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Fahrrad fahren lernen

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Ich erinnere mich gut an meine Begeisterung und meine Neugier als Kind, aber ich erinnere mich auch daran, wie schwer es trotz meines Redebedürfnisses für mich war, in den schnellen, lebhaften Gesprächen an unserem Abendbrottisch zu Wort zu kommen. Noch heute sehe ich mich an dem schwarzen Küchentisch sitzen, mit einem Gefühl der Schwere in meiner Brust, einem festen Knoten im Hals und unter der Oberfläche brennenden Tränen der Frustration, während der Rest meiner Familie durch eine Unterhaltung preschte, in der es so gut wie keinen Raum für meine Stimme gab.

Die eigene Stimme finden, lernen, das zu sagen, was man meint, und tief zuhören – das gehört wohl zu den bereicherndsten Abenteuern, zu denen man aufbrechen kann. Wenn man die Fähigkeit entwickelt hat, weise zu sprechen und gut zuzuhören, verfügt man über eine unerschöpfliche Ressource, mit der man sich nicht nur in der Welt zurechtfinden, sondern sie sogar transformieren kann. Anstatt Ihren Gesprächen den faden, neutralen, »netten« Anstrich zu verpassen, werden die Anregungen in diesem Buch Ihnen helfen, sich lebendiger und wirklich beteiligt zu fühlen.

Als ich ein Kind war, besaß ich ein blaues Geländefahrrad mit einem roten Sattel und roten Lenkern. An Sommerabenden fuhr ich nach dem Abendessen oft mit meinem Fahrrad durch unsere Gegend in einem Vorort in New Jersey, sprang über Bordsteine und düste unter alten Eichen und Ahornbäumen auf dem Gehweg dahin.

Zu lernen, achtsam zu kommunizieren, hat auch mit dem Fahrradfahren einiges gemeinsam. Es dauert seine Zeit. Am Anfang, während man noch das Gleichgewicht sucht, sind Stützräder hilfreich. Jemanden zu haben, der einen ermutigt, ist meist sicherer, und es macht mehr Spaß. Und wenn man die Stützräder dann abnimmt, sollte man darauf gefasst sein, ein paar Kratzer abzukriegen und sich die Knie oder Ellbogen aufzuschürfen. Aber wenn man es erst einmal gelernt hat, vergisst man es nie wieder. Man kann große Distanzen überwinden, und es lohnt sich schon allein wegen der Aufregung und der Freude, unterwegs zu sein.

1 Nhat Hanh, Thich: Das Herz von Buddhas Lehre. Leiden verwandeln – die Praxis des glücklichen Lebens, Freiburg: Herder 1999, S. 87 (orig. The Heart of the Buddha’s Teaching: Transforming Suffering into Peace, Joy and Liberation, New York: Harmony Books 1998, S. 84).

2 In diesem Buch verwende ich immer wieder das Wort »Dialog« als Synonym für »Gespräch« sowie die Begriffe »wahrer Dialog« oder »echter Dialog«, wenn ich die transformative Art von Gespräch meine, auf die Lochhead und andere hingewiesen haben. Wenn die Atmosphäre für solch eine Begegnung nicht gegeben ist, können wir auf unsere innere Haltung zurückgreifen, um günstigere Umstände zu fördern. Die Autorin und Gewaltfreie-Kommunikation-Trainerin Miki Kashtan bezeichnet dies als die »Disziplin des Dialogs«, eine Ausrichtung auf Kooperation, die »in ihrem Herzen in dem Commitment besteht, ein Ziel anzustreben, das wirklich für jeden gut ist, selbst wenn die anderen bloß an ihre eigenen Interessen denken«. Siehe Lochhead, David: The Dialogical Imperative: A Christian Reflection on Interfaith Encounter, Eugene, OR: Wipf and Stock 1988, S. 51; Kashtan, Miki: Spinning Threads of Radical Aliveness: Transcending the Legacy of Separation in Our Individual Lives, Oakland, CA: Fearless Heart Publications 2014, S. 319.

3 Rosenberg, Marshall B.: Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens, Paderborn: Junfermann, 12., überarbeitete und erweiterte Auflage 2016 (2001) (orig. Nonviolent Communication. A Language of Life, Encinitas, CA: PuddleDancer Press, 3rd Edition 2015 [1999]).

4 Rosenberg, Marshall B., zitiert nach Teilnehmern einer Sitzung während eines Workshops über GfK und sozialen Wandel, Schweiz, Juni 2005.

5 Siehe die Definition im Glossar. Ein Bürger der Vereinigten Staaten zu sein bringt beispielsweise in den USA wie auch in vielen anderen Ländern der Welt bestimmte Privilegien mit sich. Weiß, männlich, gebildet oder körperlich unversehrt und so weiter zu sein hat in unserer derzeitigen Gesellschaft ebenfalls bestimmte Vorteile. Vgl. McIntosh, Peggy: »White Privilege: Unpacking the Invisible Knapsack«, National SEED Project, 1989, https://nationalseedproject.org/Key-SEED-Texts/white-privilege-unpacking-the-invisible-knapsack, abgerufen am 19. 3. 2021; Kasthan, Miki: »You’re Not a Bad Person: How Facing Privilege Can Be Liberating«, The Fearless Heart, 26. 11. 2016, http://thefearlessheart.org/youre-not-a-bad-person-how-facing-privilege-can-be-liberating, abgerufen am 15. 3. 2021. Zu den Themen »Privilegien und Macht im Kontext der Gewaltfreien Kommunikation« vgl. Manning, Roxy, und Skinner, Janey: »NVC – Changing Consciousness, Relationships & Systems«, BayNVC, http://baynvc.org/nvc-changing-consciousness/, abgerufen am 12. 4. 2018.

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