Читать книгу Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel - Nadine Erdmann - Страница 18

Kapitel 12

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Die letzten Strahlen der Abendsonne fielen auf die in die Jahre gekommene Stadtvilla, die am Ende der Sackgasse stand. Es war ein großes Haus mit großem Garten, gebaut zu einer Zeit, in der die Bewohner noch Personal hatten, das unter dem Dach wohnte, und man Zimmer wie einen Salon brauchte, der eine Art zweites Wohnzimmer darstellte, in dem man Gäste empfangen hatte.

Solchen Luxus gab es heute nicht mehr.

Zumindest nicht im Norden Londons.

Hier lebte die Mittelschicht meist mit mehreren Generationen unter einem Dach, weil London ein teures Pflaster und Wohnraum in einem sicheren Umfeld schmerzhaft kostspielig war. Oft rückten Familien und andere Wohngemeinschaften deshalb zusammen, um sich das Leben hier leisten zu können.

Und man setzte Prioritäten.

Allen Fassaden der Häuser im Crescent Drive hätte neuer Putz oder ein neuer Anstrich gutgetan. Doch stattdessen gab es Eisenzäune und eiserne Rahmen um Fenster und Türen. Manche Häuser hatten als zusätzlichen Schutz sogar Schmuckornamente aus Eisen an den Wänden oder eiserne Skulpturen in den Gärten, und überall wuchsen Schutzpflanzen wie Salbei, Lavendel und Thymian, Holunder, Wachholder und Engelwurz.

Auch die alte Villa der Hunts war gut geschützt. Zwar fand man am Haus und in den Gärten weder Ornamente noch Skulpturen, aber das Grundstück war mit einem hohen Eisenzaun umgeben und alle Fenster und Türen waren gesichert. Im Vorgarten wucherten Holunder- und Wacholdersträucher und im hinteren Garten umgab eine gut zwei Meter hohe Weißdornhecke den Gartenzaun und sorgte neben Sichtschutz vor neugierigen Blicken auch für zusätzlichen Schutz vor Geistern, denn hinter dem Garten begann der Wald des Hampstead Heath.

Der Heath war nur einer von über zweihundert Grünanlagen in London, gehörte aber zu den größeren und war neben den Parks in Richmond und Wimbledon einer derjenigen, in denen man die Natur aus Kostengründen großteils sich selbst überließ und die Stadtgärtner nur dafür sorgten, dass die Parkwege nicht völlig zuwucherten. Das machte den Heath als Rückzugsort für Geister unschlagbar attraktiv.

Cam mochte den Park, auch wenn der Heath jetzt, kurz vor Einbruch der Dämmerung, ein gefährlicher Ort war. Tagsüber waren der Wald und die verwilderten Wiesen wunderschön und wie verwunschen. Und die Geister, die sich darin vor dem Tageslicht versteckten, schreckten Cam nicht. Er hatte zwar den nötigen Respekt vor ihnen, aber Angst hatte er keine. Man musste keine Angst vor den Seelenlosen haben, wenn man wusste, wie man sich gegen sie schützte. Und das hatten Sue, Gabriel und Sky ihm beigebracht.

Ihren Garten mochte Cam auch, obwohl der kein bisschen verwunschen und wild war, sah man mal von der Weißdornhecke ab. Die war so alt und in sich verwuchert, dass man selbst im Winter, wenn sie keine Blätter trug, nicht hindurchsehen konnte. Fast schien es, als würde die Pflanze ihren Schutzauftrag besonders ernst nehmen und Haus und Grundstück wie ein Bollwerk gegen die Außenwelt abschirmen wollen. Genau dafür liebte Cam die Hecke, auch wenn es ein Albtraum war, sie schneiden zu müssen.

Der Garten selbst bestand im Wesentlichen aus einem Stück Rasen mit vier Obstbäumen, an den rechts und links verschiedene Gemüsebeete grenzten. In einer Ecke standen ein Geräteschuppen und ein kleines Gewächshaus, neben denen Sträucher mit Himbeeren und Brombeeren wuchsen. Am Haus führte eine Tür aus dem Wohnzimmer auf eine große Terrasse mit hölzernen Gartenmöbeln und bunten Blumenkübeln, die Ella bemalt hatte und in denen Granny Tomaten und Kräuter züchtete.

