Читать книгу Die großen Themen des christlichen Glaubens - Norbert Scholl - Страница 13

4. Glaube und Vernunft

Оглавление

Christlicher Glaube und Vernunft gehören zusammen. Glaube und Vernunft stehen in einem korrelativen Bezug zueinander. Weil es sich hier um etwas eminent Wichtiges und den Personkern zutiefst Betreffendes und Bestimmendes handelt, darf der Glaube nicht blind und unvernünftig sein. Weder darf die Liebe blind machen, noch darf es der Glaube. Auch die Beziehung zu einer Person – und erschiene sie auf den ersten Blick noch so glaubhaft und vertrauenswürdig – bedarf kritischer Überprüfung und abwägender Reflexion.

Das zeigen schon die ersten schriftlichen Zeugnisse über die Gestalt des Jesus von Nazaret, die Evangelien. Sie sind keine „Berichte“, sondern eine Sammlung von Gedanken und Reflexionen, die sich Anhänger der Jesusbewegung vier, fünf oder sechs Jahrzehnte nach dem Auftreten dieses Mannes gemacht haben. Sie zeigen uns in beeindruckender Weise ein „Nach-Denken“ über Jesus. Dazu verwendeten sie bereits kursierende Überlieferungen, die sie zuvor gesammelt hatten, ordneten sie nach einem bestimmten Schema und unter einem bestimmten, ihnen und ihren Gemeinden wichtig erscheinenden Aspekt an. Bei dieser Arbeit scheuten sie nicht davor zurück, die Texte mit eigenen Überlegungen, Interpretationen und weiterführenden Gedanken zu ergänzen und anzureichern. Sie gingen sogar so weit, Reden und Taten des historischen Jesus, so wie sie ihnen von Zeitzeugen tradiert worden waren, umzuformulieren oder sogar neu zu erfinden. Dabei waren sie – wie etwa der Evangelist Johannes – geleitet von der Intention, die „Sache“ des Juden Jesus so von ihrem Hintergrund zu lösen und in die griechische Denk- und Sprechwelt zu übertragen, dass sie auch Menschen mit einem anderen kulturellen Hintergrund akzeptabel und vernünftig erscheinen konnte.

Als das Christentum bereits im Römischen Imperium Fuß gefasst hatte, bemühten sich die christlichen Apologeten, es gegen Angriffe nicht christlicher Philosophen rational zu begründen. Das bekannteste Beispiel dafür sind die 8 Bücher „Contra Celsum“. Sie entstanden um 250 nach Christus und richteten sich gegen die einige Jahrzehnte zuvor veröffentlichte Polemik des Philosophen Celsus. Ihr Verfasser ist Origenes († 253/54). Er schreibt im Vorwort: „Ich habe […] den Versuch gemacht, jeder der von Celsus aufgestellten Behauptungen, die keinen Gläubigen in seiner Überzeugung wankend machen können, eine nach meiner Meinung geeignete Widerlegung entgegenzusetzen […] Paulus wusste, […] dass sich in den Lehren der Weltweisheit eine gewisse Größe zeigt. […] Von der Schrift des Celsus aber wird (das) wohl kein vernünftiger Mensch behaupten.“5 Der christliche Glaube geht „dem Besten des griechischen Denkens von inner her entgegen zu einer gegenseitigen Berührung, wie sie sich dann besondern in der späteren Weisheits-Literatur vollzogen hat […] Die Grundentscheidungen, die den Zusammenhang des Glaubens mit dem Suchen der menschlichen Vernunft betreffen, die gehören zu diesem Glauben selbst und sind seine ihm gemäße Entfaltung.“ Das hob Papst Benedikt XVI. in seiner Regensburger Vorlesung im Jahr 2006 besonders hervor.6

Die mittelalterliche Theologie verlangte, der christliche Glaube müsse die Vernunft befragen, er müsse zu verstehen versuchen; er müsse um Erkenntnis und Einsicht ringen. „Fides quaerens intellectum“ („Glaube, der nach Einsicht sucht“) formulierte Anselm von Canterbury (1033–1109).

Die großen Themen des christlichen Glaubens

Подняться наверх