Читать книгу Einführung in die Wirtschaftsethik - Norbert Herold - Страница 20
3.3 Zwischen Moralismus und Amoralismus: wirtschaftsethische Ansätze im deutschsprachigen Raum
ОглавлениеWährend es sich bei den Business Ethics im angelsächsischen Kontext schon seit einigen Jahrzehnten um eine akademisch etablierte Disziplin handelt, wird die Entwicklung im deutschsprachigen Raum erst im Verlauf der 1980er Jahre aufgenommen. Im akademischen Raum führt die Wirtschaftsethik trotz erfreulicher Ansätze bis heute eher ein Schattendasein. Es gibt keine etablierte einheitliche Wissenschaft Wirtschaftsethik, sondern unterschiedliche Ansätze, die ihren Ausgang von der christlichen Soziallehre oder von philosophischen Schulen genommen haben. Dafür gibt es historische Gründe. Der Anspruch der Werturteilsfreiheit bestimmte lange das Selbstverständnis der Ökonomik. In der Tradition Max Webers ist sie nach dem Werturteilsstreit schon am Anfang des 20. Jahrhunderts bemüht, sich wertender Aussagen zu enthalten, um objektiv zu sein. Moral kann das aber nicht.
Moral sieht man daher weitgehend als Sache der Theologie und der geisteswissenschaftlich ausgerichteten Philosophie an, die Ökonomik dagegen versteht sich traditionell als Sozialwissenschaft, die zudem die Präzisierung und Überprüfbarkeit ihrer Aussagen von der Mathematik erhofft. Auch wenn, wie seit einigen Jahren in der Spieltheorie, versucht wird, mit mathematischen Mitteln zu zeigen, dass es klug ist, moralisch zu sein, ändert der Versuch eines „natürlichen“ oder logisch-mathematischen Übergangs zur Moral prinzipiell nichts am Selbstverständnis einer sich als neutral verstehenden Wissenschaft.
Nach einer Rehabilitierung der praktischen Philosophie in den 1980er Jahren setzte in den hiesigen akademischen Diskussionen zunächst eine Auseinandersetzung um unterschiedliche Begründungsansätze ein. Das änderte sich mit dem Ende des Kalten Krieges, mit dem Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks und mit dem Sieg des Kapitalismus auf der ganzen Linie. Die Planwirtschaft, so hatte sich gezeigt, war der Komplexität moderner Gesellschaften nicht gewachsen; stattdessen dominierte die Idee der Marktwirtschaft. Die rasant fortschreitende wirtschaftliche Globalisierung, aber auch die wachsende Einsicht in die globale Bedrohung durch die ökonomischen, ökologischen und sozialen Folgen verlangten indes nach umfassenderen Untersuchungen auch der normativen Voraussetzungen der Gesellschaft.
Lexikon der Wirtschaftsethik – 1993
Der Stand der akademischen Forschung zur Wirtschaftsethik in Deutschland lässt sich an zwei Gemeinschaftsunternehmen ablesen, die im Abstand von wenigen Jahren jeweils versuchten, den Sachverstand von theologischer und philosophischer Ethik mit der Sachkompetenz der Sozialwissenschaftler und Wirtschaftswissenschaftler zusammenzubringen und zu bündeln. 1993 erschien das Lexikon der Wirtschaftsethik mit dem Ziel, „aus verschiedener Perspektiven die zentrale Frage an(zu)gehen, wie ethische Gesichtspunkte und Prinzipien in der modernen Wirtschaft zur Geltung gebracht werden können.“ In 200 Artikeln, von „Abfall“ bis „Zins“, versuchen unterschiedliche Autoren die Basis zu legen, um „wirtschaftliche Zusammenhänge für ethische Fragestellungen durchsichtig zu machen und ethische Überlegungen in die wirtschaftlichen Sachzusammenhänge zu integrieren“ ([I–31] S.V).
