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6. Zu Bedeutung und Funktionen des Romantik-Begriffs

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Gegen die Deutung der „Romantik“ als kohärentes Ganzes ist eingewandt worden, die so genannte Romantik bestehe aus singulären Einzelwerken, denen das Etikett des „Romantischen“ nur nachträglich zu Bündelungszwecken zugewiesen worden sei. Gerhard Schulz etwa steht (wie am Titel seines Doppelbandes Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration ablesbar wird) den Epochenbegriff „Romantik“ kritisch gegenüber. Er betrachtet die „Romantik“ eher als ein Programm, denn als ein literarhistorisches Faktum. Demgegenüber lässt sich die These von der diskursiven Kohärenz eines „romantischen“ Denkens und Schreibens verteidigen. Dies erscheint vor allem dann plausibel, wenn man als Gegenstand literaturwissenschaftlicher Darstellung nicht Einzelwerke, sondern deren intertextuelle Verknüpfungen betrachtet. Die literarischen Zeugnisse der Romantik bilden ein Netzwerk; sie verorten sich selbst in einem umspannenden Kontext, der allerdings als offen zu gelten hat: als offen im Sinne von „unabgeschlossen und fortsetzbar“, als offen auch für Anschlüsse an außerliterarische Diskurse.

Trotz ihrer Vielgestaltigkeit und Heterogenität kann die Literatur der Romantik schon darum als ein in sich zusammenhängender Komplex literarischer Phänomene betrachtet werden, weil zwischen den Werken verschiedener Autoren dieser Zeit thematische Konvergenzen bestehen. Die intertextuelle Kohärenz der romantischen Text-Welt wird insbesondere durch mehrere Großprojekte begründet: Zu nennen wären hier erstens die Infragestellung und Subvertierung der Differenz zwischen einer Wirklichkeit erster und einer Wirklichkeit zweiter Ordnung, also der für die abendländische Metaphysik seit Platon maßgeblichen Leitdifferenz zwischen Urbild und Abbild, zweitens die Projektion eines spezifischen Sinnverlangens auf die Natur, drittens die Zentrierung auf das Ich, sei es auf das transzendentale, sei es auf das empirische, sowie viertens die Artikulation von Fremdheitserfahrungen bezogen auf die äußere Welt wie auf das eigene Innere. Diese Groß-Projekte sind sachlich eng miteinander verbunden. Zudem stehen sie alle in einer Beziehung zum leitenden Interesse romantischen Denkens und Schreibens am Ästhetischen, zur Frage nach dem Wesen, den Bedingungen und den Wirkungen von Kunst. Sie alle geben Anstoß zur Reflexion über das Verhältnis zwischen den Künsten und der Wirklichkeit. Die skizzierten Themen und Probleme haben, bedingt durch rezente diskursive Interessen an der Beziehung zwischen Literatur und Wissen, zwischen Medialität und Wirklichkeitskonzepten sowie zwischen den verschiedenen Künsten, die Aufmerksamkeit von Literatur-, Kultur- und Medienwissenschaftlern, von Wissenshistorikern und Vertretern ästhetischer Reflexion auf sich gezogen.

Einführung in die Literatur der Romantik

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