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Vorwort

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Unser Herz. Es ist nicht nur der Motor unseres Körpers und sorgt dafür, dass alle Organe zu jeder Zeit optimal versorgt sind, es ist auch untrennbar mit unseren Gefühlen verknüpft. Dass es zum Beispiel vor Freude hüpft, sagen wir nicht nur, wir fühlen es auch. Wenn uns etwas bedrückt, haben wir etwas auf dem Herzen. Wer geizig ist und gemein, der hat wohl ein Herz aus Stein, oder gleich gar kein Herz. Geliebte Menschen haben immer einen Platz in unserem Herzen oder sind uns sogar ans Herz gewachsen. Was uns sehr wichtig ist, liegt uns am Herzen. Wenn wir etwas (zu) nah an uns heranlassen, nehmen wir es uns sehr zu Herzen. Und werden wir verlassen, bricht uns das Herz.

Bevor ich anfange, Ihnen mehr über diese Wundermaschine zu erzählen, die in unserer Brust arbeitet und niemals Pause macht, wollen Sie sicher wissen, weshalb mir das Herz so sehr am Herzen liegt, dass ich es studierte und zum Mittelpunkt meines Berufs machte. Das geschah zwar nicht unter so dramatischen Umständen wie bei einem Kollegen, der als Achtjähriger hilflos mit ansehen musste, wie sein Vater während eines gemeinsamen Waldausflugs den Herztod starb und für den diese Erfahrung der Machtlosigkeit das Motiv war, Rettungssanitäter und Arzt zu werden, aber ich will Sie trotzdem nicht rätseln lassen, wer Ihnen hier etwas zum Besten gibt.

In der Schule gehörte ich zu diesen oft bestaunten und manchmal auch gehassten Exemplaren, denen Mathematik und Naturwissenschaften leicht fielen. Sie machten mir einfach Spaß, auch wenn das vielen Menschen ein Rätsel ist. Zuerst wollte ich Physik oder Ingenieurwesen studieren – nicht obwohl, sondern gerade weil gefühlte 70 Prozent meiner näheren Verwandten Ärzte waren. Aber irgendwann siegte dann doch die Vertrautheit mit medizinischen Themen und die Faszination der Medizin über das trotzige »Ich will aber was anderes machen als die anderen«.

Ausschlaggebend war für mich aber letztlich der Zivildienst in der Unfallchirurgie einer Uniklinik. Hier habe ich zwar nicht in der Kardiologie gearbeitet, aber im direkten Kontakt mit Menschen. Außerdem fiel mir sehr schnell auf, dass man als Arzt wenig über die Sinnhaftigkeit seiner Tätigkeit nachdenken muss. Hinzu kommt, dass man zwar ein hohes Arbeitspensum hat, aber dafür mehrmals täglich ein aufrichtiges und ehrliches »Dankeschön« hört. Das gefiel mir. Gleichzeitig musste ich bei näherer Betrachtung feststellen, dass Ingenieure häufig in der Prozessoptimierung arbeiten und somit oft dazu beitragen, Arbeitsplätze abzubauen – etwa, wenn sie die automatisierte Fließbandproduktion in einer Autofabrik optimieren und so dazu beitragen, dass einige Leute vom Fließband in die Arbeitslosigkeit geschickt werden. Das gefiel mir nicht.