Auf der akademischen Ebene findet so eine Arbeit, die auf der Ebene der Verbände und kirchlichen Akademien schon eine lange Tradition hat, ihren Niederschlag. Für Streitgespräche und Dialoge im Dreieck von Religion, Politik und Wirtschaft gab es auf der Verbandsebene schon seit dem Wiederaufbau der Bundesrepublik ein breites Forum. Aber wie die Verbände und die Vertreter der Politik steht die philosophische Ethik vor der Schwierigkeit dass die Maßstäbe individueller Moral zwar für alle Menschen gelten und damit auch für den Ökonomen, aber gleichzeitig das Alltagsverständnis einer Face-to-Face-Gesellschaft offensichtlich wenig geeignet ist, die moralischen Herausforderungen zu erfassen, welche sich in der modernen Wirtschaft stellen.
Handbuch der Wirtschaftsethik – 1999
Das von der Görresgesellschaft getragene Handbuch der Wirtschaftsethik erschien nur sechs Jahre später. Es handelt sich um ein wesentlich umfangreicheres Unterfangen, an dem sich etwa 120 Wissenschaftler beteiligt haben. Den Herausgebern ist bewusst, dass die Wirtschaftsethik inzwischen zu einem zentralen Thema der öffentlichen und der wissenschaftlichen Auseinandersetzungen avanciert ist. Diese finden gerade deshalb statt, weil es hinter den Stand der Moderne kein Zurück gibt. Als das entscheidende Charakteristikum der modernen Wirtschaft wird ihre Innovationskraft und Dynamik gesehen, die sie von allen bisherigen geschichtlichen Formen menschlichen Wirtschaftens abhebe, zu einer immensen Steigerung der Möglichkeiten in fast allen Lebensbereichen geführt habe und die weltweite, nahezu unwiderstehliche Faszinationskraft auch für ganz unterschiedliche Kulturen erkläre. Der Fortschritt in der Steigerung der menschlichen Produktivität hat aber seinen Preis. Er ist das Ergebnis wissenschaftlicher Spezialisierung und einer weitreichenden Diversifizierung auf der Handlungsebene. Die Wirtschaft gewinnt also „ihre Effizienz gerade aus der Begrenzung ihrer Aufgabenstellung“ ([I–32], Bd. 1, S. 23f.), was auch die Begrenzung ihrer moralischen Zuständigkeit einschließt. Zur Funktionsfähigkeit der Wirtschaft gehört, wie anerkannt wird, ihre relative Autonomie. Ihre Aufgabe ist die Beschaffung, Herstellung und Verteilung von Gütern. Das geschieht mittels Unternehmen, die dem Diktat der Rationalität, Produktivität und Rentabilität unterliegen und die sich in Volkswirtschaften behaupten müssen, in denen Markt und Wettbewerb herrschen. Die erreichte Ausweitung der modernen Lebenswelt macht es weder wünschenswert noch möglich, hinter diese Autonomie der Wirtschaft zurückzufallen. Gleichwohl entstehen neue Konfliktfelder, die ohne eine gesellschaftliche Steuerung nicht zu ordnen und zu befrieden sein dürften. „Insofern holt also die ethische Frage diese moderne Wirtschaft am Ende in einem umfassenden Sinne doch wieder ein“ ([I–32], Bd. 1, S. 23f.). Es bleibt allerdings die Frage, was die Ethik zu diesem erforderlichen Steuerungsprozess sinnvoll beitragen kann. Die Herausgeber sind sich darüber im Klaren, dass direkte Appelle an den Altruismus der ökonomisch Handelnden wenig hilfreich und eher geeignet sind, die Bedingungen der Leistungsfähigkeit der modernen Wirtschaft, Selbstinteresse und Wettbewerb, zu zerstören. Die Aufgabe einer Wirtschaftsethik besteht also auch darin, die Konzeptionen der Ethik einer Revision zu unterziehen und sich zu fragen, ob unter den gesellschaftlichen Bedingungen der modernen Welt nicht eine moralische Neubewertung des Eigeninteresses geboten ist. Die landläufig übliche Gleichsetzung von Moral und Altruismus muss insofern korrigiert werden, als zu prüfen ist, ob sich unter den neuen Voraussetzungen nicht gerade „das Eigeninteresse zugleich als Produktivfaktor zum Vorteil des Nächsten erweisen kann“ ([I–32], Bd. 1, S. 23f.).
