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Aspekte der Farbsymbolik

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Regenbogenfarben

Einleitend greife ich ein Beispiel auf, das sich in dem instruktiven Buch Das Rätsel Farbe von Margarete Bruns findet. Es betrifft den Regenbogen, der, ähnlich dem oben zitierten Pfauenschweif, von jeher die Menschen über Quantität und Natur der Farben nachdenken ließ. Die Zahl der Farben, die man im Regenbogen zu unterscheiden vermeinte, war früher bezeichnenderweise meist symbolisch geregelt. In China, wo man anders als im Abendland nicht von vier, sondern von fünf Elementen ausging, schrieb man dementsprechend diesem Naturphänomen fünf distinkte Farben zu. Die christliche Malerei gibt dem Himmelsschauspiel drei Farben, im symbolischen Anklang an die göttliche Dreifaltigkeit, manchmal auch nur zwei (das Blaugrün der Sintflut und das Gelbrot, also das Feuer des Jüngsten Gerichts). Ab und zu erscheint er in den religiösen Bildern einfarbig, gemäß dem smaragdenen Regenbogen am Thron Gottes, wie ihn die Geheime Offenbarung des Johannes beschreibt.

Im abendländischen Mittelalter waren, das ist nie außer Acht zu lassen, Symbole in ihrer Bedeutung vielfältig. Ein und dasselbe Symbol bzw. Bildzeichen konnte für einen bestimmten Aspekt und gleichermaßen für dessen Gegenteil stehen, umgekehrt konnte ein bestimmter Begriff oder Name durch eine Vielzahl unterschiedlicher Symbole interpretiert werden. Eine frühbyzantinische Hymne verglich beispielsweise die Jungfrau Maria mit zwanzig (!) verschiedenen Natur- und Kunstgegenständen. In der Kunst und Literatur der westlichen Hemisphäre bezeichnete ein Löwe einmal Christus, dann wieder einen weltlichen Richter oder – wegen der gelben Farbe seines Fells – das Feuer. Ikonografische Lexika listen eine Menge weiterer Beispiele auf. Man darf sich deshalb nicht wundern, dass moderne wissenschaftliche Schlussfolgerungen zur mittelalterlichen, selbst noch zur frühneuzeitlichen Farbsymbolik im Einzelfall mit vielen Fragezeichen zu versehen sind.


Ambrogio Lorenzetti

Nur selten ist der Sachverhalt klar. John Gage verweist in seinem erwähnten Buch auf das in dieser Hinsicht eindeutige Exempel der um 1335 von Ambrogio Lorenzetti auf Leinwand gemalten Maestà im Palazzo Communale zu Massa Marittima: Drei Stufen führen zu dem von Engeln und Heiligen umstandenen Thron der Madonna empor, inschriftlich sind sie als Fides, Spes und Caritas (Glaube, Hoffnung und Liebe) bezeichnet und sie tragen in gleicher Reihenfolge die entsprechenden Symbolfarben – Weiß, Grün und Rot. Aus dem immensen Spektrum der Farbsymbolik, das über die Jahrhunderte hinweg relativ wenige Konstanten und umso mehr Variablen aufzuweisen hat, seien im Folgenden nur einige besonders sinnträchtige Fälle herausgegriffen.

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