Im Medizinstudium musste ich allerdings überrascht feststellen: Die Herzheilkunde ist nicht besonders gefühlsbetont. In den Vorlesungen geht es um Druckverhältnisse, Auswurfvolumina und Sauerstoffsättigungen. In der Klinik reparieren Ärzte dann kaputte Klappen und fegen verstopfte Leitungen frei. Kardiologie hat in dieser Hinsicht dann doch erstaunlich viel mit dem Ingenieursberuf gemein. Letztlich ausschlaggebend dafür, dass ich mich für die Kardiologie entschied, waren jedoch die wirklich beeindruckenden Möglichkeiten, die vielen verschiedenen Herzerkrankungen mittels moderner Technik zu behandeln. Ein kleiner Stich in eine Arterie reicht aus, um Instrumente über einen kleinen Schlauch, Katheter genannt, zum Herzen vorzuschieben und so lebensbedrohliche Herzinfarkte oder Klappenerkrankungen zu behandeln. Für mich ist das nicht der schlechteste Kompromiss zwischen meiner Neigung zu Naturwissenschaft und Technik und meinen Erfahrungen aus dem Zivildienst. Denn als Arzt merke ich immer wieder ganz unmittelbar, wie stark unsere Gefühle auch das Herz beeinflussen. Ein Beispiel: Ein 40-jähriger Mann wird mit einem starken Druckgefühl und Schmerzen in der Brust in die Notaufnahme eingeliefert. Verdacht auf Herzinfarkt. Schnell eilen alle herbei, erste Befragung, Abtasten, Abhorchen, Blutentnahme, Schnellanalyse der Herzwerte, Elektrokardiogramm: alles unauffällig. Auch spätere Laborergebnisse entsprechen ganz der Norm. Lediglich der Blutdruck ist erhöht, bei 160 zu 90. Auch das ist keine Besonderheit, schließlich ist der unfreiwillige Besuch in der Notaufnahme eine stressige Situation für den Mann. Risikofaktoren für Herzerkrankungen weist er nicht auf, im Gegenteil, er ist schlank und sportlich aktiv. Wo also liegt das Problem? In einer ruhigen Minute schüttet der Mann mir schließlich sein Herz aus: Am vorigen Tag hat ihn seine Frau verlassen. Die beiden gemeinsamen Kinder hat sie mit zu den Schwiegereltern genommen. Die Scheidung droht. Der Mann ist ratlos, einsam, wütend, verzweifelt. Und diese Gefühlslage macht sich bei ihm am Körper, genauer am Herzen bemerkbar. Der Fachbegriff dafür ist Somatisierung, also die Verkörperlichung seelischer Beschwerden. Diese Reaktion des Körpers auf einschneidende Erlebnisse wird wahrscheinlich dazu beigetragen haben, dass Homer meinte, die Seele habe ihren Sitz im Brustkorb.

Solche Erlebnisse gehen auch mir zu Herzen, das spüre ich dann selbst sehr intensiv und nehme natürlich nicht selten auch derartige Erfahrungen mit nach Hause. Dann frage ich mich, ob die emotionale Rolle, die das Herz für uns spielt, nicht stärker Teil der Medizinerausbildung sein sollte. Ich wäre jedenfalls gerne besser darauf vorbereitet worden, wie oft Menschen sich etwas so sehr zu Herzen nehmen, dass sie davon krank werden – und dass ich bei der Diagnose auch darauf achten sollte und nicht nur auf das, was die Geräte und Laborwerte anzeigen. Zumal man ja längst weiß, dass die Psyche eine entscheidende Rolle im Heilungsprozess spielt.

Aber ob wir nun die technische oder die emotionale Seite betrachten: In unserem Alltag kommen die Bedürfnisse des Herzens oft zu kurz. Stress, Lärm, ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel: Zusammen ergeben sie einen schädlichen Cocktail, der das Herz krank werden lässt. Dabei ist das Herz eigentlich ein anspruchsloses Organ. Es schlägt unser Leben lang ohne Pause und freut sich sogar, wenn es immer wieder besonders hart arbeiten darf. Sport sorgt nicht nur dafür, dass das Herz kräftig bleibt. Er regt auch den Körper an, neue Blutgefäße wachsen zu lassen. Von diesen Nebenstraßen, auch natürliche Bypässe genannt, kann unsere Pumpe ganz besonders profitieren, falls einmal Teile der das Herz versorgenden Herzkranzgefäße verstopft sein sollten. Auch die Ernährung und die Psyche beeinflussen, wie gut es dem Herzen und unseren Gefäßen geht.

Wie genau, das erfahren Sie in den folgenden Kapiteln. Keine Angst, ich möchte mit diesem Buch nicht missionieren. Drei- oder fünfmal die Woche Sport treiben, Gemüse statt Grillwurst essen – das sind natürlich Vorschläge, die gut fürs Herz sind. Aber Sie müssen selbst entscheiden, in welchem Maß sie auch gut für Sie sind. Was ich allerdings unbedingt möchte: Ihnen Ihr Herz ans Herz legen. Denken Sie manchmal an seine Bedürfnisse. Es wird es Ihnen danken!

Was das Herz begehrt

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