Granny liebte ihren Garten und sie liebte es, alles Mögliche anzubauen und die Familie mit eigenem Obst und Gemüse zu versorgen. In einer Zeit als es galt, acht hungrige Mäuler zu stopfen, und es mit Sue und Phil nur zwei Verdiener gegeben hatte, war die Selbstversorgung ein willkommener Weg gewesen, die Haushaltskasse zu entlasten. Mittlerweile steuerten Gabriel und Sky zwar eigenes Geld zur Familienkasse bei, doch Cam wusste, dass Phil und Sue nicht viel von ihnen annahmen, weil sie wollten, dass die beiden ihr Gehalt sparen konnten, um sich irgendwann eine eigene Wohnung leisten zu können.

Von einem Polizistengehalt war das in London allerdings kaum noch möglich. Connor war vor einigen Monaten bei ihnen eingezogen, weil er es mit neun anderen Leuten in seiner Wohngemeinschaft in Islington nicht mehr ausgehalten hatte. Sich alleine ein kleines Apartment zu nehmen, war bei den momentanen Mietpreisen jedoch absolut unerschwinglich. Selbst wenn er mit Sky und Gabriel zusammengezogen wäre, hätten sie sich nur eine winzige, heruntergekommene Bude irgendwo in Brixton oder Croydon leisten können, und diese Viertel waren fast so schlimm wie das East End. Jeder, der es irgendwie verhindern konnte, vermied es, dort hinzuziehen.

Cam hatte nicht viel Ahnung von Politik. Nicht, dass er sich nicht dafür interessierte, aber viele der Entscheidungen, die im Stadtrat getroffen wurden, fand er unlogisch, nicht nachvollziehbar oder einfach nur dämlich. Wie zum Beispiel, dass Polizisten, die in London für Ordnung sorgten und dabei immer wieder ihre Leben riskierten, nicht ausreichend Geld für diesen Job bekamen, um sich problemlos in genau der Stadt, für die sie so viel taten, ein sicheres Zuhause in einer halbwegs netten Gegend leisten zu können.

Für Cam klang das völlig irrsinnig.

Aber was wusste er schon.

Und insgeheim war er froh, dass Connor zu ihnen gezogen und Sky und Gabriel nicht weggegangen waren. Die alte Villa war sein Zuhause und Gabe und Sky gehörten zu seiner Familie. Ohne sie wäre beides nicht mehr komplett gewesen. Vor allem die Vorstellung nicht mehr mit Gabriel unter einem Dach zu wohnen, mochte Cam nicht. Überhaupt nicht. Auch wenn das kindisch und egoistisch war.

Er schaute hinauf zu den Baumwipfeln des Waldes, über denen die Abendsonne den Himmel in ein hübsches Farbenspiel aus orange, rot und blau tauchte.

Holmes sprang zu ihm und legte ihm einen der bunten Stoffbälle vor die Füße, die Ella für die tierischen Familienmitglieder genäht hatte. Lächelnd strich Cam dem kleinen Kater über das schwarze Fell.

»Gut gemacht.«

Dann warf er den Ball ein weiteres Mal in den Garten und Holmes flitzte begeistert hinterher.

»Der Kater versteht das Prinzip des Apportierens irgendwie deutlich besser als der Dackel.« Gabriel kam aus dem Wohnzimmer über die Terrasse und setzte sich neben Cam auf die Stufen, die zum Rasen hinunterführten.

Beide sahen hinüber zu einem üppigen Rhododendronstrauch, in dem es wild raschelte. Ihr Dackelwelpe versteckte seinen Ball lieber irgendwo dort in den floralen Tiefen, statt ihn zum Spielen zurückzubringen.

Cam grinste. »Sherlock ist halt was Besonderes.«

Gabriel lachte und streichelte Watson, der sich auf Cams Schoß zusammengerollt hatte. Der rotweiße Katzenjunge war im Gegensatz zu seinen beiden tierischen Geschwistern die Ruhe schlechthin und kuschelte lieber mit seinen Menschen, als irgendwelchen Bällen hinterherzujagen.

Holmes kam mit seiner Beute zurück, legte sie Gabriel vor die Füße und strich maunzend um seine Beine, um auch eine kurze Streicheleinheit zu bekommen. Dann tippte er mit der Vorderpfote auf den Stoffball, maunzte erneut und sah erwartungsvoll zu Gabriel auf.

»Da sag noch mal einer, Tiere können nicht sprechen.« Gabriel nahm den Ball und warf ihn in den Garten. Wieder sauste Holmes hinterher und überschlug sich dabei vor Begeisterung beinahe.

