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Zweifler aus guten, aber falschen Gründen

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Der erste Grund, nichts zu verändern, war gleichzeitig der naheliegendste. Wie bereits angesprochen, war die vierte industrielle Revolution in gewisser Hinsicht eine Fortsetzung der dritten, allerdings bei beschleunigtem technischem Fortschritt. Unter diesen Umständen wäre unklar gewesen, warum es überhaupt Veränderungen geben sollte. Roboter waren bereits hinlänglich bekannt, Informationssysteme ebenfalls (ERP war längst etabliert). Dasselbe galt für digitale Ansätze, die mehr oder minder als logische Nachfolger der Einführung des PCs am Arbeitsplatz galten. Auch Toyotismus und schlanke Produktion gab es schon viele Jahre. So entstand die Idee, die Anstrengungen in all diesen Bereichen in der blinden Hoffnung zu verstärken, dass daraus schon etwas Gutes erwachsen würde. Ungeachtet dessen, wie groß die Herausforderung war, auch nur im Geschäft zu bleiben, war das die in vielen Unternehmen seinerzeit vorherrschende Einstellung – und ist es bis heute.

Ein zweiter Grund, am Status quo festzuhalten, waren die innerlichen Widersprüche zwischen manchen der mit dem vierten Industriezeitalter verbundenen Konzepten. Manche Analysten fühlten sich blockiert durch eine Situation, in der Agilität und eine anpassungsfähige Start-up-Mentalität Voraussetzung für den Erfolg war. Währenddessen wurde die Welt immer komplexer, was wiederum hoch entwickelte, robuste Betriebsprozesse erforderte, die so gar nicht zu der unbeschwerten Improvisation zu passen schienen, die gewöhnlich mit einer Start-up-Aktivität assoziiert wurde. Dieser Widerspruch wurde auch von der damals verbreiteten Idee verkörpert, dass es die Investmentrenditen unterlaufen könne, wenn das neue Paradigma größere Investitionen in neue Systemarchitektur erforderte, die sich auf langfristige Interessen fokussierte, kurzfristig aber unter dem Strich keinen Nutzen versprach. Das stand scheinbar in krassem Gegensatz zu der finanziellen und operationellen Agilität, nach der die Märkte verlangten. Wohlgemerkt war in jeder vorausgegangenen industriellen Revolution ein ganz ähnliches Phänomen zu beobachten, das sich in der erheblichen Zeitlücke zwischen der Verfügbarkeit neuer Technologien und der Konkretisierung ihrer wirtschaftlichen Effekte niederschlug. Enthusiastische Phasen traten überwiegend dann ein, wenn Innovationen in der Kombination allmählich einen größeren Wert generierten, als die Summe ihrer Teile zuvor hervorgebracht hatte. Anfang des 20. Jahrhunderts dauerte es beispielswiese über 20 Jahre, bis aus der Entdeckung der Elektrizität größere Veränderungen erwuchsen – nämlich, als Fabriken auf das Fließband umstiegen und die Taylor’schen Grundsätze auf der Grundlage der Elektrifizierung kleinerer, flexiblerer Maschinen anwendeten. Das Problem dabei: Die immer stärker finanziell geprägte Sichtweise der modernen Welt erschwerte es, die Perspektive eines langfristigen Aktionärs einzunehmen.

Der letzte Grund für Widerstand gegen den Wandel war die berüchtigte Einbildung, dass „bei uns alles anders läuft“. Natürlich hatten industrielle Tätigkeiten nichts mit Dienstleistungen zu tun – doch das ließ auch unklar erscheinen, wie ein Modell, das auf gänzlich immateriellen Abläufen beruhte, in eine Welt der physischen Abläufe übertragen werden konnte.

Hinzu kommt, dass sich der Industriesektor überwiegend aus Unternehmen zusammensetzt, die auf Business-to-Business-Basis (B2B) arbeiten. Gleichzeitig stützte sich die überwältigende Mehrheit der Einhörner (Anm. d. Ü.: Ein Einhorn bezeichnet ein Start-up-Unternehmen mit einer Marktbewertung, vor einem Börsengang oder einem Exit, von über einer Milliarde US-Dollar) auf Business-to-Consumer-Modelle (B2C). Und es war natürlich etwas ganz anderes, Produkte an Privatkunden zu verkaufen als an andere Unternehmen.

Konkret stellte sich auf dieser Ebene die knifflige Frage, wie auf die wachsende Nachfrage der Verbraucher nach authentischen Produkten reagiert werden sollte. Traditionelle oder kunsthandwerkliche Gewerbe – auch solche, die in letzter Zeit automatisiert wurden (wie die Herstellung von Uhren oder edlen Lederwaren) – profitierten bereits von einer gewissen Wertschöpfungsaura. Daher erschien ihre Digitalisierung nicht unbedingt sinnvoll.

Kontinuität trotz Beschleunigung, widersprüchliche Konditionalitäten, die verbreitete Verleugnung einer Notwendigkeit für Veränderungen – all diese scheinbar fundierten Argumente weckten Zweifel daran, ob es eine vierte industrielle Revolution überhaupt gab. Doch ohne ein an die Merkmale dieser neuen Ära angepasstes Organisationsmodell gab es möglicherweise noch einen weiteren Grund für die herrschende Skepsis.

Die Tesla-Methode

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