Im Bewusstsein der Defizite sowohl auf Seiten der Ethik wie auch auf Seiten der Ökonomik sehen die Herausgeber des Handbuches ihre Aufgabe darin, das Verständnis für den geschichtlichen und systematischen Zusammenhang von Wirtschaft und Ethik zu fördern. Die erhebliche Spannung, die zwischen dem Universalitätsanspruch der Menschenwürde und dem Funktionalitätsanspruch ökonomischer Effizienz zweifellos bestehe, müsse neu bedacht und solle theoretisch überbrückt werden.
Der gesamte erste Band (von vier Bänden) mit einem Umfang von nahezu 900 Seiten widmet sich entsprechend der Aufgabe, das Verhältnis von Wirtschaft und Ethik zu bestimmen. Im zweiten Band werden ethische Fragen thematisiert, die mit der Institutionalisierung von wirtschaftlichen Prozessen in Staaten und zwischen Staaten auftauchen, der dritte Band wendet sich den Unternehmen zu, während im vierten Band dann einige der Konfliktfelder beleuchtet werden, die gegenwärtig die Diskussion bestimmen. Ziel speziell des vierten Bandes ist es, auf diese Weise die konkreten Herausforderungen der Wirtschaftsethik aufzunehmen. Die Herausgeber sind sich in ihrem Anliegen einig; sie sind sich aber auch darüber im Klaren, dass das ganze Projekt eher eine Einladung zur Diskussion und zum Dialog ist als die Einlösung der Hoffnung auf eine einheitliche, systematische Form der Wirtschaftsethik.
Moral und Kapital – 2008
Noch ein dritter Querschnitt zum „state of the art“ der Wirtschaftsethik in Deutschland: Im Rahmen einer Ringvorlesung, zu der das Kieler Forum für Wirtschaftsethik und politische Philosophie im Wintersemester 2007/08 führende deutsche Wirtschaftsethiker eingeladen hatte, formuliert der Herausgeber dieser Vorträge, Wolfgang Kersting, sein Resümee. Seine Sicht der Dinge ist vor allem unter zwei Gesichtspunkten bemerkenswert. Zum einen unterscheidet er deutlich das Anliegen und die Aufgaben einer mit wissenschaftlichem Anspruch auftretenden Wirtschaftsethik von einer gängigen und zum Teil ziemlich wohlfeilen öffentlichen Schelte des Kapitalismus und seiner gierigen Vertreter. Zum anderen sieht der Sozialphilosoph die spezifische Aufgabe einer Wirtschaftsethik im engeren Sinne im Aufbau einer institutionellen Ethik, die eng an den Prozess öffentlicher Vernunftkritik, der in modernen Gesellschaften permanent stattfinde, angebunden sein müsse. Angesichts der globalen Umwälzungen nach dem Zusammenbruch des Ostblocks sei die Gesellschaft geradezu süchtig nach Moral, nach Weisung und Orientierung. Diese Konjunktur der Moral und der moralischen Empörung bedeute aber nicht gleichzeitig eine Aufwertung der normalen praktischen Philosophie, die viel stärker an die „Gegebenheiten menschlicher und institutioneller Wirklichkeit“ gebunden sei als ein in diesem Punkt unbekümmerter, in den Medien und an den Stammtischen vorgetragener „geschwätziger Moralismus“. Entsprechend dürfe Wirtschaftsethik nicht mit Globalisierungs- und Neoliberalismuskritik gleichgesetzt werden. Worin liegt der Unterschied?