Eine Weile sahen sie dem Kitten zu, wie er sich mit dem Ball über die Wiese kugelte, dann blickte Gabriel zu Cam.

»Okay, Kleiner, jetzt mal raus mit der Sprache. Wie war es heute in der Schule wirklich? Jules und Ella nehme ich ihre Begeisterung ab, aber dass du es ziemlich okay fandest – nicht wirklich. Ich rechne dir hoch an, dass du der Erzieherfraktion dieser Familie zuliebe so tust, als ob, aber zu mir kannst du ehrlich sein. Also, auf einer Skala von eins bis zehn: Wie schlimm war dein erster Schultag wirklich?«

Cam schnitt eine Grimasse. »Wenn ich zehn sage, kann ich dann ab morgen wieder Homeschooling machen?«

»Netter Versuch, aber da du beim Essen gerade so getan hast, als wäre alles in Ordnung, hast du nicht vor, das Mum und Granny anzutun.«

Wieder verzog Cam das Gesicht. »Stimmt. Und so schlimm war es auch nicht.«

Watson schmiegte sein Köpfchen an Cams Brust und rollte sich dann auf den Rücken, um sich den Bauch kraulen zu lassen.

»Aber?«, hakte Gabriel nach und warf den Stoffball, den Holmes ihm brachte, zurück in den Garten. »Bist du mit jemandem aneinandergeraten?«

Cam seufzte und erzählte von Topher und seinen Drohungen, aber auch, dass Evan ihm geholfen hatte.

»Hast du dieses Video?«, fragte Gabriel, als Cam geendet hatte.

Cam nickte. »Evan hat es mir geschickt.«

»Gut. Schick es mir auch.«

»Nein. Ich will nicht, dass du irgendwas gegen Topher unternimmst. Das gibt nur Ärger. Und der Mistkerl ist mein Problem. Das regle ich alleine.«

»Daran hab ich auch keine Zweifel. Trotzdem will ich mir diesen Musterknaben und seine Gang mal ansehen. Nenn es brüderliches Interesse – und darüber diskutieren wir nicht«, würgte Gabriel ihn ab, als Cam erneut den Mund aufmachen wollte. »Schick mir einfach das Video. Wissen Jules und Ella von den Drohungen gegen euch?«

»Ja, natürlich. Wir haben ihnen alles erzählt und Evan hat ihnen das Video ebenfalls geschickt. Wenn Topher oder jemand anderes uns Ärger in die Schuhe schieben will, können wir es der Carroll zeigen.«

Gabriel nickte zufrieden. »Ich mag diesen Evan.« Er bedachte Cam mit einem Seitenblick. »Der hat definitiv gutes Freundschaftspotenzial.«

Unverbindlich zuckte Cam die Schultern. »Ja, vielleicht.«

»Magst du ihn?«

Wieder hob Cam bloß die Schultern. »Ja, ich denke schon. Er hat mir geholfen. Einfach so. Das war ziemlich cool und er scheint ganz okay zu sein.«

»Dann gib ihm eine Chance. Auch wenn es nicht so dein Ding ist, aber nach der Aktion heute, hat Evan einen Vertrauensvorschuss verdient. Und jeder braucht Freunde.« Gabriel rempelte ihm sanft gegen die Schulter. »Überzeugt?«

Cam verzog das Gesicht, nickte aber knapp. »Okay.«

Wieder brachte Holmes seinen Ball und wollte diesmal, dass Cam ihn warf.

»Also, von eins bis zehn«, fragte Gabriel erneut. »Wie schlimm ist die Schule für dich jetzt wirklich – so alles in allem?«

Cam schnaubte. »Keine Ahnung. Fünf? Sechs? Ich freue mich nicht darauf, morgen wieder hinzumüssen. Aber ich hab auch keine Panik davor. Das reicht doch, oder?«

Gabriel seufzte innerlich, schenkte Cam aber ein kleines Lächeln und nickte. »Ja, das reicht. Und mit der Zeit wird es sicher noch besser. Vor allem, wenn du Leuten wie Evan eine Chance gibst.«

Cam schwieg und sie sahen Holmes dabei zu, wie er alleine mit seinem Ball spielte, bis ihm das zu langweilig wurde und er ihn wieder Gabriel brachte.

»Auf einer Skala von eins bis zehn, wie knapp war es heute, als du und Sky von dem Hocus angegriffen wurdet?«

Gabriel wandte sich zu Cam um und hob eine Augenbraue.

