Читать книгу Lieber Tod, wir müssen reden - Muriel Marondel - Страница 18

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Trauer ist nicht sexy

Mathis kommt ins Bett und wünscht mir eine gute Nacht. Dann dreht er mir dem Rücken zu. Jeden Abend. Unsere Beziehung hat sich mit der Trauer verändert. Ich habe mich verändert. Mit einer normalen Paarbeziehung hat das nicht mehr viel zu tun. Er gibt sich Mühe, das glaube ich wirklich. Aber nachts, da gibt es keine Umarmungen mehr, keine Berührung. Nein, Sex haben wir auch nicht. Das liegt an mir. Allein die Vorstellung lässt mich erschaudern. Mein Unterleib ist eigentlich nicht existent. Das Schlimmste ist aber, dass ich auch nicht mehr viel fühlen kann. Für ihn.

Ich bin nicht mehr verliebt in Mathis, ich könnte nicht einmal sagen, ob ich ihn noch liebe. Ich fühle einfach nichts, außer dass ich will, dass er bei mir bleibt. Ich fühle Schmerz, manchmal fühle ich mich abgelenkt von diesem Schmerz. Den Rest des Tages bin ich müde. Ich will eigentlich immerzu schlafen.

Ich kenne das nicht, ich kenne all diese Zustände, die ich durchlebe, nicht. Ich fühle mich aufgerieben, verletzlich und klein. Ich möchte umsorgt werden. Ich wünsche mir, dass er mich zudeckt und mir Tee kocht und einfach da ist, wenn ich mich in den Schlaf weine. Oder nicht sofort einschläft, wenn ich neben ihm liege und nicht schlafen kann. Das ist es, was ich brauche. Ich weiß, dass ich das nicht verlangen kann, aber es wäre schön, wenn wir darüber sprechen könnten. Ich glaube, er fühlt sich überfordert. Wir sind so oft still, wenn wir allein sind. Er ist fast unbeholfen mit mir. Wir sind zwei Jahre zusammen, es ist nicht so, dass er mich nicht kennen würde.

Aber plötzlich habe ich das Gefühl, dass wir uns fremd geworden sind. Ich wünschte so sehr, er könnte mich verstehen. Ich wünschte mir so sehr, es wäre so wie früher mit mir. Ich wünschte, ich könnte wieder so sein wie früher. Aber zwischen uns ist eine unsichtbare Wand entstanden – er ist in seiner, ich bin in meiner Welt. Er mochte meinen Vater, sehr. Er weinte mit mir. Er weinte unglaublich viel auf der Beerdigung.

Aber jetzt, zwei Monate später, habe ich das Gefühl, dass ich ihm nur noch eine Last bin. Weil er es nicht besser machen konnte. Vielleicht, weil er nicht aushält, dass er mich aushalten muss. Ich werde morgen allein zurückreisen, er bleibt bei seiner Mutter in Frankreich, und wir haben einige Wochen Pause voneinander. Bestimmt wird danach alles wieder gut. Dann kommt er ins Bett gekrochen und umarmt mich wieder, ich kuschel mich an ihn, und wir können wieder über alles sprechen.

Ich muss einfach festhalten. An der Hoffnung festhalten. Nichts außer der Hoffnung, dass diese schwere Zeit irgendwann vorübergeht.

Lieber Tod, wir müssen reden

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