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Das menschliche Gehirn und das Exponentialgesetz

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Der Mensch ist an ein lineares Leben gewöhnt. So entwickelt sich das Leben, und so lernt unser Gehirn – in kleinen Schritten, Tag für Tag. Wie schwer es dem Menschen fällt, sich das Exponentialgesetz vorzustellen, geht sehr treffend aus der alten indischen Legende vom König Balhait hervor.

Eines Tages langweilte sich Balhait und beschloss, einen Wettbewerb auszurufen: Demjenigen, dem eine gute Zerstreuung einfiel, wurde eine märchenhafte Belohnung in Aussicht gestellt. Ein weiser Mann namens Sissa nahm die Herausforderung mit einem boshaften Hintergedanken an. Er erfand zu diesem Zweck (der Legende nach) das Schachspiel und präsentierte es dem König. Dieser war so begeistert, dass er Sissa für dieses außergewöhnliche Geschenk alles versprach, was sein Herz begehrte. Sissa bat seinen Herrscher daraufhin, ihm ein Reiskorn auf das erste Feld des Schachbretts zu legen, zwei auf das zweite, vier auf das dritte und so weiter. Die Zahl der Reiskörner sollte von einem Feld zum nächsten bis hin zum allerletzten verdoppelt werden. Als die Berater des Königs versuchten, diesen Wunsch zu erfüllen, merkten sie bald, dass es im ganzen Königreich nicht genug Reis gab, um auch nur die Hälfte des Schachbretts abzuarbeiten. Der König begriff, dass ihn Sissa hinters Licht geführt hatte, und verurteilte den Mann zum Tode. Sissa war quasi einer der ersten, der den Kollateralschäden des Exponentialgesetzes zum Opfer fiel, das wir bis heute nicht richtig begreifen können.

Diese Legende veranschaulicht, wie schwer es dem menschlichen Gehirn fällt, ein Gesetz zu erfassen, das seine endgültige Form noch nicht erreicht hat. Dabei wird die Neuzeit, die manche Experten unbedingt als „drittes Industriezeitalter“ etikettieren wollen, bereits von einem Grundsatz des exponentiellen Fortschritts bestimmt. Das könnte nicht nur erklären, weshalb heute so verbreitet der Eindruck herrscht, es sei alles im Fluss, sondern auch das kollektive Unbehagen, das dieser beschleunigte Fortschritt auslöst. Die moderne Zivilisation nähert sich dem Punkt, an dem die Kurve steiler wird. Fortschritt offenbart sich nicht mehr von einer Generation zur nächsten, sondern innerhalb der eigenen Lebenszeit. Das alles verdeutlicht, warum vor jeder Diskussion über die Existenz einer neuen industriellen Revolution (der vierten in der Geschichte) ein genauerer Blick auf die Merkmale des dritten Industriezeitalters angezeigt ist – eines Wirtschafts-, Technik- und Organisationsmodells, das beispiellose Stärken und Vorzüge hat, aber auch ganz klare Grenzen.

Die Tesla-Methode

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