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Ein Schulmädchen in Schweden

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Mit dem Schulstreik für das Klima im März 2019 trat eine große und immer weiter anwachsende Jugendbewegung in Erscheinung, die im Wesentlichen auf den Einsatz eines fünfzehnjährigen Mädchens in Stockholm zurückgeht.

Greta Thunberg hatte zum ersten Mal vom Klimawandel gehört, als sie acht Jahre alt war. Damals sah sie Dokumentarfilme über schmelzende Gletscher und aussterbende Tierarten. Sie erfuhr, dass bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern (wie Kohle, Öl und Gas) Treibhausgase freigesetzt werden, die, sobald sie in die Atmosphäre gelangen, den Klimawandel befördern. Treibhausgase entstehen in Kraftwerken und Fabriken und durch Autos und Flugzeuge.

Greta erfuhr aber auch, dass eine weitere Ursache für Treibhausgase unser Fleischkonsum ist. Denn für die Viehzucht, vor allem für die Rinderhaltung, werden riesige Waldflächen gerodet, um Weideland zu gewinnen. So gehen uns Bäume verloren, die das schädliche Treibhausgas Kohlendioxid aufnehmen könnten, was verhindern würde, dass es in die Atmosphäre gelangt. Außerdem entsteht bei der Rinderhaltung und den Ausscheidungen der Tiere Methan – ein weiteres Treibhausgas.

Als Greta älter wurde, befasste sie sich viel mit wissenschaftlichen Texten, in denen beschrieben wurde, wie die Erde in den Jahren 2040, 2060 und 2080 aussehen wird, wenn wir Menschen unsere jetzige Lebensweise beibehalten. Ihr wurde klar, was das für sie selbst bedeuten würde: Sie würde in einer Welt leben, in der es ständig zu Naturkatastrophen käme, in einer Welt, in der unzählige Tierarten für immer verschwunden wären. Und eine solche Welt würde sie am Ende ihren eigenen Kindern hinterlassen, wenn sie denn einmal welche haben würde.

Greta erkannte aber auch: Wenn wir jetzt etwas unternehmen, können wir immer noch einige Gletscher retten. Wir können viele Inselstaaten davor bewahren, vom Meer verschluckt zu werden. Wir können Dürren, Missernten und Hungersnöte abwenden und damit verhindern, dass Millionen oder gar Milliarden Menschen aus ihrer Heimat fliehen müssen.

Und Greta fragte sich: Warum befassen sich nicht alle mit der Frage, wie man die Klimakatastrophe verhindern kann? Warum unternahm ein Land wie Schweden nicht alles, um die Menge an Treibhausgasen in der Atmosphäre zu verringern? Die Welt stand in Flammen, und doch hatten die Menschen nur ihre eigenen Angelegenheiten im Sinn und kauften sich neue Autos und Kleider, die sie nicht brauchten, als wäre alles in Ordnung.

Im Alter von elf Jahren bekam Greta eine schwere Depression, die sich hartnäckig hielt. Sie konnte sich auch deswegen nicht so leicht daraus befreien, weil sie an einer bestimmten Form von Autismus litt. Diese sorgte dafür, dass sie sich in Themen, die sie interessierten, immer mehr vertiefte und nicht mehr davon loskam. Wie mit einem Laserstrahl richtete Greta ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Zusammenbruch des Klimas. Sie sah dessen Folgen und spürte sie direkt am eigenen Körper. Nichts konnte sie ablenken. Sie fühlte Angst und Trauer um den Planeten und konnte einfach nicht begreifen, warum die Mächtigen dieser Welt so wenig gegen den Klimawandel unternahmen. Empfanden sie nicht auch Angst? Und Wut?

Doch schließlich konnte sich Greta doch aus ihrer Depression befreien, indem sie einen für sie unerträglichen Konflikt löste: den Widerspruch zwischen ihrem Wissen über den Klimawandel und der Lebensweise in ihrem Elternhaus. Sie überzeugte ihre Eltern, kein Fleisch mehr zu essen und auf Flugreisen zu verzichten. Das war aber nur ein erster Schritt. Als Nächstes suchte sie nach einer Möglichkeit, sich an die Öffentlichkeit zu wenden. Sie wollte den Menschen klarmachen, dass man nicht mehr so tun dürfe, als wäre alles in Ordnung.

So ging Greta im August 2018, als sie fünfzehn war, zu Beginn des neuen Schuljahrs nicht in die Schule zum Unterricht, sondern zum Sitz des schwedischen Parlaments und stellte sich mit einem handgeschriebenen Schild davor, auf dem stand: Schulstreik für das Klima. Von da an verbrachte sie in ihrem Kapuzenshirt und mit ihren dunkelblonden Zöpfen jeden Freitag Stunden dort. Diese Aktion eines einzelnen jungen Mädchens war der Beginn der Bewegung »Fridays for Future«.


© Anders Hellberg, Wikimedia, CCA-SA 4.0

Greta Thunberg, das schwedische Schulmädchen, setzte allein eine Bewegung in Gang, die bald Anhängerinnen und Anhänger auf der ganzen Welt fand.

