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18:08 Uhr, Wutachschlucht

Frederick Fehrenbach aus Bonndorf starb zwei Stunden nachdem er Bekanntschaft mit einen perfekten Herzinfarkt machen durfte. Bis dahin hatte er mit Aktien gehandelt. Nur für sich und ausschließlich mit seinem Geld. Ende der Neunzigerjahre – nicht wenige häuften in kürzester Zeit mit den Emissionen des Neuen Marktes Vermögen an – gehörte er zu den Ausnahmefällen, welche ihre Aktienreichtümer auch noch nach dem Zusammenbruch der Spekulationsblase besaßen. Seitdem handelte er vom heimischen PC aus. Er kaufte und verkaufte, löste Optionen ein und bescherte sich, seiner Frau und Louis, dem elfjährigen Sohn, ein sorgenfreies Leben.

Er war den ganzen Vormittag wieder und wieder zu seinem Laptop und ans Telefon gegangen. Die Hoffnung, eines von beiden könnte wie der funktionieren, wurde schwächer und schwächer. Am Nachmit tag löste er dann sein zwei Jahre altes Versprechen ein und startete mit seinem Sohn zu einer Radtour. Sie wollten am Ufer der Wutach grillen.

Louis sah den faustgroßen Stein nicht, der ihm bei der rasanten Serpentinenabfahrt den Lenker verriss. Mit vor Überraschung und sprachloser Angst weit aufgerissenen Augen flog er über das Vorderrad. Mit der rechten Schulter prallte er gegen den runzligen Stamm einer hundertjährigen Tanne. Als er den steilen Hang hinunterstürzte und mit dem Hinterkopf gegen einen Felsvorsprung schlug, verstummten seine Schmerzensschreie schlagartig. Er verlor das Bewusstsein und schlitterte ohne Reflexe und Widerstand die verbleibenden vierzig Meter bis zum Grund der Schlucht. Auf diesen vierzig Metern schlug er sich sieben Zähne aus und brach sich Nase, Jochbein und beide Arme. Mit dem Gesicht nach oben blieb er bewusstlos am Ufer der Wutach liegen und es dauerte nicht lange, bis erste Fliegen an seinen frischen Wunden kosteten.

Frederick Fehrenbach ließ sein Mountainbike am Straßenrand liegen und rutschte seinem Sohn hinterher. Beim Versuch, das Kind zurück zur Straße zu tragen, erlitt er besagten Herzinfarkt. Der plötzliche und völlig unerwartete Schmerz ließ ihn wie ein Taschenmesser zusammenklappen. Er tastete nach seinem Handy und wählte den Not ruf. Die Grabesstille, die ihm aus dem Apparat entgegenschlug, seine Schmerzen und der Anblick des Sohnes, der langsam Zentimeter um Zentimeter den Hang, den ihn sein Vater hinaufgeschleppt hatte, zurückglitt, machten ihn rasend. Hilflosigkeit, wie er sie, der die Sicherheit der Moderne und deren Techniken gewohnt war, niemals für möglich gehalten hätte, kletterte von den Fußsohlen kommend empor und paarte sich mit nackter Angst.

Er starb mit dem Telefon in der Hand neben seinem Sohn. Louis folgte ihm knapp drei Stunden später, ohne noch einmal das Bewusst sein erlangt zu haben.

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