Читать книгу Einmal Steinzeit und zurück ... - Monika Arend - Страница 10
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Ob das Paar sich inzwischen versöhnt hatte? Leon erinnerte sich daran, wie die Frau den Mann angeschrien hatte. Wie ein Tornado war sie dabei über den Strand gefegt. War zwischen den beiden Menschen etwas zerbrochen? Eine Freundschaft, eine Beziehung oder sogar eine Ehe?
Bis vor Kurzem hatte er sich in seine eigene Welt zurückgezogen. Erstaunlicherweise nahm er wieder am Leben der anderen teil.
Er ließ die Beine von der Felskante über dem Wasser baumeln. Die Sonne wärmte sein Gesicht. Sparky kratzte sich hinterm Ohr. Bald verzog er sich in den Schatten.
Die Angel steckte in einem Felsspalt. Drei kleine Fische schwammen in dem mit Meerwasser gefüllten Eimer. Leon gähnte. Das Leben in der Bucht bot nicht viel Abwechslung.
Er sah seine Mutter und Pepe vor sich und hörte ihre Stimmen. Meist lächelte Judith, wenn sie den Erzählungen ihres Mannes lauschte, oder sie strahlte, wenn er ihr ein Kompliment machte. Gab es doch einmal Unstimmigkeiten, fanden sie stets einen Kompromiss.
Nie würde er den Tag vergessen, an dem er Pepe kennengelernt hatte. Leon war damals sieben Jahre alt gewesen. Er hatte seine Mama zu einem Bummel über den Weihnachtsmarkt überreden müssen. Seit dem frühen Tod seines Vaters hatte sie sich in ihr Schneckenhaus verkrochen. Leon hatte gebettelt, dass sie ihm eine Waffel mit Sahne und Schokostreuseln spendiere.
Beim Gedanken an den verführerischen Geruch und den köstlichen Geschmack lief ihm jetzt noch das Wasser im Munde zusammen. Die Mutter hatte außerdem einen Kakao bestellt. Als sie ihm das Heißgetränk anreichen wollte, rutschte ihr der Becher aus der Hand und fiel zu Boden. Der Aufprall wurde durch den Winterschuh eines Mannes gedämpft. Die klebrige Flüssigkeit ergoss sich über sein Hosenbein.
Die Mutter stammelte: „Das tut mir so leid. Ich übernehme natürlich die Reinigungskosten.“
Der Fremde lachte laut. Er hieß Bernd Schudinath. Sofort besorgte er einen neuen Kakao. Als seine Kollegen weiterzogen, stießen Judith und Bernd mit einem Glühwein an.
Leon fragte fast jeden Tag, ob Bernd nicht zu ihnen ziehen könne. Nach zwei Monaten war es dann so weit.
Nach der Hochzeit im kleinen Kreis nannte Leon den Stiefvater Pepe. Das Wort Papa war in seinem Herzen für den verstorbenen Vater reserviert.
Wie lange war das alles her? Fast zwanzig Jahre. Bis zu dem verhängnisvollen Tag Anfang des Jahres waren sie so glücklich miteinander gewesen. Danach hatte Leon sich auf ein Abstellgleis manövriert. Den Kontakt zu Verwandten und Freunden abgebrochen. Stattdessen unterhielt er sich mit Sparky und Tschaikowski über das Wetter und den Fischfang.
Was ihn enorm belastete: Die Musik, seine große Liebe, war seit dem großen Unglück verstummt. Hoffentlich kehrten die Töne bald zurück. Er schüttelte sich, um das Böse zu vertreiben. Betrachtete die Angel. Die Schnur bewegte sich kaum, was nicht ungewöhnlich war. Sollte er zusammenpacken und sich in die Höhle verkriechen?
Er schaute sich um. Nicht weit entfernt saß eine Frau und blickte aufs Meer. Leon kam es vor, als fülle sie die gesamte Bucht mit ihrer Anwesenheit. Alles wirkte auf einmal heller. Kannte er die Frau?