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8. Toskana

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9. bis 12. Juli 2011

REISETAGEBUCH TOSKANA - Samstag, 9. Juli - Ich denk an Dich. War noch nie mit Dir am Meer ….. stell mir Dich gerade vor … Hab ´ne Hütte am Toskanastrand gebaut, aus Schwemmholz,




schön, wie bei Robinson Crusoe.

Sonntag, 10. Juli - Du fehlst ja jetzt schon, unglaublich schön, an Dich zu denken. Komme gerade vom Meer – Abendstimmung. Hab mich wie Eva im Meer treiben lassen. Der Mond, der Abendstern, roter Abendhimmel, lau und warm und ruhig und allein und einsam. Liebe das Einsam sein. Liebe Dich. Sehnsucht - schönes Gefühl - auch, wenn´s zieht, Du hast recht. Genieße die Toskana, meine Reisegefährten, meinen Sohn, das schöne Leben. Aber im Moment hat mein Herz Sehnsucht nach Dir, unglaublich, weiß nicht, ob ich das zwei Wochen durchstehe. Eine Woche ist o.k. Ich träume mit offenen Augen: Stell mir vor, mit Dir jetzt bei Sonnenuntergang (niemand ist sonst da) am Strand zu sitzen - engumschlungen, Nähe, Atem, Duft, Gespräche, Gedanken, Gefühle teilen, zum Universum gehörend, Verständnis gegenseitig. Nackte Haut auf nackter Haut, vom unendlichen Meer umschmeichelt, am Strand in einer Decke aneinander kuscheln und wärmen, ein gutes Glaserl Wein, Zehen im Sand vergraben, Leben genießen.

Dienstag, 12. Juli - Beim Strandlauf am Morgen im Rhythmus meiner Schritte Deinen Namen gespürt, bin g-l-ü-c-k-l-i-c-h. Danke. Zärtlichkeit im Herzen, Lächeln auf den Lippen – grins. Dankbarkeit, Wertschätzung, verneige mich vor dem Großen Ganzen. Demut. Freude auf die gemeinsame Zukunft. Abendlicher Meeresbesuch, liebe die Stille, den Mond, das Meeresgemurmel, Gefühl der Unendlichkeit, eins mit allem, ein kleiner Wassertropfen im großen Ozean. Lange, lange vom Meer am Rücken liegend treiben, tragen lassen. Blicke zum Mond, mein Herz ist bei Dir, spürst du mich? Mein Herz klopft im ganzen Körper, Du spürst mich! Konzentriere mich ganz fest, mein Blick ganz intensiv auf dem Mond, alle Gefühle geballt mit jeder

Faser, komm, lass Dich mich spüren. Hab weiche Knie, weiches Herz, rauche am Strand eine Zigarette, trinke mitgebrachten Wein aus einer kleinen Flasche, nehme mein Handy zur Hand, um Dir eine sms zu senden. Hab Nachricht von Dir erhalten! Herz klopft noch schneller: „Hallo, mein Schatz, liege in der Hängematte und sehe zum Mond. Spüre Dich. Mein Herz ist bei Dir, unglaublich schön“, schreibst Du. Muss schlucken, bin ein bisschen nervös und überwältigt. Singe, summe. Spür dich so intensiv. ICHBINEINGLÜCKSPILZICHBINEINGLÜCKSPILZ

Verantwortung - Kostbarkeit - Bewusstheit - Glücklichkeit - Vorsicht - Achtung - Zerbrechlichkeit - Verletzlichkeit - Sanftmut - Liebe - streicheln, zuhören, verstehen.

Es ist sehr, sehr schön hier. Natur, Meer, Sonne. Trip in das Unesco-Naturschutzgebiet Maremma. Sooo schön! Sonne und Müßiggang auf der Haut - tut gut. Schwefelquelle Saturnia. Sehr schön, wie Mini-Pamukkale in der Türkei. Bei der Nachhausefahrt in unser Quartier – ein niedlicher Bungalow im Föhrenhain - nach Orbetello haben wir in Montemerano einen Zwischenstopp gemacht. Wie im Mittelalter, unglaublich beeindruckende, ehrfurchtsvolle Ruhe, steile Treppen zu Wohnungen unter dem Himmel, unter den roten Dächern; Katzen,graue, dicke, rote, dürre, weiße, scheue und immer wieder Katzen. Uralte Mauern, Blumen, Efeu, Brunnen, Kopfsteinpflaster; eine Aufschrift über einer Jahrhunderte alten Doppelflügeltür. Ein Kloster - kann kein italienisch - anno 1188 ….. Ein freundlicher, einheimischer alter Mann. Was will er mir nur sagen? Deutet in Richtung einer engen, schiefen Gasse. Na gut, dann gehen wir eben hinein. Ein atemberaubender Innenhof. Stolz zeigt er uns seine hängenden Gärten von Montemerano. Diese abendliche Ruhe, leise Gespräche aus den Fenstern, Geschirrklappern, gedämpfte Stimmen, so, als hätten die Bewohner dieses mittelalterlichen, mediterranen Paradieses wie ich Ehrfurcht vor den alten Gemäuern, die so viel zu erzählen haben, die so viel von Freude, Trauer, Schmerz, Krieg, Arbeit, Tod, Geburt, Veränderung, Blut, Tränen, Lachen, Lieben,

Verzeihen, Weisheit - DASLEBENEBEN - vermitteln. Zum greifen nahe - in der Luft spürend - Schweigen.

Faszinierender Sonnenuntergang über der Pinienallee, durch die wir wie unter einem Dach dahinfahren dürfen. Zypressen am Horizont, auf den typischen Toskanahügeln.

Eine Aussicht wie bei meinem Elternhaus in Österreich. Schön.

