Читать книгу Hinfallen ist keine Schande, nur Liegenbleiben - Muriel Baumeister - Страница 11

Die Goldene Kamera

Оглавление

Horst Tappert, also Derrick persönlich, war es, der mir den Nachwuchspreis der Goldenen Kamera, die Lilli-Palmer-Gedächtniskamera, überreichte. Ich war 22 Jahre alt und noch ganz schön grün hinter den Ohren. Als ich erfuhr, dass ich diese Auszeichnung erhalten sollte, fragte ich: »Ach, und wird Lilli Palmer den Preis auch persönlich übergeben?« Zum Glück habe ich das vorher noch klären können und nicht auf der Bühne gefragt!

Natürlich war ich wahnsinnig aufgeregt. Ich trug ein schwarzes Prada-Kleid, hatte raspelkurze Haare und war zutiefst dankbar. Meine Rede war schlicht und ehrlich:

»Ich stehe hier heute, habe ein gesundes Kind, bin mit dem Mann zusammen, den ich liebe, und werde für meine Arbeit ausgezeichnet. Vielen Dank.«

Genau so war es. Nach relativ kurzer Zeit als Schauspielerin erfuhr ich diese tolle Wertschätzung, und auch privat war ich rundum glücklich. Was wollte ich mehr?

Es gibt ein Foto von diesem Abend, das mich mit den Grandes Dames Catherine Deneuve und Isabella Rossellini zeigt, die ebenfalls eine Goldene Kamera gewannen. Obwohl meine Mutter im Publikum gesessen hatte, fragte sie mich später mit Blick auf dieses Foto: »Was machst du denn da?« So merkwürdig und surreal erschien ihr das. Aber mir ja auch! Ich war sehr stolz und voller Demut, wusste aber auch, dass die Schauspielerei nur ein Teil meines Lebens war. Nach der Veranstaltung ging ich nach Hause und legte mich noch im Abendkleid neben mein schlafendes Baby ins Bett. Dem war es völlig egal, dass da Deutschlands hoffnungsvollste Nachwuchsschauspielerin neben ihm lag. Für ihn war ich nur »die Frau, die mir Milch gibt und mich knuddelt«.

Mein Vater kam an diesem Abend nicht zur Preisverleihung. Er wollte nicht. Obwohl er es ja war, der mich damals bei meinem ersten Casting angemeldet und mich so unfreiwillig auf den Weg der Schauspielerei geschickt hatte. Als ich dann dafür geehrt wurde, wollte er davon nichts wissen. Bühnenschauspiel war für ihn die wahre Kunst. Film fand er immer oberflächlich. Und ich glaube, er hielt mich anfangs auch nicht für besonders gut. Jedenfalls hat er sehr lange gebraucht, um mich als Schauspielerin zu akzeptieren. Aber ich wäre nicht die Tochter meines Vaters, wenn ich nicht auch seinen Dickschädel geerbt hätte. Trotz seines Ressentiments oder vielleicht gerade deshalb machte ich mir diese Kunst zu eigen, sammelte meine ganz persönlichen Erfahrungen und erspielte mir alle meine Rollen selbst. Natürlich hatte ich Unterstützung von meiner Mutter, von Kollegen und Mentoren, aber eben nicht von meinem Vater. Das hat mir viele Jahre lang wehgetan. Es ist schwer, in die Fußstapfen von jemandem zu treten, der nicht will, dass man ihm folgt.

Hinfallen ist keine Schande, nur Liegenbleiben

Подняться наверх