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21:34 Uhr, Krankenhaus Donaueschingen, Aufzug 2

Thomas Bachmann war erst vor wenigen Minuten eingeschlafen, als Mehmets Maschinengewehrsalve ihn weckte. Er schrak zusammen, umklammerte seine Beine und zitterte. Er fand sich weder in seinem Leben noch in seinem schwarzen Gefängnis zurecht.

Jetzt!!! Endlich!!! Jaaaaa! Nummer drei brach in Freudenrufe aus. Der Erlöser, er ist ganz nah, hihi, so naaah! Halleluja – er kommt, uns zu massakrieren! Ja, endlich! Reiß uns die verdammten Eingeweide raus und häng sie an den Weihnachtsbaum, oh du mein Herr und Weihnachtsmann! Los, hol die Knarre aus dem Sack, hihi, und strafe uns für unsre Sünden, lieber Weihnachtsmann. Hoho.

Thomas stieß sich beim Aufspringen den Kopf am Notruftelefon und torkelte zur Seite.

Und schon schlägt er uns mit seiner Rute den Schääädel ein, der Gute! Thomas blieb am Boden hocken und hielt sich den schmerzenden Kopf. Von draußen hörte er undeutlich zuerst Schritte, wenig später verschwommene Stimmen. Er hatte solche Angst! Er war allein, fühlte sich so unendlich einsam und hilflos und diese Angst, diese schreckliche Angst, sie fraß ihn auf, nagte an ihm.

Lieber, guter Weihnachtsmann / komm, wirf deine Knarre an! / Denn wir waren niemals brav / und nun ist Zeit für ew’gen Schlaf! Hihihi, dichtete die schrille Stimme in seinem Kopf frei nach einem alten Kinderreim.

Thomas hielt sich die Ohren zu. Und dann noch diese endlose Dunkelheit! Kein Schatten, kein Licht, kein Hoffen – nur Angst, Angst, Angst!!! Er begann zu wimmern, wimmerte leise wie ein einsames Kind, das erschöpft nach endlosem Rufen die Hoffnung aufgegeben hatte und nur noch leise weinen kann.

Hättest du doch die Treppe genommen, wie ich gesagt habe!

»Nein«, wimmerte Thomas, »bitte.«

Jedes Zeitgefühles beraubt, ohne Orientierung und Ausweg, konzentrierten sich alle Sinne in ihm auf das Hören. Und was er hörte, machte ihm Angst, mehr Angst als die Drohungen seiner Mutter, wenn er einmal wieder – Nebenwirkung eines seiner Medikamente – während des Essens eingeschlafen war (»Wir bringen dich weg!«), mehr Angst noch als Nummer drei: Schreckliches wird mit uns geschehen, huaaah.

Wer hatte geschossen? Und warum? Warum rettete ihn niemand? Warum ließ man ihn so allein?

Sein Wimmern wurde lauter, schon hörte man das undeutliche Schluchzen im Treppenhaus, da schrie er plötzlich aus vollem Hals …

Ja doch, zeig ihm, wo wir uns verstecken!

… Thomas sprang auf und schlug mit den Fäusten gegen die Stahltür seines Gefängnisses …

Nein! Nein! Wir stürzen ab!

… er sprang im Aufzug herum, verzweifelt, mit weit aufgerissenen Augen, die doch nur blind in die Dunkelheit starrten. Er schrie …

Lauter, hihi, wir müssen noch lauter schreien!

Nein, sei still! Oder vielleicht doch? Schrei etwas leiser, nur ein bisschen …

Lasst ihn! Er macht das schon richtig!

… schrie, bis ihm der Hals schmerzte und nur noch undeutliches Krächzen über seine Lippen kam. Noch zwei-, dreimal schlug er gegen die Kabinenwand, dann sank er auf die Knie und begann hemmungslos zu weinen. Gehört hatte ihn niemand.

Warum nur, warum?

Warum?

Rattentanz

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