Aufgabe der Wirtschaftsethik sei es nicht, „das kapitalistische Raubtier mit kategorischem Imperativ und Tugendpredigt in einen Pflanzenfresser (zu) verwandeln. […] Dem homo oeconomicus Moral zu predigen, ist so sinnvoll wie ins Wasser zu schreiben“ ([I–33], S. 11). Gegen eine moralisierende Wirtschaftsethik spricht nicht nur die zu erwartende Erfolglosigkeit, sondern auch das Ergebnis einer Dauerüberforderung der Individuen durch unrealistische, moralische Appelle und Forderungen. Eine individualistische Ethik steht außerdem vor der Schwierigkeit, dass sie offensichtlich nicht in der Lage ist, für die Gesellschaft insgesamt einen moralisch wünschenswerten Zustand zu erreichen. Wirtschaftsethik ist daher, so das Fazit von Kersting, nur noch als institutionelle Ethik sinnvoll (vgl. [I–33], S. 16). Ihre Aufgabe besteht nicht darin, beim Individuum auf eine Verhaltensänderung hinzuwirken, sondern ein institutionelles Rahmenwerk zu etablieren, welches dafür sorgt, dass die persönliche Klugheit des Einzelnen nicht nur dem eigenen Vorteil dient, sondern auch dem Wohl der Gesellschaft insgesamt. Wirtschaftsethik ist nach dieser Auffassung in erster Linie mit Problemen des kollektiven Handelns beschäftigt und gleicht darin der neuzeitlichen politischen Philosophie, die seit Hobbes vor der Frage steht, wie die Interessenkonflikte der Individuen so ausgetragen werden können, dass darüber nicht der Bestand der Gesellschaft insgesamt gefährdet ist. Wenn die Harmonie des Ganzen nicht mehr selbstverständlich ist und sich nicht gleichsam natürlich herstellt, dann bedarf es der Herstellung einer politischen Ordnung, welche einen fairen Ausgleich der widerstreitenden Interessen möglich macht. Kant, der mit dem paradoxen Begriff von der „ungeselligen Geselligkeit“ ([I–34], S. 37) auf die widersprüchliche menschliche Natur hingewiesen hat, zitiert in seiner Kritik der praktischen Vernunft einen populären Spottvers über ruinöse Paarbeziehungen: „Oh wundervolle Harmonie, was er will, will auch sie …“ ([I–35], S. 137). Die Doppeldeutigkeit des Verses beleuchtet die Ambivalenz einer Situation, in welcher die Eintracht zwischen Individuen, die prinzipiell auch eigene Interessen haben, erst durch eine gemeinsame Willensbildung hergestellt werden muss. Die Ziele der Individuen sind nicht deckungsgleich, und daher muss es geeignete Regeln oder Verfahren geben, um die Einheit herzustellen; denn die Natur stellt die Harmonie allenfalls vorübergehend, z.B. in Form von Verliebtheit oder Herdentrieb, zur Verfügung, sie garantiert aber den sozialen Zusammenhalt nicht automatisch und vor allen Dingen nicht dauerhaft verlässlich. Wie die neuzeitliche politische Philosophie muss auch die Wirtschaftsethik versuchen, eine adäquate Antwort „auf die spezifischen Ordnungs-, Integrationsund Kohärenzprobleme […] einer Gesellschaft von Individuen“ zu finden ([I–33], S. 17).
Am Anfang des Kapitels wurde schon darauf hingewiesen, dass es gute Gründe dafür gibt, die Erwartungen an die Wirtschaftsethik zu dämpfen, indem man sich vor Augen führt, was Angewandte Ethik leisten und was sie nicht leisten kann. An dieser Stelle ist vielleicht eine andere Warnung angebracht. Auch eine sich als politische Philosophie oder Ökonomie verstehende Wirtschaftsethik kann sich allenfalls darum bemühen, dem System wirtschaftlichen Handelns, das sich in der Neuzeit „aus den Bindungen der tugendhaften Verfassung“ ([I–33], S. 20) befreit hat, wieder eine ethische Verfassung zu geben. Zu Recht wird betont, dass die Aufgabe einer modernen Wirtschaftsethik vor allem darin besteht, die Verantwortung für die Nebenfolgen wirtschaftlichen Handelns wieder in den Blick der politischen und wirtschaftlichen Akteure zu holen. Gegen ein kurzfristig ausgerichtetes zweckrationales Denken muss daher Wirtschaftsethik versuchen, die Wirtschaft wieder „zur Vernunft“ zu bringen.
