen musste.

Er versuchte einen kleinen Schritt nach vorn, aber Nummer zwei hielt ihn zurück.

Das würde ich nicht tun!

Thomas hielt abrupt in der gerade begonnenen Bewegung inne –

ein Hund, der vom Hof rennen will, aber von einer klirrenden Kette mitten in der Bewegung zurückgerissen wird.

Oder bist du dir sicher, dass der Boden vor dir noch da ist? Was ist, wenn wir irgendwo im Nichts auf einer schmalen Säule stehen? He, wo hin führt uns dann dein tapferer Schritt nach vorn? Thomas wollte sich gerade ihre Worte durch den Kopf gehen lassen, als Nummer eins seine Zweifel zerstreute:

Wir sind in einem Aufzug gefangen. Und ein Aufzug hat bekanntlich vier Wände, eine Decke und einen Boden. Also los, hör nicht auf das Geschwätz.

Nummer zwei räusperte sich. Das war die ganze pikierte Antwort. Jedes weitere Wort verkniff sie sich.

Thomas erschien das Argument mit der eventuellen Säule abwegig. Aber wenn sie nun doch recht hat? Hätte er vor ein paar Minuten auf sie gehört, wäre er jetzt im Treppenhaus. Und in Sicherheit. Er rieb seine Handflächen aneinander und atmete meditativ mehrmals mit geschlossenen Augen tief durch, um seine aufsteigende Angst zu bekämpfen. Er spürte sie deutlich, seine Angst. Sie wohnte irgendwo in der Nähe seines Magens, wo sie normalerweise nicht weiter auffiel oder störte. Aber in Situationen wie dieser (und ein stecken gebliebener Aufzug war nun wirklich wie geschaffen, Angst zu verbreiten, selbst wenn das Licht noch funktionierte − was in diesem Augenblick bekanntlich nicht der Fall war) streckte sich das kleine Pflänzchen Angst. Es öffnete die tausend Augen und, einmal wach geküsst, gab es dann kaum noch ein Halten.

Aber Thomas hatte gelernt, gegen seine Ängste zu kämpfen! In ihm wohnten viele Ängste und er kannte sie alle. Die Angst vorm Alleinsein, Angst vor der Dunkelheit, Angst, ausgelacht zu werden, Angst vor der Psychiatrie, den Pflegern dort und dem Fixiertwerden. Des Weiteren war da noch die Angst vor Frauen (die einzige Frau, mit der er einigermaßen auskam, war Nummer zwei), die Angst vor Neu em und Höhenangst.

Er kramte in seinen Taschen, umständlich und darauf bedacht, die Stellung in der Kabinenmitte zu halten. Die Angst rekelte sich in seinen Därmen und er spürte ihre Bereitschaft, plötzlich in nackte Panik umzuschlagen. Thomas war allein, es war dunkel und er war eingesperrt – drei Ängste, die ihre Zähne fletschten und nur darauf warteten, ihn zu zerreißen.

Obwohl Thomas wusste, wo in seiner Hose der kleine Ball war, den er jetzt brauchte, tastete er sich zuerst doch langsam durch all seine anderen Taschen. Mit kindlicher Freude spürte er die vertrauten Gegenstände, die ihm wichtig waren. Und sie zu berühren beruhigte ihn. All diese Dinge waren ihm wichtig, so wichtig, dass er sie immer bei sich trug und für niemanden und nichts bereit gewesen wäre, auch nur einen Gegenstand herzugeben.

In seiner Gesäßtasche, dort, wo jeder andere Mann seinen Geldbeutel aufbewahrt, steckten drei Bilder. Das erste, ein aus einer Tageszeitung herausgerissenes Foto, zeigte schwarz-weiß auf dünnem Papier ein altes, von Efeu überwachsenes Haus mit weißem Gartenzaun, an dem Rosen rankten. Das Bild war an einem warmen Tag aufgenommen, denn die einfachen Holzfenster standen weit offen und auf einer ausgetretenen Steinstufe lag faul eine fette Katze. Nummer eins bestand auf diesem Bild. Es sei seine Heimat.

Nummer zwei war in eine Ansichtskarte von Paris vernarrt. Damit diese in die Tasche passte, hatte er sie falten müssen und von dem so entstandenen Falz blätterte Farbe ab. Aber noch immer konnte man den Eiffelturm als Großaufnahme und, auf kleineren und etwas schräg eingefügten Bildchen, die Seine, das Moulin Rouge, Sacré-Cœur und den Arc de Triomphe bewundern. In schwungvollen Lettern leuchtete der Name der Stadt: Paris.