»Komm schon. Ich bin nicht blöd. Ihr habt die Sache beim Essen runtergespielt, um Sue, Phil und Granny nicht zu schocken. Genauso wie Ella, Jules und ich nichts von Topher erzählt haben.«

Gabriel musste grinsen und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob mir gefällt, wie gut du mich durchschaust.«

»Danke, gleichfalls! Aber offensichtlich müssen wir beide damit leben. Also? Wie schlimm war es heute?«

Gabriel seufzte. »Es war knapp, aber Sky und ich sind ein gutes Team«, sagte er dann. »Wir waren dumm und haben vorschnell Schlüsse gezogen. Aber unsere Seelenverstecke haben perfekt funktioniert, deshalb ist alles gut gegangen.«

»Denkst du, der Hocus hat euch belauscht und euch absichtlich mit Kinderweinen angelockt? Weil ihr gedacht habt, die Leichen im Tunnel sind von dem Mistkerl, der im letzten Unheiligen Jahr die Totenbändigerkinder gequält hat?«

»Nein, das glaube ich nicht. Kinderweinen vorzutäuschen, um Opfer in einen Hinterhalt zu locken, ist die Standardmasche von Hocusgeistern. Sie appellieren damit an den Helferinstinkt der Menschen. Wenn man ein Kind weinen hört, will so gut wie jeder nachsehen, was los ist, und helfen. Deshalb war es ja so dämlich, dass wir darauf hereingefallen sind.«

»Wegen mir, stimmt’s?«, seufzte Cam mit hörbar schlechtem Gewissen. »Ihr dachtet, die Leichen sind von dem Irren, der auch mich gefangen gehalten hat. Deshalb habt ihr gedacht, da unten im Tunnel sind Kinder, und wolltet sie retten.«

Gabriel musterte ihn mit durchdringendem Blick. »Stopp. Denk nicht mal ansatzweise das, was du gerade denken willst. Es ist nicht deine Schuld, dass Sky und ich heute bloß in eine Richtung gedacht haben. Wir sind Profis. Wir sollten immer alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, und es war fahrlässig, dass wir vorschnelle Schlüsse gezogen haben.«

»Aber wenn ich nicht –«

»Nein, Cam. Es liegt nicht an dir, sondern an mir, klar? Selbst wenn damals nur unbekannte Kinder betroffen gewesen wären und du nichts damit zu tun gehabt hättest, wäre ich heute genauso blind und unüberlegt in den Tunnel gelaufen, weil ich die Vorstellung nicht ertragen hätte, dass irgendein kranker Mistkerl da unten Kinder quält. Und ich würde es jederzeit wieder tun und nachsehen und mich dabei mit jedem verfluchten Hocus dieser Welt anlegen, bevor ich einmal nichts tue und dann vielleicht wirklich Kinder irgendwo leiden müssen. Verstanden? Das hat nichts mit dir zu tun. Ich müsste mich jedes verdammte Mal vergewissern, weil ich nicht damit leben könnte, nichts getan zu haben. Aber ich werde beim nächsten Mal definitiv vorsichtiger sein und auch andere Möglichkeiten im Blick haben. Noch mal passiert mir so was wie heute garantiert nicht. Und für Sky gilt dasselbe. Also mach dir keine Sorgen um uns. Wir sind nicht blöd und lernen aus unseren Fehlern. Und die sind nicht deine Schuld. Die verbocken wir ganz alleine. Kapiert?«

»Okay«, murmelte Cam, wich dem bohrenden Blick seines Bruders aber aus.

Wieder herrschte eine Weile Schweigen.

Holmes hatte seinen Ball zu Sherlock in den Rhododendron gebracht und seitdem raschelte und rumorte es in dem Strauch noch heftiger als zuvor.

»Glaubst du denn, die Leichen sind vom selben Täter wie damals?«, fragte Cam schließlich leise und mied noch immer Gabriels Blick. Stattdessen beobachtete er die immer länger werdenden Schatten, die der Wald warf, jetzt da die Sonne endgültig versank.