Ein Acker plötzlich nach dem anderen. Stroh, Stroh, Stroh, Traktoren soweit das Auge reicht. Über die Hügel hinauf und hinunter, zwischen den Zypressen und Pinien hindurch.

Quergedanken: keine schönen …. über oder annähernd 50 % des CO²-Ausstoßes werden weltweit durch die Landwirtschaft verursacht ….! Mehr als beim Auto- und beim Flugzeugverkehr in Summe ….! Die Erde, unser Schatz, unsere Heimat, die Heimat unserer Kinder … Man sollte etwas unternehmen …. Es gäbe so viel Sinnvolles zu tun. Verantwortung gegenüber so Vielem.

Das Ligurische Meer ist heute ein bisschen temperamentvoll -so liebe ich es. Und auch Natalies Kinder und mein Sohn Elias. Mit der Luftmatratze paddeln wir stundenlang mit und gegen hohe Wellen, lassen uns treiben. Und paddeln wieder den größten Wellen entgegen. Anstrengend, aufregend, kräfteraubend, lebendig und so wunderschön. Sand klebt an unseren Körpern, schöner Müßiggang. Schönes Leben.

Hinter uns die primitive, aber schattenspendende, von mir gezimmerte Hütte, die - und das freut mich - seit Samstag keiner zerstört hat. Schwemmholz, dürres Gestrüpp, dürre Äste, wunderbarer, kostenloser, umweltfreundlicher Schattenspender.

Ein Schwarzer (der zwanzigste heute?) geht den italienischen Strand entlang. Er bietet Taschen zum Verkauf an. Andere verkaufen Ohrringe, Tücher, Ketten, Kleider, Seifenblasen, Kokosnüsse. Wo sie wohl alle herkommen?

Einer – Syll – kommt aus Senegal. Er steht jeden Tag am Strandweg zwischen Campingplatz und Strand. Syll ist zur einen Hälfte des Jahres in Italien und zur anderen zu Hause bei seiner Frau und fünf Töchtern und drei Söhnen, hat furchtbar schlechte Zähne und ist unglaublich nett und ruhig. Ich bin ihm heute bei meinem morgendlichen Strand- und Erkundungslauf begegnet und hab mit ihm geplaudert. Grauer, schöner, weicher Anzug, kein afrikanischer Umhang, angenehmer Duft (Armani? Hugo Boss?). Elias fragt mich, warum ich jeden Morgen mit ihm spreche. Warum? Ich muss kurz nachdenken ….. weil mich interessiert, welches Leben er führt, weil er mir einsam vorkommt und ich ihm ein wenig Menschlichkeit und Wärme vermitteln will. Interesse am Menschen, an anderen Kulturen, an seinen Familienverhältnissen, um meinen klitzekleinen Horizont zu erweitern ….. Eine Frage und so viele Antworten.

Ich war vorhin ein wenig sonnenmüde und hab ein Nickerchen probiert, aber es funktionierte nicht. Also war ich mit Elias „Wellenreiten“ und Beachball spielen, hab dann mindestens hundert Maremmamuscheln gesammelt, mit „Loch“, um für Dich ein Windmobile zu basteln. Ein leicht aufkommender Wind umschmeichelt meinen heißen Körper. Ich denke an Dich, schon wieder, und an die zukünftigen gravierenden Veränderungen in meinem Leben.

Nun, mein Nachwuchs ist eher der Meinung, dass mit mir jetzt nicht mehr so gut „Kirschen essen“ ist. Da haben sie wohl recht, ich bin ja auch egoistischer geworden, arbeite viel weniger, dafür aber effizienter, genieße das Leben in vollen Zügen und bin zum ersten Mal in meinem Leben bewusst auf meine Vorteile bedacht, stelle mein ICH nicht mehr hinten an, das bedeutet für die anderen natürlich nicht unbedingt Vorteile, hmm…

Es geht mir unverschämt gut, ich hab aber noch einiges am Weg zu erledigen, zu korrigieren, zu verbessern, zu verangenehmern, zu verbequemern, Fehler auszumerzen; natürlich auch andere und nicht nur mich glücklich zu machen, aber zuerst bin jetzt mal ich an der Reihe, und DU und WIR. So oder ähnlich sprichst Du zu mir, mein Prophet.

Schmunzeln gräbt sich in mein Gesicht, zieht auf wie ein Sonnenaufgang. Geht es mir gut! Da hast Du ganz kräftig Hand angelegt, mein Lieber. Neige mein Haupt, mein Mentor, mein väterlicher Freund, mein Lehrmeister, mein Guru. Ein schlichtes danke ist da zu wenig. Du wirst Lorbeeren ernten noch und noch, versprochen. Danke.

Hätte mich beinahe verheddert. In meinem Leben.

Wir haben beide sehr viel gelernt. Gemeinsam. Einer vom anderen, aber auch unabhängig voneinander haben wir viele lehrreiche Erfahrungen gesammelt und so manch schmerzhafte Enttäuschung. Man wird enttäuscht. Gut so. Wunden heilen, ohne zu verbittern, machen weise. Freunde sind nicht immer Freunde, manche Familienmitglieder akzeptieren einen erst, wenn ein Partner auf der Bildfläche erscheint. Und manche Familienmitglieder sind sich selbst am nächsten.

Wir haben uns vom Freizeitpartner zum Lebenspartner entpuppt, zusammendiskutiert. Manchmal sind „die Fetzen geflogen“. Manchmal waren wir sanft und weise, verständnisvoll, liebevoll.

Deine Ecken und Kanten sind beinahe rund geschliffen.

Meine dummen, verletzenden Worte hat der Wind weg getragen.

Verrückt

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