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Das selbstlose Herz

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Der zweite Tropfen wollte ja einen kurzen Weg nehmen und fließt jetzt durch ein Herzkranzgefäß. Er hat zwar keinen langen Weg, aber erfüllt dennoch einen wichtigen Job. Denn die stets fleißigen Herzzellen müssen auch atmen. Das wird ihnen nicht gerade leicht gemacht.

Unser Herz ist nämlich ein ausgesprochen selbstloses Organ. Während es sich zusammenzieht, um den ganzen Körper mit Blut zu versorgen, herrscht solch ein Druck, dass die Herzkranzgefäße nicht ordentlich durchblutet werden. Es selbst bekommt also trotz maximaler Anstrengung nichts vom Sauerstoff ab. Nur wenn sich das Herz wieder entspannt, fließt dort das Blut, sodass die Herzzellen selbst in den Genuss von frischem Sauerstoff kommen. Es geht dem Herzen also ähnlich wie uns selbst manchmal: Wir arbeiten so viel (für die Firma, für die Familie, für die Zukunft …), dass wir selbst dabei zu kurz kommen. Eben wie ein Herz, dass sich zu oft in der Anspannungsphase ohne eigene Durchblutung befindet.

Denn je schneller unser Herz schlägt, desto mehr Zeit verbringt es unter Anspannung. Die Phase des Zusammenziehens und Pumpens, Systole genannt, braucht eine gewisse Zeit. Bei Normalbetrieb sind dies etwa 350 Millisekunden. Die Höchstgeschwindigkeit legen die Nerven fest, die das Herz-Konzert orchestrieren. Sie leiten die Signale mit der atemberaubenden Geschwindigkeit von 360 Kilometer pro Stunde weiter und verkürzen so in hektischen Phasen die Dauer der Systole auf 250 Millisekunden, also eine Viertelsekunde. Noch schneller geht nicht. Wer schon einmal versehentlich auf eine heiße Herdplatte gefasst hat, wird bestätigen können, dass Nerven einen Moment brauchen, um eine Botschaft durchzugeben: Einen Augenblick lang weiß man schon, was da grade schiefgelaufen ist und dass es gleich höllisch wehtun wird – und erst dann setzt der Schmerz ein.

Wir Ärzte haben ja einen großen Vorteil: Das beste Lehrbuch haben wir immer dabei, nämlich unseren eigenen Körper. Wir können uns leicht klar machen, wie sich ein schnell schlagendes Herz anfühlt – und dass es da eine Grenze gibt. Schneller als mit Höchstgeschwindigkeit kann es nicht schlagen, das wissen wir aus eigener Erfahrung.

Die Entspannungsphase des Herzens, in der sich die Kammern mit Blut füllen, während ihre Muskulatur erschlafft, kann zeitlich leichter beschnitten werden. Schlägt das Herz in entspanntem Tempo, befindet es sich zu einem Drittel der Zeit in der angespannten Phase, der Systole. Zwei Drittel der Zeit relaxt es in der Diastole und die Herzzellen können durchatmen. Muss das Herz zum Beispiel auf 170 Schläge pro Minute beschleunigen, ist es nur noch ein Drittel der Zeit in der Diastole. Bei diesem Sportpensum kann die Luft schon knapp werden! Deshalb bedankt sich das Herz nicht nur fürs Training, sondern auch für die Pause danach. Wer es übertreibt mit dem Extremsport und versucht, die Signale seines Körpers zu ignorieren, tut sich definitiv keinen Gefallen.

Was das Herz begehrt

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