Nummer drei wollte hässliche Bilder. Saddam Hussein am Galgen oder einen überfahrenen Igel, dessen Därme neben ihm lagen. Aber Thomas war nicht bereit, dem nachzugeben. Da sie sich nicht auf eine weniger anstößige Abbildung einigen konnten, suchte Thomas aus einem Abfallbehälter in einem Drogeriemarkt ein Foto heraus. Ein enttäuschter Kunde hatte mehrere seiner fehlbelichteten Urlaubsfotos weggeworfen. Das Bild, das Thomas für Nummer drei einsteckte, war ein unscharfes Kinderporträt. Undeutlich und verschwommen waren blonde Haare vor einem blauenHimmel zu erkennen, der Rest, die Details und das Leben in dem Bild, verschwamm mit den Farben zu einem undeutlichen Traum. Er fand, das Motiv passte zu Nummer drei!

In der vorderen rechten Hosentasche bewahrte Thomas Bachmann ein altesFünfmarkstück auf. Man weiß schließlich nie was kommt. Oder geht. Und an das ungültige Geldstückschmiegte sich ein kleines Stempelkissen sowie ein Stempel, wie er in jedem gut sortierten Büro zu finden ist, so einer, bei dem sich das Datum nach Tag, Monat und Jahr verstellen lässt und außerdem noch so wichtige Bemerkungen aufgestempelt werden können wie ERLEDIGT, GEMAHNT, TERMIN oder FAKTURIERT. Vorn links trug er zwei heilige Knöpfe in seiner Hose. Heilig, weil sie von den jeweiligen Hemden stammten, in denen man seinen Großvater und seine Großmutter vor Jahren beerdigte. Als sein Großvater starb, war er sechs, bei seiner Großmutter elf Jahre alt und beide Male lagen die leblosen Körper noch zwei Tage in ihrer Wohnung aufgebahrt. Wer wollte, konnte Abschied nehmen und noch eine letzte Stunde mit ihnen verbringen. Er hatte es zwar immer nur fünf Minuten allein in dem muffigen Zimmer ausgehalten, dafür aber auch als Einziger ein Andenken an ihr letztes Hemd. Thomas spielte mit den Knöpfen, bevor er endlich den kleinen hellgrünen Gummiball hervorholte. Er war nicht richtig grün. Es war ein Ball von der Sorte, die, wenn man sie einfach nur fallen lässt, fast wieder bis zur selben Höhe zurückspringen und aus diesem undefinierbaren durchsichtigen Zeug bestehen, in dem, neben winzigen Luftbläschen, verschiede ne Farbstreifen eingeschlossen sind. Seiner hatte fast nur grüne Streifen. Deshalb war es sein grüner Ball.

Thomas hielt den Ball in der ausgestreckten Rechten und, obwohl dies die Dunkelheit, in der er feststeckte, in keiner Weise veränderte, schloss er die Augen. Er zählte leise bis drei, dann öffnete er die Hand und ließ den Ball fallen.

Anders als von Nummer zwei beschworen, folgte unmittelbar ein dumpfes Plopp. Der Ball sprang zurück, dann wieder ein Plopp. Und noch eines und noch eines. Plopp. In immer kürzeren Abständen genoss er den beruhigenden Ton, der von festem Boden erzählte, bis der Ball endlich über den Boden rollte und in einer der Ecken vor ihm liegen blieb.

Es wäre aber im Bereich des Möglichen gewesen, meldete sich Nummer zwei. Das mit der Säule.

Thomas nahm nun all seinen Mut zusammen. Er streckte die Hände wieder aus und wagte schließlich einen weiten Schritt nach vorn. Ein kleiner Schritt hätte allerdings auch gereicht, denn in der Enge der Kabine stieß er so fast mit dem Gesicht gegen die Aufzugtür. Seine Hände ertasteten die kalten Aluminiumplatten und den schmalen Schlitz genau in der Mitte. Thomas presste sein Auge gegen die Stelle, an der die beiden Schiebetüren zusammenstießen, konnte aber nichts, nicht einmal ein helles Flackern, erkennen. Und das einzige Geräusch war ein fernes Rauschen, das vielleicht von einem Wasserfall, ebenso gut aber auch vom Rauschen seines Blutes in den Ohren herrühren konnte. Und wenn er es sich recht überlegte, war die zweite Möglichkeit die wahrscheinlichere von beiden.

Hihi, wir sind gefangen, gefangen, sang Nummer drei und war augenscheinlich glücklich. Wir sind gefangen und keiner wird uns vermissen, hihi. Und jetzt bleiben wir hier und verhungern und verdursten und ersticken und werden waaaaahnsinnig! Hihi.

Rattentanz

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