Seufzend hob Gabriel die Schultern. »Ich weiß es nicht. Die Toten heute waren schrecklich zugerichtet. Das passt nicht zu den Opfern von damals. Außerdem gab es zum Glück keine Kinderleichen. Außer der Anzahl der Toten und dass ihnen die Kehlen durchgeschnitten wurden, gibt es eigentlich keine Gemeinsamkeiten.«

»Ihr habt gesagt, dass es auch Obdachlose waren«, warf Cam ein. »Genau wie damals.«

Gabriel nickte. »Aber so übel wie das jetzt klingt, Obdachlose sind leider keine ungewöhnlichen Opfer für irgendwelche Irren, die jemanden suchen, an dem sie möglichst unauffällig ihre abartigen Fantasien ausleben können.«

Cam presste die Kiefer aufeinander und streichelt wieder Watson, weil das seinen Händen etwas zu tun gab und half, Unruhe und Wut im Griff zu behalten – und das widerliche Gefühl, für irgendwelche kranken Experimente missbraucht worden zu sein.

Unbeeindruckt von dem ernsten Gespräch, das die beiden Menschen führten, dankte der kleine Kater ihm die Streicheleinheiten mit hingebungsvollem Schnurren.

»Werdet ihr weiter ermitteln?«

»Wir treffen uns morgen mit Thad beim Commander. Dann sollten alle Ergebnisse des Fingerabdruckabgleichs da sein, genauso wie der Bericht von Doktor Monroe. Danach besprechen wir, wie es weitergeht. Aber egal, was dann entschieden wird, Sky, Connor und ich werden auf jeden Fall die Augen offen halten.«

Ein Schauer lief Cam über den Rücken und er hatte keine Ahnung, warum.

»Seid vorsichtig, okay?«, murmelte er. »Ich hab kein gutes Gefühl bei der Sache.«

Gabriel lachte freudlos auf. »Bei einem Haufen übel zugerichteter Leichen hat niemand ein gutes Gefühl, Kleiner.«

»Lass die Witze, Gabe. Ich meine es ernst. Wirklich. Ich weiß nicht warum, aber ich hab kein gutes Gefühl. Also seid bitte vorsichtig, verstanden?«

»Hey.« Da Gabriel merkte, wie wichtig es Cam war, wurde auch er wieder ernst. »Keine Sorge.« Er legte seinem Bruder einen Arm um die Schultern und strubbelte ihm durch die Haare. »Das sind wir immer.«

»Ja, klar«, schnaubte Cam sarkastisch. »So wie heute, als ihr blindlings in die Falle des Hocus’ getappt seid.«

»Autsch.« Gabriel griff sich an sein Herz. »Danke fürs Noch-mal-unter-die-Nase-reiben!«

»Nichts zu danken. Gern geschehen!«

Gabriel verpasste ihm eine Kopfnuss.

Ein unheilvolles Heulen erklang aus dem Wald jenseits ihres Gartens und ein erster Geisterschimmer erschien hinter der Hecke.

Ruckartig setzte Watson sich auf Cams Schoß auf, blickte kurz in Richtung Wald, maunzte dann kläglich und schmiegte sich ängstlich an Cam.

Der streichelte den kleinen Kater beruhigend. »Schon gut. Ich pass schon auf, dass keiner dir was tut.«

Gabriel stand auf. »Los, lass uns reingehen. Wer weiß, vielleicht kommt dein ungutes Gefühl ja bloß von den Geistern, die aus dem Wald gekrochen kommen.«

»Haha«, gab Cam ironisch zurück und stemmte sich mit Watson auf dem Arm ebenfalls von den Stufen hoch. »Danke fürs Unter-die-Nase-reiben!«

»Nichts zu danken. Gern geschehen.« Gabriel bedachte ihn mit einem genauso ironischen Grinsen. »Sherlock! Holmes!«, rief er dann in Richtung Rhododendron. »Ab ins Haus. Die Geister kommen!«

Der Busch schien zu explodieren, als Katzenjunge und Dackelwelpe gleichzeitig zwischen den Zweigen herausschossen. Wie zwei Raketen fegten sie an Gabriel und Cam vorbei die Stufen hinauf, quer über die Terrasse und hinein ins Haus, jeder mit seinem Ball in der Schnauze, um ihn vor den bösen Geistern in Sicherheit zu bringen – und drinnen damit weiterzuspielen. Zwischen den Sofakissen auf der Couch konnte man die nämlich genauso toll verstecken wie in den Gartensträuchern.

»Wow«, meinte Gabriel sichtlich beeindruckt. »Bei den meisten Kommandos hat man das Gefühl, die zwei sind stocktaub, aber wenn es um Geister geht, hören sie sofort.«

Cam strich Watson über den Kopf. Bei dem Wort Geister hatte sich der kleine Kater wieder dicht an ihn geschmiegt.

»Sie sind eben clever«, meinte Cam schulterzuckend. »Und sie haben Charakter.«

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