Öffentlicher Protest kann ein wirksames Mittel sein, um seine Meinung kundzutun. Aber er führt nicht dazu, dass sich die Dinge über Nacht ändern. Am Anfang beachteten die Menschen Greta kaum, wenn sie mit ihrem Schild dastand. Allmählich aber wurden einige Medien auf ihre Aktion aufmerksam. Viele Menschen waren derselben Meinung wie Greta, sahen aber keine Möglichkeit, ihre Sorge zum Ausdruck zu bringen. Das aber änderte sich nun, und mit der Zeit tauchten auch andere Schülerinnen und Schüler und sogar einige Erwachsene mit Plakaten auf. Bald wurde Greta gebeten, bei Kundgebungen gegen den Klimawandel eine Rede zu halten, dann bei Klimakonferenzen der Vereinten Nationen in New York, vor den Politikern der Europäischen Union in Brüssel, vor dem britischen Parlament und vor anderen großen Versammlungen.

Greta sagte einmal, dass Menschen, die wie sie das Asperger-Syndrom hätten, »nicht gut lügen können«. Bei ihren Reden spricht sie in einfachen Sätzen und konfrontiert ihr Publikum mit harten Vorwürfen. »Sie haben uns im Stich gelassen«, hielt sie den Politikerinnen und Politikern in ihrer Rede vor den Vereinten Nationen im September 2019 vor. »Aber wir jungen Leute durchschauen allmählich Ihren Verrat. Die Augen aller zukünftigen Generationen sind auf Sie gerichtet. Und wenn Sie uns im Stich lassen, werden wir Ihnen das niemals vergeben. Wir werden Ihnen das nicht durchgehen lassen. Genau hier, genau in diesem Augenblick setzen wir die Grenze. Die Welt wacht auf, und es wird Veränderungen geben, ob es Ihnen gefällt oder nicht.«

Gretas Reden haben die Mächtigen der Welt bislang nicht dazu gebracht, die nötigen drastischen Maßnahmen zu ergreifen, um den Klimawandel aufzuhalten. Aber viele andere Menschen wurden aufmerksam auf Greta und das Thema. Videos von Greta machten in den sozialen Medien die Runde. Plötzlich wurde Greta für Jugendliche auf der ganzen Welt zum Vorbild und sie versuchten, ebenso engagiert auf die Probleme hinzuweisen. Sie organisierten eigene Schulstreiks, und viele brachten Plakate mit, auf die sie Sätze von Greta geschrieben hatten wie: Ich möchte, dass ihr in Panik geratet. Unser Haus steht in Flammen.

Im Dezember 2019 wählte die amerikanische Zeitschrift Time Greta Thunberg zur Person des Jahres – die jüngste, seit es diesen Titel gibt. Begründet wurde die Auszeichnung mit Gretas mutigem Einsatz, mit dem sie die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den Klimawandel gelenkt habe. Greta selbst aber verweist auf andere junge Aktivistinnen und Aktivisten, die als Vorbilder gedient haben.

Zum Beispiel die Schüler in Parkland, im amerikanischen Bundesstaat Florida. Im Februar 2018 war es an einer Schule in Parkland zu einem Amoklauf gekommen. Ein Neunzehnjähriger drang in die Schule ein und erschoss siebzehn Menschen. Nach dem Amoklauf organisierten die Schüler der Parkland-Schule Proteste und forderten ein strengeres Waffengesetz, was zu einer landesweiten Welle von Schulstreiks führte. Diese Schulstreiks nahm sich Greta zum Vorbild und brachte damit die junge Klimabewegung auf die Bühne der Welt. Tausende junge Menschen wie sie engagieren sich heute dafür, das gefährliche Fortschreiten des Klimawandels aufzuhalten, indem sie wiederum Gretas Beispiel folgen.

Gretas Superkräfte

Ein Leben mit Autismus ist nicht einfach. Greta sagte einmal, für die meisten Betroffenen sei es »ein endloser Kampf gegen die Schule, am Arbeitsplatz und gegen Mobbing. Doch unter den richtigen Bedingungen, mit der richtigen Haltung kann Autismus eine Superkraft sein.« Deshalb sagt Greta, sie verdanke es dem Autismus, dass sie bestimmte Dinge klarer sehe als andere Menschen. »Wenn der Ausstoß von Treibhausgasen aufhören soll, müssen wir den Ausstoß beenden«, erklärt sie. »Für mich gibt es nur Schwarz und Weiß. Wenn es ums Überleben geht, gibt es keine Grautöne. Entweder wir machen als Zivilisation weiter wie bisher oder nicht. Wir müssen uns verändern.«

Die Beschäftigung mit dem Klimawandel und seinen Folgen kann Traurigkeit, Wut oder Angst auslösen. Greta entdeckte, dass sie mit diesen Gefühlen besser zurechtkam, wenn sie handelte und sich in der Öffentlichkeit zur Wehr setzte. Als sie das tat, wurde sie zu einer Person, der sich viele andere anschließen wollten. So wie sich um ein kleines bisschen Sand in einer Auster eine Perle bildet, so trug Gretas ganz einfache Art des Protests dazu bei, dass etwas Schönes und Kraftvolles entstand.

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