In der gegenwärtigen deutschsprachigen akademischen Landschaft sind sich die führenden Richtungen der Wirtschaftsethik einig in ihrer Kritik an einer ökonomischen Vernunft, die nur noch als Instrument zur möglichst effizienten Erreichung von selbst nicht mehr vernünftig überprüften Zielen dient. Schwieriger ist es, positiv zu bestimmen, was genau „vernünftig“ heißen soll. Die Orientierung an einem vormodernen Vernunftbegriff (Prämodernismus) hat genauso ihre Schwierigkeiten wie der Versuch, an den Begriff der wissenschaftlichen Rationalität anzuknüpfen und Moral als langfristiges Vorteilsdenken fassen zu wollen (Ökonomismus). Kersting selbst favorisiert daher eine für die Moderne typische Diskursrationalität. Die öffentliche Debatte über die Ziele und das Selbstverständnis der modernen Gesellschaften, an der sich die unterschiedlichen Gruppen beteiligen können und sollen, greift auch auf die Märkte über. Die „Moralisierung der Märkte“ – so der Titel einer soziologischen Untersuchung [I–10] – bietet auch Einflussmöglichkeiten für eine Wirtschaftsethik, welche philosophische Kompetenzen in diese gesellschaftliche Debatte einbringen kann und ihre Aufgabe darin sieht, Argumente zu prüfen, Rechtfertigungen zu leisten und so Aufklärung zu betreiben. Wirtschaftsethik stellt in dieser Sicht das rationale Gewissen in einem öffentlichen Diskurs über die Moral oder Unmoral wirtschaftlichen Handelns dar. Sie kann aber kein Machtwort sprechen, sondern dient als „philosophische Oberstimme in den polyphonen Selbstverständigungsdiskursen unserer Gesellschaft“ ([I–33], S. 13).
Aufgaben und Ziele einer Einführung
Die drei Querschnitte, die den Stand der akademischen Forschung in den Jahren 1993, 1999 und 2008 darstellen, bestätigen den Eindruck, dass die Bedeutung der wirtschaftsethischen Fragen für die gesellschaftlichen Debatten zunimmt. Die wachsende öffentliche Aufmerksamkeit und die zunehmenden akademischen Bemühungen um den Aufbau einer Disziplin Wirtschaftsethik lassen aber auch erkennen, dass erstens die öffentlichen Erwartungen und das akademische Selbstverständnis noch weit auseinanderklaffen und dass zweitens, trotz der gemeinsamen Projekte und der breiten Gesprächsbasis auf der akademischen Ebene, weiterhin gravierende Meinungsverschiedenheiten über die Aufgabenstellung und die richtige Verfahrensweise bestehen. Ergänzend zu den bisher angesprochenen Themenstellungen muss auch noch der Bereich der Unternehmensethik im engeren Sinne einbezogen werden, der sowohl in der akademischen Betriebswirtschaft ([I–16]; [I–17]) wie in ausgewählten Bereichen der Unternehmensberatung (vgl. [I–12]) an Bedeutung gewonnen hat.
Was folgt aus diesem Spektrum von Fragestellungen und unterschiedlichen Ansätzen für das Vorhaben einer Einführung in die Wirtschafts- und Unternehmensethik? Das Ziel der Einführung soll einerseits darin bestehen, den Stand der gegenwärtigen wirtschaftsethischen Bemühungen darzustellen. Das kann aber nicht rein beschreibend geschehen. Die normativen Ansprüche, die mit der Wirtschaftsethik verbunden werden, sind daher gegen gängige Einwände als berechtigt und verpflichtend zu erweisen. Daher werden in den folgenden Kapiteln zunächst der Moralanspruch selbst und die wichtigsten Strategien zur Begründung moralischer Urteile erörtert (II, III). Über diese normative Seite hinaus müssen auch die individuellen und institutionellen Bedingungen des Handelns angesprochen werden, die gelebte Moral erst ermöglichen. Moral ist nicht nur die Sache des seine Ziele verfolgenden und Erfolg suchenden Individuums, sondern findet sich – institutionell verfestigt – auch beim Staat, im Markt, im Unternehmen und in der Institution der Öffentlichkeit. Erst im Zusammenwirken dieser Faktoren entsteht die Macht der Moral (IV). Die unterschiedlichen Richtungen der Wirtschaftsethik, die im Kapitel V genauer behandelt werden, lassen sich danach unterscheiden, ob sie stärker die institutionellen Rahmenbedingungen oder die individuelle Ethik fokussieren. Ein Ausblick auf die Unternehmensethik im engeren Sinne thematisiert das Verhältnis von Profit und Moral, fragt nach der besonderen sozialen Verantwortung von Unternehmen und stellt Instrumente eines Wertemanagements vor.