Читать книгу Der Stand der Dinge - Odd Klippenvåg - Страница 4

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Vor allem fehlen mir Annar und das Haus. Und mein eigenes Bett.

Noch vor wenigen Monaten war alles anders. Zu Weihnachten, über Neujahr ...

Obwohl das Wetter nicht das beste war, beschlossen wir, zu Silvester einen Skiausflug zu machen. Es war feuchtkalt und diesig, die Sicht so elend, dass ich nicht zum Gjevarvatn hinuntersehen konnte, und schon gar nicht hoch zum Rustfjell. Zuerst lief Annar die Hänge hinab, gefolgt von dem Hund, dann kam ich nach, viel vorsichtiger. Als ich unten war, spürte ich, wie sehr meine Waden zitterten, weil ich so heftig abgebremst hatte. Und ich war fast so außer Atem, als ob ich mich den Berg emporgequält hätte. «Geht’s gut?», fragte Annar. Ich nickte, und während Annar die Hundeleine an seinem Gürtel befestigte, merkte ich zum Glück, wie ich mich erholte und wie mein Atem sich beruhigte, und deshalb konnte ich meine Sorgen der letzten Tage verdrängen. Auf dem vereisten See hatte ein Schneemobil eine Fahrspur hinterlassen, also wagten wir die Überquerung. Wieder führte Annar an, mit langen, kräftigen Schritten, immer begleitet vom Flund. Als ich sah, wie Annar dahinjagte, lächelte ich nur und folgte in meinem eigenen Tempo. Außer uns war niemand zu sehen, keine Menschenseele, nur eine Krähe, die stumm und flügelschlagend im grauen Winterlicht quer über den See flog. Dieses Licht macht mich immer so ruhig, und ein Stück weiter vorn blieb ich dann stehen, ohne müde zu sein, nur um auf die Stille zu horchen, auf das gleichmäßige Sausen, das dort immer zu hören ist. Ich war schon so oft in dieser Landschaft gewesen, zu allen Jahreszeiten, dachte ich, in Mutters Landschaft. Natürlich gibt es in Telemark schönere Gegenden, großartigere, auch idyllischere, das weiß ich nur zu gut, aber diese hier ist eben zu meiner geworden. Gerade wegen der Stille, dachte ich, ohne Alpinanlage und Abfahrtsloipen voller lärmender Menschen.

Ich fand Annar bei der stillgelegten Hütte, wo wir immer eine Pause machen, er saß mit dem Hund vor der verwitterten grauen Holzwand. Auf den letzten Metern vom See zu ihm hoch sah ich, dass er telefonierte, aber als ich ihn erreicht hatte, hatte er das Telefon schon wieder im Rucksack verstaut. Der Hund sprang aus purer Wiedersehensfreude an mir hoch, ich musste ihn streicheln, sein Fell kraulen und mich von ihm im Gesicht lecken lassen, ehe ich mich auf das alte gelbliche Lammfell setzte, das Annar bereits ausgerollt hatte. «Wie war die Abfahrt?», fragte Annar. «Sehr gut», antwortete ich. «Deine nicht?» – «Doch», sagte er, «ich hatte nur das Gefühl, dass du so weit zurück warst.» Darauf gab ich keine Antwort, ich packte lieber die Thermoskanne mit dem heißen Kaffee aus. Als ich für uns beide eingegossen hatte, bot Annar Schokolade an. «Nimm mehr», sagte er, und das tat ich und gab auch dem Hund ein Stück. «Willst du, dass Caro fett wird?», fragte Annar übellaunig. Ich stellte mich taub und sagte: «Hier ist es doch schön, sogar bei diesem Wetter?» Vielleicht war das keine richtige Frage, denn Annar schwieg. Ich fuhr ihm rasch mit der Hand über den Rücken, versöhnlich, gewissermaßen. Danach starrte auch ich stumm vor mich hin, auf das andere Seeufer, in Richtung Langlim.

Auf dem Rückweg gingen wir zusammen, Annar vorweg in der Spur, langsamer jetzt, meinetwegen, das begriff ich immerhin. Die ganze Zeit konnte ich den Anblick seines geschmeidigen Körpers genießen, schließlich trägt er immer einen eng sitzenden Skianzug. Der Anblick seiner Hinterbacken und der muskulösen Oberschenkel schien mir neue Energie zu geben, denn auf dem Weg über das Eis musste ich nur eine einzige Ruhepause einlegen. Und dann sah ich unten am Ufer zwischen den Bäumen einen Elch.

Der Stand der Dinge

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